7. Szene.

[48] Vorige. Leopold.


LEOPOLD zum Ausgehen angekleidet, von links. Was gibt's denn? Erblickt die Damen, bei Seite. Alle Wetter! Die Marie!

WEIGELT. Leopold, kennst du diese Damen? Sie wollen mit dir sprechen.

EMMA. Die Bekanntschaft meiner Schwester wird der junge Herr wohl nicht ableugnen; und was mich anbetrifft, so soll er mich sogleich kennen lernen. Ich bitte nur für einige Minuten um Ihre Aufmerksamkeit, damit ich Ihnen eine kleine Geschichte erzählen kann.

WEIGELT. Was für 'ne Geschichte?

EMMA. Es ist eine alte Geschichte, wie unser Landsmann Heine sagt, vielleicht dem Namen nach kennen.[48]

WEIGELT. Ich kenne viele Heine's, wer weiß, welchen Sie meinen!

LEOPOLD. Mein Fräulein, werde ich endlich erfahren, was Sie von mir wünschen?

EMMA. Eine Kleinigkeit, mein Herr, eine einfache Erklärung. Sie haben, wie Sie sich vielleicht erinnern werden, meiner Schwester Marie versprochen, sie zu heiraten.

WEIGELT erstaunt. Wie?! Leopold, hast du wirklich –?

LEOPOLD. Nun ja, ich habe allerdings mit Fräulein Marie eine kleine Bekanntschaft gehabt; wenn ich aber gewußt hätte, daß sie dieses Verhältnis so ernst nehmen würde –

MARIE. Leopold!

EMMA. So ernst! Sie haben ganz recht, die Sache ist ja eigentlich nur spaßhaft. Ein Mädchen, welches den Liebesschwüren eines jungen Mannes glaubt und sich grämt und abhärmt, wenn sie sich betrogen sieht – das ist lächerlich. Wir aber, aus dem simplen Hause Zernickow, sind nun einmal so. Da ich jedoch nicht zugeben kann, daß meine Schwester ihr junges Leben vertrauert um eine so alltägliche Geschichte, um einen leichtsinnigen, liederlichen Burschen –

WEIGELT. Oho!

LEOPOLD. Mein Fräulein –

EMMA sehr freundlich. Ich möchte die Herren bitten, mich ausreden zu lassen. In früherem Ton. Ich sagte, um einen leichtsinnigen, liederlichen Burschen, dem ein gebrochenes Mädchenherz nicht mehr gilt, wie eine leere Champagnerflasche – so habe ich ihr versprochen, sie durch eine Radikalkur zu heilen. Zu Leopold. Mein Herr, sagen Sie meiner Schwester gefälligst, daß die Härte des Gesetzes Sie hindert, alle Mädchen, mit denen Sie – wie Sie sich auszudrücken belieben – eine kleine Bekanntschaft haben, zu heiraten; daß Sie also notwendigerweise an allen – ausgenommen die Eine, welche ich durchaus nicht beneiden will – zum Betrüger werden müssen. Und ich bin überzeugt, meine Schwester wird endlich einsehen, wie unwürdig es ist, sich und ihre Familie zu bekümmern um einen Menschen, wie – Mit einer verächtlichen Handbewegung. Sie!

LEOPOLD mit verhaltenem Aerger. Mein Fräulein, wenn ich Ihnen antworten wollte, müßte ich fürchten, die Rücksichten außer Acht zu lassen, welche Ihr Geschlecht beanspruchen kann. Ich überlasse es darum meinem Vater, Ihnen zu antworten.[49]

WEIGELT. Was soll ich denn sagen?

LEOPOLD. Sage den Damen, daß du noch heute den Besuch meines Schwiegervaters erwartest. Eilig ab durch die Mitte.

MARIE das Gesicht verhüllend. O, mein Gott!


Quelle:
Adolph L’Arronge: Gesamt-Ausgabe der dramatischen Werke. Berlin 1908, S. 48-50.
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