Dämmerung im Vorfrühling

[67] Der Tag bleicht. Letzte Helligkeit

Quillt aus dem ebenmässigen Gewölk.

Die Erde trocken und befreit

Von Schnee; nur hie und da die Spur

Von dünnem Eise, wie Glasur.


Die Dunkelheit wächst sanft und stät;

Ein Licht, das aufblitzt, glimmt noch matt;

Die Kinder spielen noch so spät,

Der Tagesfreuden nimmer satt.


Die Menschen schreiten säumig, wie verführt;

Und atmend heben sie das Kinn

So an die Luft, als läge drin

Für sie ein Etwas, das den Sinn

Wie eine wahre Seligkeit berührt.

Quelle:
Hedwig Lachmann: Gesammelte Gedichte. Potsdam 1919, S. 67-68.
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