Fünfter Auftritt

[162] Das früher beschriebene Turmzimmer auf Burg Landstuhl. Franz allein aus einem Seitengange auftretend.


FRANZ in Gedanken verloren.

Noch nicht zurück! Wo er nur bleibt? Wie bleiern

Im trägen Gange die Minuten schleichen! –

Drei Stunden sind es, daß er zog, und mir

Dehnt eine jede sich zur Ewigkeit,

Und eine jede führt Unendlichkeiten mit

Von Hoffnung und Befürchtungen im Schoß,

Mit solchen Mischtranks Qualen mich berauschend.


Er ist an ein Turmfenster getreten; mit ausgestreckten Armen.


Da draußen liegst du, Deutschland, grün und sonnig,

Land meiner Liebe, meines Strebens Land!

Durch dieses Fensters Eisenstäbe schweift

Im Strahl des Augs mein Geist zu dir hernieder.

Wohl hat er recht! Es schützen nicht, es scheiden

Mich diese Mauern nur von der Nation!

Da draußen harrt sie unter schwerem Druck,

Harrt sehnsuchtsvoll, daß ihr der Retter nahe;

Wie Arme breiten sich die Hügel aus,

Mir zuwinkend und an ihr Herz mich reißend!

Ich komme – diese Hand darauf – ich will

Zu dir hinaus. Kein Gott soll mich dran hindern!


Quelle:
Ferdinand Lassalle: Franz von Sickingen. Stuttgart 1974, S. 162-163.
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