Leichte Trübung

[25] Woher dies plötzliche Verstummen?

Und diese Wolken kummerschwer,

Die mir dein Angesicht vermummen,

Das erst so froh gestrahlt, woher?


»Siehst du den blauen Berg dort ragen,

Der Felsen in die Lüfte hebt,

An welchen selbst die Gemsen zagen

Und der erschrockne Jäger bebt? –

Von seinem Gipfel schleudre du

Ein Steinchen spielend in die Tiefen:

Du störst der Lüfte schwanke Ruh,

Und Nebel steigen, die dort schliefen.

So warfst du, seine Kraft nicht ahnend,

Ein Wörtchen mir in meine Brust,

Ein Wörtchen, leise, aber mahnend,

Und sieh, nun stieg der trübe Wust

Von Nebelbildern alter Kränkung

Aus ihrer stillen Nachtversenkung.«

Quelle:
Nikolaus Lenau: Sämtliche Werke und Briefe. Band 1, Leipzig und Frankfurt a.M. 1970, S. 25.
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