Die fünfte Abhandlung.

[126] Der Schauplatz bildet ab den Tempel der Isis zu Alexandria / daran die Königliche Todten-Gruft stößt.

Cleopatra. Charmium. Iras. Des Antonii Leiche auf einem erhobenen Grabe. Sida. Belisama. Salambo. Babia. Etliche Priester.


CLEOPATRA.

Wer auf das leichte Rad des blinden Glückes traut /

Auf seiner Tugend Grund nicht schlechte Thürme baut /

Die Fürsten dieser Welt der Erde Götter nennet /

Wer viel weiß ausser sich / sich in sich selbst nicht kennet /

Wer sich aufs Zepters Glas / des Thrones Grund-Eiß stützt;[126]

Der komm und lern allhier / wie der so schwanckend sitzt /

Der auf dem Gipffel steht. Der Ausbund aller Helden /

Anton / den Sud und Ost wird stets unsterblich melden /

Für dem Po / Phrat und Nil oft auf den Knien lag /

Verfällt nicht nur schlecht hin durch einen Donnerschlag /

Er kan hier kaum ein Grab durch unsre Bitt erlangen.

Wol! laßt uns zum Ade den edlen Leib umfangen!

Kommt / liebste Schwestern / kommt / bringt ihm durch eure Hand

Ein Opfer wahrer Treu und letztes Liebes-Pfand.

Besudelt euren Leib212 / entblößt und schlagt die Brüste!

Wascht sieben Tag euch nicht. Umbschrenckt die Todten-Kiste

Mit Eppich. Ziehet Sack an statt Damasten an.

Trinckt Wasser / keinen Wein / daß man viel weinen kan.

Bethränet euer Brodt und die geringen Speisen.

Zeuch / Iras / dem Anton mit diesem krummen Eisen

Durch seine Nase das Gehirne rein heraus;

Und flöße Balsam nein.

IRAS.

Dis / und der Därmer Grauß

Hat Eteocles schon mit einem Mohren-Steine

Geschnitten aus dem Bauch und mit Phenitzer-Weine

Gesäubert fleißig ab / hernach in Nil gesenckt.

Sein holer Leib ist auch mit Saltze schon getränckt.213

CLEOPATRA.

So salbt mit Zeder-Safft214 und Narden seine Glieder.

Eröfne / Charmium / ihm seine Augen-Lieder /

Die ich ihm drückte zu /215 den Himmel noch einmal

Vergeistert anzuschaun. Mercur / laß einen Strahl

Ihn auch auf mich noch thun: daß er vergnügt erblicke /

Wie treu und schmertzhaft ich sein Grabmahl ihm beschicke.

Salambo / fülle Leib und Brust voll Aloe /

Voll Myrrh und Caßia. Geh / Belisame / geh /

Steck unter seine Zung ihm diesen güldnen Groschen.216

Anton / dafern dein Geist nicht mit dem Leib erloschen /

Da der Entseelten Seel auf Sterbliche kan sehn /

So wollstu mich / Anton / zu hören nicht verschmehn.

Laß unser beider Leib in einer Gruft vermodern /

Die Glutt der Liebe noch in unser Asche lodern /

Zwey Seelen einen Kreiß der Sterne nehmen ein /[127]

Uns beide täglich Braut / und einen Bräutgam sein.

Umbwindet nun den Leib mit diesen heilgen Binden /

Darauf in Bilder-Schrifft217 ein Seegen ist zu finden:

Daß gar kein Wurm den Leib / kein Poltergeist sein Grab /218

Die Seele Typhon nicht zu kwäln Vermögen hab.

Umbkräntzet mit Rubin und Lorbern Stirn und Haare /

Legt Harnisch / Helm und Schild219 ihm auf die Todten-Bahre /

Streut Rosen auf den Sarch / steckt eine Glutt ihm an /

Die / wie die Seele / nie zu Asche werden kan.

Ist nicht ein Prister dar / der ein Altar ihm baue /220

Darauf mans gantze Jahr ihm Weyrauch brennen schaue?

Bezahle / Babia / dreytausend Pfund hierzu.

PRISTER.

Kein Weyrauch wird hier fehln; Kein Opfer für die Ruh

Des schlaffenden Antonius. Anubis muß ihn hütten /

Und Horus Licht auf ihn / Blitz auf den Typhon schütten.221

Serapis wird sein Schirm und mächtig Schutz-Herr sein.

CLEOPATRA.

Man ehre noch sein Bild / und grab in Marmel ein:

»Hier ligt Egyptens Heil / die Freyheit Roms umbfangen.

Denn beyder Wolfahrt ist mit dem Anton vergangen.«

Wolan! die letzte Pflicht ist nun / Gott lob! vollbracht.

Nimm hin den letzten Kuß!222 mein Hertze gutte Nacht!

Es ist vollbracht! doch ach! was ist noch zu vollbringen?

Cleopatra sol itzt nun auch groß-müttig ringen /

Cleopatra sol itzt noch einmal durch den Tod

Sich dem Anton vermähln / entflihn der grimmen Noth /

Die überm Haupte schwebt / ja durch ihr Blutt entdecken:

Daß knechtsche Geister nicht in diesen Adern stecken.

IRAS.

Auf was Verzweifelung / erlauchte Königin /

Auf was für Strudel treibt der Schmertz sie wieder hin?

Wil sie denn dem Anton sich selbst zum Opffer geben?

Ihr Todt bringt uns in Sarch; den Todten nicht ins Leben.

CHARMIUM.

Cleopatra / mein Haupt. Sie schätze tummen Ruhm

Und eigen-händgen Todt nicht für ein Heiligthum.

Ein Knecht läßt leicht sein Blutt aufs Herren Holtzstoß flüssen /

Umb der Unsterbligkeit und Freyheit zu genüssen.[128]

Was aber treibt hierzu die freyen Seelen an?

Das gantze Schiff versinckt mit einem Steuer-Mann /

Das grosse Reich durch Sie.

CLEOPATRA.

Ach klein-muths-volle Hertzen!

Ihr wißt den Ursprung nicht so ungeheurer Schmertzen.

IRAS.

Die trüben Wolcken sind des Jammers ja vorbey.

Man spürt / wie günstig ihr der milde Keyser sey;

Er spricht den Bürgern zu / läßt sie für sich nicht knien /

Verbeut223 / der Stadt ihr Recht und Gütter zu entzihen.

Dis alles wol nicht uns zu libe; nein / nur ihr.

Kurtz: Er zeucht allbereit der Livien sie für.

BELISAMA.

Aus diesem Absehn hab ich zu dem Hochzeit-machen

Sehr viel schon angestellt / verschaffet alle Sachen;

Das Brautbett aufgeputzt. Serapens Tempel gläntzt

Voll Feuer / das Altar der Isis ist bekräntzt

Mit Myrten / und das Volck rufft ihre tausend Nahmen224

Umb Heil und Seegen an; wünscht: daß mit ihren Samen

Am Nil so lange blüh der Ptolomeer Haus /

Als tausend Hundes-Jahr Egyptens tragen aus.225

CLEOPATRA.

Einfältger Aberwitz! diß sind die güldnen Schlingen /

Durch welche man den Feind muß in den Keficht bringen.

Der Himmel / der uns liebt / hat uns zu Trost entdeckt:

Welch einen Fall-Strick uns Augustus hat gesteckt.

CHARMIUM.

Hilf Himmel! hört es denn nun nimmer auf zu wettern?

CLEOPATRA.

Ja / das verfluchte Rom pflegt diese zu vergöttern /

Die es mit Schimpf und Schmach in Abgrund stürtzen wil!

Verdammter Rache Lust! verfluchtes Boßheits-Spiel!

August hat Marck und Bein und Blutt uns ausgesogen /

Den väterlichen Thron durch schlimmes Recht entzogen /

Des Ptolomæus Schatz durch Schelm-Stück an sich bracht /

Doch ruht sein Ehrgeitz nicht. Er ist nun auch bedacht /

Nach Rom ins Siegs-Gepräng und's Schau-Spiel uns zu führen.

Dis ist es / was wir nur noch haben zu verlihren.

Doch nein! die Angel fehlt / die überm Fische schwebt.

Ein Fürst stirbt muttig /226 der sein Reich nicht überlebt.

Es ist ein täglich Todt / kein grimmer Ach auf Erden /[129]

Als / wenn der / der geherrscht / sol andern dienstbar werden.

Ihr wißt: daß ich gezeugt in Gold und Purper sey /

Daß auch kein Reich der Welt Egypten komme bey /

Daß mir mein Volck zeither hat göttlich Ehr erwiesen /

Daß Ptolomeens Stamm Alcid- und Dionysen

Zu seinen Ahnen hat. Die Marmel zu Adul

Sind Zungen /227 und erzehln: daß Ptolomeens Stul

Bis an den Tanais / bis zu Jaxartens Kwellen /

Zun Seulen Hercules / bis / wo die Meeres-Wellen

Die Sudspitz Afrikens stets rasend spielen ab /

Und weiter hat gereicht. Wie solt ein edles Grab

Mich nicht mehr lachen an / als daß ich schimpflich lebe /

Und Livien zu Rom noch eine Magd abgebe?

IRAS.

Mein Haupt / vielleicht rührt nur ihr Kummer aus Verdacht.

CLEOPATRA.

Verdacht ja mehr denn viel! gebt auf die Thaten acht /

Ob er als unser Freund und Schutzherr hier gebahre?

Ob sein Bedienungs-Schein nicht Sklavisch uns verwahre?

Ob man uns aus der Burg die Ausfahrt nicht verwehrt?

Die Stadt als Feind besätzt / das Schatz- und Rüst-Hauß leert?

Das Heer in Dinste zeucht / die Bürger ihm vereydet;

Auf einen Augenblick uns Macht und Treu abschneidet?

So schöne Früchte trägt uns sein Versprechen ein.

Zu dem / wem wolte nicht auch höchst verdächtig sein?

Daß unser Todt-Feind sich so bald verlibt anstellet.

Wenn die kohl-schwartze Luft sich unversehns erhellet /

Gebihrt die schwangre Nacht der Wolcken Blitz und Keil:

So ist dem Keyser nur sein Liebes-Kosen feil

Umb unsern Untergang. Die sich zu sehr verbinden /

Die lassen selten Treu und Wahrheit bei sich finden.

Man lobt uns ja den Traum der Ehren-Seulen ein /

Die / wie man schwermt / zu Rom uns solln gewidmet sein /

Doch stehn sie schwerlich sonst wo / als aufs Keysers Zungen.

Wir werden nicht nach Rom geladen / nein / gezwungen:

Da Ehr und Liebe doch nichts nicht zu zwingen pflegt.

Ja / was wird dis und das hier so genau erwegt?

Hier lest des Keysers Brieff / den wir für wenig Stunden

Im Zimmer des Anton zur Nachricht haben funden.[130]

CHARMIUM.

Gerechte Götter! wird nicht bald durch Blitz verzehrt /

Ein solch zwei-züngicht Mund / ein solch zwei-schneidend Schwerdt?

August hiß sie die Faust ins Libsten Blutte röthen /

Hier wil er: daß Anton Cleopatren sol tödten:

Sagt auch noch beiden Heil für Mord und Todschlag zu.

CLEOPATRA.

Nun urtheilt: ob man dem August wol unrecht thu;

Wenn wir uns wenig gutts aus seinen Wercken schlüssen?

Wie? oder wollet ihr mehr Grund und Zeugnüs wissen?

Schaut / bitt ich / schaut / nehmt hin des Dolabellen Hand /228

Die dieser Redlichste der Römer uns gesandt.

CHARMIUM.

Was gibt die treue Faust uns heimlich zu verstehen?

IRAS.

Dis: daß August nach Rom durch Sirien wil gehen;

Und daß das Schiff / der Hund / schon segelfertig steh /

Das auch mit Widerwilln Cleopatren zur See

Sol nach Cajeta führn: bis sie in Band' und Stricken /

Wenn Cæsar ein wird zihn / sein Sigs-Fest helffe schmücken.

CHARMIUM.

Ihr blinden Sterblichen! fallt nun der Meinung bei:

Daß es ein schlipfrich Ding umb frembde Gnade sei!

Daß der nicht weißlich thut / der Worte sich läst bländen /

Weil er ein Glied noch regt / das Heft gibt aus den Händen.

CLEOPATRA.

Einfältge Charmium! nach schon geschehner That

Lehrt oft der Ausschlag viel / was kein verschmitzter Rath

Vermag vorher zu sehn. Auch ist nicht zu vermeiden /

Was die Geburts-Gestirn' und Götter uns bescheiden.

Zu dem ist unsre Schuld geringer als die Pein?

Wir schenckten dem Anton nicht süßre Wermuth ein.

Was weigern wir uns denn selbst-eignes Gift zu trincken?

Auf! wir sehn den Anton schon unser Seele wincken!

Auf! auf Cleopatra! Gebrauche Gift und Schwerd.

Gold wird durch Glutt / ein Geist durch Glück und Todt bewehrt.


Antyllus in einem Priester-Rocke. Cleopatra. Charmium. Iras. Sida. Belisama. Salambo. Babia.


ANTYLLUS.

Verfluchte Zauberin! Mordstifftende Medee!

Es ist ja hohe Zeit: daß dir zu Hertzen gehe /[131]

Was du auf den Anton für Meuchel-Mord erdacht;

Den du umb Ehre / Reich und Leben hast gebracht.

Es ist der Götter Werck: daß dein verletzt Gewissen

Wird von der Angst zerfleischt / von Schlang und Wurm zerbissen;

Daß die Verzweifelung den Selbst-Mord dir lobt ein;

Sonst würde diese Faust dein Tod und Hencker seyn.

CLEOPATRA.

Hilf Himmel! reitzt die Höll auch Prister mich zu kwälen?

ANTYLLUS.

Die Kwal wird dir nicht hier / nicht in der Helle fehlen.

Auch würd ich durch dein Blutt mit ewig-grünem Ruhm

Und Zucker-süsser Lust mein neues Priesterthum

Der Rache weihen ein / wenn du dich zu ermorden

Nicht schon im Wercke wärst.

CLEOPATRA.

Was bin ich / leider! worden?

Sol ich verhöhnt / verdammt / beschimpft / verflucht / verspeyt /

Die Seele blasen aus? erbärmlichs Hertzeleid!

Mit was für Laster hab ich / Priester / dich verletzet?

ANTYLLUS.

Hastu / Verruchte / mich nicht in Gefahr gesetzet /

Zu büssen Ehr und Hals / so wie mein Vater / ein.

CLEOPATRA.

Ihr Götter! dieses muß gewiß Antyllus sein.

ANTYLLUS.

Ja / freilich bin ich es / du Mißgeburth der Frauen!

Sieh mich entlarvt nur an; doch / kanstu mich wol schauen:

Daß du nicht schamroth wirst? dein Hertze sagt es dir /

Wie sehr du mich verletzt.

CLEOPATRA.

Vergieb / Antyllus / mir /

Wormit ich freilich dich und den Anton beleidigt.

Gesteh ich doch die Schuld. Sie kan nicht sein vertheidigt.

Was aber steckt / mein Sohn / dich in das Prister-Kleid?

ANTYLLUS.

Wie kont ich anders fliehn der Römer Grausamkeit /

Den du mich liederlich geliefert in die Hände.

CLEOPATRA.

Osir erhalte dich! die Mutter Isis wende

Von dir all Unheil ab / und schütt es auf mein Haupt!

Es ist dir auch / mein Trost / mein Sohn Antyll / erlaubt:

Daß Rach und Eyfer sich an meinem Blutte speisen.

Hier sind die Brüste bloß / hier ist ein scharffes Eisen!

Stoß zu.

ANTYLLUS.

Verkehrtes Spiel!

CLEOPATRA.

Stoß zu.

ANTYLLUS.

Ich wil und kan

Ja nicht.

CLEOPATRA.

Ich nehme Stich und Tod / für Wolthat an.

ANTYLLUS.

Es sol so schwartzes Blutt nicht meine Hände färben.[132]

CLEOPATRA.

So laß Antyllus mich / doch unverfluchet sterben.

ANTYLLUS.

Ob dus gleich hast verdient / wil ich doch auf dein Grab

Nicht werffen Stein und Fluch.229

CLEOPATRA.

So scheid ich frölich ab.

IRAS.

Ihr grimmen Götter ihr! was ehrt man eure Bilder?

Was opffert man euch viel? wenn kein Gebeth euch milder /

Kein Andacht sanfter macht? rührt vom Verhängnüß her

Dein Elend? oder kommt nur alles ungefähr?

CLEOPATRA.

Es ist itzt außer Zeit den Feind und Göttern fluchen.

Last uns sie nun vielmehr umb Gnad und Hülff ansuchen /

Die einer Sterbenden den Tod noch leidlich macht.

Ja wol! es werd uns Zeug zum schreiben hergebracht.

Wünscht ihr die letzte Schrifft an den August zu lesen?

CHARMIUM.

»Herr / nunmehr ist nebst dir Cleopatra genesen /

Du hast mein Reich / mein Geist der Freyheit Thron erreicht /

Nun knechtsche Lebens-Lust der güldnen Baare weicht.

Doch hat die Sterbende dich noch um was zu bitten:

Es werd uns beim Anton zu ruhen nicht verschnitten.

Man gönnt leibeigner Schaar; auch Würmern Erd und Sand.

Schärfft denn auf unser Blutt und Kinder seine Hand

Nicht den blutt-fetten Stahl / verschont er sie der Ketten;

So wird August mit Ruhm Egyptens Stuhl betretten /

So wird sein Stamm und Haus stets blühn und sighaft sein:

Doch schleust der Sarg auch nicht Cleopatren gantz ein.«

CLEOPATRA.

Ihr hört den jüngsten Wunsch. Reicht her ihn zu verschlüssen;

Gebt meinem Wächter ihn /230 der ihn alsbald wird müssen

Dem Keyser liefern ein.

IRAS.

Hilf Himmel! Gib nicht zu:

Daß unser Hertz und Haupt für uns im Grabe ruh.

Wenn alle Glider todt / siht man das Hertz erst sterben /

Auf Charmium! Laß uns hier sterbend Ruhm erwerben!

CLEOPATRA.

Vertrautste / nein ihr irrt. Da ihr uns redlich liebt /

Da ihr uns hertzlich meint / Bestürtzte / so verschiebt

Das euch noch ferne Ziel; euch und auch uns zu gutte.

Wenn man die Hand bespritzt mit hoher Häupter Blutte231 /

Schläft man mit linder Hand die untern Gliedern ein.[133]

Weßhalben solt auf euch Augustus grimmig sein?

Ja / da ihr euch so weit die Kleinmuth last verleiten /

Wer wird uns Gruft und Sarch nach Würden zubereiten?

Glaubt / wer für Schmertzen stirbt / liebt so die Todte nicht /

Als der der Sterbenden den letzten Dienst verricht!

CHARMIUM.

Ist denn kein Mittel nicht zu flihen Tod und Banden?

CLEOPATRA.

Der Schluß bleibt fest. Hier ist die Artzney schon verbanden.

CHARMIUM.

Worzu hat sie hieher den Feigen-Korb versteckt?

CLEOPATRA.

Der uns miß-gönnte Todt wird durch diß Laub verdeckt.

Schaut ihr die gelbe Schlang an diesem Honig saugen?

Schaut wie ihr Schwantz hier spielt / wie flammen ihr die Augen?

Sie schärfft auf unsern Arm schon Zunge / Gift und Zahn.

IRAS.

Mein Geist erschüttert sich! Ist dis die sanfte Bahn

Zum Sterben durch den Wurm? durch ein solch Ungeheuer?

CLEOPATRA.

Der Schlange brennend Gift ist kein solch rasend Feuer /

Als Cæsars Ehren-sucht. Man sucht bey Nattern Rath;

Bey Drachen; wenn man nicht bey Menschen Zuflucht hat.

CHARMIUM.

Ihr Götter! sol der Molch den Lilgen-Arm vergiften.

CLEOPATRA.

Ja! unsrer hohen Seel des Cörpers Pforten lüften,

DIOMEDES.

Ja! nun ists Sterbens Zeit. Der Keyser hat befohln:

Daß man stracks allen Schatz sol auf die Schiffe holn.

Ich sah Ofirens Bild / das niemand noch geschätzet /

Und künstlich von Schmaragd232 zusammen ist gesetzet /

Neun Ellenbogen hoch / gleich aus dem Tempel ziehn.

CLEOPATRA.

Ihr Götter! ist August so gottlos und so kühn:

Daß er die Tempel sich nicht scheuet zu berauben?

DIOMEDES.

Ja / wo Cleopatra wil Dolabellen glauben /

Was er ins Ohr mir bließ / wird heut Agrippa noch

Sie rauben auf sein Schiff.

CLEOPATRA.

Wol! laßt der Römer Joch

Zerbrechen / den August auch sterbende verlachen.

Weil Menschen ärger sind / mit Schlangen Hochzeit machen.

Komm angenehmes Thier! komm / komm und flechte dich

Umb diesen nackten Arm! vermähle durch den Stich

Der Adern warmem Kwell dein züngelnd-tödtend Küssen.

Wie? wilstu nur dein Maul durch Feigen-Safft versüssen?

Ist unsre Marmel-Haut nicht Stich und Giftes werth /[134]

Das die Verdammten oft eh als ein Blitz verzehrt?233

Sol mir zur Straff itzt auch den Schlangen Gift gebrechen?

DIOMEDES.

Laß mich / Cleopatra / versuchen vor ihr Stechen;

Und meine Redligkeit bewehren durch den Tod.

Sie sticht. Schaut ihrs / die Haut ist nur ein wenig roth.

CHARMIUM.

Hilf Himmel! fällt er doch schon todt zur Erde nieder.

BABIA.

Es ist kein Puls mehr dar; das Gift hat seine Glieder

Bereit in Eys verkehrt.

CLEOPATRA.

Der treue Knecht erwirbt234

Ihm Ruhm / und lehret uns: wie sichs so leichte stirbt;

Ja er beschämet uns: daß wir so zärtlich sterben.

BELISAMA.

Die Schlange / die den Knecht so schleunig ließ verterben /

Sticht nicht Cleopatren / weil das Verhängnüs ihr

Vielleicht die Zunge hält.235

CLEOPATRA.

Mahlt mir solch Ding nicht für.

Sie hat den Arm verschmeht / sie dürftet nach den Brüsten.236

Komm her. Weil ich den Tod verdient mit meinen Lüsten.

Nun stich! und sauge Gift / wo mancher Rosen-Mund

Vor Milch und Honig soog. Sie beißt!237 ich werde wund.

Ich fühle Schlaffsucht schon und Ohnmacht mich befallen.238

CHARMIUM.

Ach schenckt das Glück uns denn nichts anders ein als Gallen!

CLEOPATRA.

Kommt / Liebste / nehmt von uns den letzten Kuß noch an.

SALAMBO.

Sie bebt / sie schläffet ein; Es ist umb sie gethan!

CHARMIUM.

Erbebend Donner-schlag! der Marck und Bein durchfähret!

Das Hertz in kaltes Eiß / das Aug in Stein verkehret:

Daß das gefrohrne Blut der Adern Röhr verschützt /

Von dem die starre Thrän im eignen Kwell ersitzt!

Wo fällt die Göttin hin? der Abgott unsrer Seele?

Sinckt ihrer Augen Sonn in so kohl-schwartze Höle?

Umb: daß er Lieb und Licht alldar erwecken mag?

Sol ihrer Glieder Schnee die Nacht verkehrn in Tag?

Wil ihr benelckter Mund im Grabe Blumen sämen?

Des Abgrunds finstre Kluft ein Paradis beschämen?

So geht Egypten-Land / der Ost-West Lust-Haus / ein /

Und dessen Himmel wird itzt eine Helle sein![135]

IRAS.

Ja mehr als eine Hell / mehr als ein Nest der Tiger!

Was starrn / was zittern wir? wolln wir dem grimmen Siger

In Schwerd und Klauen falln? schau unsre Fürstin an!

Die lehrt uns / wie man Feind und Fässel pochen kan.

Hat nicht die Königin die Bahn uns schon gebrochen?

Und durch den kurtzen Todt unsterblich Lob versprochen?

Der Feind / wie wild er ist / wird ein Gedächtnüs-Bild

Noch ihrer Tugend baun. Ein rühmlich Tod verhüllt

Des Lebens schlimmste Schuld / vergöttert sterblich Wesen.

Man wird Cleopatren auf tausend Marmeln lesen /

Auf Ertzt im Capitol. Es wird Cleopatren

Der Himmel-hohe Nil so wie Arsinoen

Fürs West-Winds holdes Kind /239 für eine Venus ehren /

Und uns für Heldinnen! wo wir nach ihren Lehren

Die Seele blasen aus / da uns sonst Schimpf und Schmach /

Wo uns der Feind betritt / folgt auf der Ferse nach.

Zu dem laß uns den Feind ja noch das Leben lassen;

Wie bald wird ohne dis nicht dieser Leib erblassen?

Sol nun des Lebens Spann uns die Geburt entzihn

Des Nachruhms / der mit uns kan tausend Jahre blühn?

Nein / trautste Charmium! wer rühmlich nach wil setzen /

Muß nicht die Haut zu zart / das Blutt zu theuer schätzen.

Es bringet schlechten Ruhm /240 verdienen durch viel Schweiß

Dis / was ein Tropffen Blutt stracks zu erwerben weiß.

Die Ewigkeit / die wir durch keine treue Dienste

Bis auf den Tag erlangt / krigt Iras zum Gewienste /

Wenn sie ihr sterbend nur gleich als zur Ader läßt.

Wird / ohne diese That / wer Charmium gewest /

Wo Iras hat gelebt / die Nachwelt ichtwas wissen?

Auf Schwester! es muß auch uns Glider dis verschlissen /

Was unser Haupt verschleust; dis stechen / was sie stach.

Es sticht. Ich sterbe! folg auch also rühmlich nach.241

CHARMIUM.

Solch Sterben bringet Ruhm / dis Leben Schmach und Bürde;[136]

Sol / die die Erst an Treu / an Macht war / und an Würde /

Hier / nun durch Tod und Blutt man umb den Sigs-Krantz kämpft /

Die Letzt am Reyen sein? die Flamme wird gedämpft

Durch Rauch; der Tugend-Glantz durch Thränen-schwangre Wehmuth.

Wir haben ohne dis durch allzu tieffe Demuth /

Durch die man hat den Feind / das Unthier / zähmen wolln /

Viel unsers Ruhms verspielt / den wir itzt hertzhaft solln

Ersetzen durch den Todt. Jedoch für allen Dingen

Laßt uns Cleopatrens ertheilten Heisch vollbringen /

Und ihrer Leiche thun die letzte Todten-Pflicht.

Da nun das Werck so sehr an viel Gepränge nicht /

Als in der Hold beruht / wil ich zum Liebes-Zeichen

Der Todten zum Ade die Hand-voll Blumen reichen.

Denn weil uns Glück und Zeit mehr Mittel nicht verleihn /

Muß meiner Thränen Saltz indes der Balsam sein /

Mein sterbend Augen-Licht zur Todten-Fackel dienen.

Nur muttig! Charmium / nun ist der Tag erschienen /

Da man Feind / Noth und Todt großmüttig pochen kan.

Auf! sätze Stahl und Dolch behertzt den Brüsten an!


Des Antonius / der Cleopatra, der Iras todte Leichen. Cornel. Gallus. Epaphroditus. Theodorus. Antyllus. Etliche Hauptleute des Keysers.

Charmium. Sida. Belisama. Salambo. Babia.


EPAPHRODITUS.

Halt Stahl und Stos zurück!

CHARMIUM.

Ihr seyd zu späte kommen:

Schaut: wie das Blutt schon spritzt!

GALLUS.

Was habt ihr vorgenommen?

Welch Rasen sicht euch an? daß ihr Gift / Mord und Schwerdt /

Da euch der Feind doch schont / auf eure Glider kehrt?

CHARMIUM.

Gift / Mord und Schwerd sind uns erleidlicher / als Ketten.

GALLUS.

Als Ketten? auch der Todt sol euch vom Schimpf nicht retten.

Ihr selbst befleckt die Seel / ihr selbst verstellt den Leib.[137]

Ist dieser bluttge Wurm / dis ungeheure Weib

Die schöne Charmium?

CHARMIUM.

Ja! schöner als ihr meinet;

Indem itzt unser Ruhm schon nebst den Sternen scheinet.

Weil die standhaffte Treu auch in der Grufft besteht.

GALLUS.

Schaut! wie der Wurm sich krümmt! sie rechelt / sie vergeht.

EPAPHRODITUS.

Verruchten! kontet ihr Cleopatren nicht hindern

Den Selbst-Mord zu begehn?

BELISAMA.

Wer gibt den Uberwindern

Ein Recht / die Willkühr uns des Todes zu verwehrn?

Viel minder könnet ihr euch über uns beschwern /

Die wir die Ehre zu gehorsamen nur hatten.

GALLUS.

Man wird Cleopatren zu Grabe nicht bestatten /

Den andern noch darzu die Mörder-Hand haun ab;

Weil keine nicht vorher dem Keyser Nachricht gab /242

Was für Befugnüs sie bewegte sich zu tödten.

SIDA.

Es reden die von euch uns aufgehalßte Nöthen

Für dieser Leichen Tod und ihr Entleibungs-Recht.

THEODORUS.

Es ist iedweder Mensch der Götter Kind und Knecht /

Wer sich spannt aus / eh er Befehl vom Vater krieget /

Ist unwerth: daß er in der Schoß der Mutter lieget.

SALAMBO.

Gott deutet den Befehl durch böse Zufäll an /

Heißt sterben / wenn man nicht mehr rühmlich leben kan.243

GALLUS.

Kein Gott / die Ehrsucht hat sie in den Tod gestürtzet.

BABIA.

Das Sterbe-Recht die Hand zu schaden euch verkürtzet.

EPAPHRODITUS.

Bistu die Kuplerin nicht / die durch Arglist mich

Entfernte durch den Brief: daß ich den Schlangen-stich

Nicht an Cleopatren verwehren habe können?

BABIA.

Wer uns die Luft nicht gönnt / muß uns den Tod doch gönnen.

Der Athem / den man schöpft / kan schon ein Werckzeug sein

Zum Sterben / wenn man uns schleust Gift und Messer ein.

THEODORUS.

Epaphrodit / wo mich die Augen nicht betriegen /

So steht Antyllus dort.

EPAPHRODITUS.

Laß uns zu ihm sich fügen

Und näher ihn schaun an.

GALLUS.

Habt wenig Zeit Geduld;

Ihr werdet / eh ihrs meint / schon büßen eure Schuld /

Und euer trotzig Maul aufziehen lindre Seiten.

BELISAMA.

Wir werden ohne Zwang die Todte bald begleiten.

THEODORUS.

Gewiß / es ist Antyll. Sein Antlitz leugt mir nicht /[138]

Ist Haar und Kleid gleich falsch.

EPAPHRODITUS.

Gib du mir Unterricht:

Wenn und von wem du bist zum Prister angenommen?

ANTYLLUS.

Wer? ich!

EPAPHRODITUS.

Ja freilich du.

ANTYLLUS.

Ich bin von Memphis kommen

In dieses Heiligthum.

EPAPHRODITUS.

Wie heissestu?

ANTYLLUS.

Beryll.

THEODORUS.

Es ist Antyllus Sprach?

EPAPHRODITUS.

Ist dir bekant Antyll?

ANTYLLUS.

Ich kenn ihn.

THEODORUS.

Zieht ihms Haar ab.

ANTYLLUS.

Schelmischer Verräther.

EPAPHRODITUS.

Bistu nicht selbst Antyll?

ANTYLLUS.

Ja / doch kein Ubelthäter

Wie dieser Theodor. Ach! Ertz-Dieb! Henckers-Knecht /

Mordstifter / Schadenfroh!

THEODORUS.

Thut ihr ihm nicht sein Recht?

Ich kenn Antyllens Sinn / und ihr Augustens Willen.

EPAPHRODITUS.

Sol / Gallus / ich an ihm des Keysers Wunsch erfüllen?

THEODORUS.

An dem Antyllus lebt ein Todfeind des August /

Im Hertzen kochet Grimm / und Rachgier in der Brust.

ANTYLLUS.

In dir Verleumdungs-Gall. Ach! laßt euch nicht verleiten.

GALLUS.

Die Wahrheit steht auf sein / das Recht auf unser Seiten.

Wir sind im Heiligthum.

THEODORUS.

Es wird erst heilig seyn;

Wenn es Antyllens Blutt wird dem August einweihn.

GALLUS.

Ein todter Hunds-Kopf beißt.

ANTYLLUS.

Entblösset ihr die Waffen /

Ihr Römer / gegen mich? was wil man an mir straffen?

THEODORUS.

Er ist's Anton sein Sohn.

ANTYLLUS.

Und Fulviens dabey /

Der Schwäher des Augustus.

THEODORUS.

Die Natter heckt kein Ey

In Eingeweiden nicht / in dem nicht Nattern stecken /244

Er wird die Eyer aus des Basilißken hecken /245

Den kaum August gesterbt.

ANTYLLUS.

Schont eines Römers doch.

EPAPHRODITUS.

Stoßt auf den Zwydorn zu.

GALLUS.

Wehrt sich die Schlange noch?

ANTYLLUS.

Laßt euch doch Fulviens unschuldig Blutt erbitten.

EPAPHRODITUS.

Es ist am Nil in Gift verkehrt.

ANTYLLUS.

Schont euer Wütten

Nicht Römischen Geblütts / so schont doch den Osir /

Das Bild des Julius246 / die ich zusammen hier

Umbarme.

GALLUS.

Greift ihn an / und reißt ihn von dem Bilde.

THEODORUS.

Das Bild der Götter dient der Boßheit nicht zum Schilde.247

GALLUS.

Wer Fürsten selbst verletzt / kan ihre Seulen nicht248[139]

Zum Schutzbild ihm erwehln.

ANTYLLUS.

Sagts was Antyll verbricht?

EPAPHRODITUS.

Der wider's Vaterland und den August gestritten?

ANTYLLUS.

Doch für des Vätern Heil. Welch Römer hat gelitten /

Was ich / aus tausenden / die dis was ich gethan?

GALLUS.

Reißt den Verdammten weg; und tilgt ihm seinen Wahn

Mit seinem Leben aus. Kein Tempel kan dem nützen /

Den keines Bürgers Hauß249 gewürdigt zu beschützen.

ANTYLLUS.

Ihr Götter! die man hier so freventlich verletzt /

Die man für ungerecht / ja für ein Unding schätzt /

Übt auf die Römer Rach / und stürtzt sie mit Verterben.

EPAPHRODITUS.

Man gönnt den Lästerern zu schmehen / wenn sie sterben.

THEODORUS.

Er züngelt.

EPAPHRODITUS.

Aber er verstummet / und er regt

Kein Glied mehr.

THEODORUS.

Ich wil fühln: ob ihm noch's Hertze schlägt.


Die sechs Leichen. Augustus. Agrippa. Mecænas. Theodorus. Proculejus. C. Gallus. Arius. Epaphroditus. Sida. Belisama. Babia. Die Trabanten. Zwey Psylli.


AUGUSTUS.

Was macht sie? lebt sie noch? ach! ist sie schon verblichen?

Ist ihr bestürtzter Geist schon aus der Welt entwichen?

Eilt! rettet! lauft lauft! eilt! bringt Stärckungs-Säft herbey /

Fühlt / ob der Puls noch schlägt / und wo die Wunde sey.

GALLUS.

Herr / es ist weder Puls noch Wund an ihr zu spüren.

AUGUSTUS.

Es kan der Unfall doch nicht von der Luft herrühren.

Durchforscht den kalten Leib von Gliede bis zum Glied.

PROCULEJUS.

Sucht / ob man weder Dolch / noch Gift / noch Messer siht.

AUGUSTUS.

Entblösset Arm und Brust an der erblasten Leichen.

GALLUS.

Man siht zwar auf der Brust zwei kleine Feuer-Zeichen /

Doch zeucht so schlechter Fleck wol nicht den Todt nach sich.

ARIUS.

Ach leider! zu gewis. Es ist ein Schlangen-Stich.

AUGUSTUS.

Bringt Schlangen-Pulver her / bringt Scorpionen-Oele /

Ist Bezoar nicht dar?

ARIUS.

Der Keyser der erwähle

Die Aegeln alles Gifts die Psyllen250 zur Artznei.

AUGUSTUS.

Laufft / rettet / bringt alsbald die ersten uns herbei.

PROCULEJUS.

Legt ihr von Mithridat ein Pflaster auf das Hertze /[140]

Eh ihr ohnmächtger Geist gar aus dem Leibe stertze.

AUGUSTUS.

Gabstu / Epaphrodit / so wenig auf ihr acht?

EPAPHRODITUS.

Sie hat durch arge List mich auf die Seite bracht

Als sie / Durchlauchtigster / ihm das Verzeichnüs schickte

Der Schätze / welche sie vor in Geheim verrückte251

Mit Vorwand: Livien mit selbten zu verehrn.

AUGUSTUS.

Ein kluger Mann läßt sich kein schnödes Weib bethörn.

ARIUS.

Die Psyllen haben noch zuweilen Rath gefunden.

PROCULEJUS.

Wol! sie sind dar.

AUGUSTUS.

Stracks saugt das Gift ihr aus den Wunden.

GALLUS.

Schaut / welch ein grüner Jäscht sich für dem Munde setzt /

Welch kalter Todten-Schweiß die Stirn und Schläffe nätzt.

Wie schwillt die Brust / da sie die Schlang hat hingestochen.

PROCULEJUS.

Hier sieht man auch die Spur / auf der sie ist gekrochen.252

AUGUSTUS.

Spart Kunst und Arbeit nicht für einen reichen Lohn.

Da ihr ihr helffen könnt / ist Gold und Freiheit schon

Euch reichlich ausgesätzt.

PSYLLI.

Herr / es ist nur vergebens.

Ihr todter Leib hat mehr kein Füncklein eines Lebens.

So bald der Schlangen-Zahn das warme Blutt befleckt /

Hat das geschwinde Gifft ihr Hertz in Brand gesteckt.

AUGUSTUS.

Ihr Götter / die ihr uns mit so viel Lorbern schmücket /

Die ihr das grosse Rom mit so viel Sieg anblicket /

Die ihr der Feinde Stahl als schwirrend Glas erschellt /

Die ihr den Phrat und Nil weit nach der Tiber stellt /

Warum wolt ihr nicht auch uns diesen Ruhm noch gönnen:

Daß wir dis Weib nach Rom zum Schauspiel führen können?

Ja unser halber Sieg / der Römer gantzer Trost /

Fällt itzt ins Wasser hin! Welch Wurm ist so erboost /

Welch Panther so ergrimmt: daß er die eignen Klauen /

Eh er sich fässeln läßt / pflegt in sein Fleisch zu hauen?

Welch Grimm / Cleopatra / welch Wütten kam dich an?[141]

Daß du so mördrisch dir / uns hast so weh gethan?

Solln itzt die Leichen uns nur unser Sigs-Fest zieren?

Last uns gleich aus Metall ihr güldnes Bild auf-führen:

Die todten Bilder sind kein überwunden Feind /

Die nur der Rache Lust umsonst zu schimpffen meint.

Jedoch / was sinnen wir auf Schimpf der edlen Frauen /

Die kein gefrornes Hertz kont unzerschmoltzen schauen;

Die ohne Seele noch mehr als zwey Seelen zeigt /

Die noch als Sonne prangt / wenn sie ins Grab gleich steigt.

Ihr todtes Antlitz hegt noch Held- und Fürsten-Striche.

Für ihr erstaunete Mohr / Parthe / Römer / Grieche /253

Hebreer / Araber / Med' / Jude / Troglodit /

Wenn er in seiner Sprach umbsonste war bemüht

Ihr etwas vorzuthun. Ich kan den Nil nicht schmehen /

Der sie fürs Ebenbild der Isis angesehen;254

Zeucht doch auch meinen Geist noch ein Magnetisch Drat /

Der's Julius sein Hertz so sehr gefesselt hat.

Wie hat nicht Marc-Anton auf diesen Marmel-Klippen

Der zarten Perlen-Brust / auf den Corallen-Lippen

Vergehn und scheutern solln? wie kont er Sieger sein?

Da ihren Helden-Geist kein Sonnen-Kreiß schloß ein.

Was wil Augustus denn die Ruhms-entseelten Glider

Aufs Schau-Gerüste stelln?

ARCHIBIUS.

Man wirfft die Bilder nieder /

Durchlauchster / des Anton. Weil aber mir bewust:

Daß über todtes Ertzt und wider Kunst August

Zu siegen nicht verlangt / erkühn ich mich zu bitten:

Der Keyser lasse doch nicht Heer und Pöfel wütten

Auf Seulen / welche sind Cleopatren gesätzt /

Und die das Alterthum hochheilig hat geschätzt.

Ich bin bereit hierfür ein tausend Pfund zu zahlen.255[142]

AUGUSTUS.

Die Ehren-Maale sind der Tugend Sonnen-Strahlen.

Welch Unmensch äschert denn die Helden-Bilder ein?

Cleopatra wird stehn / wenn Rom nicht Rom wird sein.

Vielmehr laßt uns itzt selbst ihr Bild stelln Rom für Augen256

So / wie die Schlangen ihr die edle Seel aussaugen;

Wie ihr behertzter Todt des Lebens Fleck' abwäscht /

Und ihr verspritztes Blutt der Römer Eyver läscht.

Daß Proculei alsbald des Lägers Häupter lehre;

Daß es kein Bildnüs nicht Cleopatrens versehre:

Man laß ihr Heiligthum der Sonnen-Pfeiler stehn /

Die Ehren-Pforten nicht vorsätzlich untergehn;

Und Gallus / der den Nil zur Land-Vogtey sol haben /257

Sol sie / nebst dem Anton / aufs prächtigste begraben.258


Augustus. Archibius. Proculejus. Belisama. Sida. Salambo. Babia. Cornel. Gallus. Arius. Des Antillus Leiche. Epaphroditus. Etliche Hauptleute. Die Trabanten.


AUGUSTUS.

Was aber liegen mehr für todte Leichen hier?

PROCULEJUS.

Es sind Cleopatrens zwey Dirnen / die sie ihr

Für andern auserkiest zu ihren Heimligkeiten.

AUGUSTUS.

Wer zwang sie / ihre Frau im Tode zu begleiten?

SIDA.

Weil die ihr rechter Arm / und jen' ihr halbes Hertz /

Der Ruhm ihr Abgott war / zwang sie also ihr Schmertz

Wie auch ihr Sterbens-Bund259 die Treue zu bewehren.

AUGUSTUS.

Die so sehr heilgen Brand in ihren Hertzen nehren /

Verdienen etwas mehr / als ein gemeines Grab.

Daß ied' ein Ehrenmal in diesem Tempel hab.

BELISAMA.

O Wolthat! die dir selbst der Himmel wird vergelten!

Großmächtigster August! Gott schaffe dir mehr Welten /

Das Glücke werffe dir stets Lorbern in die Schoos.260

Denn deine Tugend ist für eine Welt zu groß.

Mit dem und mehrerm wirds Verhängnüs dich beschütten /

Wo du noch diese Gnad uns läst von dir erbitten:[143]

Daß wir der Keuschheit uns und Isis dörffen weihn /

Und unser Königin aufs Grab Geblüme streun

Und Weyrauch aufs Altar.

AUGUSTUS.

Wir wolln den Wunsch euch gönnen /

Wie auch Cleopatren Altar und Pristerinnen.

SALAMBO.

Vergötterter August / der Erden Sonn und Haupt /

Ist mir nicht eines noch zu bitten nicht erlaubt?

AUGUSTUS.

Eröfne dein Gemüth.

SALAMBO.

Der Keysers Gütte reiche

Nur noch auf den Antyll und seine blasse Leiche /

Die hier der Götter Bild hat durch ihr Blut bespritzt /

Ich schelte diese nicht / die ihm die Brust zerritzt /

Ich weiß: daß Staatssucht oft den Fürsten Blutt abzwinget.

Doch fündigt der vielmahl / der ihren Schluß vollbringet /

Und eines gutten Wercks haupt-schlimmer Werckzeug ist.

Hier stehet Theodor261 / der dem Antyll erkiest

Zu einem Lehrer war / der vom Anton empfangen

Mehr Wolthat / als er selbst kaum wuste zu verlangen;

Doch eben dieser ists; O schwartze Greuel-That!

Der den Antyll zu Mord und Tod verrathen hat.

Wird nun August an ihm so grossen Undanck straffen /

So wird Antyllus sanft auch unbeerdigt schlaffen.

AUGUSTUS.

Gestehstu / was sie klagt?

THEODORUS.

Wer wil des Keysers Feind

Verhölen?

AUGUSTUS.

Glück und Zeit sol andern keinen Freund /

Auch kein Gefangener aus Meineyd Vortheil suchen.

SALAMBO.

Es ist am Theodor auch Diebstal zu verfluchen.

Weil seine Rauberhand die Leiche noch beraubt.

THEODORUS.

Ich glaube: daß August nicht die Verleumdung glaubt.

SALAMBO.

Man suche bey ihm nach; Mein Leben mag es büssen /

Wo er nicht den Opal Antyllen abgerissen /

Mit welchem Nonius versöhnte den Anton.262

AUGUSTUS.

Besucht ihn.

THEODORUS.

Er ist hier.

AUGUSTUS.

Ertzt-bösewicht! dein Lohn

Sol gleichen deiner Schuld; boßhafter Ubelthäter!

Man liebt Verrätherey / und hasset die Verräther.

Stracks / Hauptman / nim ihn weg / und schaffe: daß man ihn

Ans Kreutze nagel an.

SIDA.

Der Keyser müsse blühn /

Sein Haupt jedwedes Jahr mit so viel Kräntzen prangen /[144]

Als dieses Tage zehlt / als bunte Panther-Schlangen

Mit Fleck und Farben spieln.263

AUGUSTUS.

Begrabet zum Anton

Ins Ptolomeus Gruft auch seinen todten Sohn.

BABIA.

O milder Herr der Welt! barmhertzger Uberwinder!

AUGUSTUS.

Wo sind Cleopatrens uns hochgerühmte Kinder!

Bringt sie zu uns hieher. Wir wolln ihr Schutz und Schirm /

Ihr ander Vater seyn.

BELISAMA.

Daß man in Memphis Thürm

Des Keysers Nahmen schreib. In allen Tempeln habe

Sein Bildnüs einen Stand / und bey Simandens Grabe

Sey in den güldnen Kreiß264 sein Lob geetzet ein!

AUGUSTUS.

Wo mag Cæsarion verborgen etwan sein?

GALLUS.

Er hat in Mohrenland sich heimlich weggespielet.

AUGUSTUS.

Sagt / was Cæsarion durch seine Flucht anzielet?

GALLUS.

Sein schlecht Gewissen scheut des Keysers Gnad und Licht.

AUGUSTUS.

Wer argwohnt wider uns / dem traun wir gleichfalls nicht.

AUGUSTUS.

Den grossen Himmel mahlt mehr nicht als eine Sonne /265

So ist ein Keyser nur der Erden Haupt und Wonne.

AGRIPPA.

Ja / wo die Herschsucht ist gewurtzelt einmal ein /

Da muß mit Strumpf und Stiel ihr Stamm vertilget sein.

Er rühmt sich des Anton Gefährten /266 Cæsars Erben;

Was meinstu / das zu thun?

ARIUS.

Cæsarion muß sterben.

AUGUSTUS.

Er sterbe. Wo er sich in dreyer Mohnden Zeit

Nach Rhodos nicht gestellt. Es heischt die Sicherheit

Des Reiches derer Tod / die einig Recht drauf rügen.

Bemühe / Gallus / dich den Flüchtigen zu kriegen.

PROCULEJUS.

Hier stelln Cleopatrens drey Kinder sich gleich ein.

AGRIPPA.

Solln diese Zwerge Sonn und Mohnd und Hunds-Stern sein?267

SALAMBO.

Drey Kronen-tragende falln hier zu Cæsars Füssen.

Ihr armen Weysen seyd durch Demuth nun befliessen:

Daß ihr den / der der Welt wolthätig Vater ist /

Den euch die Mutter selbst zum Schutz-Gestirn erkiest /[145]

Auch euch zum Vater macht.

CLEOPATRA.

Ich weiß nichts zu gewehren

Dem mächtigsten August / als Perlen meiner Zehren /

Als meiner Mutter Bitt / und daß wir Zweige sind

Von Ptolomeus Stamm. Ein ungeheurer Wind /

Der Eich- und Cedern bricht / verschont doch junger Sprossen.

Zu dem hat edles Blut bey Siegern stets genossen

Der hohen Ahnen Würd. Auch Staub behält den Werth;

Man thut mit Asche groß / wenn Glutt und Zeit verzehrt

Hat etwas Schätzbares; So ist auch sein Gemütte

Zu edel / grosser Fürst! daß Königlich Geblütte

Zu Knechtscher Niedrigkeit verstossen solte seyn.

PTOLOMÆUS.

Ich bin von Jahren jung / von Missethaten rein /

Von Leibes-Kräfften schwach; doch fühl ich eine Flamme

Schon regen meine Brust / die man der Tugend Amme

Der Helden Zunder heißt; die sol ein heilig Brand

Des grossen Keysers sein / wenn seine Gnaden-Hand

Mich nicht in Knechtschafft stößt.

ALEXANDER.

Und mein schon lodernd Hertze /

Durchlauchtigster August / sol eine heilge Kertze

Ins Keysers Tempel sein; Denn des Augustus Ruhm

Bedarf den Erden-Kreiß zu seinem Heiligthum.

In diesem werd ich ihm statt Weyrauchs Treu anzünden /

Und wo mein Leben nicht zu zeitig wird verschwinden /

Sol meine schwache Faust den Degen nie ziehn aus /

Als für Augustens Heil und für des Keysers Hauß.

AUGUSTUS.

Steht / liebsten Kinder / auf. Ich schätze mich beglücket:

Daß / weils Verhängnüs euch mit seiner Bleyhand drücket /

Ich euer Ungelück und Trauren miltern kan /

Ich nehm euch alle drey zu meinen Kindern an /268

Ich wil als Vater euch das minste lassen fehlen /

Ich wil Cleopatra dem Juba dich vermählen /269

Sein väterliches Reich und dis ihm geben ein;

Ihr beiden Söhne mögt bei euer Schwester sein;

Wird euer Geist auch nicht aus dem Geschirre schlagen /

Solt ihr in Africa noch Kron und Zepter tragen.

PTOLOMÆUS UND ALEXANDER.

So wird August ein Herr der Herren und ein Fürst

Der Fürsten.

AUGUSTUS.

Stehet auf. Du / mein Mecenas / wirst[146]

Die Kinder alle drey in deiner Aufsicht halten;

Ihr Erbtheil / das ich selbst bestimmen wil / verwalten.

Agrippa dencke nach / und bring es aufs Papier /

Wie Gallus fruchtbarlich Egypten stehe für.

Denn dieses ist ein Reich / das die Vernunft muß stützen /

Ein grosser Geist beseeln / viel Hände müssen schützen.

Euch Göttern sag ich Danck! Nun kan ich unsre Stadt /

Die Eckel für Verterb und Bürger-Kriegen hat /

Mit Beut und Fried erfreun; und nach dem Bluttvergüssen

Zum dritten mal in Rom des Janus Tempel schlüssen.270

Bereit Epaphrodit Cleopatrens ihr Schiff /

Das wie ein gülden Drach271 auf Thetys Bette lief /

Für unsre Livie. Der Perlen-reiche Wagen /

Auf dem sich ließ Anton von Panther-Thieren tragen /

Wie Bachchus / als er Pers- und Indien nam ein /272

Sol eine Zierrath uns beym Siegs-Gepränge seyn;

Damit was neues auch zu Rom gesehen werde /

Schifft auf die Krieges-Flott Egyptens Wasser-Pferde

Nebst Nilus Ochsen ein.273 Das schon gepregte Geld274

Sey durch Agrippens Hand dem Heere zugestellt.

Damit das Volck zu Rom auch keinen Mangel leide /

Befrachtet tausend Schiff' und Kahne mit Getreyde.

Der edlen Leichen Schmuck sol bleiben unversehrt.

Weil Göttern aber auch von allem was gehört /

So nehmt Cleopatren ihr Perlen Ohrgehäncke /275

Daß ich der Venus Bild zu Rom damit beschencke.

Die Seulen von Porphier solln ziern den Renneplatz /276

Die Bilder's Capitol / der andre grosse Schatz

Den Tempel des Saturn.277

BELISAMA.

Der beste ligt begraben /

Den er / großmächtger Fürst / nicht fähig ist zu haben.

AUGUSTUS.

Wer ist so starck / daß er mir aus den Händen reist

Egyptens Sieges-Preiß?

BELISAMA.

Ein ihn besitzend Geist /

Der unter der Gestalt des allergrösten Drachen[147]

Und eines Krocodils muß solchen Schatz bewachen.278

AUGUSTUS.

Durch wessen Zauberey und wo ist er bestrickt?

BELISAMA.

Der grosse Ptolome hat seinen Ring gedrückt

Auf diesen seinen Schatz / und in der See versencket /

Den Mæris hat gebaut.

AUGUSTUS.

Ist niemand / welcher dencket

Dis Sigel aufzuthun?

SALAMBO.

Kein Schlüssel ist so gutt

Als Wolthat / die der See selbst ihren Mund aufthut /

Die das Gestirn aufschleust / den Grund der Welt entriegelt;

Die Thore der Natur / der Götter Schluß entsiegelt.

Weil uns der Keyser nun so gar viel gutts verspricht /

Kan ich den Schlüssel ihm verhalten länger nicht /

Den mir Cleopatra noch selbst hierzu vertrauet.

Großmächtigster August / nichts / was die Sonn anschauet /

Kein Stern / kein Kraut / kein Geist / kein Zoroaster kan

Dis Siegel brechen auf. Nimm aber von mir an

Den Schlüssel / der dir wird dis Reichthum aufsperrn können.

AUGUSTUS.

Wie wol thustu / mein Kind. Man sol der Welt mehr gönnen

Als Geistern schwartzer Nacht. Steckt so geheime Kraft

In dieses Ringes Kreiß / und in der Eigenschafft

Der in dis schlechte Ertzt versätzten edlen Steine?

SALAMBO.

Man lernt aus der Gestalt / aus ihrer Farb und Scheine;

Es habe die Natur mit Wundern sie erfüllt.

Es sind Wolfs-Auge / Fisch / der Scorpionen Bild /279

Ameisse / Habicht / Krebs / Frosch / Natter / Schlange / Pfauen

Auf so viel Steinen nicht vergebens anzuschauen.

Die Würckung ist bekant / man weiß / durch welche man

Die Geister kirrt und jagt / und Wunder stifften kan.

Allein in diese Stein' ist eine Kraft gediegen /

Den Krocodil zu fälln / den Drachen zu besiegen

Durch eines Künstlers Hand / der zu gewisser Zeit

Schnitt beide Thier hierein;280 nachdem sie vor geweiht

Von Priestern dem Osir und unser Isis waren.

AUGUSTUS.

Du solst / Salambo / schon mein danckbar Hertz erfahren /

Wo das Geheimnüs trifft mit deinen Worten ein.

Du / Gallus / solst den Schatz zu heben mühsam sein.[148]

Archibius du must auf Seltzamkeiten dencken /

Den Adel und den Rath mit selbten zu beschencken.

Augustus lebt vergnügt / wenn ihm die Ehre bleibt:

Daß er dem Römschen Reich Egypten einverleibt.

Laß / Proculejus / auch zwölf Schiffe zubereiten /

Die übermorgen uns in Sirien begleiten.

Jedoch / weil wir uns gleich itzt in der Grufft hier schaun /

Wo Alexander ihm ließ sein Begräbnüs baun /281

Last uns den / dem sich Glück und Tugend stets vermählet /

Dem eine neue Welt zu zwingen hat gefehlet /

Den / dessen grossen Geist der Erden-Kreiß nicht schlooß /

Im engen Sarche sehn. Macht Ertzt und Riegel loß.

Hier ligt der grosse Held / von dem August muß lernen:

Der Leib vergeh in Asch / der Geist steig an die Sternen /

Für dessen todtem Bild282 (O edle Tugends-Art!)

Des Cæsars Geist beseelt / das Antlitz schamroth ward /

Die Seele Seufzer ließ. So muß auch diesem Leben /

Sein ihn vergötternd Ruhm uns Flamm und Flügel geben

Zu gleicher Ehren-höh. In-des / dafern dein Glantz

Nicht unsern Dinst ausschlägt / nimm diesen Lorber-Krantz /

Den nicht der Zeiten Sturm / der Nachwelt Blitz wird tilgen /

Und dieser Krone Gold nebst dieser handvoll Lilgen

Zum Denckmals-Opffer an.

ARIUS.

Wil nicht auch Fürst August

Die Ptolomeer sehn?

AUGUSTUS.

Wir hatten hier nur Lust

Den König zu beehrn. Die solln den Dinst nicht haben /

Mit derer Körper Geist und Nachruhm ward begraben.


Reyen


Der Tiber / des Nilus / der Donau / des Rheins.


TIBER.

Legt nun der Nil die stoltzen Wellen nider?

Und betet er die Tiber an?

Schaut: wie / was dem Verhängnüß ist zuwider /

So seicht und mirbe wurtzeln kan!

Ob gleich mein Strom nicht tausend Flüß einschlingt /[149]

Mein Sand nicht Gold / mein Schaum nicht Perlen führet /

Mein Fluß Corall; mein Schilf nicht Zucker bringt;

Ob meine Schooß gleich nicht Rubin gebühret:

So lehret Rom doch: daß ich bin

Des Meeres Haupt / der Flüsse Königin.

Der Tiger und Eufrat sind für mir sanfft und klein /

Und bücken sich für meiner Römer Füssen /

Pactol und Tagus muß beim Reichthum dürftig sein /

Weil beide mir den Gold-Sand zinsen müssen.

Daß Gangens Jäscht mit Diamanten strahlt /

Der kalte Nord mit schimmernden Kristallen;

Das grüne Meer sich bräunet mit Corallen /

Des Indus Silber-Flutt sich mit Schmaragden mahlt;

Ist ihre Frucht / doch mein Gewienst /

Indem sie wie die Zucker-Bienen

Zwar Honig sammlen / doch nicht ihnen.

Die edlen Steine stehn der Tiber nur zu Dienst;

Umb meiner Nimfen Hals und Hand /

Und mein belorbert Haupt zu decken /

Die Tyrer-See heckt braune Purper-Schnecken /

Umb nur zu färben an mein Keyserlich Gewand;

Was weigerstu dich denn / O Nil!

Nun Rhodan / Tiger / Phrat und Rhein mir opffern müssen /

Nachdem es selbst der Himmel wil /

Daß du nicht Rom und mir wilst Fuß und Zepter küssen?

DER NILUS.

Wenn Titan steigt aus Thetis blauem Reiche /

Und uns läßt Licht und Tag aufgehn /

Erblassen ja die Sternen nicht zugleiche;

Die grössern bleiben länger stehn.

So / als auch Rom und sein geweyhter Fluß283

Sein güldnes Haupt den Sternen hat verschwistert /

Siht man: daß erst / was klein ist / schwinden muß /

Als der gestirnt Eridan wird verdüstert.

Bis nach dem Tiger und Eufrat

Des Nilus Glantz auch sein Begräbnüs hat.

Jedoch verfinstert mich so sehr nicht Rom und du /

Als des Verhängnüsses gesetzter Schrancken /[150]

Der Himmel selbst trägt Glutt zu meiner Asche zu:

Für dem der Thron der Götter selbst muß wancken.

Drang nicht mein Haupt sich bis zun Sternen ein /

Und über der Pyramiden Gefilde?

Es räucherte der Mohre meinem Bilde /

Gab meinem Tempel ab284 Gold / Weirauch / Helffenbein.

Die Ost-Welt bettelte von mir

Den Weitzen / den Egypten bringet /

Wenn mein aufschwellend Strom es tinget /

So bald der Welt ihr Aug im Löwen tritt herfür.

Allein ob meiner Thürme Pracht

Zwar keinen Sonnen-Schatten zeuget /285

Noch Dunst und Wolck aus meinem Strome steiget;286

So schaut doch / wie der Neid mich so sehr schatticht macht /

Wie mich die Unglücks-Wolck umbhüllt /

Wie mich des Keysers Blitz fast gar in Abgrund schläget.

Geduld! wenn es nicht Pochens gilt.

Schau! wie der grosse Nil sich für der Tiber läget.


Die Donau und der Rhein.


Nun alle ja zu Sklaven sind gebohren /

Was solstu Donau thun? und Rhein?

Nein! nein! Rom / das hier oft den Muth verlohren /

Wird noch viel Adler büssen ein.287

Daß Phrat und Nil der stoltzen Tiber weicht /

So wie sie vor auch Alexandern wichen /

Bewegt' uns nicht: daß man sich ihnen gleicht.

Wir haben auch die Seegel nicht gestrichen /288

Als dieser grosse Blitz der Welt

Der Erden Kreiß hat in sein Joch gestellt.

Nein! stoltzes Rom! wir schaun schon jene Zeit angehn /

Da uns wird ehrn nicht nur ein Kreiß der Erden.

Es wird dis unser Mooß voll Diamanten stehn /

Das grüne Schilff zu Lorber-Zweigen werden.

Wir sehen schon die Sonnen unsrer Flutt /

Den Helden-Stamm in Oesterreich entspringen /[151]

Dem nicht nur Rom und Tiber Opffer bringen /

Den Leopold / der dem August es gleiche thut.

Die itzge Welt ist ihm zu klein /

Es wird noch eine Welt entstehen /

Ihm wird die Sonn nicht untergehen /289

Und Thule wird nicht mehr der Erde Gräntzstein sein.

Dis / was Columb und Magellan /

Der andre Tiphys / wird entdecken /

Wie ferne sich zwey Indien erstrecken /

Wird unsers Cæsars Hauß fußfällig beten an.

Wir sehen schon sein siegend Schwerdt /

Den Adler für dem Mond am Nil und Bospher gläntzen.

Kommt / Schwestern / schätzt ihr Tugend werth /

Helfft sein gekröntes Haupt mit Palm- und Lorbern kräntzen.


Δ.Τ.Θ.


Quelle:
Daniel Casper von Lohenstein: Afrikanische Trauerspiele. Stuttgart 1957, S. 126-152.
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