Vorrede.

Dan zweiffelt nicht / es werde das gegenwärtige Leben des grossen Arminius / als des seeligen Herrns von Lohenstein vollkommenstes Meisterstück / bey gelehrter Welt in der sonderbaren Hochachtung jederzeit bleiben / die es lange zuvor nach seinem Verdienst erlangt hat / ehe es noch durch den Druck ans öffentliche Tages-Liecht gekommen ist. Jedennoch dörffte manchem vielleicht beschwerlich seyn / daß die Einführung unterschiedener seltzam-benennter oder ungenennter Personen dieses Werck hier und dar dunckel gemacht / und wäre demnach kein Wunder /wenn selbiger der Lust und Nutzens / so er aus Lesung der deutlichen Oerter dieses sonst so hochverlangten Buches schöpffen könte / lieber entbehren /als zugleich über der Auslegung der verdeckten Geschichte sich den Kopff zerbrechen wolte. Denn die Sinne derer Menschen sind ja so ungleich untereinander / als ihre Gesichter / und suchen viel die gröste Vergnügung in denen unverständlichsten Büchern /umb (zum wenigsten in ihren Gewissen) die Ehre zu haben / daß sie etwas bey dem Liecht ihres guten Verstandes leichtlich sehen können / was andern Leuten lauter Aegyptische Finsterniß ist. Andere aber werden einer so mühsamen Lust ja so bald überdrüßig / als des Schachspiels / welches nicht wenig kluge Köpffe viel ehe unter die schwerste Arbeit / als unter Ergetzungen des Gemüthes / zu rechnen pflegen. Nun lässet man zwar einen jeglichen gar gern bey seiner Meinung / hoffet aber doch / jene werden sich unsere Anmerckungen über den Arminius nicht zuwider seyn lassen / nachdem sie nicht an Rand beygedruckt / sondern an diesen abgelegenen Ort verwiesen worden /und also ihnen nicht hinderlich seyn können / im eigenen Nachsinnen sich zu üben. Diese hingegen werden sonder Zweiffel unser Vorhaben zum vergnüglichen Gebrauch dieses Buchs höchstnöthig befinden. Und obwohl gegenwärtige Schrifft ihre grossen Unvollkommenheiten hat; wird man dennoch vielleicht noch eben so wohl damit zu frieden seyn können / als etwan mit einem unförmlichen Grentzsteine / der einem Reisenden / wo nicht völligen Bericht vom Wege / doch gnugsamen[3] Anlaß giebt / den rechten sonst unbekanten Weg / welchen auch der blinde und leblose Stein nicht sehen und betreten kan / durch eigenen Fleiß zu finden und zu gehen.

Quelle:
Daniel Caspar von Lohenstein: Großmütiger Feldherr Arminius, Zweyter Theil, Leipzig 1690, S. III3-IV4,MDCXLVII1647-MDCXLVIII1648.
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