Fünfter Auftritt.


[21] Stein. Möller. Wilkens. Marie. Försterin. Vorige. Begrüßungen mit dem Förster.


STEIN. Wohin so rasch, Alter? Habt Ihr schon Händel mit dem da?[21]

FÖRSTER. Ja; ich hab' ihm die Leviten gegeigt, dem jungen Herrn, von wegen mit dem Weibsvolk da.

STEIN. Hochverrat gegen die Majestät des Pantoffels? Und das dulden Sie, Frau Schwiegermutter?

FÖRSTERIN. Ein bißchen mehr, ein bißchen weniger – wo man sich einmal auf soviel hat einrichten müssen!

FÖRSTER. Und da sag' einer, die Frau da wär' nicht gescheit genug, einen unter den Pantoffel zu bringen. Aber gib' uns Karten. Ich hab' dem Stein da Revanche versprechen müssen auf heut vor dem Frühstück noch –

STEIN. Und die muß ich haben.


Der Förster und Stein sitzen einander gegenüber rechts und spielen Karte.


FÖRSTERIN sieht einen Augenblick zu; dann zu Robert, indem sie geschäftig abgeht. Wenn sie nur heut nicht etwa wieder auf das Durchforsten kommen!

MÖLLER links zu Wilkens tretend; indem er auf Marie zeigt, die eben mit der ab- und zugehenden Mutter und Robert spricht. Das nenn ich eine schmucke Braut.

WILKENS. Und auch kein Bettelkind, Herr Buchhalter.

MÖLLER galant. Wer weiß nicht, daß Herr Wilkens ihrer Mutter Oheim ist?

WILKENS geschmeichelt. Hm.

MÖLLER. Und Herr Wilkens braucht sich, mein ich, des Hauses Stein und Sohn nicht zu schämen.

WILKENS ruhig. Bewahre.

MÖLLER wird ganz Feuer. Herr, die Firma Stein und Sohn! Ich diene der Firma zwanzig Jahr'. Das ist meine Ehre und mein Stolz. Die Firma ist mein Weib und Kind!

WILKENS. Ei ja.

MÖLLER. Die ersten Häuser in Deutschland würden sich's für eine Ehre rechnen, sich mit Stein und Sohn zu verschwägern.

WILKENS. Glaub's schon. Wendet sich zum Brautpaar.

MÖLLER grimmig für sich. Und der Kerl thut noch so bauernstolz, als müßte sich Stein und Sohn auf sein Jägergänschen[22] da noch was Rechtes einbilden. Seine fünfundvierzig gehn in drei Teile, und das erst nach seinem Tod. Die einzige Tochter von Löhlein und Kompagnie mit ihren achtzig! Das war ein ander Kapital ins Geschäft; und flüssig von heut ab. Die Mißheirat ist unverzeihlich. Was hilft's? Man muß – Draußen ertönt ein Dreher. den Ärger vertanzen. Kann ich die Ehre haben, Frau Försterin, im Grünen? Mit alter Junggesellengrazie.

STEIN. Ob ich einmal Karten bekomme!

FÖRSTERIN. Soviel haben wir wohl noch Zeit.

WILKENS. Der Wilkens läßt sich auch noch nicht wegwerfen; In der Tasche kramend. der Wilkens muß auch noch einmal seinen Taler auflegen für die Musikanten. Es wird wohl erlaubt sein, Herr Bräutigam?


Möller führt die Försterin, Wilkens Marien hinaus. Robert folgt.


Quelle:
Otto Ludwig: Werke. Leipzig und Wien [1898], S. 21-23.
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