XXXVII.

20DEr Bauch nimpt allerley Speise zu sich / Doch ist eine speise besser denn die ander.

21WJe die Zunge das wiltpret kostet / Also merckt ein verstendig Hertz die falschen wort.

22EJn tückischer Mensch / kan einen in ein Vnglück bringen / Aber ein Erfarner / weis sich da fur zu hüten.

23DJe Mütter haben alle Söne lieb / Vnd geret doch zu weilen eine Tochter bas / denn der son. [195b]


24EJn schöne Fraw erfrewet jren Man / Vnd ein Man hat nichts liebers. 25Wo sie dazu freundlich vnd from ist / So findet man des Mans gleichen nicht.

26WEr ein Hausfrawen hat / der bringet sein Gut in rat / Vnd hat ein trewen Gehülffen / vnd eine Seule / der er sich trosten kan.

27WO kein Zaun ist / wird das Gut verwüstet /Vnd wo kein Hausfraw ist / da gehets dem Hauswirt /als gieng er in der jrre.

28WJe man nicht vertrawet einem Strassenreuber /der von einer Stad in die ander schleicht / Also trawet man auch nicht einem Man der kein Nest hat / vnd einkeren mus / wo er sich verspattet.


1EJn jglicher Freund spricht wol / Jch bin auch Freund / Aber etliche sind allein mir dem namen Freunde.

2WEnn Freunde einander feind werden / So bleibet der gram / bis in den tod.

3AH wo kompt doch das böse ding her / Das alle Welt so vol falscheit ist.

4WEns dem Freund wolgehet / so frewen sie sich mit jm / Wens jm aber vbelgehet / werden sie seine Feinde. 5Sie trawren mit jm vmbs bauchs willen /Aber wenn die not hergehet / so halten sie sich zum Schilde1.

6VErgiss deines Freundes nicht / wenn du frölich bist / 7Vnd gedencke an jn / wenn du reich wirst.


8EJn jglicher Ratgeber / wil raten / Aber etliche raten auff jren eigen nutz. 9Darumb hüt dich fur Reten / Bedenck zuuor / obs gut sey. Denn er gedenckt vieleicht jm selbs zu raten / vnd wil dichs wogen lassen / 10vnd spricht Du seiest auff der rechten ban / Vnd er stehet gleichwol wider dich / vnd merckt wie es geraten wil.

11HAlt keinen Rat mit dem / der ein argwon zu dir hat / Vnd nim nicht zu Rat / die dich neiden.

12GLeich als wenn du ein Weib vmb rat fragest /wie man jrer Feindin freundlich sein sol? Oder einen verzagten / wie man kriegen sol? Oder einen Kauffman / wie hoch er deine wahr / gegen seine achten wölle? Oder einen Keuffer / wie thewr du geben solt? 13Oder einen Neidischen / wie man wolthun / Oder einen Vnbarmhertzigen / wie man gnade erzeigen sol? Oder einen Faulen / von grosser erbeit? 14Oder einen Taglöner der nirgend besessen ist / wie man nicht aus der erbeit gehen sol? Oder einen tregen Hausknecht /von viel geschefften?

SOlche Leute nim nicht zu Rat / 15Sondern halt dich stets zu gottfürchtigen Leuten / da du weist / das sie Gottes gebot halten. 16Die gesinnet sind / wie du bist / die mitleiden mit dir haben / wo du strauchelst / 17Vnd bleibe bey der selben Rat / Denn du wirst keinen trewern Rat finden.

18Vnd solcher einer / kan offt etwas bas ersehen /denn sieben Wechter / die oben auff der Warte sitzen. 19Doch2 in dem allem ruffe auch den allerhöhesten an / das er dein thun gelingen / vnd nicht feilen lasse.

20EHe du was anfehest / so frage vor / Vnd ehe du was thust / so nim Rat dazu. 21Denn wo man was newes fürhat / da mus der vier eines komen / das es Gut oder Böse werde / das Leben oder Tod draus folge / Vnd dis alles regiert allezeit die Zunge.

22MAncher ist wol geschickt / andern zu raten /Vnd ist jm selber nichts nütze.

23MAncher wil klüglich raten / vnd man höret jn doch nicht gern / vnd bleibt ein Bettler / 24Denn er hat nicht vom HERRN die gnade dazu / vnd ist keine Weisheit in jm.

25MAncher ist Weise durch eigen Erfarung / Der schafft mit seinem Rat nutz / vnd triffts.

26EJn weiser Man kan sein Volck leren / Vnd schafft mit seinem Rat nutz / vnd triffts. [196a]

27EJn weiser Man wird hoch gelobt / Vnd alle die jn sehen / preisen jn.

28EJn jglicher hat ein bestimpte zeit zu leben /Aber Jsraels zeit hat keine zal.

29EJn Weiser hat bey seinen Leuten / ein gros ansehen / Vnd sein name bleibet ewiglich.


1 Wo sie schutz vnd gunst wissen / es sey mit Gott oder nicht.

2 Es ist nicht gnug guten Rat haben / Es mus Gott auch gelücke dazu geben / Sonst gehets doch nicht fort. Denn er wil auch mit sein vnd angeruffen werden. Das ist / On gebet ist guter rat eigen rat / Das heissen eichen anschlege / die den krebsgang gehen / Das sind sie / die viel raten / vnd haben doch die gnade nicht dazu.


Quelle:
Martin Luther: Die gantze Heilige Schrifft Deudsch. 2 Bände, München 1972.
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