Vom Kranich vnd Wolffe.

[10] Da der Wolff eins mals ein Schaf geiziglich fras /bleib jm ein Bein im Halse vber zwerch stecken /dauon er grosse Not vnd Angst hatte / Vnd erbot sich gros Lohn vnd Geschenck zu geben / wer jm hülffe. Da kam der Kranich / vnd sties seinen langen Kragen dem Wolff in den Rachen / vnd zoch das Bein eraus. Da er aber das verheissen Lohn foddert / sprach der Wolff / Wiltu noch Lohn haben / Dancke du Gott /das ich dir den Hals nicht abgebissen habe / du soltest mir schencken / das du lebendig aus meinem Rachen komen bist.


Diese Fabel zeigt

Wer den Leuten in der Welt wil wol thun / der mus sich erwegen Vndanck zuuerdienen / Die Welt lohnet nicht anders / denn mit Vndanck / wie man spricht. Wer einen vom Galgen erlöset / Dem hilfft derselbige gern dran.

Quelle:
Martin Luther: Etliche Fabeln aus Esopo von D. M. Luther verdeutscht , in: Fabeln. Heidelberg 1924, S. 3–11, S. 10.
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