Scena V.

[71] REGIMENTS-SCHULTHEIß.[71] Behüt ewiger GOtt! wird denn die Welt immer närrischer und närrischer. Ich meinte / sie würde klüger und klüger werden; so weisen die Exmpel / daß sie stets thörichter werde. Hab ich doch Zeit meines Lebens keinen plumperen Narren gesehen / als des klugen und vorsichtigen Vaters / Musophili zu Trient / sein Sohn ist. Denn derselbe hat die beste Gelegenheit / die er zum studiren gehabt / verschertzet / 500. Kronen verlohren / und ist nun von seinem Wachtmeister mit einem Prügel wohl zugedekket worden / daß erbillich den General, mit dem er schwanger gehet / vergessen solte. Nichts desto minder hat er noch immer Hofnung / er wolle doch endlich im Kriege zu Ehren gelangen. Solche Flatterey hat er ihme dermassen stark imprimiret / daß sie auß seiner phantasia nicht zu bringen ist. Wenn er aber dem Marti so lange / als ich / wird gedienet haben / der ich doch das meine ziemlich studiret / so wird er so wenig Lust an dem Martis spiel erleben / als ich erlebet habe. Denn ich habe demselben schon 20. Jahr gedienet / und viel Vngemach außgestanden / auch alle Verdriesligkeiten durch Hofnung / endlich zu emergiren überzukkert. Aber was hat michs geholffen? Auf der Universität war ich vor einen Candidatum Juris gehalten / und hätte binnen Jahr uñ Tag mit Ehren Doctor U.J. werden können. Vnd wer weiß / was ich noch weiter worden wäre? Jetzo / da mir die grauen Haare zum Barte heraus stechen / sehe und erfahre ich / daß ich nichts mehr bin / als ein armer Regiments- Schultheiß. [72] O Mars, Mars! Wer dich kennet / der wird dich nicht leichtlich lieben.


Quelle:
Johann Sebastian Mitternacht: Dramen. Tübingen 1972, S. 71-73.
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