Des bunds erster angriff.

[219] So wir doch ie der meinung sind,

Der kirchen vnd der pfaffen find,

So wöllen wir zů erst umb kören

Kirchen, klusen al zerstören.


Vnser hauptman luther lert,

Wer ein kirchen gantz zerstört,

Der hat so vil des gůten gethon,

Als so ein hůerhuß würd zergon.

Dan vnß das ewangelium seit,

Das die gantze cristenheit

Kein ander priesterthům nit kent,

Dan das er innerlichen nent,

Das ist, das wir im hertzen hant;

Auch sein kein kirchen vnß bekant,

Dan die wir al im hertzen tragen.

Got geb doch, was die pfaffen sagen,

Sie richtens als in iren kragen.

Was helffen mich die stein vnd wend,

Die sie dahin erbuwen hend,

Darin die buren zů opffer gend,

Im iar ein mal ein kirchweihe halten,

Götzen an die wend maleten

Vnd wie die narren glocken lüten

Zů den erdichten siben zeiten?

Das alles samen ist erdicht,

On gelt sing er kein noten nicht;

Sol er dan predigen gottes ler,

So spricht er, bringt mir opffers mer,[219]

Das meine magt vnd meine kind

Dest baß im huß versehen sind

Vnd vnß der speck werd mit dem spind.

In kirchen sollen zamen kumen

Die heiligen cristen vnd die frumen.

So bant er mich mit brieffen druß,

Vertreibt mich vß dem gottes huß,[220]

Darin er mich berieffen solt;

Ia wan er gottes wort halten wolt!

Darumb so stürmpt vnd greiffen an,

Laßt nit ein stein an kirchen stan,

Reißt den blunder gar dar nider,

Das niemans sie mög buwen wider.

Doch lůgt vff kelch, vff silber, golt,

Das würt vnß dienen für den solt.

Was verkeuflich ist, nempt an;

Die muren laßt zům zeichen stan,

Das man ewig gedenck daran.

Wir hon ein gůten sturm gethon;

Ich hab im winckel funden ston

Zwei silberin brustbild vnd zwo hend,

Die selben wir vß büten wend.

Wer dise büt würt sehen an,

Der würt da bei gar bald verstan,

Was die selben knecht gewinnen,

Die mit vnsinnigen sinnen

Sich des grosen můtwils fleissen,

Die kirchen, klusen hie zerreissen.

Ir habt ein schönen sturm gethon!

Ist das die reformation?

Wart ein klein, euch würt der lon.

Quelle:
Thomas Murner: Von dem großen lutherischen Narren, in: Thomas Murners Deutsche Schriften mit den Holzschnitten der Erstdrucke, Band 9, Straßburg 1918, S. 219-221.
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