129. Die Fockbeker.

[102] Ein Fockbeker hatte einmal in Rendsburg sich für ein paar Schillinge gesalzene Heringe gekauft und seine Nachbarn darauf zu Gast geladen. Sie fanden das Essen vortrefflich und wünschten viele solcher Fische zu haben. Der Klügste unter ihnen gab endlich den Rat, einen ganzen Korb voll aus der Stadt zu holen und sie in den Teich des Dorfes zu setzen; da würden sie sich vermehren und sie alle dann davon reichlich haben. Gesagt, getan. Ging nun während des Jahres ein Fockbeker am Teiche vorbei und es regte sich etwas im Wasser, lief er zu den andern und erzählte es ihnen, und alle waren des künftigen Gewinnes froh. Im nächsten Herbst ward ein großes Netz angeschafft. Aber der Klügste fand es am geratensten, den ganzen Teich ablaufen zu lassen. Alle standen herum und guckten nach den Heringen; aber nicht ein einziger war zu sehen, als alles Wasser schon fort war. Nur ein ziemlicher Aal wälzte sich im Schlamm. Er ward erhascht und alle waren darüber einig, daß er nur ihnen die Heringe könne aufgefressen haben; dafür müsse er nun gehörig bestraft werden. »Laat uns em slachten un upęten«, sagte einer. »Dat weer em jüs (gerade) recht«, meinte ein anderer, und weil er sich einmal gebrannt hatte, schlug er vor, ihn ins Feuer zu werfen. »Brennen is slimm«, sagte ein Dritter, der einmal ins Wasser gefallen war und bald ertrunken wäre;[102] »laat uns em in de Au smiten un em versupen; dat is mien Menung.« Alle stimmten ihm bei, daß Ertrinken der schrecklichste Tod sein müsse, und man ward einig, den Aal in die Aue zu werfen. Der Bauervogt nahm ihn in einen Korb und alle folgten ihm; und wie er ihn ins Wasser warf und der Aal sich krümmte und fröhlich rechts und links machte, rief jener aus, der den Rat gegeben hatte: »seet!« »wat he sik quält!« und alle Fockbeker gingen ganz glücklich über die ausgeführte Rache nach Hause.

Sie haben auch einmal eine Kuh auf der Firste grasen lassen und außerdem noch viele andre Heldentaten ausgeführt.


Durch Herrn Schullehrer Bahr in Wrohe, Kirchspiel Westensee; wird auch von den Grammern erzählt. Einer aus Gramm aber lehnte das ab und sagte, die Geschichte sei in Morsöe in Jütland zu Hause, wo die Leute so »tumbig« wären.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 102-103.
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