4. Shakespear in seinen Sonetten

[370] Du ziehst bei jedem Los die beste Nummer,

Denn wer, wie du, vermag so tief zu dringen

Ins tiefste Herz? Wenn du beginnst zu singen,

Verstummen wir als klägliche Verstummer.


Nicht Mädchenlaunen stören deinen Schlummer,

Doch stets um Freundschaft sehn wir warm dich ringen:

Dein Freund errettet dich aus Weiberschlingen,

Und seine Schönheit ist dein Ruhm und Kummer.
[370]

Bis auf die Sorgen, die für ihn dich nagen,

Erhebst du Alles zur Apotheose,

Bis auf den Schmerz, den er dich läßt ertragen!


Wie sehr dich kränken mag der Seelenlose,

Du lässest nie von ihm, und siehst mit Klagen

Den Wurm des Lasters in der schönsten Rose.


Quelle:
August Graf von Platen: Werke in zwei Bänden. Band 1: Lyrik. München 1982, S. 370-371.
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