Auf vorige weise:

[55] 1.

Was Dianen mag bewegen/

Das sie 's fräwen so verspricht/

Das ding/ das versteh' ich nicht.

Denn es ist mir ungelegen/

Ohne frewd' in einsamkeit

Schliessen meine junge zeit.


2.

Lieblich schwatzen/ freundlich gluckern/

Wie die turteltäubelein/

Schnäblen/ vnd gepaaret seyn/

Liebe mit gelach verzuckern/

Hertzen/ schertzen ohne maß'

Ach/ welch lieblich ding ist das!


3.

Nu wolan/ heran zu fräwen/

Wer nur ist ein jung gesell.

Oder förcht jhr vngefäll'.

'S wird euch nimmermehr gerewen.

Greift nur recht an ewre sach'/

Jede fraw hat jhr vermach.


4.

Ist ewr lieb reich vnd vermügen/

Ey/ so seydt jhr wol daran/[55]

Wer es nur erleiden kan

Daß jhm 's glücke zu wil fügen

Ein'/ vnd was dazu gebricht/

'S ist kein besser handel nicht.


5.

Ist wer reich an geld' vnd waaren/

Vnd er wehlt ein armes lieb/

Nach seins hertzens wunsch vnd trieb/

Der thut wol/ er wird erfahren/

Edelstein vnd Vngrisch gold

Sey nichts/ gegen fromm vnd hold.


6.

Gut ist 's/ wenn ein arm geselle

Sich nicht allzu hoch versteigt/

Vnd sich nach seins gleichen neigt/

Daß er sich zu frieden stelle.

Was fragt konst nach geld vnd gut.

Was verdient/ macht besser muth.


7.

Lieblichs liebchen in gebärden/

Züchtig/ lustig als ein reh/

Weiss als frisch-gefallen schnee/

Kan auch was gefunden werden

In der gantzen weiten welt/

Das eim manne baß gefällt:


8.

Hat ewr lieb denn schad' erlitten

An gebärden vnd gestalt.

Wer kan wieder vngewalt?

Möglich ist sie gut an sitten.

Ist 's sie 's nicht/ der schad' ist klein/

Ist sie doch für euch allein.


9.

Ist die liebste denn bey jahren/

Kan es auch nicht schädlich seyn/

Alt ist offt der beste wein.

Desto mehr hat sie erfahren/

Desto besser hält sie hauß/

Desto besser hält sie aus.


10.

Ist sie witzig vnd verschlagen/

Vnd versteht die sachen wol/

Die sie billich wissen sol/

Densto trewer wird sie tragen

Ewre schwachheit/ bürd'/ vnd müh'/

Ewre weise spat vnd früh.


11.

Hat sie denn an witz gebrechen/

Last s' euch darumb lieber seyn.

(Naseweis' ist auch nicht fein)

Niemand wird es vbel-sprechen.

Wem ist jedes ding bewust?

Frawen-thorheit/ männer lust.


12.

Hat sie denn des herren segen/

Vnd hohlt jährlich kinderlein/

Jhr werdt drümb nicht minder seyn.

Gottes segen/ als ein regen/

Giebet jedem munde brodt/

Lässt die frommen nicht in noth.


13.

Ist sie denn was alt von jahren/

Vnd hat keine kinder mehr:

Kümmert euch drumb nicht zu sehr/

Seht! jhr möcht spatzieren fahren/

Z'hause lasst jhr keine last.

Ohne kinder lieber gast.

14.

Hat sie (welches Hoch zu loben)

Gaben der beredsamkeit;

Neben der bescheidenheit:

Solches giebet Gott von oben.

Reden nimmt den vnmuth hin:

Reden lencket muth vnd sinn.


15.

Wo jhr denn (das wol kan kommen)

Fallen sprach' vnd worte schweer

Trawret nicht/ 's ist auch ein ehr'

Jhr ein lob vnd euch ein frommen.

Niemand hat das vngemach/

Daß sein weib zu wenig sprach.


16.

Wol zu fuss' – vnd frische – beine

Machen keine schlimmer nicht/

Tantzen schadet nimmer nicht/

Lahm seyn machet keine reine/

Tantzen schadt der jugend nicht/

Hincken hilft der tugend nicht.


17.

Wil sie denn was sachte schlaufen/

Schnecken laufen auch nicht sehr/[56]

Vnd seind jhrer häuser ehr'.

Lasset pferd' vnd winde laufen.

Lauffen selten guts verricht.

Wer da dantzt/ entläuft drumb nicht:


18.

Was seind aber das für sachen/

Daß man sanfte freundlichkeit/

Tugend vnd bescheidenheit

Fälschlich wil zur sünde machen:

Freundlichkeit erfrewt den mann/

Wenn jhn nichts erfrewen kan.


19.

Hat sie denn viel böse sitten/

Vnd jhr habet keine schuld/

Gut! so lernet jhr gedult/

Darft nicht andre leute bitten/

Daß man euch die tugend lehr'

Hauszucht giebet besser ehr.


20.

Liebe weiss es wol zu machen/

Liebe hört kein mangel nicht/

Liebe sieht kein angel nicht/

Liebe füget alle sachen/

Liebe fület wenig weh

Liebe stifftet frewd' vnd eh.

Quelle:
Deutsche Literatur, Reihe Barock, Erg.-Bd., Leipzig 1939, S. 55-57.
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