Rübezahl verehret einem Schüler ein Buch.

[200] Vor Jahren soll ein reisender Studente oder fahrender Schüler über das Riesengebürge alleine für sich / aus Böhmen in Schlesien gewandelt haben: da er unterwegens gar schwermütig geworden / wie er seine angefangene Studia möchte fortsetzen / oder mittel Bücher zu kauffen / und collegia zu halten /[200] überkommen; In deme er sich also mit diesen Gedancken schleppet: Siehe so kömpt gleich der Rübezahl in Gestalt eines reichen Kauffmanns nebenst einem auffwartenden Diener zu ihm getreten / lässet sich in Discurs ein /und vernimbt hiermit die Kleinmütigkeit des Burschen / welcher sich völlig mit kläglichen Worten gegen ihm heraus läst / und seine Noth bester massen fürbringet; Was geschicht? Wie jener Studiosus seine Armuth weitläufftig gnug entdecket hatte / und sonderlich eine Begierde zu einem gewissen Buche verstanden gehabt; da spricht der Rübezahl: er soll mir zu frieden seyn / sintemal er solches Buch gleich bey sich hätte / welches er ihme hiemit verehrete. Und indeme hat er gleichsam ein Qvartbuch aus seines Dieners Rentzel herfür gelanget / spendiret / und durch einen andern Weg von ihm geschieden. Der Studente aber hat solch Buch mit grossem Dancksagen auffgenommen /[201] und ist damit heraus nach Rostock gezogen; da er erstlich soll inne geworden seyn / daß erhaltene Buch eine Kräuter oder Gewürtzschachtel gewesen / welche voll lauter Ducaten gelegen / damit er etliche Jahr auff die Academie sich unterhalten / und endlichen Doctorem soll promoviret haben: Ey du lieber Rübezahl / kom doch auch einst zu mir so gnädig / und spendasisch / und gib mir eben dergleichen Stipendium, wie du jenem bedürfftigen gethan: Es soll mir eben so nütze werden / und wil es gleichesfalls nicht uneben anwenden.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 200-202.
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