Rübezahl lässet einen Acker pflügen.

[54] Wie der Rübezahl sonsten ingemein die Boten pfleget zu foppen; doch nicht betrieglicher / sondern vielmehr zuträglicher weise: Also hat er auch vor Jahren einem Brieffträger gethan. Nemlich / wie dieser aufm Gebürge gewesen; da war es ihm wiederfahren / daß er unversehens und unwissens an den Rübezahl gerathen /der daselbsten mit einem Pfluge geackert gehabt / vor dem Pfluge aber einen Esel / ein Pferd / einen Ochsen / und einen großen Ziegenbock vorgespannet hat. Dieser kauderwelsche Ackermann hat alsbald den Boten angeredet und gesprochen: Ey lieber / treibe mir doch ein wenig das Vieh einmahl oder zwey das Stücke hinauff / und Pflüge doch ein wenig vor mir: Du solst es nicht ümsonst thun: Ich muß aber nothwendig in das nechste Dorff ein wenig hingehen / doch will ich nicht lange[55] verziehen / sondern bald wiederkehren. Item / samle mir in währenden Pflügen / mit Fleiß alle Kieselsteine auf / so ferne du welche antriffst / und trage sie nur auf einen Orth zusammen. Was hätte der Bote thun wollen? Er hatte schon allbereit halb und halb gesehen / daß er gezwungen gewesen / und Stich halten müsse. Derentwegen hat er sich nolens volens des Pfluges angemasset / und nicht minder die gefundene Steine gesamblet / und allgemählich ein ziemlichen Hauffen gemacht: Biß endlich der gebietende Herr / der Rübezahl / wieder gekommen. Wie solches geschehen / da war jener abgedancket worden / und hatte vom Rübezahl diesen Bescheid erhalten / mit folgenden Worten: Nun / nun / gar recht: Wie ich sehe / so hast du mir nach Willen gedienet / und richtig abgewartet. Siehe da / hast du viel Steine gelesen / so magst du viel mit tragen. Und hiemit stecke mir alle Steine auf deinen Puckel / und nimb auch[56] ein wenig Erdreich vom Pflugschare mit; Siehe / hie hast du einen Sack darzu! Was solte der Bote abermahl machen? Er muste der gebietende Stimme wiederumb gehorsamen: Und schüttete alle! anwesende und zusammengetragende Feuersteine in den beschenckten Beutel / legte ihn über seinen Buckel / und margirete eine Ecke mit davon. Aber wie er was fürder gekommen; Da war ihm das Zeigck zu schwer geworden; also daß er gezwungen hatte müssen was außwerffen: damit er die Last erleichterte. Nach diesem war er abermal fürder gegangen / und hatte nicht minder auf Verlauff etwan eines Feldweges niedersetzen / und was mehres davon thun müssen: In deme es gleichmässig über alle Masse schwer geworden / und nicht hat ohne Ausschüttung aus der Stelle gehen mögen. Wie er also zum andernmahl die Bürde in etwas abgetragen; Da war er bey eine gute viertel Meile ferner gereiset /biß aufs newe[57] das Schelm zeigt sich so Blutschwer befunden / daß er schier drunter niedergefallen; Ungeachtet / daß über die helffte schon heraus gewesen. Weil er also die Unmügligkeit fortzukommen gesehen / und noch darneben immer befunden / daß es noch wie vor Steine gewesen: So hat er aus Ungedult den gantzen Plunder auff den Weg geschüttet und war mit dem leeren Sack davon getrabet: biß er endlich nach Hause drüber gerathen: Da er seine Noth und die begebnüsse geklaget: gedenckende / daß ihm der Rübezahl zweiffels ohn so geäffet habe: Von welchen er nicht mehr / als etwan nur diesen leeren Sack weggebracht: Und damit hat er ihn hervor gezogen / umbgekehret und auff den Tisch geworffen: Drüber unverhofft ein ziemlich stücke Gold / in eins vorgehabten Kiesels gestalt hervorgeportzelt / nebenst sehr vielen kleinen Körnlein gediegen Goldes. Wer war da lustiger und närrischer gewesen /[58] als dieser ungedultiger Bote: Welcher vor Freuden auffgehüpffet wie ein Rehe / vor Leid aber und reue das gäntzlich außgeleerten Sackes / mehr auß Geitzigkeit als Vergnügsamkeit / geweinet hatte: Als der auff diesen Wege viel reicher hätte können werden / wenn einer eine Partheye Steine im Sacke übrig behalten hätte. Aber /O Narrheit / meinestu alberer Schöps / daß das allergeringste von den übrigen Steinen / gleichmässig hätte mögen in deinem Sack zu Steinen plötzlich werden? Ich meines erachtens halte dafür / daß der Rübezahl selbsten / immer mit im Sack gesessen sey / und denselben so offt und lange schwer gemacht habe; biß daß endlich alle unnütze Steine haben müssen herauß geschüttet werden: Dabey er allemahl daß deputirliche beste Stücke verwahret / und mit fleiß am Sacke gehalten / damit es jo nicht möchte[59] verschüttet werden: Sondern nachgeschehene Aeffung als ein Geschencke dem Boten verbleiben.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 54-60.
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