VIII. Von Holtz-Menschen.

[215] Autor der Abentheur von Sina und Europ. cap. 31. pag. 534. 535. Die jenige Wurtzeln / die eine Menschliche Gestalt zeigen / werden von etlichen Landstreichern / Betrügern und bösen Buben im Land seyl getragen / damit sie die unfruchtbaren Weiber bethören: Denn solche Wurtzeln werden von Rohr / Allraun / schwartz Stick-Wurtzel / und anderen Gewächs gemacht / wann obgemeldte Wurtzeln noch grün sind / graben sie darein bald Manns-bald Weibes-Gestalt / stecken ein Gersten oder Hirßen-Korn an die jenigen Ort / da sie wollen / das Haar wachsen soll; folgendes legen sie es in eine gemachte Grub / und bedeckens so lang mit etwas wenig Sand / biß gedachtes Korn Wurtzeln gesetzet hat / welches denn zum[215] allerlängsten innerhalb zwantzig Tagen zu geschehen pfleget. Alsdann nehmen sie es wieder heraus / und schneiden mit einem gar scharffen Messerlein die Wurtzeln ab / die aus dem Korn daran gewachsen: das übrige wissen sie so artlich zu fügen / daß alles /wie das Haar auff dem Kopff / am Barte / und an den übrigen Gliedern des Leibes an zusehen ist. Denn alle Wurtzeln des Geschlechts Allraun kommen von der mitten / unten aus wie eine Gabel mit zweyen Enden / also daß man meynen solte / sie hätten Menschen- Schenckel. Darumb wenn sie zu solcher Zeit außgegraben werden / als sie Frucht tragen welche denn wie ein Apffel über die abhängigen Blätter biß auff die Erde / an einem kurtzen Stiel hanget / so können sie nicht weit von der Wurtzel weichen / und machen eines Menschen / deme die Arm mangeln / Gestalt etlicher massen. M. Heinr. Sebald in Breviar. Hist: p. 372. daß Werder von Schwedischen sey überrumpelt und geplündert worden / da sie ein Allräunichen bekommen / so einem Weibe von Brück zuständig gewesen. Hondorff Tom. 1. prompt. Exempl. fol. 225. a. Unter Maximino hat Teotecnus / der Christen Verfolger / zu Antiochia ein Bilde Jovis / durch Zauberey / auffgerichtet / und demselben etliche unflätige Ceremonien und verfluchte Gottesdienst und Reinigung erdacht / und eingesetzt / und man hat mit Betrug zu wegen gebracht / daß dasselbige Bild geredet / und den Käyser zur Verfolgung wieder die Christen vermahnet. Evseb. l. 9 / cap. 3.[216]

Ferdinand Capponi / ein geborner Italiänischer vom Adel / uhralten Geschlechtes zu Florentz / und langgewesener Discipel der vornehmsten jesuiten zu Rom / in seiner Wiederrüffs-Predigt anno 1645. am 14. Sept. zu leipzig geleistet / litt. B. iiz. nicht weit von Meiyland / bey 2. Meilweges / ligt ein Schloß / heist marignano / wo selbst haben die Barfüßer einen Convent. Es begab sich / daß einer von ihnen eine Jungfrau schwängerte. Hierüber / als es außbrach / geriethen die Brüder bey männiglich in solchen Spott und Verachtung / daß kein Mensch mehr das geringste Allmosen / zu ihrer nothdürfftigen Unterhaltung / darzu geben begehrete. Der Gvardian / welcher nicht allein diesē Schimpff gerne wieder außgelescht hette / sondern auch vornehmlich darumb übel zu Muthe war / daß dem Convent der Brod Korb wolte so hoch gehangen werden / gieng mit sich selbsten zu Rathe /wie er alles beydes wieder möchte zum Stande bringen. Nach langem Nachsinnen fiel ihm endlich dieser Fundt ein / d' auch / wie wir stracks hören wollē / gar glücklich ablief. Er nahm einen Münch von Meyland zu sich / der sonst vorhero im weltlichen Stand ein Mäurer gewesen war / denselben ließ er hinter dē grossen Altar in der Kirchen / auf welchem vorwarts ein Marien-Bildt stund / einen Weinstock eingraben / und zwischen dem Gemäuer anlegen. Umb die Mertzen Zeit / da der Wein anfängt in den Gärten zu trieffen / durch löchert er mit einem gar subtilen Börer / die Augen des Marien-Bildes / und legte von inwendig an / ein jedwedes einen Reben[217] so genau / daß / so bald sie beschneitelt wurden / sie von Stund an durch zu trieffen begunten. Es geschah an einem Sontag / da der Zulauff in den Kirchen ohne das groß ist / daß der Gvardian selbsten die Messe sang. Als er nun biß ans Memento (wie es die Papisten heissen) kommen war / da der Meß-Pfaff die Augen gen Himmel auff zuheben / und die Hülffe GOttes für alle Gläubigen anzuruffen pflegt / fieng er an uhrplötzlich zu mucksen / und sich so erbärmlich zugehaben / daß die Leute in der Kirchen / welche nicht erdencken kunten / was ihm möchte zu gestossen seyn / hin zu lieffen und ihn fragten / aus was Ursachen er so kläglich thäte? Hierauff hub der Gvardian mit lauter Stimme an zu schreyen; Wenn Maria die Mutter der Barmhertzigkeit weinet / wie soll ich armer elender Sünder mich der Thränen entbrechen können? Auff diese Wort erhuben alle / die zu gegen wahren / ihre Augen gegen das Marien-Bildt / und als sie der Thränen dran gewahr wurden / fiengen sie an einmütiglich zu ruffen. Sey uns gnädig! Sey uns gnädig! durch dieß Mirackel bekam nicht allein der Convent seine verlohrne Reputation und Ansehen wieder / sondern die Kirche auch von allen Ecken so einen grossen Zulauff / daß die Brüder binnen Monats-Frist so viel Allmosen zusammen brachten / davon sie eine geräume Zeit guter Dinge seyn konten.


Es wahr eine Wittbe / mit Nahmen Martha Pontana / die hatte keine Kinder / selbige aber / so ausbündig[218] schön als sie war / so einfältig wahr sie auch / die pflegte alle Tage in die Kirche Mariae de minerva zu gehen / und darinne vor einem Bilde St. Pauli / deme sie über die Massen ergeben wahr / stets ihr Gebeth zuverrichten.

Diß nahm ein Münch / so sich heimlich in sie verliebt hatte / wohl in acht / brach dahero ein durch die Maur / an welcher das Götzen-Bildt ruhete; Und eines Tages / als sonsten / ausser der Wittbe / kein Mensch in der Kirchen war / redete er durch den Mund desselben Bildes / also gegen sie: Wisse / du meine Allerliebste / daß dein Gebeth / bey mir sehr viel gewircket hat / Sintemahl ich dich in Krafft desselbigen meiner Gesellschafft würdig erachte; Drumb zeige ich dir an / daß ich folgende Nacht / ümb diese und diese Stunde / zu dir kommen / und dich trösten will: Mit diesem außdrücklichen Befehlich / daß du dir bey Leib nicht gelüsten lassest / solches / einem lebendigen Menschen zu entdecken.

Hierauff machte sich die Wittbe / gantz von Freuden übernommen / wieder nach Hause. Unterwegens schickte es GOTT / daß sie ihrem Bruder begegnen muste. / Demselbigen / weil es ihr vor allzu grosser Freude unmüglich wahr / reinen Mund zu halten / erzehlte sie den gantzen Handel von St. Paulo.

Der Bruder ließ ihn als bald bedüncken / was doch wohl für eine Sache seyn würde / stellte sich doch gegen sie / ob freuete er sich mit ihr über der grossen Gnade /[219] die ihr von so einem Gewaltigen Heiligen wiederfahren solte / und schied von ihr. Kurtz aber zuvor / ehe die Stunde kam / in welcher S. Paul seine Heimsuchung zu Wercke richten solte / fand sich d' Bruder zur Schwester in ihr Hauß; mit Bitte / sie möchte es ihm doch gönnen / daß er neben ihr des instehenden grossen Trosts zugleich mit geniessen dörffte. In mittelst fiellete sich S. Paul. Auch ein ward aber von der Frauen Bruder / als ein ehrloser Schand Bube / mit Gewalt angefallen / und ihm St. Paulus Schwerdt gebührender Massen angegürtet. Ein ehnliches hat p. 528. conc. 5. von Gespenst / Waldschmid iij Pythoniss: End or: Biß hieher jener bey der Erklärung des ersten Geboths wie solches von den Papisten übertreten wird. Aber es scheinet was mühesamer und mißlicher zu seyn: Dahin gegen jenes hurtiger angegangen ist / wenn man vorzeiten / auch im Pabstthume bey Naumburg ein Marien-Bild gehabt: Dessen Kopff außgehölert gewesen: hüben sie nū gewolt / daß es weinen solte / wenn es vorm Armen Kasten hingestellet gewesen / ümb denen opfferndē desto mehr Geld aus dem Beutel zu locken / so haben sie Wasser in den holen Kopff gegossen / und ein paar lebendige Schmerlen darneben hineingelassen: Denn wenn solche im Wasser gespielet / und herumb gesprungen seynd / so wahr das bewogene Wasser zum Augen des Bildes heraußgeflossen / daß ihr eine Gestalt gegeben / als wenn sie weinete. Doch hat es dennoch nur Wasser / da jenes Wein / geweinet: lacrima unn Augen seynd auch Homynim: beym Wein Reben.[220] Weiter haben sie auch zu Naumburg ein anders Marien-Bild gehabt / so auff einer Seiten schön und lachend gemahlet gewesen: welche Gestalt sie denen sehen lassen / so reichlich geopffert: Wehren sie aber innen geworden / daß die Leute kärglich eingeworffen / so hatte ein drauff laurender Münch in einem Witz selbiges Bild herumb gedrehet gehabt da es denn / auff der andern Seiten / gantz erbärmlich und weinerlich außgesehen daß es abermahl die Seckel zum Mittleiden und contribuiren rege machen können. Obiter muß ich noch hier / aus dem obgedachten Revocirenden / folgendes vorbringen. Ibidem. Ich errinnere mich sonderlich jenes Capuziners / der anno 1627. zu Bononien in S. Petronii Kirche folgender Massen öffentlich predigte; Es gehet nun in das zwantzigste Jahr / liebsten Zuhörer / daß ich mir den hochgelobten Heiligen Josephum zu einen Bestützer und Vorsprecher erkohren habe; nun diese gantze Zeit über / habe ich auff ihn alle meine Sinne und Gedancken / alle meine Wort und Wercke gerichtet / und lebe hierauf der ungezweiffelten Zuversicht / ich werde durch seinen Verdienst / nach vollbrachten Lauff dieses müheseligen Lebens mit Ihme zugleich d' ewigen Glori und Herrligkeit theilhafftig werden. Solte ich auch ja / wieder alles verhoffen / am erschrecklichen Tage des Jüngsten Gerichtes / von der gestrengen Gerechtigkeit GOttes zur Höllen verdampt werden: so gewißlich doch mehr als gewiß / werde ich so denn nur an meinem Josephum appeliren / so werde ich noch Gnade erlangen[221] und zu den Außerwehlten gerechnet und versamlet werden. (Sehet wie die Leute so gewiß ihres Glaubens seynd: Sit solidum quodcuq; subest / so wird man nicht wancken: Wenn ein schwaches Fundament zugegen ist / Quic quid superstruxeris / corruet / spricht Quintilianus. Es ist mit dem Pabsthum nicht anders / als mit dem Mahumedismo / und Lehre der Türcken; davon also Johann Matthaeus Fuchs in seiner Türck. Gefängniß Noth: part. 2. narrat: 1. in fine pag. III. Was endlich den Bestand ihres Lebens / Reichs / und Glaubens betrifft / habe ich (weil mein letzter Türckischer Herr / der Seiffen-Sieder zu Constantinopel /welche fast eine halbe Nacht bißweilen beysammen sassen / u. von allerley Sachen redeten) selbst aus ihren Munde vernommen / wie ihr Glaube nun über 18. oder auffs längste 28. Jahre (der Autor / so jüngst aus der Gefängniß-Noth errettet / schreibet dieses 1662.) nicht währen würde / welches sie mit ihren Büchern beweisen wolten und sprachen: Ihr Glaube würde nicht biß an den Jüngsten Tag bleiben und bestehen. Darauff ich sie denn offte fragete: weil sie doch das nu wüsten warumb sie nicht Christen würden? da wurde mir zur Antwort: Es würde sie Ihr Gott dadurch von der Quaal des Jüngsten Tages erledigen.

Es fällt fast eben dahin / was ein Calvinist in seinem Testament in England. anno 1666. verlassen:[222] Nehmlich: wie er in einer Rebellion erschossen worden: Da hat man in seinem Schubesacke einen Zettel gefunden / dieses Inhalts: Daß er bey seiner Religion gerne sterben wolte: Und solte er ja auffm Falle irre / so wolle ihm GOtt einen Ort beym Platone und Cicerone einräumen. So gereichet auch dahin der Jüden verzweiffeltes Vornehmen / wenn sie einem itzt sterbenden / Christen-Blut einträuffeln / mit denen Worten; Wenn jo der Messias verhoffet / und der Christen Ihr JEsus / der rechte Heyland sey / so wolle dem Sterbenden dessen Blut zur ewigen Seeligkeit bekommen und gedeyen! Vide Hammeri Viridar: Historic. So halten die Türcken auch viel vom Nahmen JEsus: vide Zeilern / Tom. 5. Epist. pag. m. 610.


Aber wir kommen nochmahl über die Holtz-Leute: Davon nicht alleine jener Schertz und ein Gemahlte bekand ist / darnach Jungfern und Junggesellen auf Bäumen wachsen; Sondern darzu auch folgende Wörter gehören: aus Zeilers Tom. 1. Epist. 98. pag. 585. Käyser NERO / der sonst ein grosser Tyrann gewesen / als er einsmahls ein Urtheil unterschreiben solte / sprach / Er wolte / daß Er nicht schreiben könte.

Von den Graffen von Holstein wird gelesen / als man Ihnen starck anlage /[223] daß sie die gebührende Straffe vornehmen solten / daß sie geantwortet / Ja / wenn die Leute auf den Bäumen wüchsen / so möchte man ihnen nach Belieben handeln. Wie gütig Artoxerxes / der König in Persien hierinnen gewesen / das ist unter andern auch beym Alexandro ab Alexandro lib. 2. genial. dier. c. 13. pag. 74. a. zu lesen. Käyser Gordianus II. war so gütig / daß er allezeit / als er noch ein Knabe / in der Schule geweinet / wann man einen castigiret hat / wie Capitolinus cap. 18. von ihme bezeuget.

Hondorff Tom. 1. Prompt. Exempl. fol. 168. b. Rochus ein Bildhäuer aus Braband / hat in Hispanien in der Stadt zu St. Lucas gewohnet / ein ehrlicher frommer Mann und treflicher Meister / der auch in Erkändtniß Christi erbauet war / daß ihm sein Hand-Werck nicht ein wenig entgegen war / als er auff eine Zeit ein sehr künstlich Marien-Bildt geschnitzet / daß in seiner Werckstadt zuverkauffen stunde / gehet ein Ketzer Meister fürüber / d' dieses Bildt gesehen / fragt wie ers am Werth halte? Da es ihm der Meister beut / beut er Ihm hierwieder nicht halb Geldt. Antwort d' Meister: wenn ich solch Bild so wohlfeyle geben solte / darauff ich so viel Fleiß gewendet / so würde ich kaum mir das Wasser zu meiner Nahrung gewinnen. Sagt der Ketzer Meister: Ich gebe nicht mehr und muß es gleichwol haben. Da sprach der Meister / ihr solt es zwar haben / wenn ich billige Bezahlung kriege / sonst wolt ich es ehe zerbrechen? Hiermit erwischt der Meister ein Instrument / das ihm am nechsten Tag / und[224] warff auff das Bildt / traff es ins Angesicht / davon es wenig verletzt wurde. Von Stund an wurd er angeklaget / als hätte er die Jungfrau Maria geschändet / wurde ins Gefängniß geführt / da er nun sagte / ob er das jenige / so mit seinē Händen er gemacht / nit dürfte / so es ihm nicht gefällig zerbrechen / und endern oder besser machen? Hierauff ward ihm nichts geantwortet / auch keine Entschuldigung zu gelassen. Auf den dritten Tag wurde er stracks der Marter zu geführt als ein Ketzer der die heilige Jungfrauen Mariam geunehret zu verbrennen. Als er auff den Scheiterhauffen gangen / hat er mit lauter Stimme gefragt / ob iemand aus Flandria zugegen währe? Da ihm geantwortet / das zwey Schiff da währen / die wolten nach Flandria fahren / wenn er etwas befehlen wolte / solte Er es ohne Scheu anzeigen / es solte ihm außgerichtet werden. Hierauff sprach Rochus / nichts weiter begehre ich / denn alleine / daß ihr meinen lieben Vater / der zu Antorff wohnet / anzeiget / Ich sey zwar in dieser Stadt verbrennet worden / umb keiner andern Ursache willen / denn wie ihr gehört habt; als seinem Vater solche Mähr verkündiget worden / ist er alsbald aus Schmertzen / den er von wegen seines Sohnes Todt bekommen / auch hernach gestorben / Anno 1544.

Idem fol. 211. a. b. zu Bern in Schweintz hat sich zu getragen / daß die Prediger Münche ein Marienbildt also zugerichtet / daß einer sich in demselbigen verstecken / und wunderbarliche Geberde mit dē Bilde hat treiben können / also / daß man gemeinet / als seuftzete /[225] weinet und redete die H. Maria aus dem Bilde / da aber der Betrug offenbahr worden / sind die Anfänger dieses Spiels verbrandt / den letzten Junii in demselben Jahre. Solches Dinges viel ist ungezweiffelt durch des Teuffels antreiben / von den München zu allen Zeiten erdacht und gebraucht worden / den armen unberichteten Hauffen / so zuvor mit Aberglauben eingenommen vollend zu bethören / und die Abgötterey und die Mißbräuche zu bestätigen. Also hat man befunden / daß die Mönche im Bapsthumb den Bildern die Köpffe außgehölet / und voll Oels gegossen / mit einer Nadel oder Pfriemen die Augen und Angesicht gestochen / daß das Oel ist hindurch gedrungen / darnach ein Geschrey gemacht: Unsere liebe Frau in Grimmenthal hübe an zu weinen / St. Margaretha zu Lengercke schwitze / darumb das man Sie nicht / wie sie wohl werth / besuche und ehre / daß ist / das man ihnen nicht so viel Opffer und Geldes gebe / als die Baals Pfaffen gerne hätten. Item daß sie lebendigen Krebsen brennende Lichtlein angehefftet / und sie bey Nacht auff den Kirchhöffen kriechen lassen; und darnach gesagt / es seynd die verstorbenen Seelen / die begehren entlediget zu werden aus dem Fegfeur / durch Opffer unn Seelmessen und der gleichen mehr. Es wird etwan eine warhafftige Historia erzehlet / so sich vor wenig Jahren begeben / daß etliche Mönche nicht zufrieden gewesen / daß sie einen todten Christum am Creutz hätten / sondern begehrten einem Lebendigen / der sich ihres Gefallens regen und bewegen künte. Schreiben darauff[226] an einen Kunstreichen Meister und beten er wolte ihnen einen lebendigen Christum machen. Wiewohl Ihnen der Meister erstlich zur Antwort gegeben: So er ihnen einen lebendigen Christum zuwege brächte / möchte Er von ihnen wiederumb auffs neue gecreutziget werden. Hat er sich doch endlich durch die Gaben dahin bereden lassen / daß Er ihnen ein solch Crucifix gemacht und zugerichtet / darauff ein Bildt gestanden / welches seinen Kopff / Augen / Mund / Leftzen und andere Glieder hat regen können / diß Bild haben die Mönche mitten in ihre Kirche gestelt / und viel Mmschen damit schändlich betrogen / denn so offt eine grosse Menge Volck vorhanden / das Bildt anzubeten / haben Sie durch heimliche Griffe des Bildes Angesicht vom Volcke abgewand / darüber die Leute nicht wenig bestürtzt sind worden. Zur Stund schrie ein Mönch mit lauter Stimme: Sehet lieben Leute / Ihr opffert uns Armen Brüdern nicht genug / gebet flugs Geldt aus / so wird Euch der Herr mit Gnaden wieder ansehen. Was geschahe? Die Leute wurden fro / daß sie das Bild wider ansehen wolte / gaben Gelds genug / und hörten nicht auf biß die Mönche des Bildes Angesicht wiederumb zu ihnen wendeten. Endlich aber ist ihre Büberey außgebrochen / und das gantze Kloster (wie billig) zerstöret / und in einen Hauffen geworffen worden.

Ibid. fol. 48. Gleicher weise hatten die Sachsen zu Magdeburg auch eine Abgöttin / davon die Stadt also genennet wardt / denn da hatten Sie[227] auffgerichtet einen Wagen / drauff stunde eine nackende Jungfer / die hatte einen grünen Krantz auff ihrem Häupte / eine brennende Fackel auff ihre Brust / in der rechten Hand truge sie eine Figur der Welt / und in der lincken Hand drey güldene Aepffel / hinter ihr stunden drey blosse Jungfrauen / die hatten einander bey den Händen gefasset / und truge eine iegliche einen Apffel und mit abgewendeten Angesicht bothen sie die Gaben außzutheilen. Die Lateiner nennen solche Göttin Gratias etc. Und andere vielmehr Abgötter haben Sie im Lande gehabt / die ich hier fahren lasse / Albert. Cranz. in sua Saxonia. Die Insul Rugia begreifft sieben Meilen in der Länge / und so viel in der Breite / und ist gar eine fruchtbahre und Kornreiche Insul / deren sich die von Sund gebrauchen / gleich wie die Römer weilandt Sicilien Sie ist das letzte Land in dem gantzen Vandalischen oder Wendischen Erdboden gewesen / in annehmung des Christlichen Glaubens / so gar peinlich hat sie ihren Abgöttern angehangen / biß man Sie mit schwerer Mühe davon hat bringen können. Ihr fürnemste Stad hieß Archan / davon itziger Zeit man nichts mehr findet / war gelegen auff einem stücklein Meergebürge / und stieß das Merr von Orient und Mittage daran / war so hoch hinauf daß ein Armbrust Schütz seine Höhe kaum erreichen kunte. Inwendig in der Stadt war ein grosser Platz / und darauff stund ein Abgöttischer Tempel / der des Abgotts halben weit und breit berühmet war. Es war ein groß Menschen-Bildt / das hatte in der rechten Hand ein Horn voll[228] Weins und in der lincken einen Bogen. Einsmahls im Jahr / nemlich nach der Erndte hielt das Volck ein grosses Wohl-Leben für diesen Tempel / wenn des Abgotts Pfaffen oder Priester / in den Tempel gieng / unnmachte alle Dinge zu rechte / muste er dieweil seinen Athen an sich halten / und wenn er Lufft schöpffen wolte / gieng er zur Thür / damit er denn Abgott mit seinē Athem nicht erzürnete. Wenn aber das Volck vor dem Tempel zusammen kam / so gieng der Priester am ersten Morgen darein / und für allen Dingen besahe er das Horn / war es noch voll / wie ers gefüllet hatte / so verkündigte er eine reiche zukünfftige Erndte / war aber etwas minder im Horn / vermahnet er das Volck / daß man die Früchte zusammen hielte / denn es währe eine Korn-Thewrung vorhanden. Er schüttete auch den Wein zu des Abgotts Füssen / und füllete das Horn mit neuen Wein / er machte auch solche runde Kuchen mit süssen Meth vermenget / daß sich ein Mensch dahinter hätte mögen verbergen / es hieß der Abgott mit seinem Nahmen Zwantewytus / aber das gemeine Volck betet an zweyen Göttern / einer hieß Belbück / und der ander Zernebuck, wolten damit anzeigen / einen weissen und schwartzen / guten und bösen GOtt / die Gewalt hätten über alle gute und böse Dingen / wie die Manichaeer davor gehalten haben.

Zu diesen Holtz-Menschen gehöret auch folgendes hin / aus M. Zachar. Rivandri Düring. Chron: p. 507. 508. vom Jahre Christi 1559. In diesem Jahre sind zu Kala in Düringen / Birn gewachsen /[229] welche den Türckischen Hüten gleich gesehen: denn unten sind sie breit gewesen / als ein breiter Rand / oben spitzig zu / und daselbst hat es kleine Blätlein ringsümb gehabt /wie Wolle / etliche aber haben Menschen Angesicht gehabt / etliche auch andere Gestalt. Desfolgenden Jahrs sind gleichesfalls in Düringen Apffel gewachsen / davon gerings ümb Gestallt der Schlangen / welche Feur auß sprüheten / gesehen worden. D. Wagner in Casual. Predigt. p. 2. nennet solche Rastra / und Höltzerne-Propheten / welche da vom Pfluge herlauffen. Und aus den Planeten Büchern / einem diß / dem andern das verkündigen. Owen: saget: ligneus es princeps / quia lignea munera donas etc. Confer Schuppium in seinen verteutschten Schrifften / p. 46. der flugs p. 47. dieses hat: daß man die Bilder anbete / ist verbothen / Aber daß man sie zum Zierath / und zur Gedächtniß einer oder andern Historie sich dabey zu erinnern / auffhenge / das ist nicht verbothen. Wie kömpts / daß die Calvinisten die Bilder nicht wollen leyden in der Kirchen / und können sie wol leyden auff der Müntze? Ich habe noch von keinen Calvinisten gehöret / daß er einen alten Goldgülden habe weggeworffen weil das Bild St. Laurentii drauff gestanden hat. Zeiler in Miscell. Ep. 61. p. 502. Johannes Pontanus / da er des Mansfeldischen Bergwerks Schieferstein beschreibet / setzt er auch ein Bildniß / so sich in einem Rebstock befunden / u. spricht: Nit weit vō meiner Heymat / im Städtlein Greusenthal / da es zimlich viel Weinwachs gibt / da hat auf eine Zeit / ein Wein-Gärtner / od' Rebman einen alten Weinstock wollen außschneiden /[230] unn in dē er demselben abwirft / u. ihm die übrige Ruthē nimt / da findet er ein Rebzweiglein so artig gewachsen / daß es die Gestalt des Hn. Christi / am Creutz hengend klärlich und artig gebildet gibt. Ein anders Crucifix ist folgendes / welches ob es gleich kostbahrer gewesen / doch dennoch lange so viel nit zu bedeutē kan gehabt haben / als erst gedachtes unnatürliche. Ferdinand Capponi in d' Wiederruffūgs Predigt. Ich muß erzehlē / wz ich einsmahls bey mier in Gedancken behielt / als mir d' Cardinal Scipio Borgesius ein über aus köstlich Crucifix zeigete. Es war aber dz Creutz an sich selbstē vō den aller besten Berg-Chrystall: d' Heyland darauf war von dē edelsten Metall / u. hatte an stat d'dornen Cronen einē Reyf mit Demantē besetzt ūb die Stirn / dz Blut / so aus dē Wūden floß /ward vō den feinestē Rubinē bedeutet. Dazumal verwūdte ich mich nit wenig / dz sich nit alle Secten d' ungläubigen zu Christo bekehretē: sintemal d' Christus d' heut zutag in d' Röm. Kirche angebetet wird / so eines grossen Werts ist / dz er auch wol die verstocketē Juden zu seiner Liebe bewegē möchte. Unn wenn d' Verräther Judas zu unsern Zeiten leben / u. solchen Christum verkauffen solte / wehr ich gewiß / er würde an 30. Silberlingen nit gnug haben. Ich muß hierzu noch setzē den Erasm: Francisci aus seiner Schaubühne d' Curiositäten / in d' 1. Versaml. p. 133. eine Fontain / darauf stund ein schönes Crucifix vō Marmel d' massen künstlich bereitet / und zugerichtet / daß dz aus den fünf Wunden heraus springende Wasser / zu gewissen Zeiten / fast röthlich / wie Blut / scheine.[231]

Apolepht. in Erquickst. part. 1. p. 492. 493. Es stund in Egypten ein groß Höltzern Bilde / Serapidi zu Ehren gesetzet. Nun hatten die Pfaffen die Leute beredt / wer sich zu dem Bilde nahete / in den führe eine Pestilentz / oder es würde ihn die Erde verschlingen / das gläubeten die armen Leute / aber einer / mit Nahmen Theophilus / der von Theodosio außgeschickt war / alle Götzen-Bilder herunter zu werffen / der waget es / und warff das Bildt herunter / zerhieb es in Stücken da hat man darinnen viel Katzen und Mäusenester gefunden / daß die Egypter sich ihrer elenden Götzen schämen müssen. Buchneri Epitome. von andern Bildern. Richter. in Axiom. Ecclesiast. p. 94. etc.

D. Gottfr. Olear. in der Häll. Chron. p. 450. Anno 1652. im Julio / in Meissen und der Laußnitz liessen sich nicht alleine Blut-Zeichen und seltzame Gewächse / sondern auch Gespänste in Türkischer Gestalt sehen / welche hin und wieder spatzieret / Und mit einander scharmuziret. Theatr. Europ. contin. fol. 317. Im Monat Augusto hat man zu Halle in Sachsen / zu Clöden / und zu Jehna / Eycheln oder Eckern / mit seltzamen Gewächsen / Türcken und Drachen Gesichtern (wie ao. 1631) zu Zeit / Leipzig. etc. 2. Heere in der Lufft mit einander streiten / allerley Gewürm in alten und neuen Gedraidig / Ratten auff den Bäumen / und andere ungewöhnliche Dinge mehr gesehen / und von andern Orten referiret. Sonderlich aber hat Caspar Seiffert Pfarr zu Bibra in Franken an M. Nicodemum Lappium / Superint. Zu Arnstadt / als gewiß[232] und im Grunde der Warheit / geschrieben / daß zu Gluman und Pfulnitzhaufen: Unser HErr und Heyland JEsus CHristus / mit einē grossen Creutze / Schweiß-Tuche / und Nägelmahlen / mit etlichen Engeln / in einem Gewitter / in die 3. Stunden lang / den lincken Arm auff den Thüringer Wald sinckend / den rechten aber gegen Francken empor haltend / von vielen Leuten / die es ausgesagt / gesehen worden.


Ibid. p. 454. Anno 1653. den II. Octob. hat M. Andreas Hübner / Pfarrer zu Reudeburg / ein Kraut-Haupt herein geschicket / welches einem nach damahliger Art geschmückten Jungfer-Kopffe gleich gewesen.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Anthropodemus plutonicus. Das ist eine neue Welt-beschreibung [...] 1–2, Magdeburg 1666/67, S. 215-233.
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