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Darauff kombt die recht Zubereitung / welche bestehet in Aufftragung und Zusetzung der Tische oder Taffeln / Bäncke / Stühle / Tapezereyen / Leuchter / Teller / Kannen / Schüsseln / unn was zu einē Pancquet gehöret. Von welchē allen außführlich handelt der Author der Hundstäglichen Erquickstundē:76 Welcher gestalt durch einen Geist ich wundersachē gesehē unn gehöret / das habet ihr von mir zuvernehmen: Es kam aber dieser Spiritus (Geist)77 nicht lang hernach bey der Nacht (als mich d' Schlaff kaum recht ergriffē hat) wiederumb zu mir / unn nechst geringen Ansprechen nam er mich in der[250] Mitten / und führet mich bey einen schönen grünen Wald / auff eine überauß grosse und schöne / mit lieblichen Blumen gezierte Wiesen oder Matten / alda setzte er mich auff einen grünen dicken Eichbaum / und sprach zu mir; fürchte dich nicht / du wirst alhier grosse Sachen von Lastern sehen / und erschreckliche Ideas anschauen / die du sonst niemahls gesehen hast / schweige aber stil / ich wil dich ohne Gefahr / oder Nachtheil wiederumb in deine Kammer liefern.

Ich war zwar erstlich etwas verstürtzt / doch dieweil dieser Geist zum erstenmahl mir keinen Schadē hett zufügen lassen / sondern (doch wider der Geister Gebrauch) Glauben gehalten / muste ich es auch vor dißmal geschehen lassen / und mit ihme forteilen / dieweil er mich so hart umgriffen hatte / daß ich mich von ihme nicht leichtlich loß machen konte.

Dieser Platz oder Wiesen / war nun nit allein mit allerhand schönen Tapezereyen / gedeckten Tischen / Bäncken / und grossen Herrn-Sesseln / Leuchtern / Kandeln / Bechern / Schüsseln / Tellern auff einen neben Tisch / und aller Bereitschafft / welcher zu einem herlichen Panquet gehöret / sondern auch mit einē absonderlichen auf der Wiesen auffgeschlagenē / unn gleicher gestalt mit Tapezereyen berühmten Theatro, gleich einē Lust- oder Dantzhauß / wol zugericht / darauff dann unter andern auch ein überauß köstlicher Sessel / etwas in die Höhe auffgeschlage / unn etwann[251] wann einer Ehlen hoch von der Erden erhöhet / sich befande / aber sonsten niemand dabey.78 Ich verwunderte mich dieses Gesichts sehr höchlich / derowegen sprach er zu mir; guter Freund / habe doch ein wenig Gedult / du wirst bald diesen Platz mit vornehmen Heren und Damen / wie auch allerhand ander Leute / erfüllet / und dabey wunderbare Visiones und bekante Sachen / deren die Geister / deren einer ich bin / in Menschlicher angenommener Gestalt mit den Menschen kurtzweilen und handeln / ersehen. Ich schwiege zwar auff dieses stil / gedacht jedoch bey mir / wäre ich wieder in meiner Kammer / ich wolte gern der Kurtzweil und Wunderwercken geübriget seyn / welche ich sehen solte / allein / was solte ich thun / ich muste also stilschweigen / jedoch fragte ich ihn / was doch dieses für ein Handel seyn möchte / und was dieses für ein Ort im Felde seyn müste / welches gleichsam / als unnatürlich / mir vorkäme / daß auff einem flachen Felde / ein solcher Ort mit Tapezereyen und allen köstlichen / zu einem Panquet gehörten Sachen / so köstlich als ein Königlicher Saal / oder gezierter Pallast sich befinden solte: Aber der Geist wolte mir darauff nicht antworten / sondern vermahnete mich stilzuschweigen / und deß Außgans erwarten / jedoch so viel ich vernehmen konte / möchte es wol nur eine Verblendung der Geister und der Zierath / keine rechte Tapezerey oder andere[252] Sachen / sondern wol aller gestorbener Pferds- oder Küh-Häute seyn / wie ich offt gehöret hatte / daß die Geister die Leute verblenden könten / als weren sie in einem grossen Schloß / da sie doch / da ihnen die Augen eröffnet / sich unter den Galgen befunden hatten / massen ich dann eine Histori gelesen / daß auff eine Zeit dem Heil. Macario eine Jungfer vorgebracht / welche die Leute / wie auch ihre eigene Eltern vor eine Kuh durch Verblendung deß Teuffels / hattē angesehen / aber nach angeordnetem Gebet / darzu sie der Heil. Mann ermahnte / ihre Augen wiederumb weren auffgethan worden / und sie an stat der Kuh ihre Tochter und Jungfer / wiederumb in rechter angeborner Gestalt gesehen / und nach Hauß geführet hatten.79 Ich dorffte aber nicht davon sagen / verwunderte mich aber / und sprach wieder zu dem Geist:80 Mein! sage mir / was werden denn das für Geister seyn / die ich alhier in der Menschen angenommenen Gestalt sehen sol / werden sie auß der Höllen / oder werden sie auß dem Venus-Berg (davon die Poëten viel fabuliren) oder woher werden sie kommen? Nein sprach er / sie werden nicht auß der Hölle noch Venus-Berg seyn / sondern es ist eine sonderliche Ahrt der Geister /welche auff dieser Welt / biß an den Jüngsten-Tag mit den Menschen umzugehen / zu conversiren / und sich mit Tantzen / Buhlen / undallerhand Welt-Freude[253] zuerlustigen pflegen / da dann dieser Platz zugerichtet /wie dann bald die Geister unn Menschen in grosser Anzahl erscheinen werden / und da eine grosse Freude / wie du vernehmen wirst / unter ihnen anstellen. O weh! O weh! sprach ich abermal / were ich wieder in meiner Schlaffkammer / ich begehrte solche Sachen nicht zuerfahren / dann wie ich vermercke / so wird dieses eine Hexen Zusammenkunfft werdē / und dieweil so viel Geister zusammen kommen / und meiner auff dem Baum gewahr werden / so werden sie mich herunter haben wollen / und da ich mich ihnē nit ergeben würde / wie die Hexen / werden sie mich mit Gewalt herunter ziehen / und in die eusserste Noth / ja wol gar umbs leben bringen.81 Nein / nein sagte der Geist82 / du darffst dich nicht besorgē / weil ich bey dir bin / und du in meinē Schutz bist / so darff kein ander Geist Gewalt über dich nehmen: Dann wir Geister sind nit nur einer / sonder sechserley Ahrt / und Geschlecht auff dieser Welt / und also einer gegen den andern feindseliger als der andere. Ich aber bin von dem bestē Geschlecht der Spirituum familiariū, welche dem Menschen / die sich ihme ergeben / nichts arges zufügē / sondern ihnen dienē / und biß in dē Todt / was sie versprechē treulich haltē.83 Mein sprach ich; weil es dann seyn muß / und ich ohne Gefahr verbleibē kan / so sage mir doch kürtzlich / was hat es für eine Beschaffēheit mit den sechserley Ahrten der Geister / und was ist[254] eines jeden Collegii seine Eigenschafft? Hierauff ward der Geist willig / und sprach zu mir / ob du mir schon nit verbunden bist / jedoch weil du mich auß dem Glase / darinn ich von einem Pfaffen verdammet gewesen / erlediget hast / so wil ich dir viel Heimlichkeiten offenbahren / dann du solst wissē / daß bey Stürtzung der Geister auß dem Himmel / nicht alle zugleich mit unserm Fürsten dem Lucifer in die Hölle verstossen worden sind / sondern etliche:84

1. Unter die Himmel / welche Spiritus cœlestes oder feurige Geister heissen;

2. Etliche in die Ober-Lufft / als die Lufft-Geister.

3. Etliche auff die Erden / als die auff dem Erdreich schwebende Geister.

4. Etliche unter der Erden / als die unter der Erden Geister.

5. Etliche ins Wasser / als die Wasser-Geister.

6. Etliche / welche auff die Menschen Achtung geben auch in den Lüfften biß auff den Jüngsten-Tag relegiret und verordnet worden sind / etc. etc.

Ich hatte zwar auf die Rede gerne ein mehrers von den Eigenschafften der Geister vernommen / muste aber auß Furcht acquiescirē, und sihe / da ich mich umsahe / ersahe ich den gantzen vor mir stehenden Platz unn Matten mit solchem Glantz und Feuer umbgeben und erfüllet / daß ich vermeinete / der gantze Platz stünde im Feur / welches aber bald nachliesse: Jedoch hingegen der[255] Platz mit einer solchen Menge Bechlichter erfüllet und erhellet war / daß ich alles /was darinne vorginge / eigentlich ersehē könte. Erstlich / nun ersahe ich das Theatrum, und darauff einen erhöheten Sessel / auff welchen ein ungeheurer Bock mit grossen Hörnern / und erschrecklichen Angesicht / neben noch andern Böcken auff den Nebē-Sesseln zu beyderseits sassen.85 Bald kam eine grosse Menge von Weibern / etc. Bißhieher der Author der Hundstägig Erquickstunden / von der recht Zubereitung deß Schmauß-Orts.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Blockes-Berges Verrichtung. Leipzig, Frankfurt 1669, S. 250-256.
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