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Von (1.) Belgio oder Nieder-Teutschland redet Christophor. Richter also.89 In einem Dorff mit Namen Ostbruch / bey Utrecht hatte eine Witfrau einen Haußknecht: Derselbe nam in acht / wie die Knechte vorwitzig seyn / doch nur im vorbeygehen / daß bey sinckender Nacht / und dann / wann sie im Hauß alle zu Bette waren / diese Witfrau pflegte in den Stal zu gehen an einen gewissen Ort: Da sie ihre Hände außstreckete / und mit denselben die Reusse fassete / da man den Pferden pfleget[257] das Heu vorzuwerffen. Er verwunderte sich / was das bedeutete / und berathschlagete / er wolte es auch also machen ohne vorwissen seiner Frauen / die in den Stal wäre gegangen / und versuchen / was doch diese Ceremonie würcken würde. Bald nun darauff folgete er seiner Frauen / die in den Stal war gegangen / ging dahin / fasset die Heurauffen an. Alsbald fühlete er / daß er würd in die Lufft geführet / und in eine Höle unter die Erde getragen / in ein Städtlein mit Namen Wych: Daselbst fand er eine Versamlung der Hexen / die von ihren Zaubereyen Gespräch hielten.90 Seine Frau erstarrete über seiner unversehenen Gegenwart / und fragete ihn / durch was vor Mittel er sich in diese Geselschafft hette gefunden. Er erzehlete ihr außführlich / was obstehet. Sie fing an sich zu entrüsten / und zuerzürnen wider ihn / besorgete sich / es möchten durch diese Mittel ihre nächtliche Versamlungen offenbaret werden. Nichts destoweniger sahe sie vor das beste an / mit ihren Geselschafften sich zu berathschlagen / was man bey diesen schweren vorfallenden Händeln thun solte. Entlich worden sie der Meinung / sie wolten diesen neuen Gast freundlich annehmen / und solte ihnen feste außtrücklich angeloben zu schweigen / und einen Eyd schweren / daß er keinem Menschen die Heimlichkeit wolte offenbaren / die ihm da were entdecket worden / wider alle sein verhoffen[258] und verdienst. Der arme Schöps gelobete an / bey Leib und Leben / schmeichelte und heuchelte / und damit er nicht etwa übel tractieret würde / stelte er sich / als hette er grosse Lust forthin sich in ihre Geselschafft zubegeben / wann es ihnen gefiele. In diesen Rathschlagungen verlieff sich die Stund / und die Zeit kam / daß sie solten voneinander scheiden. Da hielt man noch einen andern Rathschlag / auff anhalten der Frauen / nemlich / ob man wegen vieler Personē Erhaltung vor nutzlich befinde / diesen Knecht zu erwürgen; Oder ob er solte wieder heimgetragen werden. Ins gemein stimmeten sie auff die gelinde seite / daß er wieder heim getragen würde / nachdem er hette einen Eyd abgeleget / daß er nichts entdecken wolte. Die Frau erbat sich ihn heimzutragen; Und nachdem er außtrücklich angelobet / und sie hinwieder; Fassete sie den Knecht auff ihre Schultern und sagete zu / ihn in der Lufft nach Hauß zu tragen. Als sie nun ein Theil Weges fortgereiset / treffen sie einen See an / der voller Schilff und Rohr war. Die Frau ersahe diese Gelegenheit / und weil sie sich immer furchte / es möchte diesen jungen Menschen gereuen / daß er zu dem Höllischen Fest were kommen / und möchte alles / was er gesehen / offenbaren; wendete sich gehling und starck / und schleuderte ihn von den Achseln / der Hoffnung (wie zu vermuthen) es solte der arme Tropff das Leben[259] einbüssen / beydes durch den grausamen hohen Fal / und dann auch durch seine Versinckung in den kotichten See-Wasser: Und da solte er vergraben bleiben. Aber weil GOtt unendlich barmhertzig ist / und nicht wil den Todt deß Sünders / sondern daß er sich bekehre und lebe: So verzeunete er das zornige vornehmen der Hexen / und ließ den jungen Menschen nicht ersauffen / sondern erlängerte ihm das Leben / also daß sein Fal nicht ist tödlich gewesen. Dann als er herunter portzelte / fiel er in ein dücke Gewirre von Schilff und Rohr / welches etlicher massen den schweren Fal leichterte / doch also / daß er ist sehr hart verletzt worden / und sich mit nichts mehr behelffen konte / als mit der Zungen. Er empfand vollens die Nacht durch unsägliche Schmerzen in diesem Bet von Schilff und kothigem Wasser. Deß folgenden Tages / als er heulete und schrey / schickte es GOtt / daß etliche vorüber reisende / so über diesem gar ungewöhnlichem Geschrey erstarreten / fleissig Nachsuchung thäten: Da funden sie den armen Gesellen halb todt / gantz erstarret und erfroren / unn hatte noch dazu beyde Schenckel bloß. Sie frageten ihn / wo er her were? Wer ihn an diesen Ort gebracht? Und als sie vorhergehende Geschicht vernommen / zogen sie ihn auß diesem elenden Lager / luden ihn auff einen Wagen / und liessen ihn gen Utrecht führen. Der Bürgermeister mit Namen Iohannes[260] von Külenburg / ein tapfferer von Adel / ward von grosser Verwunderung eingenommen; Fragete umb alles fleissig nach: Ließ diese Hexe beim Leib nehmen / und in ein Gefängnuß schliessen: Daselbst bekante sie freywillig ohne alle Marter mit allen Umständen alles was sich verlauffen hette / und bat man solte ihr Gnad erweisen. Das Urtheil vom gantzen Rath brachte ihr dē Todt / daß sie solte verbrennet werden. Der Knecht ward erst lang hernach / aber doch nicht gäntzlich an seinen erfrornen Gliedern geheilet: Und ward vor jedermann wegen seines verfluchten Vorwitzes gezüchtiget. Baldovide Ronssey in Epistolis Medicinalibus.

Ingleichem gehöret hier auch her folgende Histori. Wir lesen gleicher gestalt lib. 16. Iohannis Meyeri, welcher die Flanderischen Historien gar eigentlich unn fleissig beschrieben hat. Daß im Jahr Christi 1459. eine grosse Anzahl an Mann- und Weibs-Personen in einer Stadt Arras in Flandern sind verbrant worden / welche auff einander bekant / und außgesaget / daß sie die Nacht zum Tantz weren geholet worden / da dann die Teuffel welche sie in Menschlicher Gestalt geehret unn angebetet / bey ihnen geschlaffen. Es schreiben Jacob Sprenger und seine vier Collegæ die Inquisitores der Hexen / daß sie über unzehlich viel Zauberer Urtheil gesprochen / und gar viel in Teutschland[261] den Todt zuerkant haben: Fürnemlich aber im Costnitzer und Ravenspurger Gebiet und Herrschafft im Jahr 1485. welche alle bekant / daß / wann sie auff Eingeben unn Geheiß des Teuffels GOTT und ihren Glauben verschworen und verleugnet / daß der Teuffel fleischliche Wollust mit ihnen gepfleget habe.91 Ja das noch mehr ist / so schreiben sie noch ferner / es sind ihrer viel gefunden worden /welche ehe / dann sie in der Obrigkeit Hände und Bande kommen / sich bekehret / und sich von solchen Consortio und Vermischung mit dem Teuffel abgelassen haben / welche auch eben das bekant haben: Als nemlich / daß der Teuffel so lange mit ihnē Gemeinschafft und zu thun gehabt / so lange sie Zauberin gewesen. Sprenger setzt auch noch das hinzu / daß sich die Zauberinnen oder Hexen zum öfftermahl auff dem Felde und in den Höltzern öffentlich und unverschämt auffdecken und entblössen / und den Teuffeln ihren Willen thun / sie weren auch offtmahls also auffgedeckt auff dem Feld gesehen worden. Es hetten auch offtmahls die Männer ihre Weiber bey den Teuffeln ergriffen / und dieweil sie dieselbigen für Männer oder näschichte Gesellen angesehen / mit blosser Wehre und Schwerter auff sie geschlagen / hetten aber nichts außgerichtet oder getroffen. Paulus Grillandus ein Italiänischer Jurist (welcher über viel Hexen erkant und Urtheil gesprochen) meldet in lib.[262] de fortilegiis. Er sey Anno 1576. im Herbstmonat von einem Abte von S. Pauli bey Rom gebeten worden / daß er über drey Hexen oder Zauberinnen erkennen / oder ein Urtheil sprechen wolte / und dieselben hetten unter andern bekant / es würden alle Hexen durch Beyschlaffen mit dem Teuffel copuliret und vermischet. Wir lesen in der Histori S. Bernhardi, daß eine Zauberin gewesen sey / welche gar offtmahls sich mit dem Teuffel im Bet / da ihr der Mann an der Seiten gelegen / und solches nicht gemercket / noch inne worden / vermischet.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Blockes-Berges Verrichtung. Leipzig, Frankfurt 1669, S. 257-263.
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