48. Henrich der Vogler und die Stadt Quedlinburg.

[17] Kaiser Henrich der Vogler hat endlich die Hunnen geschlagen und gedämpfet, welches unter allen seinen Thaten das Vornehmste gewesen, und hat darauf die Stadt Quedlinburg zu erbauen, auch das neue Stifft darinnen zum Stände zu bringen sich fleißig lassen angelegen seyn. Daselbst hatte schon der dritte Bischoff zu Halberstadt Haimo ums Jahr 481 das Kloster S. Wiperti an der Bode erbauet, und mit Benedictinern aus dem Kloster Hirschfeld besetzt, wiewol hernach die Abtißin Beatrix II. Prämonstratenser in dasselbe soll eingeführet haben; in diesem Kloster hat Bischoff Haimo seinen guten Freund Rabanum, Abten von Fulda, da er aus seinem[17] Kloster verjaget worden, so lange beherberget und erhalten, bis ihn der König Ludovicus zum Ertz-Bischoffen von Maintz gemacht. Nach dieser Zeit, ungefehr A. 928 hat Kaiser Henrich das Stifft und die Stadt zu bauen angefangen, welche er aber nicht ausführen können, da er A. 936 zu Memmleben an der Unstrut gestorben, und allhie zu Quedlinburg in S. Petri oder Servatii Kirche begraben worden, und schreibt der Mönch Sigebertus, daß der Berg, worauf er begraben worden, hernach von allen Seiten feurige Flammen von sich gegeben, darum auch seine Wittwe Mathildis nach seinem Tode nicht nur viel arme Leute speisen, sondern auch den Vögeln unter dem Himmel täglich ihr Futter geben lassen, vermeynend, ihm dadurch desto leichter die Vergebung seiner Sünde zu wege zu bringen; sie versamlete auch dreyßig Tage nach dem Leichenbegängnisse in die Stadt Quedlinburg eine Anzahl geistlicher Frauen, und verschaffte ihnen Unterhalt, und verschrieb solches auf ihre eigene Güter mit Bewilligung ihrer Söhne, wie sie auch A. 943 gestorben, ist sie allhie neben ihrem Ehe-Herren vor dem Altar S. Servatii begraben worden. Was aber die Stadt betrifft, so ist dieselbe eine Kaiserliche Frey-Stadt und besser als andre Städte in Sachsen privilegiret gewesen, daß die Fremden ihre Waaren frey herein bringen und verkauffen oder durchführen dürffen, ohne Geleite, Zins und Zoll davon zu geben, und waren die Bürger auch anderswo auf gleiche Weise befreyet, zwischen den Flüssen Elbe und Rhein, so weit das Römische Reich gehet. Solche Freyheit hat die Stadt lange behalten, beyde zu Wasser und zu Lande, und haben die Kaiser gemeiniglich, sowol ihre Synodos mit ihren Bischöffen und Prälaten, als Reichs-Tage mit den weltlichen Fürsten und Herren, daselbst gehabt.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Unterharzische Sagen. Aschersleben 1856, S. 17-18.
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