60. Albrecht von Regenstein und die Stadt Quedlinburg.

[23] Anno 1336 erhub sich ein Widerwille zwischen der Alten-Stadt und Grafen Albrecht von Regenstein, welcher, ungeachtet der vorigen Versprechungen, zu weit in die Gräntzen und Gerechtigkeiten der Bürger griff, das der Rath nicht leiden wolte, darüber es zum Kriege kam. Der Graf lag im Kloster S. Wiperti, auf der Alten-Burg und zu Gerstorff, und ließ viel Bürger gefangen nehmen, die fielen aber aus, und scharmützelten mit ihm, daß er kaum davon kam, und musten die Befehlshaber des Klosters die Gefangenen wieder heraus geben. Der Graf verstärckte sich und belagerte die Alte-Stadt, hatte sein Lager in der Neu-Stadt und Kloster, dagegen bauten die Bürger die zwey Thürme, einen auf der Klinge, den andern hinter dem Marstall, und thaten dem Feinde mit Geschütze grossen Schaden, trieben ihn aus der Neu-Stadt und jugen ihn nach Gerstorff, da geschah wieder ein starck Scharmützel, und als sich der Graf nach dem Kloster S. Wiperti begeben wolte, kamen ihm die andern Bürger aus der Stadt zuvor, und führten ihn gefangen in die Stadt, fetzten ihn aufs Rathhauß in einen Kasten und muste ein Jahr da sitzen, darnach muste er auf Erkäntniß der Hanse-Städte die Stadtmauer und sieben Thürme nach dem Westendorff bauen lassen, und einen schrifftlichen versiegelten Revers von sich stellen, daß er und alle seine Nachkommen der Stadt nie wieder zu nahe kommen wolten, und musten alle Grafen darin willigen, wolte er anders aus dem Kasten kommen, denn es war ihm das Urtheil vom Kaiser schon gefället, daß er, als der wider den Land-Frieden gehandelt, solte enthauptet werden, das Tuch, darauf er gerichtet werden solte, ward hernach den armen Leuten gegeben. Da er erst gefangen worden, zogen die Bürger im grimmigen Zorn hinaus und verstörten das Kloster mit der Kirche, auch die Gärten, Bäume und Weinberge, das geschah am S. Magdalenen-Abend, zerbrachen auch hernach und rissen die zwey Thürme S. Wiperti ein, und ward der Schade auf viel tausend Marck gerechnet. Weil aber die Münche daran keine Ursache gegeben, als die dem Grafen nicht wehren können,[24] so hat Hertzog Otto von Braunschweig mit andren Fürsten die Bürger dazu gezwungen, daß sie den Chor und Creutzgang wieder bauen müssen.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Unterharzische Sagen. Aschersleben 1856, S. 23-25.
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