456. Der Schatz unter der Linde.

[172] Zwischen Strasberg und der Josefshöhe liegt eine alte und sehr breite Linde, welche inwendig ganz hohl ist. Eine Erscheinung führte einst mehrere Männer unter die Linde und bedeutete sie, daß sie daneben an der Stelle, wo jetzt eine Grube ist, einen Schatz heben, aber dabei ja nicht reden sollten. Die Männer fingen an zu graben, stießen auch auf den Schatz und hatten ihn fast an's Tageslicht gebracht. Da erschienen ihnen auf einmal viele Geister, sagten, daß sie ein Opfer haben müßten und beriethen, welchen von den Männern sie nehmen wollten, einer aber sagte immer: den Rothlatz! den Rothlatz! Da rief der Mann, der den rothen Latz an hatte: »ich will nicht! ich mag nicht! nehmt euch einen andern!«[172] Sogleich war der ganze Schatz verschwunden und die Erscheinung ward nicht erlöst. Von jener Zeit rührt noch die Grube unter der Linde her und sie soll alles Mark und Holz aus dem Stamm in sich gesogen haben, so daß nichts als die Borke und die Zweige mehr von ihr dasteht.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Unterharzische Sagen. Aschersleben 1856, S. 172-173.
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