Nr. 24. Geister in der Baumannshöhle.

[14] Von der Baumannshöhe erzählt G.H. Behrens in der Hercynia curiosa, daß ein gewisser feiner Mann, welcher nicht gar weit von der Höhle gewohnet, und dieselbe denen kuriosen Reisenden auf ihr Verlangen gezeiget, sich einesmals habe gefallen lassen, ganz alleine ohne einige Gefährten mit brennenden Lichtern, wie gebräuchlich, in die Höhle zu steigen, und darinnen eines und das andere noch weiter zu erkundigen, nachdem demselben aber die Lichter in währender Durchsuchung der Höhle eines nach dem andern verloschen, und er zu seinem Unglück das mitgehabte Feuerzeug nicht finden können, habe er sich vergebens bemühet, die Ausfahrt wieder anzutreffen, derowegen er darinnen drei ganze Tage und Nacht ohne Speise und Trank zugebracht, im Finstern herum getappet, und so lange in der Irre gewandert, bis ihm endlich ein Engel in Gestalt eines brennenden Lichtes oder Feuers erschienen, und denselben aus der Höhle geführet; als er nun also wunderlich errettet worden, und unverhofft wieder aus derselben an das Tageslicht kommen, habe er solches erzählet, aber nur drei Tage darauf noch gelebet, und sei hernach gestorben. Ebenermaßen berichtet Eckstormius, wie in denen Eisenhütten bei dem Rübelande ein armer gemeiner und seinen seligen Eltern bekannter[14] Mann sich aufgehalten, welcher einesmals, als die Höhle noch offen gestanden, und mit keiner verschlossenen Thür verwahret gewesen, sich unterstanden, ganz alleine vor sich in die Höhle zu kriechen, habe sich aber aus denen Klüften nicht wieder finden können, weilen er kein brennendes Licht mit sich genommen, derohalben er acht Tage lang mit Herumwandern daselbst zubringen müssen, bis er endlich durch Gottes sonderbare Hilfe hinwieder an des Tages Licht gelanget, und nach dem noch eine Zeit lang gelebet; in diesen acht Tagen aber habe er vor großer Furcht und Schrecken ganz eisgraue Haare bekommen; weilen derselbe durch viele Gespenster, wie er erzählet, auf mancherlei Art geplaget worden, denn es hätten etliche derselben ihn angegriffen, eines Diebstahls beschuldiget, und deswegen aufzuhängen befohlen; wenn er nun dieser los gewesen, sei er von andern eines Totschlages bezüchtigt, und daher zum Schwert verdammet worden.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Harzsagen, zum Teil in der Mundart der Gebirgsbewohner. Leipzig 21886, S. 14-15.
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