Zweites Kapitel.

[12] Der antidotirete Firlfanz,

in einem alten Begräbniß funden.


O, [...] am der grosse Bändiger der Cimbern

[...] lugs durch die Luft, weil ihn der Thau verdroß.[12]

[...] er erschien, thät man die Trög beklümpern

[...] frischer Butter, die mit Mulden goß:

Davon die grosse Mutter überfloß

Und schriee laut und bat ihn aufzufangen,

Da der Morast ihm schier zu Bärten schoß;

Ihm mindestens zu reichen eine Stangen.


Die einen schrien, ihm den Pantoffel lecken

Wär besser denn um Ablaß sich bemühn:

Allein da kam der listigste der Gecken

Zum Loch herfür, wo man fischt Kresselin,[13]

Der sprach: Um Gott, Herrn! laßt ihn nicht entfliehn!

Hie ist der Aal, und steckt in dieser Pfütze:

Dort unter seinem Krägel, merkt auf ihn!

Da findet ihr die grosse Tiras-Mütze.


Wie er itzt sein Kapitel wollt beginnen

Fand sich nichts drunter als ein Kalbsgeweih.

Mir ist, sprach er, in meiner Miter drinnen

So kalt, sie druckt auf mein Gehirn wie Bley.

Man wärmt ihn drauf mit Rüben-Spezerey,

Da ließ er sichs am Feuerheerd gefallen,

Wofern ein frischer Gaul vorspännig sey

Den vielen Leuten die die Fäuste ballen.


Ihr Handel war um Patricks heilig Loch,

Gibraltar, und viel tausend andre Hölen,

Ob sie sich wohl vernarben liessen noch

Durch ein Rezept dieß Husten abzustellen:

Weil ihr Bejähnen aller Wind und Wellen

Doch einen jeden baß verdriessen sollt;

Und könnte man sie wohl als Geissel stellen,

Wenn man dereinst hinlänglich sie versohlt.


Auf solchen Schluß rupft Herkules den Raben,

Herkul, aus Lybien kam er eben an.[14]

Was! sagte Minos, will man mich nicht haben?

Die ganze Welt, nur mich nicht bittet man:

Und soll mich dann noch erlustiren dran

Mit Austern und mit Fröschen sie zu speissen?

Ich sey verdammt, wird, weil ich athmen kann,

Ihr Kunkel-Markt je von mir gut geheissen.


Q. B. kam sie zu bläun, der lahme Peter,

Im Freygeleit staarköpfger Mystenbrut.

Der Worfelnde, des Groß-Cyklopen Vetter

Zerdrasch sie: jeder schneuze seine Schnut.

Nur wenig Buker zeugt dieß Hufengut,

Die in der Lohmühl nicht gewippet wären.

Lauft alle her, schlagt Lärm, seyd auf der Huth!

Man wirds euch besser denn vorm Jahre lehren.


Nach kurzer Frist gedachte Jovis Aar

Sich mit dem Part der Schlechten zu gepaaren;

Doch als er sah wie schwer ergrimmt man war,

Sorgt' er das Reich möcht in die Pilze fahren,

Und riß vom Schrein der Pökelheringswaaren

Des Empyräums Feuer lieber fort,

Eh er die heitre Luft die man verfahren,

Ließ beugen unter Masoreten-Wort.
[15]

Auf Schwertes Spitze kam der Pact zu stehen

Trotz Até, die sich reigerbeinig dünn

Dort niedersetzt, da sie Penthesileen

In ihrem Alter als Kreßhökerinn

Geehrt sah. Schlechte Kohlenbrennerinn!

Rief männiglich, ziemt dir umherzuhetzen?

Das Römer-Banner raubtest du dahin,

Das man gemacht nach Pergamentes Sätzen.


War Juno nicht, die unterm Himmelsbogen

Mit ihrem Herzog Lockepfeiflein blies,

Man hätt ihr einen bittern Hieb gezogen,

Der ihr am Leib kein ganzes Glied verhieß.

Die Abkunft war, daß sie aus dem Gemüß

Zwo Eyer der Proserpina empfinge,

Und, wo sie wieder sich betreten ließ,

Am Hagedorngebirg in Banden hinge.


Nach sieben Monden, zweiundzwanzig ab,

Geschahs das Der Karthago einst zerstöret,

Manierlich sich in ihren Kreis begab,

Sein Erbtheil fordernd so ihm angehöret;

Zum mindest Theilung unverkürzt begehret

Nach dem Gesetz das Niet und Nagel hält,[16]

Auch von der Brüh ein weniges verehret

Den Kleppern die das Breve ausgestellt.


Doch kommt das Jahr mit einem Türken-Bogen,

Fünf Spindeln, drey Topfböden auch signirt,

Da einem König der zu ungezogen,

Im Klausner-Rock das Kreuz gepfeffert wird.

O Schmach! Um einen Esauspelz verführt

Wollt ihr so viele Morgen sehn verschlingen?

Laßt ab, laßt ab! den Mummschanz detestirt.

Zum Schlangen-Bruder müsset ihr entspringen.


Nach diesem Jahr herrscht friedsam Der da ist,

Mit seinen guten Freunden immerdar;

Da wird kein Trutz mehr seyn noch böser Zwist,

Ein jedes fromme Wünschen macht sich wahr.

Die Hülfe so vordem verheissen war

Dem Volk des Herrn, wird nahn mit Sturmesläuten:

Dann wird die jüngst gescheuchte Mären-Schaar

Wie Königszelter im Triumphe schreiten.


Und diese Zeit der Hokuspokus währt

Bis Mars in Angeln wird gebunden schleichen:

Dann kommt ein Mann der über Alle fährt,

Anmutig, schön, holdselig sonder gleichen.

Nun Herz gefaßt! Ringt nach so süssen Feigen,

Ihr meine Treuen! Mancher ist dahin

Der sich um Gold nicht wieder würde zeigen:

So wird alsdann die alte Zeit beschrien.


Zu guter Letz wird man am Haspenband

Den Wächsernen zum Glocken-Fritz quartieren:[17]

Nicht mehr hinfüro wird Herr! Herr! genannt

Hans Bumbaum der den Bottich pflegt zu führen.

Hui! Wer nur seinen Fochtel dürfte rühren!

Mit allem Hirn-Geschelle wär es aus,

Und könnte man mit Packdraht gar verschnüren

Der Narreteiden ganzes Vorrathshaus.

Quelle:
Rabelais, Franz: Gargantua und Pantagruel. 2 Bände, München, Leipzig 1911, Band 1, S. 12-18.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gargantua und Pantagruel
Gargantua. Pantagruel
Gargantua und Pantagruel, 2 Bände
Gargantua und Pantagruel
Gargantua und Pantagruel, in 2 Bdn.
Gargantua und Pantagruel

Buchempfehlung

Jean Paul

Die wunderbare Gesellschaft in der Neujahrsnacht / Des Feldpredigers Schmelzle Reise nach Flätz. Zwei Erzählungen

Die wunderbare Gesellschaft in der Neujahrsnacht / Des Feldpredigers Schmelzle Reise nach Flätz. Zwei Erzählungen

Zwei satirische Erzählungen über menschliche Schwächen.

76 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon