Viertes Kapitel.

[21] Wie Gurgelmilte in ihrer Schwangerschaft mit dem Gargantua, eine grosse Meng Kutteln aß.


Die Art und Weis wie Gurgelmilte ins Kindbett kam, war folgende: und wo ihrs nicht glaubt, entgehet euch das Fundament. Das Fundament entging ihr eines Nachmittags am dritten Hornung, als sie zu viele Bauntzen gessen. Bauntzen sind feiste Magendärm von Barrenrindern. Barrenrinder sind an der Kripp' und auf Zwirentwiesen gemäste Ochsen. Zwirentwiesen sind zweimal im Jahr Gras tragen. Von selbigen feisten Ochsen nun hätten sie dreyhundert siebenundsechzigtausend und vierzehn geschlagen zum Einsalzen auf Fastnacht, daß sie im Frühjahr fein zeitigs Pöckelfleisch die Füll erzielten; denn sie wollten gern zur Mahlzeit Anfang auch ihr Wörtlein von Gesalznem mit reden, weil der Wein drauf noch einmal so gut schmeckt. Der Kutteln waren viel, wie ihr von selbst einseht, und waren so köstlich daß jeder darnach die Finger leckt'. Aber der große Vier-Teufel[21] war nur, daß mans ohnmöglich lang verwahren noch sparen konnt, denn sie wären verfaulet; welches sich nicht gebühren wollt. Ward also beschlossen mit Stumpf und Stiel sie aufzuessen. Hiezu luden sie alle Leut von Sainnais, Suillé, Laroche-Clermaud, Vaugaudry, vergassen auch nicht die von Couldray, Montpensier, von Gué de Vede und andere Nachbarn alles gute Kunden, gute Zecher, schöne Kegelschieber. Der gute Mann Grandgoschier hätte daran sein herzlich Lust und Freud und ließ es ihnen mit Scheffeln messen, warnet' aber dabei sein Weib, daß sie davon das wenigst ässe, weil sie nah auf ihrem Ziel ging und dieß G'schling just keine sehr rathsame Speiß wär. Denn, sprach er, der muß große Lust zum Dreckkäun tragen, der diese Säck ißt. Dieser Ermahnungen ungeachtet aß sie deren doch sechzehn Wispel, zween Scheffel und sechs Metzen auf. O schöne fecalische Materi, die ihr im Leibe bluttern sollt!

Nach dem Mittagsimbiß zogen sie all kopfüber unter das Weidicht hinaus, und tanzen da auf dem dichten Gras nach hellen Pfeiflein und süssen Schalmeyen so fröhlig daß eine himmlische Lust war sie dergestalt sich tummeln zu sehen.

Quelle:
Rabelais, Franz: Gargantua und Pantagruel. 2 Bände, München, Leipzig 1911, Band 1, S. 21-22.
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