Sechs und Vierzigstes Kapitel.

[155] Wie das Teuflein von einem Papfeiger Bauer betrogen ward.


Als der Heumond halb herum war, erschien der Teufel an Ort und Stell in Begleitung einer ganzen Schaar junger Chor-Teuflein, begegnet' dem Bauer und sprach zu ihm: Na, Lump, wie hälts, seit ich hie weg bin? Jetzo müssen wir uns theilen. – Es ist billig, antwort der Bauer.[155]

Jetzt fing der Bauer mit seinen Leuten das Korn an zu schneiden. Die Teuflein rauften ebenfalls die Stoppeln aus der Erd. Der Bauer drasch sein Korn auf der Tenn aus, worfelt's, luds in Säck und führt's zu Markt. Die Teuflein ebenfalls, setzten sich neben den Bauer auf den Markt hin, und boten da ihre Stoppeln feil. Der Bauer verkauft' sein Korn sehr gut, und thät das Geld in ein alt Strümpfel das er am Gurt trug. Die Teufel lösten nichts; vielmehr macht sich das Landvolk über sie auf offnem Markt noch lustig. Als der Markt zu End war, spricht der Teufel zum Bauer: das Mal, Lump, hast du mich betrogen; zum andern Mal gelingt dirs nicht. – Wie, mein Herr Teufel, antwort der Bauer, sollt ich euch betrogen haben? Habt ihr doch der Erst gewählt. Wohl aber wolltet ihr mich betrügen bey dieser Wahl, in Hoffnung daß auf mei nen Part nichts aus der Erden wachsen würd, und ihr mein Saatkorn alles unten gut finden würdet: denn damit wollt ihr die armen Leut, die Gleisner und die Geizhäls in Versuchung führen, und durch Versuchung sie in eure Fallstrick ziehn. Seyd aber noch sehr neu im Handwerk: dieß Korn da drunten ist längst verfault und todt: aus dessen Tod und Fäulniß ist jen's erwachsen, so ihr mich verkaufen sehn. Ihr habt also das schlimmre Theil erwählt. Dafür seid ihr auch in der Schrift verflucht.

Von etwas anderm, sprach der Teufel: was möchtest du wohl übers Jahr auf unsern Acker baun? – Der Bauer antwortet' ihm: Ein guter Wirth thät Rettig drein. – Wohl, spricht der Teufel, du bist ein guter Lump, itzt geh, bau Rettig was das Zeug hält. Ich will sie vor Donnerwettern hüthen, auch nicht drauf hageln. Aber merks! dießmal behalt ich für mein Theil was oben wächst, du kriegst das Unterst. Rühr dich, Lump, rühr dich! Ich geh itzund die Ketzer versuchen, sehr leckre Karbonädel-Seelen! Herr Luzifer hat just sein Bauchweh; das giebt einen warmen Braten für ihn. –

Zur Zeit der Ernt fand sich der Teufel mit einer Schaar kleiner Kammer-Teuflein, am Platz ein, traf daselbst den Bauer und seine Leut, fing alsbald an die Rettigblätter abzuschneiden und einzusammeln. Hinter ihm grub und schaufelt' der Bauer seine dicken Rettig aus, und luds in[156] Säck. So zogen sie all mitsamen zu Markt. Der Bauer verkauft' seine Rettig sehr gut; der Teufel löst' nix; ja was noch schlimmer, ward ausgelacht vor allem Volk. – Wohl seh ich, Lump, sprach itzt der Teufel, daß du mich wieder betrogen hast: und will nun daß ein End soll werden unter uns Beyden mit dem Feld. Der Pakt soll seyn, daß wir einander kratzen; und wer der Erst von Beyden nachläßt, wird seines Feld-Theils quitt: dem Sieger verbleibt es ganz und gar. Ueber acht Tag ist das Tournier. Fort, Lump! dich will ich teuflisch kratzen. Eben wollt ich die Raub-Schickaner, Prozeß-Verdreher, Rabulisten, Notarien, und prävaricirenden Anwält versuchen gehn; sie han mir aber durch ihren Dolmetsch sagen lassen daß sie mir all zu Diensten stehn. Auch ist Luzifer ihrer Seelen schon müd, denn er schickt sie gemeinlich den Küchen-Teufeln, sie müßten denn stark gepfeffert seyn.

Ihr sprecht, es ging kein Imbiß über Scholaren-Imbiß, kein Mittagessen über Anwalts-Mittagessen, kein Vespern über Winzer-Vespern, kein Nachtbrod über Kaufmanns-Nachtbrod, kein Schlafzech über Zofen-Schlafzech, und kein Essen allzumal über Irrwisch-Essen. Es ist schon wahr. Auch speißt Herr Luzifer wirklich Irrwisch bey jeder Mahlzeit zum Vorgericht. Scholaren aß er vordem wohl zum Imbiß; aber, ach! ich weiß nicht durch welchen Unstern seit etlichen Jahren sie mit ihren Studiis die heiligen Schriften ergattert haben. Dieß ist die Ursach daß wir auch nicht Einen dem Teufel mehr stellen können: und glaub, wenn uns die Kuttner nicht helfen, ihnen nicht mit Drohungen, Schimpf, Bann-Zwang, Gewalt und Scheiterhaufen ihren Sanct Paul aus den Händen winden, werden wir unten wohl schwerlich mehr Einen zu knuspern kriegen.

Sein Mittagsbrod sind für gewöhnlich, Rechtsverdreher, schelmische Advocaten, und Schinder der armen Leut: die gehn ihm nie aus. Doch Tag für Tag dieselbe Speiß, kriegt eins auch satt. Letzthin einmal, im vollen Kapitel, kriegt' er auf eine Pfaffen-Seel Lust, die sich in ihrem Sermon den[157] Leuten zu recommandiren vergessen hätt, und verhieß einem Jeden doppelten Sold und ein notables Jahrgehalt, wer ihm dergleichen brühwarm brächt. Wir waren auch all flugs aus darnach, aber es waren nur Fleischergäng; denn All' ermahnens die edeln Frau'n ja fein ihr Klösterlein zu bedenken.

Des Vesperbrods enthält er sich gar, seit er das strenge Bauchweh hat, das er davon trug als man ihm in den nördlichen Gegenden seine Fourirer, Proviantknecht, Kohlenschweler und Brätelbrater so schlecht tractirt'. Sein Nachtessen ist sehr gut bestellt aus wucherischen Handelsherren, Apothekern, Falsarien, Waarenfälschern, Kippern und Wippern: Und zuweilen, wenn er bey Laun ist, schluckt er zur Schlafzech wohl ein Paar Zöflein, die ihrer Herren guten Wein aussaufen, und das Faß dann mit stinkigem Wasser füllen.

Rühr dich, Lump, rühr dich! Jetzo geh ich die Schüler von Trebisond versuchen daß sie Vater und Mutter lassen, gemeiner Polizey entsagen, ihres Königs Geboten trutzen, in unterirdischer Freyheit hausen, aller Welt höhnen, Jedermanns spotten, und mit dem holden Kindermützlein poetischer Innocenz geschmückt, all mit einander sich zu netten niedlichen Irrwischen cultiviren.

Quelle:
Rabelais, Franz: Gargantua und Pantagruel. 2 Bände, München, Leipzig 1911, Band 2, S. 155-158.
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