Dreyzehntes Kapitel.

[259] Wie Panurg Krellhinzens Räthsel auslegt'.


Krellhinz thät als verstünd er diese letzten Wort nicht, wandt sich wieder zu Panurgen, und sprach: ho ho! ho hollo! her, du Schluckup! wirds bald? Wirst bald reden, gelt? holla, her! – So gelt euch doch, antwort Panurg, der Teufel hin! Itzt seh ich klar daß uns die Pest hie gähnt. Der Teufel gelts euch hin! weil keine Unschuld mehr sicher ist und der Teufel selber hie Meß liest: gelts euch der Teufel hin! Ich bitt euch, laßt michs nur gleich für All hie zahlen, o so gelt es der Teufel hin! und laßt uns ziehn. Ich kann nicht mehr, gelt hin, gelt her! Gelt euch der Teufel! – Ziehn? sprach Krellhinz; gelt? ich glaubs: Seit nun dreyhundert Jahren gält dieß hie gelt? zum ersten Mal daß Eins von hie entwischt wär, gelt? ohn Haar zu lassen oder gelt? auch Haut die meisten Mal: denn, gelt? hieß dieß nicht, gelt? selbst eingestehn daß du mit Unrecht hie vor uns geladen wärest, gelt? und schlecht von uns traktiret, gelt? Du Lump! der du schon bist und noch weit mehr gelumpt wirst werden, gelt? wenn, gelt? du nicht das Räthsel lösest, gelt? Itzt holla! her! gelt? her! was ists?

Nu gelt ins Teufels Namen, hin! antwort Panurg, ein Wiebel ists, geboren aus einer weissen Bohn, gelt in des Teufels Namen, hin! durchs Loch so er darein genagt, gelt in des Teufels Namen hin! der manchmal fliegt, manchmal auch wieder am Boden wandelt, gelt in des Teufels Namen, hin! Daher von ihm Pythagoras, der Weisheit erster Liebhaber (ist Philosophus auf Griechisch) gelt ins Teufels Namen hin! gmeint hat daß ihm vermittelst Seelenwandrung sey Menschen-Seel zu Theil geworden, gelt in des Teufels Namen hin! Und wenn ihr Andern, Menschen wäret, gelt ins drey Teufels Namen hin! so führen nach seiner Meinung, gleichfalls eure Seelen in Wiebel-Leiber, wann ihr dereinst verreckt; geht hin! gelt ins drey Teufels Namen hin! Denn hienieden schon nagt und freßt ihr alles, und jenseits fräß euer Natternzahn der eignen Mutter Leib noch an, gelt ins drey Teufels Namen, hin![260]

So wollt ich doch bey Gott! sprach Jahn, von Grund des Herzens daß das Loch in meinem Hintern eine Bohn wär, daß diese Wiebel rings dran kaun und knuspern könnten.

Auf diese Worte warf Panurg einen schweren, ledernen Geldsack voll Sonnenthaler mitten in die Schranken hinein. Wie sie den Seckel klirren hörten, fingen die Katzbälger allzumal mit ihren Krallen zu fingern an, wie ausgehobene Geigenhäls, und schrieen all mit lauter Stimm: Das sind die Sporteln, das ist die Würz in unsre Supp! es ist ein guter, ein leckerhafter, ein würziger Prozeß gewesen! Sehr brave Leut! sehr liebe Leut! – Da, sprach Panurg, ist Geld, und Geld in Sonnenthalern. – Wohl! ey wohl! antwortet' Krellhinz, wir verstehns auch so in Foro. Gut Geld: gut! sehr gut Geld! Zieht in Frieden Kinder, und passirt. Gut Geld! wir sind so arge Teufel nicht, gut Geld! als wir schwarz aussehn, gelt? gut Geld!

Aus dem Verwahrsam wurden wir durch eine Schaar gebirgischer Greifgeyer in den Hafen gebracht. Die warnten uns, wie wir an Bord gehn wollten, daß wir nicht eher weiter kämen, bis wir der Dame Krellhinz und gesammten Balgkietzen stattliche Präsent gemacht, sonst müßten sie uns, laut Fürschrift wieder in Verwahrsam zurück begleiten. – Ey Schad darauf! sprach Bruder Jahn; kommt, laßt uns hie abseits ein wenig unsern Seckeln aufs Leder fühlen, und All' abfinden. – Aber, schrie'n die Hatschierer, Herr, vergeßt auch nicht die armen durstigen Teufel zu tränken! – O, sprach Bruder Jahn, den armen Teufeln vergißt mans nimmer einzutränken, in keinem Land, zu keiner Zeit.

Quelle:
Rabelais, Franz: Gargantua und Pantagruel. 2 Bände, München, Leipzig 1911, Band 2, S. 259-261.
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