Vierzigstes Kapitel.

[341] Wie des guten Bacchus Sturm und Angriff auf die Indier emblematisch geschildert war.


Weiter war der Sturm und Angriff des guten Bacchus auf die Indier geschildert. Da sah ich den Hauptmann der Vorhuth Silenum dicke Tropfen schwitzen, und seinen Esel scharf pranken. Der Esel riß gleichfalls das Maul furchtbar weit auf, schmiß, biß, scharmüzzelt' mörderlich, als wenn er ein Horniß im After hätt.[341]

Die Satyrn, Hauptleut, Obersten, Feldwebel, Korporäl, auf langen Harsthörnern Orthien blasend, sprangen mit Ziegensprüngen toll und wild im Kurz-im Sturz- im Furz-Galopp, schäumend und bäumend durch das Herr, ermuthigten die Ihrigen zu tapfern Streit. Evohe! schrie das ganze Bild: den ersten Anlauf auf die Indier thäten die Mänaden unter wildem Geschrey und gräßlichem Lärm ihrer Schild und Pauken, daß rings der Himmel davon erthrönt', wie aus der Emblematur ersichtlich. Damit ihr nur nicht mehr die Kunst Apellens, Aristidens von Theben und Andrer, die Blitz, Donner, Wind, Wort, Sitten und Geister malen konnten, so sehr erstaunet.

Hierauf kam das Heer der Inder, gleichsam erst als erfahrende wie ihr Land vom Bacchus gebrandschatzt ward; die Elephanten mit ihren Thürnen an der Spitz, dabey unzählig Kriegsvolk. Aber die ganze Schaar war schon zerstreut: und wider sie und auf sie rannten und stürzten ihre Elephanten, scheu vor dem fürchterlichen Lärm und Panischen Schrecken der Bacchanten, der sie der Sinnen gar beraubt'. Da hätt ihr sollen den Silen erst seinen Esel bitterlich spornen, und mit dem Stecken fechten sehn nach der alten Parad, und wie der Esel mit offnem Maul, als ob er yahnt', den Elephanten nachhopst' und mit seinem martialischen Yahnen (so brav wie damals als er einst im vollen Bacchanal die Nymphe Lotis, die Priap im Schlaf unpräavisirt per Priapismum priapisiren wollt, erweckt') gleichsam zum Sturm und Angriff blies.

Da hättet ihr den Krummbein Pan um die Mänaden sollen springen und sie mit seiner Bauernflöt zu tapferm Streit ermuntern sehn: dahinter einen jungen Satyr siebzehn gefangene Könige führen; eine Bacchantin in ihren Schlangen zweyundvierzig Hauptleut schleifen; einen kleinen Faun zwölf von dem Feind erbeutete Fahnen tragen sehn: und Bacchum den getreuen Mann auf seinem Wagen immerzu getrost im Feld umher kutschiren lachend, schäkernd, Jedermanns Gesundheit trinkend. Schließlich war auf emblematisch das Tropäum und Siegesmahl vom Triumph des guten Bacchus gebildet.[342]

Sein Triumphatorwagen war mit Epheu ganz bedeckt, vom Berge Meros gesamelt und abgelesen, wegen der grossen Seltenheit die aller Dinge Preis erhöht, zumal deß Krauts in Indien. Hierin ahmt' ihn nachmals Alexander der Grosse auf seinem Indischen Siegeszug nach. Und ein Gespann von Elephanten zog seinen Wagen. Hierinn ahmt' ihn nachmals Pompejus der Grosse nach, in Rom, bey seinem Triumphzug über Afrika. Auf dem Wagen stund der edle Rebengott, und trank aus einer Schleifkann. Hierin ahmt ihn nachmals Cajus Marius nach, bey seinem Cimbrischen Sieg, den er bey Aix in der Provinz erhielt. Mit Epheu war sein ganzes Heer bekrönt, auch ihre Schilder, Pauken und Tyrsusstäb bedeckt damit. Bis auf den Esel des Silenus ging alles verschabrackt darinn.

Zu den Seiten des Wagens gingen die gefangenen Inder-König' an schwere güldene Ketten gebunden. Der ganze Zug schritt mit göttlichem Siegesgepräng von unaussprechlicher Wonn und Lust, unzählige Trophäen, Ferculn und Feindesspolien tragend, unter fröhligen Epiniziis, kleinen ländlichen Jubelliedern und schallenden Dithyramben einher. Am End war noch Aegyptenland geschildert nebst dem Nil und seinen Krokodillen, Cerkopitheken, Ibiden, Affen, Trochilis, Ichneumonen, Hippopotamen, und anderm dort wohnhaften Vieh. Und ward in diesen Gauen Bacchus von einem Ochsenpaar gezogen, auf deren einem mit güldner Schrift Osiris, auf dem andern Apis zu lesen stund; weil in Aegypten vor Bacchus Ankunft weder Ochs noch Kuh ersehen war.

Quelle:
Rabelais, Franz: Gargantua und Pantagruel. 2 Bände, München, Leipzig 1911, Band 2, S. 341-343.
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