Zwölfter Aufritt


[22] Zoraide. Quecksilber.


ZORAIDE. Du bist also wirklich entschlossen, Jüngling, an meiner Hand auf der holprichten Landstraße dieses Lebens einherzuwandeln? ohne zu ermüden? Oh, wie nennst du dich?

QUECKSILBER. Bartholomäus!

ZORAIDE. Bartholomäus und Zoraide, das gibt einen herrlichen Roman. Ich bin Dichterin, ich habe alle europäischen Dichter ins Indianische übersetzt.

QUECKSILBER. Das muß schön sein.

ZORAIDE. Sie müssen mir die Geschichte Ihres Lebens erzählen; ich werde sie in vierfüßigen Jamben bearbeiten.

QUECKSILBER. Sein S' so gut! Wenn die Leut alle die Dummheiten[22] lesen müßten, die ich in meinen Leben schon angestellt habe, ich dürft mich gar nicht mehr auf der Gasse sehen lassen.

ZORAIDE. Nein, verzeihen Sie! Mit Ihnen zu parlieren, gehört eine kuriose Geduld dazu, Sie haben ja nicht um sechs Pfenninge Galanterie im Leib. Ich möchte einen galanten Mann. Für sich. Wenn ich nur das Staberl erwischen könnte! – Zärtlich. Lassen Sie uns Frieden schließen. – Trauter Bartholomäus! Ich will dein Herz umranken wie die Rebe den Kastanienbaum. Umarmt ihn. O ihr Götter! die ihr da unten wohnt, seht auf uns herab. Nicht wahr, du wirst deine Zoraide nie verlassen? Dein Herz wird kein Retourbillett verlangen oder sich gar das Entree seiner Treue bei Amors Kassa zurückzahlen lassen?

QUECKSILBER. Sie ist doch eine gute Seel!

ZORAIDE für sich. Nur das Staberl möcht ich haben.

QUECKSILBER. Nun, schlagen Sie ein, aber nicht ins Gsicht! geben Sie mir zum Drangeld ein einschichtiges Busserl, und wir sind d'accord.

ZORAIDE. Jetzt nicht, das bekommen Sie nach der Tafel zum Konfekt.

QUECKSILBER. Gut, ist auch recht. Was essen denn Sie zum Konfekt?

ZORAIDE. Die edelsten indianischen Früchte.

QUECKSILBER. Da freu ich mich. Für mich sind halt die edelsten Früchte die Hetschepetsch. Mein liebstes Essen aber sind die Birn. Wissen S', die kleinen, die Muskatellerbirndln, die sind sehr gut.

ZORAIDE. Wer wird einen so gemeinen Gusto haben! Sehr hochdeutsch. Wie können Sie Bern essen?

QUECKSILBER. Keine Bären esse ich nicht. Da bin ich froh, wenn mich keiner anpackt! Birn! Ist denn das ein übler Gusto? Birn ißt ja die ganze Welt; ein jeder eine andere Gattung. Die Patrioten essen Kaiserbirn, die Reichen Dukatenbirn, die sich stark parfümieren, Pergamottenbirn, die Schuster Lederbirn, die Kutscher Haberbirn, die Tischler Holzbirn, die Barbierer Ißinbart, und wer einen Fehler[23] macht, der ißt Plutzerbirn. – Kurz, du bist einmal mein, dabei bleibt's!

ZORAIDE. Ich schwimme in einem Meer von Wonne wie ein Walfisch in der Donau. Umarmt ihn.


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 22-24.
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