Sechzehnter Auftritt


[82] Voriger. Mariandl klopft von außen.


FLORIAN. Aha, das ist der Jude. Öffnet, Mariandel tritt ein. Nein, schauts, ist a Jüdin.

MARIANDL. Ach ich unglückliche Person, was fang ich an? Da steht er herin, statt daß er im Haus acht gibt. Ach, warum hat mich der Himmel gstraft, daß ich einen solchen Einfaltspinsel zu einem Liebhaber hab.

FLORIAN. Das wird doch eine schöne Stichlerei sein!

MARIANDL. Was stehst denn da? – Was stehst denn da, du miserabler Mensch, und mir räumen s' derweil den ganzen Kasten aus. Ich bin bestohlen!

FLORIAN. Hör auf! Haben s' dir etwan dein übeln Humor gstohlen?

MARIANDL. Nein, meine Kleider, mein Wäsch, meine reiche Hauben – Ich bitt dich, der Diebstahl – die schöne Wäsch!

FLORIAN. Nein, mein Schatz, das ist a wilde Wäsch!

MARIANDL. Und meine guten Perl.

FLORIAN für sich. So? Die hab ich auch erwischt? Das hab ich nicht einmal gewußt.

MARIANDL. Ich glaub gar, du lachst noch? Jetzt geh ich gleich zum gnädigen Herrn und erzähl ihm alles. Dem Dieb muß nachgsetzt werden. Will ab.

FLORIAN. Halt sag ich, – du bleibst da! Ich kenn den Dieb.

MARIANDL. Was?

FLORIAN. Es ist ein sehr guter Freund von mir.

MARIANDL. So? Du schlechter Mensch, auf die Letzt bist du ein Räuberhauptmann? Ich gib dich an, auf der Stell. Will fort.

FLORIAN. Da bleibst, sag ich, oder –

MARIANDL. Das nutzt nichts – ich will mein Sachen haben –

FLORIAN. Das Sachen ist da –

MARIANDL. Wo?

FLORIAN. In der Butten.

MARIANDL. Ah Spektakel! Heraus gibst du mirs!

FLORIAN. Nur Geduld.[83]

MARIANDL. Daß mir nichts zermudelt wird.

FLORIAN. Ist alles in der schönsten Ordnung. Er leert die Butten um, seine und ihre Kleider fallen in der größten Unordnung heraus. Ganz kalt. Such dir deine Sachen heraus.

MARIANDL. Aber Florian, was hast denn gemacht, bist denn besessen?

FLORIAN. Still, Marianne! Du wirst wissen, daß unsere Herzen verbunden sind?

MARIANDL. Ja, leider bin ich so unglücklich, dein Geliebte zu sein! oh, was war ich für ein Talk! Was hab ich für Partien ausgeschlagen! Ich hätt vor kurzen noch können so ein reichen Ochsenhändler heiraten, war eine reiche Frau worden, die so viele Ochsen ghabt hätt, und an dir hab ich nur einen einzigen.

FLORIAN. Wer's Wenige nicht ehrt, ist's Mehrere nicht wert. Doch nichts mehr über diesen Gegenstand, er ist zu subtil, um ihn lange zu besprechen. Wir sind jetzt sieben Jahr in diesem Haus, ich hab dir diese Sachen geschafft, folglich kann ich s' auch wieder an mich reißen, ich hab sie wollen von hier wegschicken.

MARIANDL. Wohin?

FLORIAN. Nach Judenburg. Kurz, ich hab sie wollen an einen polnischen Juden verkaufen, um unserm jungen Herrn für den Augenblick aus seiner Verlegenheit zu helfen. Wir sind seine zwei einzigen Dienstboten, wir müssen ihm einmal zugetan sein.

MARIANDL. Aber Florian, schau, was treibst? Warum hast denn mir nichts gsagt, so hätten wir Mittel gmacht. Von der Pistolen hast ihm auch den Hahn heruntergschrauft, er hat mich gfragt, wo er hingekommen ist.

FLORIAN. Den Hahn? Hättst du gsagt, du hast ihn abgestochen, weil du keine Hendel mehr ghabt hast.

MARIANDL. Na, jetzt bin ich schon wieder ruhig! Pack nur die Kleider zusammen, der Herr kommt.


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 82-84.
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