Dreiundzwanzigster Auftritt


[94] Kurze Gegend, mit Schnee bedeckt, vor Eduards Hause. Man hört eine Musik mit Posthornbegleitung die das Anfahren eines Postwagens ausdrückt. Kolibri, als Postillon gekleidet, fährt in einer Postkalesche, mit zwei russischen Füchsen bespannt, an, er bläst sein Posthorn, steigt ab, schnallt mit der Peitsche und strampft mit dem Fuße vor der Haustür.


KOLIBRI. Mordkreuztausend Bataillon! Die Schnellfuhr ist da, aufgemacht! Klopft an die Haustür.

EDUARD kommt aus dem Hause in einem grünen Oberrocke mit Pelz ausgeschlagen. Ah mein kleiner Wagenlenker, schon hier? Bravo! Das heiß ich Wort halten!

KOLIBRI. Ja, bei uns geht alles auf der Post. Es ist ja spät, sonst fahren wir in die Nacht hinein.

EDUARD ruft. Florian, tummle dich!

FLORIAN von innen. Komm schon! Tritt ein, reisefertig, einen Livreefrack und einen warmen Spender darüber. Fäustlinge, eine Reisemütze. Er trägt mehrere Schachteln, zwei Parapluies, einen Stiefelknecht, einen Bettpolster und eine Kaffeemühle in den Armen. Alles in der Ordnung!

EDUARD lacht. Du verdammter Kerl! Was hast du dir alles aufgeladen? Wirst dus gleich zurücklassen? Du siehst ja aus wie ein Packesel!

FLORIAN. Ich muß doch das Notwendigste mitnehmen.

KOLIBRI. Gleich laß es zurück! Bist du nicht allein schwer genug mit deinem Plutzerkopf?

FLORIAN. Wegen meiner! Wirft die Sachen ins Haus. Das wird eine schöne Reise werden, nicht einmal einen Koffer, und der Postknecht! sein Posthörndl ist größer als er, den verlieren wir unterwegs.


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 94-95.
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