Zweiter Auftritt

[572] Voriger. Gärtner mit einer Gießkanne, er ist phlegmatisch und etwas roh.


FLOTTWELL. Guten Morgen!

GÄRTNER sieht ihn verdächtig an. Guten Morgen. Für sich. Muß doch den großen Hund von der Kette loslassen, weil gar so viel Gesindel immer kommt.[572]

FLOTTWELL. Mein lieber Freund, wollt Ihr so gut sein, mir zu sagen, wie Euer gnädger Herr wohl heißt und wie lang er dieses Schloß besitzt?

GÄRTNER. Ihr wollt ihn wohl um etwas bitten?

FLOTTWELL. Ich wünsche ihn zu sprechen.

GÄRTNER für sich. Scheint doch nicht, daß er etwas stehlen will. Laut. Es mag jetzt ohngefähr zwölf Jahre sein. Rechnet nach. Der Flottwell hats gebaut, der wischt nach England durch. Da kaufts ein Graf, der starb, und dann nahms unser Herr, und der wirds wohl auch bis an seinen Tod behalten.

FLOTTWELL. Seid Ihr schon lang in seinem Dienst?

GÄRTNER. Ziemlich lang, aber gestern hat er mich persönlich abgedankt –

FLOTTWELL. Wie tituliert man ihn?

GÄRTNER unbedeutend. Herr von Wolf –

FLOTTWELL. Von Wolf? Von der Familie hab ich nie gehört.

GÄRTNER. Ja mit der Familie ists auch nicht weit her. Er war des Flottwells Kammerdiener.

FLOTTWELL rasch. Mein Kammerdiener? Faßt sich. Nicht doch –

GÄRTNER macht große Augen. Was fällt Euch ein? Für sich. Der Mann muß nicht in Ordnung sein? Deutet aufs Hirn. Jetzt will der Lump gar einen Kammerdiener haben. Laut. Bei Flottwell, sagt ich, der in Amerika gestorben ist.

FLOTTWELL. Da hat Euer Herr vermutlich eine sehr große Erbschaft gemacht?

GÄRTNER. Nichts hat er gemacht! Den Flottwell hat er tüchtig übers Ohr gehauen. Da kommt sein Reichtum her. Der war so dumm und hat ihn noch dafür beschenkt. Hat ihn gehätschelt, und Unserer hat ihn dann brav ausgelacht und sagt ihm noch im Tod nichts Gutes nach. So gehts den jungen Herrn, die nur vertun, und nichts verdienen können. Da hängen sie den Schmeichlern alles an, die andern Leute sind nicht ihresgleichen, und wenn sie in die Not dann kommen, lacht sie alles aus. Gibt ihm Tabak. Wollt Ihr eine Prise nehmen?[573]

FLOTTWELL. Ich danke! Nach einigem Nachdenken. Ich will ihn dennoch sprechen!

GÄRTNER. Nun wenn Ihr ihn in guter Laune findet, vielleicht schenkt er Euch etwas. Greift in den Sack. Ich will Euch auch auf ein Glas Branntwein geben.

FLOTTWELL spöttisch. Ihr seid zu gut. Ich bin Euch sehr verbunden.

GÄRTNER. Ei, seht einmal! Wenn man ein armer Teufel ist, da muß man jeden Groschen nehmen. Doch Ihr werdet wohl am besten wissen, wie Ihr mit Eurer Kassa steht.

FLOTTWELL. Ich dank Euch sehr für Euren Unterricht. Mich wundert aber, daß Ihr das so alles ungescheut von Eurem Herrn erzählt.

GÄRTNER. Früher hätt ich nichts gesagt. Jetzt geh ich aber so in einigen Tagen fort. Da liegt mir nichts mehr dran!

FLOTTWELL. Sagt mir nur eins noch: Ist Herr von Wolf im Besitze dieses ungerechten Gutes glücklich!?


Das Tor öffnet sich.


GÄRTNER. Ob der wohl glücklich ist? Da schaut ihn an und überzeugt Euch selbst.


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 572-574.
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