Auf eine Rasenbank

[121] Nach dem Französischen des Chevalier Parny.


Wien im April 1783.


Lieblichste von allen Blumenstätten,

Thron der Lust, erbaut von Amoretten,

Opferherd der Liebesköniginn!

Mit Entzücken, o geweihte Stelle,

Wall' ich Tag für Tag zu jener Quelle

Grünem Rand, dich zu bethauen, hin.


Du gewährst mir, wenn ich manches süsse

Stündchen hier in Klärchens Arm geniesse,

Treue Dienste, holde Rasenbank!

Wenn der heisse Mittag flammt, so schwinge

Zephyr sich herab zu dir, und bringe

Angenehme Kühlung dir zum Dank.
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Schmiege sanft, o üppig Grün, dich nieder

Unter Klärchens Reitz, doch hebe wieder

Dich empor nach süssgepflogner Ruh!

Lass den Spähern, die mein Glück beneiden.

Keine Spuren unsrer süssen Freuden!

Niemand wisse sie, als wir und du?

Quelle:
Joseph Franz Ratschky: Gedichte, Wien 1791, S. 121-123.
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