Fünfter Auftritt.

[197] Vorige. Schönburg ist während des Letzten eingetreten.


SCHÖNBURG. Guten Abend, Herr Director.

WITTE. Ergebenster – – –

SCHÖNBURG stellt sich, als ob er Löwenklau plötzlich erkenne, und wirft sich ihm an den Hals. Mein theurer junger Freund, sein Sie mir von Herzen gegrüßt. Aber um des Himmels willen, wie kommen Sie hier her?

LÖWENKLAU. Was? wollt Ihr Flöte spielen, Güldenstern?

SCHÖNBURG. Ja! ja! es ist ein goldener glücklicher Stern, der uns zusammenführt. Er umarmt ihn, und sagt ihm dabei heimlich. Ich will Sie frei machen junger Freund. Laut. Sagen Sie mir, Theuerster wie befindet sich Se. Excellenz der Herr Minister, Ihr verehrungswürdiger Oheim? Ist Ihre huldreiche Tante, die Frau Generalin Excellenz noch in hohem Wohlsein? O wie verlangt mich, diese Trefflichen wieder zu sehen! Er zieht den höchst erschrockenen Director bei Seite. Sagen Sie mir um Gottes willen,[198] was haben Sie mit dem jungen Mann vor? Sie haben ihn verhaften lassen, den leiblichen Schwestersohn des Polizei-Ministers und der einflußreichen Generalin Stromeck?

WITTE. Gott kennt mein Herz, und weiß daß ich nichts davon wußte. Die Frau Baronin – –

SCHÖNBURG. Ich weiß alles. Eine heillose Geschichte! Aber meiner Nichte wird ja anders zu helfen sein. Wollen Sie sich deswegen die härtesten Verweise zuziehen, ja, Ihr Amt aufs Spiel setzen? Guter Gott! ich sehe Sie schon abgesetzt.

WITTE. Ich beschwöre Sie, sehen Sie mich nicht abgesetzt. Rathen Sie mir, würdigster Gönner, was soll ich thun?

SCHÖNBURG. Sich mit dem jungen Mann versöhnen, ihn sogleich frei lassen.

WITTE. Sogleich. Er nähert sich Löwenklau. Gnädiger Herr, wenn irren menschlich ist, und wenn ein hohes Ministerium christlich-billigerweise nicht verlangen kann, daß ein Stadtdirector für 800 Thaler[199] jährlich mehr als ein Mensch sein soll, so ergiebt sich, daß auch ein Stadtdirector irren kann, und sein Irren nicht minder als jedes andere verzeihlich ist. Ich bitte Sie meines Irrthums wegen untertänigst nm Verzeihung. Ihre Freiheit zu beschränken ist mir nie eingefallen. Gott behüte eine Freiheit zu beschränken, von der man so trefflichen Gebrauch macht! Wenn Sie noch morgen unserer Stadt Ihre schätzbare Gegenwart gönnen, so bitte ich mir die Ehre aus, Sie morgen auf eine Mittagssuppe – –

LÖWENKLAU.

Ha Caliban! Du scheußlich Ungeheuer!

Da du entstandst, war schläfrig die Natur,

Und nahm 'ne Masse, zu 'nem Vieh bestimmt,

Und warf sie gähnend in die Menschenform.

Was redest von Irrthum Du? Du bist ein Irrthum;

Und könnt ein Irrthum irren, Wahrheit gäb's;

Du bist mit Lügenschmutz nur angethan:

Drum Hohn und ew'ge Schmach Dir Caliban!

WITTE. Sehr wohl; haben Sie nur die Gewogenheit mich Sr. Excellenz, dem verehrungswürdigsten Herrn[200] Oheim, und andern verehrungswürdigsten hohen Anverwandten untertänigst zu empfehlen.


Während dieser Rede reicht Löwenklau Schönburgen die Hand und geht dann, von Witten bis an die Thür begleitet, gravitätisch ab.


Quelle:
Ernst Raupach: Dramatische Werke komischer Gattung. Hamburg 1829, S. 197-201.
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