Scena II

[32] Fidele und Cleander.


FIDELE. Sieh da, Monsieur Cleander, nun wie steht's? Hat Er unser Haus-Frauenzimmer besucht?

CLEANDER. Ich komme gleich itzo von sie her.

FIDELE. Nun, wie gefallen sie Ihn?

CLEANDER. Ich hätte sie mir verständiger eingebildet.

FIDELE. Sie wollen aber welche mit von den klügsten sein.

CLEANDER. Narren mögen sie sein, kann man doch kein klug Wort mit sie reden.

FIDELE. Das sagen andere Leute auch, allein ich habe sie immer defendiert und gesagt, wenn sie groß würden, so würde sich der Verstand schon finden.

CLEANDER. So, vermeint Er? Sie sollen noch größer werden?

FIDELE. Ich vermeinte, weil ich noch klein wäre, so könnten sie ja auch nicht gar groß sein.[32]

CLEANDER. Er ist mir wohl einer.

FIDELE. Wenn Monsieur noch einen Tag in Plißine bleibet, so soll es was Artiges zu lachen setzen.

CLEANDER. Nein, ich muß itzo gleich fort. Hat derselbe was nach Marburg zu bestellen, so will ich's Ihn ausrichten.

FIDELE. Es wird ja nicht sein Ernst sein, daß Er fort will?

CLEANDER. Ich habe einen Brief bekommen, drum muß ich schleunigst fort.

FIDELE. Es würde Ihn nicht gereuen, wenn Er dabliebe.

CLEANDER. Ein andermal. Ist es was Kuriöses oder Lächerlichs, so bitte mir solches schriftlich zu melden.

FIDELE. Es soll einen artigen Spaß setzen.

CLEANDER. Ich gestehe es, ich möchte ihn gerne mit ansehen, allein so läßt sich's vor diesesmal nicht tun. Er lebe wohl, und wenn Ihn sein Weg nach Marburg trägt, so nehme Er das Logier bei mir.

FIDELE. Es soll geschehen, und sobald der Spaß, welcher itzo unter Händen, wird glücklich abgelaufen sein, so soll Monsieur alles ausführlich mit der Post haben.

CLEANDER. Es wird mir lieb sein, adieu!

FIDELE. Serviteur Monsieur glückliche Reise. Gehen an unterschiedenen Orten ab.


Quelle:
Christian Reuter: Werke in einem Band. Weimar 1962, S. 32-33.
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