Scena IV

[86] Cratippo, Lorentz.


CRATIPPO. Ich kann das Ding unmöglich glauben.

LORENTZ. Ja, ja, Herr Doktor, glaubt's doch nur, sie ist sterbenskrank.

CRATIPPO. Ihr habt aber gesehen, daß das Wasser in coctione ganz hell und klar schiene und nach des Galeni und Hippocratis Meinung ganz keine Krankheit zu spüren sei.

LORENTZ ad Spectat. Wenn ich nur das rechte Wasser[86] nicht hätte lassen in den Dreck laufen. Was gilt's, der Herr Doktor Cratippo würde anders schwatzen. – Aber Herr Doktor, ich dächte, man hätte doch zum wenigsten aus der Tinktur sehen können, wie der Patient im Leibe beschaffen sein müßte.

CRATIPPO. Habe ich's Euch doch sattsam in meinem Hause gezeiget, daß derselbe Mensch etwas zu viel getrunken.

LORENTZ. Es kann was dran sein.

CRATIPPO. Und etwas Erschröcknüs gehabt.

LORENTZ. Es kann auch sein, wie der Kammerdiener in Dreck fiel.

CRATIPPO. Item, daß mit der Zeit ein Fieber draus entstehen könnte, wenn der Magen mit unverdaulicher Speise sollte beschweret werden.

LORENTZ. Es ist gut, daß ich's weiß, so darf ich nicht mehr so viel rohe welke Rüben essen. Zum Doktor. Aber will denn der Herr Doktor nicht mit hingehen, damit er den Patienten nur selbst sieht?

CRATIPPO. Ich hoffe, es wird nicht nötig sein.


Quelle:
Christian Reuter: Werke in einem Band. Weimar 1962, S. 86-87.
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