Aus der Kundenkunde

[400] Die Kunden kommen und gehn,

Großeltern, Eltern und Kind.

Doch wenn es schlimme sind,

Dann bleiben sie lange stehn;

Die Sekundenkunden

Sind noch nicht erfunden.


Die Kunden kaufen und zahlen,

Doch manche wollen nur Waren besehn,

Sich orientieren. Man nennt sie

»Sehleute« und »Orientalen«;

Der fleißige Kaufmann kennt sie.


Es stottern und feilschen die Kunden

Und schwatzen und lassen sich stunden.[400]

Und stehlen sogar. Dagegen stiehlt nie

Die aristokratische Kleptomanie.


Der lockere Kunde von Beruf

Hat meistens einen Pferdehuf.


Wer seinen Kunden kündigt

Und meint, es ginge so: allein,

Selber sein eigener Kunde zu sein,

Der wird leicht vom Schicksal entmündigt.

Quelle:
Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk in sieben Bänden. Band 1: Gedichte, Zürich 1994, S. 400-401.
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