Tauflied

[256] O welch ein unvergleichlichs Gut

Gibst du, Herr, deinen Kindern:

Das Wasser und zugleich dein Blut

Verehrest du den Sündern!

Drei Dinge sind, welch' allermeist

Auf Erden Zeugnis geben:

Das Blut, das Wasser und der Geist.

Die können uns erheben

Zu deinem Freudenleben.

Dieß Sacrament ist selbst durch dich

Geheiligt und beschlossen,

Daß wie du, Herr, bist sichtbarlich

Mit Wasser ganz begossen[256]

Im Jordan durch Johannes Hand:

So sol auch uns rein machen

Dein heiligs Blut, das theure Pfand,

Das lauter Himmelssachen

Kan würken in uns Schwachen.

Du hast uns durch dieß Sacrament

Der Kirchen inverleibet,

Also, daß man uns Christen nennt

Und in dein Buch itz schreibet;

Dieß Wasserbad hat uns im Wort

Auch rein gemacht von Sünden.

Dein guter Geist der wol' hinfort

Die Herzen recht entzünden

Und Lieb' in ihnen gründen!

Wir sind, Herr, in dein Gnadenreich

Durch diesen Bund gesetzet,

Der uns an Leib und Seel' zugleich

Recht inniglich ergetzet;

Du hast uns durch dieß reine Bad

So trefflich schön bekleidet,

Daß auch hinfort von deiner Gnad'

Uns selbst der Tod nicht scheidet

Noch alles, was uns neidet.

Aus Höllenkindern sind wir schon

Der Gnaden Kinder worden;

Dieß ist der Christen schönste Kron'

Und Schmuck in ihrem Orden.

Ja, Christus selber und sein Blut,

Sein Tod und Sieg daneben,

Ist nunmehr unser eignes Gut,

Das er uns hat gegeben,

Mit ihm dadurch zu leben.

Er hat uns auch das Kindesrecht

Der Seligkeit geschenket;

Durch solches ist die Sünde schlecht

Ins tiefe Meer versenket.

Was können Teufel, Hölle, Tod,

Welch' uns stets widerstunden,

Weil Jesus Christus alle Not[257]

Samt ihnen überwunden?

Nun ist das Heil gefunden!

Herr, laß uns doch, den Reben gleich,

Auch gute Früchte bringen

Und aus der Welt nach deinem Reich'

Im Glauben eifrig ringen;

Laß uns durch wahre Reu' und Buß'

Auch täglich mit dir sterben,

Demnach der alte Adam muß

Bis auf den Grund verderben,

Sol man dein Reich erwerben.

Hilf, daß wir diesen Gnadenbund

Der Taufe nie vergessen,

Und sich kein freches Herz noch Mund

Zu schmähen ihn vermessen;

Die Taufe muß in Angst und Pein,

Ja, wenn wir gehn von hinnen,

Herr, unser Trost und Freude sein;

Das heißt der Welt entrinnen,

Den Himmel zu gewinnen.

Quelle:
Johann Rist: Dichtungen, Leipzig 1885, S. 256-258.
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