Der jenigen, welche auff der See oder zu Wasser fahren, daß sie der getreüer Gott für allem Unglükke bewahren und hernachmahls an Leib und Gühtern wolbehalten, frisch und gesund zu dem erwünscheten Ohrte wolle kommen lassen.
1.
Almächtiger und starker Gott,
Du herlicher Herr Zebaoth,
Dem Himmel, Erde, Meer und Gluht
Zu Dienste stehn mit freien Muht':
2.
Ich weiß ja, daß auch Luft und Wind
Zu deinem Dienst erschaffen sind;
Wenn du befiehlest, so geschichts,
Dir darff sich widersetzen nichts.
3.
Ach Herr, wenn Ich es recht betracht',
Ob nicht die Winde sind gemacht
Auch theils zur Rach', erschrekk' Ich sehr,
Ja weis Mich kaum zu trösten mehr.
4.
Die Wellen brausen weit und breit,
Die Winde sausen auch zur Zeit;
Bald werden wir mit Furcht gewahr,
Wie sich vergrössert die Gefahr.
5.
Wir hören deinen Zorn und Grimm:
Du aber merk' auf unsre Stimm'
Und hilf, so bald die Wassersnoht
Uns dräuet den so nahen Tod.
6.
Bewahr', O Vater, gnädiglich,
Welch' auf dem Meer itz finden sich:
Erhalte sie samt Schiff und Guht,
Stärk' ihnen den verzagten Muht.
7.
Gebeüt den Winden, Luft und Meer,
Daß sie nicht toben so gefehr:
Wend' allen Schaden gnädigst ab,
Daß nicht die Tieff' heiss' unser Grab.
8.
Verleih' uns aus Barmhertzigkeit
Bequehmen Wind und schöne Zeit:
Den Sturm laß bald fürüber gehn
Und uns ein lieblichs Wetter sehn.
9.
Durch deine Hülff' und Gegenwahrt
Befodre gnädig unsre Fahrt:
Laß unsern Lauff, Herr, sicher sein,
Begleit' uns in den Port hinein.
10.
Verzeih' immittelst alle Schuld,
Behüht' uns auch für Ungedult
Und gib uns doch zu dieser frist
Das, was uns nütz und selig ist.
11.
Sei du der Schiffer, Steürman, Held
Und mach' es bloß, wie dirs gefällt,
Doch führ' uns durch die Fluhten schnel,
Wie dort die Kinder Israel.
12.
Nun, lieber Vatter, wirst du bald
Auch uns befreien dergestalt,
Daß wir gesund zu Lande gehn
Und den erwünschten Haven sehn,
13.
So sol dir unser Hertz und Mund
Lobsingen auch zur selben Stund'
Und beides zeit- und ewiglich
Für solche Wolthat preisen dich.
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