Hertzliches Lob- und Danklied, In welchem Gott von gantzer Seele wird gepriesen, daß Er unser Gebeht so gnädig hat erhöret

[278] 1.

Ich wil den Herren loben,

Sein herrlichs Lob sol immerdar

In Meinem Mund' erhoben

Sich hören lassen offenbahr.

Mein Seelichen sol preisen

Des Höchsten Liebethat

Und dem viel Danks erweisen,

Der Mich errettet hat.

Komt, lasset uns erhöhen

Den grossen Wunderheld:

Sein theürer Ruhm muß gehen

Durch alle Theil der Welt.


2.

Als Ich den Herren suchte

In Meiner Noht und schier für Pein

Mein Leben gantz verfluchte,

Da wolt' Er plötzlich bei Mir sein.

Denn die, welch' ihn anlauffen

Mit Ernst, verderben nicht:

Er zeigt dem schwachen Hauffen

Sein gnädigs Angesicht.

Ach schmekket doch und schauet,

Wie gühtig daß Er ist.

Wol dem, der Ihm vertrauet

Und seiner nie vergisst!
[278]

3.

Der Herr hat nicht verschmähet

Des Armen Elend und Gefahr,

So bald Er angeflehet

Sein' Hülff' und Rettung immerdar.

Er schauet den Elenden,

Den Wäisen hilfft Er gern,

Kan Ihre Trübsahl wenden,

Sein Beistand ist nicht fern.

Er liebet ohne Wanken,

Thut guhtes für und für;

Drüm wil Ich Ihm auch danken

So lang' Ich leb' allhier.


4.

Man lobt dich in der Stille,

Du hocherhabner Zions-Gott;

Des Rühmens ist die Fülle,

Für dir, du starker Zebaoth.

Du bist doch, Herr, auff Erden

Der Frommen Zuversicht,

In Trübsahl und Beschwehrden

Läst du die Deinen nicht.

Drüm sol dich stündlich ehren

Mein Mund für jederman

Und deinen Ruhm vermehren,

So lang' er lallen kan.


5.

Es müssen, Herr, sich freüen

Von gantzer Seel und jauchzen schnell,

Welch' unaufhörlich schreien:

Gelobt sei der Gott Israel.

Sein Name sei gepriesen,

Der grosse Wunder thut

Und der auch Mir erwiesen

Das, was Mir nütz und guht.

Nun diß ist Meine Freüde,

Daß Ich an Ihm stets kleb'

Und niemahln von Ihm scheide,

So lang' Ich leb' und schweb'.


6.

HERR, du hast deinen Namen

Sehr herrlich in der Welt gemacht,

Denn als die Schwache kamen,

Hast du gahr bald an sie gedacht.

Du hast Mir Gnad' erzeiget:

Nu, wie vergelt' Ichs dir?

Ach bleibe Mir geneiget,

So wil Ich für und für

Den Kelch des Heils erheben

Und preisen weit und breit

Dich hier, Mein Gott, im Leben

Und dort in Ewigkeit.


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 2, Hildesheim 1964, S. 278-279.
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