Sant Peter mit dem landsknecht

[291] In dem spiegelton des Erenboten.


9. april 1550.


1.

Die weil sant Peter hie noch ging auf erden

und prediget durch alle lant,

wie man möcht selig werden,

ein mal kam zu im ein landsknecht,

der auf dem lant tet garten,

Der sprach: »Peter, wiltu mit mir burschieren?

ich wil garten in jenem dorf,

so tu du predizieren

und nim auch ein das opfergelt;

tu im wirtshaus mein warten.

Was du erschindst, gib halber mir,

was ich ergart, teil ich mit dir.«

»ja wol!« tet Petrus sagen.[291]

der landsknecht tet dem dorf eilent zulaufen.

die bauren heten kirchweich do

mit freßen und mit saufen.

da ergart er beid ermel vol,

das sie gleich teten ragen.


2.

Im dorf lag der schultheiß am fieber eben,

den machet sant Petrus gesunt;

der tet zu lon im geben

dreißig gulden, ein käs darzu;

des tet er im danksagen.

Der landsknecht kam zu im in das wirtshause,

bachen, fleisch, küchlein, eir und brot

zug er gar balt herause,

sprach: »Peter, das hab ich ergart;

was hat dein predig tragen?«

Sant Peter zog herfür den käs,

der landsknecht war mit worten räs:

»hast nur den käs gewunnen?«

sant Peter sprach: »wirt, uns ein hünlein brate,

da wöl wir uns beid letzen mit.«

der landsknecht heimlich trate

int kuchen und die leber fraß

vom hun gar unbesunnen.


3.

Als man das hun bracht, das sies solten eßen,

sprach Petrus zum landsknecht: »mich dunkt,

du habst die leber gfreßen.«

der landsknecht schwur marter und kraft,

er het ir nit gesehen.

Sant Peter die dreißig gulden raus zuge

und machet drei haufen daraus,

allmal zehen zam schluge,

sprach: »nem ein teil und ich ein teil!«

do tet der landsknecht jehen:[292]

»Wes ist der dritt teil?« er sprach: »das

ist des, welcher die leber fraß.«

erst schwur der landsknecht sere,

er het die leber freßen in der kuchen,

und raspet das geltling zusam

mit schweren, gschrei und buchen.

seit glaubt Petrus keim landsknecht mer,

wie ser er fluch und schwere.

Quelle:
Hans Sachs: Dichtungen. Erster Theil: Geistliche und weltliche Lieder, Leipzig 1870, S. 291-293.
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