Dritter Band.

Fortsetzung der Geschichte Jeromes.

Das erstemal, da man sich allein befindet, nachdem man recht lange zu Zweit war, scheint es, als ob dem Dasein etwas fehle. Die Toren halten das für die Wirkungen der Liebe; sie täuschen sich. Der Schmerz, den man durch diese Leere empfindet, ist nur die Wirkung der Gewohnheit, die durch eine entgegengesetzte Gewohnheit schneller schwindet als man denkt. Am zweiten Tage meiner Reise dachte ich schon nicht mehr an Josephine; wenn ihr Bild in meinen Gedanken auftauchte, so geschah es mit der Empfindung einer Art grausamen Vergnügens, das viel wollusterregender war als das der Liebe oder des Zartgefühls. »Sie ist gestorben,« sagte ich zu mir, »gestorben unter entsetzlichen Qualen, und ich war es, der ihr diese verursacht hat.« Dieser köstliche Gedanke rief dann solche Freudenausbrüche in mir hervor, daß ich mich häufig genötigt sah, halten zu lassen, um meinen Postillon von hinten zu bearbeiten.

Ich befand mich in der Umgebung von Trient, ganz allein in meinem Wagen, auf dem Wege nach Italien, als eine dieser Regungen der Sinnlichkeit mich im gleichen Augenblicke ergriff, da ich im Walde, den wir durchquerten, Jammerlaute vernahm. »Halt!« sagte ich zum Postillon. »Ich möchte die Ursache dieses Geschreies wissen. Entferne dich nicht und gib auf meinen Wagen acht.« Ich dringe, die Pistole in der Hand, in den Wald und entdeckte endlich in einem Gestrüpp ein fünfzehn oder sechszehnjähriges Mädchen, das mir ausnehmend schön schien. »Welches Mißgeschick betrübt Sie, mein schönes Fräulein?« fragte ich, an sie herantretend. »Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?« – »Ach nein, nein, mein Herr,« erwiderte sie, »es gibt kein Mittel gegen die Schande; ich bin eine Verlorene; ich erwarte nur den Tod, um den ich Sie bitte.« – »Aber, Fräulein, wenn Sie so gut wären, mir zu erzählen ....« – »Sie Sache ist ebenso einfach wie grausam, mein Herr. Ein junger Mann verliebt sich in mich; dieses Verhältnis mißfällt meinem Bruder; der Barbar mißbraucht die Autorität, die der Tod unserer Eltern ihm verleiht; er entführt mich und läßt mich nach schrecklichen Mißhandlungen in diesem Walde zurück, indem er mir unter Androhung des Todes verbietet, jemals wieder in seinem Hause zu erscheinen:[203] dieses Ungeheuer ist zu allem fähig; er tötet mich, wenn ich heimkehre. Ach, mein Herr, ich weiß nicht, was aus mir werden soll! Doch Sie bieten mir ja Ihre Dienste an .... Nun gut, ich nehme sie an. Bitte, helfen Sie mir bei der Aufsuchung meines Liebhabers; tun Sie das, mein Herr, ich beschwöre Sie darum. Ich kenne nicht Ihren Stand oder Ihr Vermögen; aber mein Geliebter ist reich und wenn Sie Geld benötigen, bin ich sicher, daß er es Ihnen für meine Wiedererlangung gerne geben würde.« – »Wo ist dieser Geliebte, Fräulein?« fragte ich eifrig. – »In Trient, kaum zwei Meilen von hier.« – »Weiß er etwas von Ihrem Erlebnis?« – »Ich glaube, noch nicht.« – Jetzt sah ich wohl, daß dieses schöne Mädchen, gegenwärtig ohne jeden Schutz, wenn ich es wollte, mir zu Willen sein müsse; aber ebenso geldgierig als lüstern, begann ich sogleich einen Plan zu schmieden, um gleichzeitig beide Gelüste zu befriedigen. »Wissen Sie nicht,« fragte ich zunächst die Unglückliche, »ob nicht ein Haus in der Nähe dieser Waldpartie ist?« – »Nein, Herr, ich glaube nicht.« – »Nun gut, verbergen Sie sich noch mehr im Gebüsch; rühren Sie sich nicht; schreiben Sie mit meinem Stift auf dieses Papier die drei Zeilen, die ich Ihnen diktieren werde; in einigen Stunden bringe ich dann Ihren Liebhaber.«

Ich diktierte dem hübschen Mädchen folgendes: »Ein wackerer Unbekannter wird es Ihnen ermöglichen, sich von meinem Unglück zu überzeugen; es ist furchtbar. Folgen Sie ihm, er wird Sie an den Ort geleiten, wo ich Sie erwarte; aber kommen Sie allein, ganz allein; das lege ich Ihnen sehr ans Herz; warum, werden Sie bald erfahren. Wenn zweitausend Zechinen Ihnen nicht zu gering scheinen als Belohnung für den Mann, der uns vereinigt, so bringen Sie sie mit, um sie ihm vor mir zu verabfolgen. Sie können mehr bringen, wenn Ihnen die Belohnung zu mäßig scheint.«

Die schöne Mißhandelte, die Héloise hieß, unterzeichnete das Billet; ich begab mich sodann rasch in meinen Wagen und trieb den Postillon zur schnellen Fahrt an; ich ließ ihn halten vor der Türe des jungen Alberoni, des Geliebten Héloisens. Ich überreichte ihm den Brief. »Zweitausend Zechinen!« schrie er, mich umarmend, »zweitausend Zechinen für Nachrichten vom Teuersten, was ich auf Erden habe! Nein, nein, mein Herr, das ist nicht genug, hier haben Sie das doppelte! Gehen wir, ich beschwöre Sie darum. Ich erfuhr soeben das Verschwinden meiner Geliebten und den Zorn ihres Bruders; aber ich wußte nicht, wohin meine Schritte lenken, um sie zu finden; Sie weisen mir den Weg, wieviel Dank schulde ich Ihnen dafür! Fahren wir, mein Herr, und gehen wir allein, da sie es so verlangt.« Jetzt zügelte ich aber den Uebereifer des jungen Mannes.[204] um ihn darauf aufmerksam zu machen, daß er wegen der Erbitterung des Bruders Héloisens das Mädchen nicht nach Trient zurückbringen dürfe. »Nehmen Sie soviel Geld mit als möglich,« sagte ich ihm, »verlassen Sie das Gebiet dieser Stadt und verbinden Sie sich für immer mit Ihrer Geliebten. Denken Sie gut darüber nach, mein Herr, denn der entgegengesetzte Weg wird ihren ewigen Verlust für Sie bedeuten.« Alberoni, von meinen Erwägungen überzeugt, dankt mir; er stürzt eiligst in sein Gemach und rafft alles Gold und Geschmeide an sich. »Eilen wir jetzt,« sagt er zu mir. »Ich habe die Mittel, ihr ein Jahr lang in welcher Stadt Deutschlands oder Italiens immer ein glänzendes Leben zu ermöglichen; indessen kann man die Sache hier in Ordnung bringen.« Mit diesem weisen Entschluß zufrieden, billige ich ihn; meinen Wagen lasse ich in die Herberge einstellen, trotz der inständigen Bitten Alberonis, der ihn durchaus bei sich zu behalten wünschte. Dann eilen wir fort.

Héloise hatte sich nicht gerührt. »Unkluger« sagte ich zu Alberoni, während ich ihm die Mündung einer Pistole an die Schläfe setzte, ohne ihm die Zeit zu lassen, nur einen Laut auszustoßen, »wie konntest du die Dummheit begehen, den Händen eines dir Unbekannten deine Geliebte und dein Geld anzuvertrauen? Lege schnell alles, was du mit hast, her und trage in den Gluten der Hölle die ewige Reue über deine Unklugheit!« Alberoni will eine Bewegung machen; ich strecke ihn zu meinen Füßen nieder. Héloise fällt in Ohnmacht.

»Sapperlot!« sagte ich dann zu mir, »so wäre ich denn durch diese köstliche Missetat Herr eines reizenden Mädchens und einer netten Summe; jetzt wollen wir mal genießen.« Andere an meiner Stelle hätten vielleicht aus der Ohnmacht ihres Opfers Nutzen gezogen, um sich ihrer mit mehr Ruhe zu erfreuen; ich dachte ganz anders. Ich wäre verzweifelt gewesen, wenn diese Unglückliche nicht im Besitze aller ihrer Sinne gewesen wäre, um mich an ihrem Mißgeschick noch mehr erfreuen zu können. Meine wüste Phantasie ersann zu dem einige Ruchlosigkeiten; ich wollte sie den Leidenskelch bis zur Neige leeren lassen. Wenn man so weit geht, ein Verbrechen zu begehen, dann muß man es in dem erdenklich größten Umfang, mit raffiniertester Grausamkeit verüben.

Ich hielt meiner Héloise flüchtiges Salz unter die Nase; ich versetzte ihr Ohrfeigen und kniff sie. Da ich sie durch das alles nicht zu Bewußtsein brachte, so schürzte ich sie und kitzelte ihre Clitoris; auf diese wollüstige Empfindung hin schlug sie ihre Augen auf. »Schönes Kind,« sagte ich zu ihr, während ich einen feurigen Kuß auf ihren[205] Mund drückte, »nur ein wenig Mut: Sie brauchen ihn, um den weiteren Verlauf Ihres Unglücks ertragen zu können. Sie sind noch nicht am Ziel.« – »Ruchloser,« sagte das interessante Mädchen weinend, »was willst du denn noch? Welche neue Qualen stehen mir denn noch bevor? Ist es denn nicht genug, mein Vertrauen mißbraucht zu haben, um mir alles zu rauben, was ich liebe? Drohest du mir nur mit dem Tode, dann beeile dich, ihn mir zu geben; vereinige mich rasch mit dem angebeteten Gegenstande meiner Liebe; für diesen Preis verzeihe ich dir deine Untat.«

»Dem Tod, nach dem du dich sehnst, mein Engel,« antwortete ich, indem ich sie zu betasten begann, »wirst du ganz sicher nicht entgehen; aber es müssen ihm einige Demütigungen und Grausamkeiten vorangehen, denn ohne diese dir den Tod zu geben, würde mir meinen Genuß verkürzen.« Aber da während dieser Worte meine Hände, die beständig herumwühlten, meinen gierigen Blicken Schenkel von blendender Weiße und schöner Rundung darboten, machte ich dem Gespräch ein Ende und handelte nur mehr. Die Gewißheit, die Erstlinge eines so schönen Mädchens pflücken zu können, ließ mich an eine Art des Angriffs denken, die mir sonst nie in den Sinn gekommen wäre. Gott! In welche Schwierigkeiten, in welche Hitze, in welches Entzücken versetzte mich dieser Sieg! Die Art, wie ich ihn errang, verlieh ihm noch mehr Würze. Ein alabasterweißer Hals bot sich mir dar; in dem Zustand, in dem ich mich befand, war ich mehr zu Mißhandlungen als zu Liebkosungen geneigt, darum biß ich und drückte ich sie, anstatt sie zu küßen. Welch wunderbares Phänomen! Héloise unterliegt trotz ihres Schmerzes dem Gefühle des Entzückens, das zu empfinden ich sie zwinge; sie entleert sich. Nun entfacht nichts auf der Welt das Gefühl wolllüstiger Raserei in mir so stark, als wenn ein Weib meinen Genuß teilt. »Elende Dirne!« schrie ich, »du wirst für deine Kühnheit büßen!« Damit drehte ich sie heftig um und setzte mich in den Besitz des denkbar reizendsten Hintern. Mit einer Hand schiebe ich die Backen, auseinander, mit der anderen führe ich mein Glied ein und nun sodomisiere ich drauf los. Götter; Welch ein Vergnügen bereitet sie mir! Ich verursachte ihr Schmerzen; sie wollte schreien, da preßte ich ihr ein Taschentuch auf den Mund. Doch störte diese Vorsicht den Akt und mein Glied glitt heraus. Ich begriff, daß ich mein Opfer aufheben und auf eine Unterlage stützen müsse. Da legte ich sie auf den Leichnam ihres Geliebten und brachte die beiden in eine so gute Stellung zueinander, daß beider Mund sich berührte, sozusagen aufeinander klebte. Man kann sich das Entsetzen, den Schauder, die Verzweiflung nicht vorstellen, in[206] die diese meine Ruchlosigkeit mein Opfer versetzte. Wenig gerührt von den verschiedenen Regungen, die ihr Herz zerfleischten, machte ich aus meinem Taschentuch und meinen Strumpfbändern eine Fessel, mit der ich sie in dieser Stellung fixierte worauf ich mich ruhig wieder ans Werk begab. Götter! Was für Hinterbacken! Welche Rundung! Welche Weiße! Ich überhäufte sie mit Tausenden von Küßen; ich glaube dieses schöne Gesäß fressen zu müssen, bevor ich es bearbeite. Endlich dringt mein Glied hinein, aber mit solcher Geschwindigkeit, mit so wenig Achtsamkeit, daß das Blut über die Schenkel herabfließt. Nichts kann mich aufhalten; ich bin gut drin; ich wünschte ihren Mastdarm enger, meinen Penis viel dicker, um ihr so rechte Qualen bereiten zu können. »Nun, kleine Hure,« sagte ich, sie aus Lebeskräften reibend, »wird dich dieser zweite Genuß auch zur Entladung veranlassen?« Damit prackte ich heftig ihre Hinterbacken; ich kratzte sie; meine Hände fuhren nach vorne und rißen ihr grausam die Flaumhaare heraus, mit denen die Natur sie geschmückt hatte. Tausend grausame Gedanken wirbeln durch mein Gehirn. Ich verzögere schließlich meine Entladung, damit das Feuer, das jenes durchströmt, nicht erlösche. Ich erinnere mich des entsetzlichen Planes, den ich bezüglich des Leichnames der Frau de Moldane gefaßt hatte. Ich rufe mir all das ins Gedächtnis, was man mir über die entzückenden Genüsse an einem frisch getöten Leichnam gesagt hat, und gedenke der Verzweiflung, in die mich meine stürmischen Begierden einst stürzten, da sie mich verhindert hatten, dieses Verbrechen zu begehen. Ich ziehe mein Glied heraus, ich werfe verstörte Blicke auf Alberonis blutigen Körper; nun lasse ich seine Hosen herunter. Er war noch warm; ich bemerkte prächtige Hinterbacken und küße sie; mit meiner Zunge bahne ich mir den Weg, ich führe mein Glied ein und fühle mich so gut bei dem Experiment, daß mein Same unter den unsagbaren Ausbrüchen meines Entzückens sich ausgiebig in den After des von mir getöteten Liebhabers ergießt, während ich den Arsch seiner Geliebten, die ich auch bald morden werde, küße.

Héloisens Reize, ihre Verzweiflung, ihre Tränen, der Zustand von Angst, in den ich sie durch meine Drohungen versetzte; so viele Einwirkungen auf mein stahlhartes Herz brachten mich bald wieder in Erregung. Aber erfüllt von Raserei, schäumend vor wütender Geilheit, die unsere Sinne in so heftiger Weise aufpeitscht, vermag ich mich jetzt nur mehr durch Mißhandlungen zum Genuß anzuregen. Ich pflücke Zweige in dem Gestrüp, der uns umgibt; ich binde aus ihnen Ruten; ich entkleide das Mädchen vollständig und peitsche ihren ganzen Körper, ohne den[207] Hals auszunehmen, so grausam, daß ihr Blut sich bald mit dem aus den Wunden ihres Liebhabers fließenden vermengt.

Von dieser Barbarei übersättigt, ersinne ich ihrer neue; ich zwinge sie, die Wunden Alberonis zu lecken. Als ich aber bemerkte, daß sie mit einer Art Zartgefühl gehorchte, riß ich Dornen ab und rieb damit ihre empfindlichsten Körperteile; ich führe sie in ihre Scheide ein, ich zerreiße damit ihre Brüste. Schließlich schneide ich den Kadaver des Jünglings auf; ich reiße das Herz heraus, um damit das Gesicht meines Opfers zu beschmieren; ich zwinge sie, davon einige Stücke abzubeißen. Nun aber hielt ich's nicht mehr aus. Und der stolze Jérome, der soeben über zweier Menschen Schicksal entschieden hatte, mußte sich nunmehr dem Wunsche seines Gliedes fügen; noch nie hatte ich eine Erregung von solcher Heftigkeit verspürt. Da der Samenerguß drohte, so nötigte ich mein Opfer, das Glied ihres Liebhabers in ihren Mund zu nehmen und bearbeitete sie von hinten. Ich hielt einen Dolch in der Hand: ich behielt mir ihren Tod für den Moment meiner Entladung vor ... Er naht; ich schwelge voll Entzücken in dem wollüstigen Gedanken, mit dem göttlichen Feuer meines Ergußes die letzten Seufzer derjenigen, die ich bearbeite, zu vermengen. »Sie wird die furchtbarsten Dinge durchmachen,« dachte ich, indem ich sie aus Leibeskräften rieb, »während ich die süßesten Augenblicke erleben werde.« Das Entzücken bemächtigt sich meiner Sinne; ich packe sie mit einer Hand bei den Haaren, mit der anderen stoße ich fünfzehnmal meinen Dolch in ihren Busen, in ihren Unterleib, in ihr Herz. Sie stirbt, aber noch habe ich meinen Samen nicht ergossen. Damals, meine Freunde, empfand ich so recht, wie wunderbar die Ermordung des bearbeiteten Gegenstandes wirkt. Der Mastdarm meines Opfers verengte sich, zog sich zusammen, und zwar je nach der Heftigkeit der Stiche, die ich ihr versetzte; als ich aber ihr Herz durchbohrte, da war der Druck so heftig, daß mein Glied davon gerißen wurde. O herrlicher Genuß! er war der erste dieser Art, den ich empfand; aber wieviel Dank schulde ich ihm für die Lehre, die ich aus ihm zog, wieviel Nutzen habe ich seitdem aus ihm geschöpft! Ein Augenblick der Ruhe folgt auf so heftige Erregung; aber in einer solchen ruchlosen Seele, wie die meine ist, muß das Schauspiel des Verbrechens bald wieder die Begier anfachen. »Ich habe den Leichnam des Liebhabers geschändet,« sagte ich mir, »warum sollte ich nicht mit dem der Geliebten desgleichen tun?« Héloise war noch immer schön; ihre Bläße, die Unordnung ihrer schönen Haare, das Interesse, das die verstörten Züge ihrer bezaubernden[208] Physiognomie erregten, all dies versetzte mich wieder in Erektion; ich bearbeite sie ein letztesmal von hinten und entleere mich, während ich in ihr Fleisch beiße.

Nachdem der Rausch sich verflüchtigt hatte, raffte ich das Geschmeide und das Geld zusammen und entfernte mich, ohne meine Mißetat zu verabscheuen. Ha! hätte ich sie bereut, hätte sie mich seitdem so oft in Erregung versetzt? Nein, ich verabscheute es nicht, dieses köstliche Verbrechen; wohl aber bedauerte ich gar sehr, es nicht mit noch größerer Wucht verübt zu haben.

Ich begab mich in meinen Wagen und fuhr sofort nach Venedig. Da mir das Klima des Gebietes von Trient und der Charakter seiner Bewohner mißfielen, so entschloß ich mich für Sizilien. »Dort,« sagte ich mir, »ist die Wiege der Tyrannei und Grausamkeit; das, was die Dichter und Schriftsteller von der Wildheit der Inselbewohner in der Vorzeit erzählen, erweckt in mir den Glauben, daß ich einige Spuren ihrer Laster in den Nachkommen der Lästrygonen, der Cyklopen und Lotophagen wiederfinden werde.«14 Man wird sehen, ob ich mich getäuscht habe und ob die Priester, die Adeligen und die reichen Händler dieser herrlichen Insel nicht alles besitzen, was uns eine genügende Vorstellung von der Verderbtheit und Grausamkeit ihrer Vorfahren zu geben vermag. Mit diesem Plane durcheilte ich ganz Italien; außer einigen Akten der Wollust und mehreren heimlichen Untaten, die ich vollführte, um mich in Atem zu halten, ereignete sich nichts, was vergleichbar mit dem, was nun folgte, Eure Aufmerksamkeit in Anspruch zu nehmen verdiente.

Mitte September schiffte ich mich in Neapel auf ein hübsches kleines Kauffahrteischiff ein, das nach Messina segelte, auf dem mir der Zufall die Gelegenheit zu einem verbrecherischen Willkürakt bot, der ebenso merkwürdig als anregend war. Wir hatten bei uns eine Händlerin aus Neapel, die ihre Geschäfte nach Sizilien führten; sie nahm mit sich zwei reizende kleine Mädchen, deren Mutter sie war, die sie aufgezogen hatte und die sie so liebte, daß sie sich nie von ihnen trennen konnte. Die ältere mochte vierzehn Jahre zählen, hatte ein romantisches Gesicht, die schönsten blonden Haare und eine recht hübsche Gestalt. Die Reize ihrer um achtzehn Monate jüngeren Schwester waren ganz anderer Art; ihre Züge waren pikanter als die der anderen, dabei vielleicht weniger interessant, dafür[209] aber wollusterregender; kurz, sie besaß alles, was geeignet war, nicht gleich ihrer Schwester allmählich für sich zu gewinnen, sondern selbst das in Liebessachen störrigste Herz im Sturm zu erobern.

Kaum hatte ich diese beiden Mädchen bemerkt, als ich beschloß, sie zu opfern. Es wäre schwer gewesen, mir ihren Genuß zu verschaffen. Von ihrer Mutter vergöttert, beständig unter ihrer Aufsicht, war es nicht leicht, den Moment des Angriffs zu wählen. Es blieb mir also nichts anderes übrig als sie zu opfern; und der Genuß, den mir die Zerschneidung des Lebensfadens zweier so hübscher kleiner Wesen in Aussicht stellte, überwog den, sie mit den Annehmlichkeiten der Wollust vertraut zu machen. Meine Tasche, die stets fünf bis sechs Arten von Giften enthielt, bot mir mannigfache Möglichkeit, ihre Tage zu verkürzen. Aber meiner Meinung nach war der Streich nicht schmerzlich genug für eine zärtliche, ihre Tochter vergötternde Mutter; ich wünschte ihnen einen auffallenderen, unendlich rascheren Tod; der Schoß der Wellen, auf welchen wir fuhren, schien mir ein Grab, von dem ich sie lieber verschlingen lassen wollte. Die beiden jungen Mädchen besaßen die Unklugheit (ich war ganz verwundert, daß man sie daran noch nicht gehindert hatte) sich auf den Rand des Oberdecks zu setzen, während die Schiffsmannschaft Mittagsruhe hielt. Am dritten Tage unserer Reise ergreife ich die Gelegenheit; ich nähere mich ihnen; während sie sich mit den Armen umschlungen halten, hebe ich sie in die Höhe, hindere sie daran, sich mit ihren Händen an mir festzuhalten, und werfe sie kraftvoll in das salzige Element, das sie für immer begraben soll. Ich empfand einen so heftigen Reiz, daß ich meinen Samen in meine Hosen ergoß. Auf das Geräusch hin wird es lebendig; ich stelle mich, als ob ich meine Augen riebe und als ob ich erst die Opfer dieses Unglücks bemerkte; ich stürze zur Mutter hin: »Ach, Madame!« sagte ich ihr, »Ihre Töchter sind verloren!« – »Was sagen Sie?« – »Eine Unvorsichtigkeit ... sie befanden sich auf dem Oberdeck ... da fuhr ein Windstoß daher ... sie sind verloren, Madame! Sie sind verloren!« Man kann sich den Schmerz dieser Unglückseligen nicht vorstellen; nie schien mir die Natur beredter, pathetischer zu sein; und umgekehrt hatten mich nie wollüstigere Empfindungen durchströmt. Als die Frau ihrer Sinne wieder mächtig war, schenkte sie mir ihr ganzes Vertrauen. Sie wurde in einem schrecklichen Zustande ans Land gesetzt. Ich logierte in derselben Herberge. Da sie ihr Ende herannahen fühlte, übergab sie mir ihre Brieftasche und bat mich, diese ihrer Familie zu übergeben; ich versprach alles und hielt nichts.[210] Sechshunderttausend Francs, die in jener enthalten waren, waren eine genug beträchtliche Summe, um sie mir bei meinen Grundsätzen nicht entgehen zu lassen; die unglückliche Neapolitanerin, die den zweitnächsten Tag nach unserer Ankunft in Messina starb, ließ mich den Raub bald ruhig genießen. Ich muß gestehen, daß ich nur eines bedauerte: nämlich, nicht mit ihr vor ihrem Tode geschlechtlich verkehrt zu haben. Sie war noch schön, dabei sehr unglücklich, und hatte mir eine äußerst heftige Begierde eingeflößt; aber ich fürchtete ihr Vertrauen zu verlieren; bei dieser Gelegenheit, wo es sich nur um eine Frau handelte, trug die Habgier den Sieg über die Wollust davon.

Ich besaß keine anderen Empfehlungsschreiben in Messina als die Wechsel, mit denen ich mich in Venedig versehen hatte, wo ich die kluge Vorsichtsmaßregel getroffen hatte, mein bares Geld wegen der Wertschwankungen gegen sizilianische Papiere umzutauschen. Der Bankier, dem ich jene vorlegte, zeigte sich mir gegenüber höflicher als die Pariser den Sizilianern gegenüber, die sich mit dem gleichen Anliegen an sie wenden; überhaupt muß ich der vollendeten Urbanität aller fremden Kaufleute, mit denen ich zu tun hatte, alle Ehre widerfahren lassen. Ein Wechselbrief ist für sie ein Empfehlungsschreiben.

Ich legte meinem Bankier gegenüber das Verlangen an den Tag, mit den beträchtlichen Mitteln, die in meinem Besitze waren, mir ein Herrengut zu kaufen. »Das feudale Regime ist hier ganz in Kraft,« sagte ich dem wackeren Manne, »das allein bestimmt mich, mich hier anzukaufen; ich will zugleich den Menschen befehlen und die Erde bebauen, gleicherweise über mein Feld wie über meine Hörigen herrschen.« – »In diesem Falle haben Sie es nirgends besser als in Sizilien,« antwortete mir der Bankier, »in diesem Lande entscheidet der Herr über Leben und Tod seiner Diener.« – »Gerade das suche ich,« war meine Antwort. Um mich nicht diesbezüglich in Einzelheiten einzulassen, teile ich gleich mit, daß ich nach Verlauf von einem Monat Herr von zehn Kirchspielen war und das schönste Landgut mit dem schönsten Schloß im Tale der Ruinen von Syracus besaß, ganz nahe beim Golfe von Catania, d.h. in dem schönsten Teile Siziliens.

Ich verschaffte mir bald ein zahlreiches Gesinde, das ich nach meinem Geschmacke auswählte. Meine Lakaien und Dienerinnen mußten meinen Geilheiten zuwillen sein. Meine Haushälterin, namens Donna Clementia, eine ungefähr sechsunddreißigjährige Frau, eines der schönsten Weiber der Insel, mußte außer ihrer persönlicher Hingabe noch die Aufgabe versehen, Gegenstände beider Geschlechter zu[211] entdecken; und ich kann Euch versichern, daß solange sie diesen Dienst versah, mir nichts abging. Bevor ich mich ansäßig machte, durcheilte ich die berühmten Städte dieser interessanten Gegend.

Theocrits Beschreibungen der Freuden Siziliens hatten nicht wenig dazu beigetragen, in mir den Wunsch zu erwecken, ein so schönes Land zu bewohnen. Ich fand alles richtig, was er über die Milde des Klimas, über die Schönheit der Einwohner, besonders aber über ihre Ausschweifungen sagt. Hier, in diesem wundervollen Himmelstrich, erweckt zweifellos die gütige Natur die Begierden und Leidenschaften, die dazu beitragen können, das Dasein angenehm zu gestalten. Hier muß man es genießen, wenn man die Fülle von Glück, die unser aller zärtliche Mutter ihren Kindern vorbehält, erkennen will. Nach der Besichtigung von Messina, Catania und Palermo kehrte ich zurück, um von meinem Schlosse Besitz zu ergreifen. Da es sich auf einem hohen Berge erhob, genoß ich gleichzeitig die reinste Luft und die herrlichste Aussicht. Dieses Festungsartige des Gebäudes war übrigens meinem Geschmacke sehr förderlich. Ich sagte mir, daß die Gegenstände, die ich ihm opfern werde, hier wie in einem Gefängnis sein würden. Wo sollten sie Beschützer finden, wenn ich zugleich ihr Herr, ihr Richter und Henker sein werde? Ach! Wie göttlich ist der Genuß, wenn Despotismus und Tyrannei ihn also anstacheln!

Clementia hatte Sorge getragen, mein Serail während meiner Abwesenheit in stand zu setzen; ich fand es bei meiner Rückkehr mit zwölf jungen Knaben im Alter von zehn bis achtzehn Jahren, mit sehr schönen Gesichtchen, und der gleichen Zahl von fast gleichaltrigen Mädchen versehen. Man ersetzte sie jeden Monat durch neue; ich überlasse es Euch, meine Freunde, auszudenken, welchen wollüstigen Zügellosigkeiten ich mich überließ. Man kann sich nicht vorstellen, was ich alles ersann; die Grausamkeiten, mit denen ich meine Genüsse mir versüßte; mein Trientiner Abenteuer hatte mich so sehr mit blutigen Gelüsten vertraut gemacht, daß ich mich ohne sie nicht mehr zu behelfen vermochte. Grausam durch meine Geschmacksrichtung, durch mein Temperament und durch inneren Zwang, konnte ich mich keiner Freude überlassen, wenn sie nicht das Gepräge der brutalen Leidenschaft trug, die mich verzehrte. Zunächst ließ ich nur Frauen ihre Wucht fühlen; die Schwäche dieses Geschlechtes, seine Sanftmut und Lieblichkeit, sein Zartgefühl schienen mir ebenso viele Anreize zur Befriedigung meiner Barbarei. Doch sah ich bald meinen Irrtum ein.

Ich fühlte, es sei unendlich wollustreizender, die[212] Aehren, die Widerstand leisten, zu mähen, als das zarte Gras, das sich unter der Sense biegt; wenn diese Erwägung mir nicht schon früher gekommen war, so war dies eher wegen falscher Zurückhaltung als aus Raffinement geschehen. Ich machte Versuche. Der erste Lustknabe, den ich tötete, zählte fünfzehn Jahre, war schön wie die Liebe und verursachte mir so wütendes Entzücken, daß ich mich in Zukunft viel mehr solchen Genüssen zuwandte als anderen. Es schien mir, als ob ich die Frauen allzusehr verachtete, um sie zu Opfern auszuersehen, während die Knaben durch ihre Reize meinen Sinnen mehr schmeichelten, sie mußten sich daher auch mehr zu Qualen eignen. Auf Grund dieser Erwägungen, die durch die Tatsachen sich bestätigten, verging keine Woche, wo ich nicht ihrer drei oder vier, und zwar stets durch neue Martern, umbrachte. Manchmal hetzte ich ein paar von ihnen in einen großen Park, der von hohen Mauern umringt war und aus dem man unmöglich entweichen konnte. Daselbst stellte ich auf sie Treibjagden wie auf Hasen an; ich suchte sie, indem ich meinen Park durchritt; wenn ich sie gefangen hatte, hing ich sie vermittelst Halseisen an Bäumen auf; unter ihnen ließ ich ein großes Feuer anzünden, das sie langsam verzehrte. Anderemale trieb ich sie zu Pferde vor mir her und traf ihren Leib mit gewaltigen Peitschenhieben; wenn sie umfielen, ließ ich meinen Renner auf ihren Bauch treten oder schoß Kugeln in ihren Kopf. Oft führte ich noch raffiniertere Martern aus, für deren Anwendung sich nur das Dunkel und die Stille des Gemaches eignete; während solcher Handlungen reizte mich stets die treue Clementia an, oder sie inszenierte wollüstige Akte, in denen ihre hübscheren Mädchen die wichtigste Rolle spielten. Zu meinem Glück hatte ich in dieser Clementia alle Eigenschaften gefunden, die zu der von mir angenommenen grausamen und wüsten Lebensweise nötig waren. Die Schelmin war boshaft, wollüstig, unmäßig und atheistisch; kurz, sie besaß alle meine Laster, und keine andere Tugend, als ihre unglaublich große Anhänglichkeit an mich und ihre wundervolle Diensteifrigkeit. Ich führte also infolge des Eifers dieses prächtigen Weibes in diesem Schlosse das köstlichste und meinem Geschmack entsprechendste Leben, als der Unbestand, zugleich die Geißel und die Seele aller Genüsse, mich dieser friedlichen Idylle entriß, um mich wieder auf das große Abenteuertheater dieser Welt zu stellen.

Man wird blasiert, wenn nicht Hindernisse die Genüsse würzen; man möchte sie durch Mühseligkeiten steigern; nur durch solche kann man sich große Freuden verschaffen. Ich beließ Clementia in meinem Schlosse und schlug abermals[213] in Messina meinen Wohnsitz auf. Rasch verbreitete sich die Nachricht, daß ein reicher Junggeselle sich in der Stadt niedergelassen hatte und öffnete mir die Pforten aller Paläste, in denen es heiratsfähige Mädchen gab; ich durchschaute gleich die Absicht und beschloß, mich daran zu belustigen.

Von allen diesen Häusern, in denen man mich wohlwollend aufnahm, fesselte mich das des Chevalier Rocupero ganz besonders. Dieser alte Adelige und seine Gattin mochten zusammen ein Jahrhundert zählen. Bei ihrem geringen Vermögen mußten sie ihre drei wunderschönen Töchter mit allzu großer Sparsamkeit aufziehen. Die erste hieß Camilla; sie zählte zwanzig Jahre, hatte braune Haare, eine blendend weiße Haut, recht ausdrucksvolle Augen, einen sehr angenehmen Mund und die Gestalt einer Hebe. Die zweite, interessanter, aber weniger schön, zählte achtzehn Jahre und hatte kastanienbraune Haare; ihre großen blauen, sehnsuchtsvollen Augen strahlten Liebe und Wolllust aus; ihre Gestalt, wie die schöne Rundung zeigte, verhieß herrliche Genüsse; sie hieß Veronika; und sicherlich hätte ich sie nicht nur Camillen, sondern der ganzen Welt vorgezogen, wenn nicht die göttlichen Reize der kaum fünfzehnjährigen Laurentia nicht nur die ihrer Schwester, sondern die der Schönen ganz Siziliens überstrahlt hätten.

Kaum war ich bei dem wackeren Edelmann eingeführt, als ich beschloß, den Kummer, die Verzweiflung, die Schamlosigkeit und die Schande, kurz alle Geißeln des Verbrechens und der Verzweiflung in sein Haus zu tragen. Die Redlichkeit war bei ihm zuhause; auch Schönheit und Tugend schienen hier ihren Sitz aufgeschlagen zu haben; brauchte es mehr, um in mir den heißen Wunsch zu erregen, jenes durch alle erdenklichen Mißetaten zu besudeln? Ich zeigte mich gleich sehr freigiebig; doch nahm man meine Geschenke nur ungern entgegen; aber die Aussichten auf eine Ehe, auf die mein Verhalten zu schließen erlaubte, machten eine Ablehnung unmöglich. Man bat mich, meine Pläne auseinanderzusetzen. »Wie kann ich unter diesen drei Grazien die Entscheidung treffen?« erwiderte ich. »Geben Sie mir doch Zeit, Ihre reizenden Töchter besser kennen zu lernen, dann werde ich Ihnen sagen können, welche die Ausrewählte meines Herzens ist.« Als ich so weit war, kann man sich leicht vorstellen, daß ich den Aufschub dazu benutzte, um alle drei zu betrügen. Da ich ihnen aber vollständiges Stillschweigen ans Herz gelegt hatte, machte keine die andere zu ihrer Vertrauten, so daß keine wußte, wie weit ich mit der anderen war. Nunmehr ging ich folgendermaßen vor.

Die erste, die ich verführte, war Camilla; da ich sie[214] unter Ehevorspiegelungen betrog, hatte ich sie nach Verlauf eines Monates dort, wo ich sie wollte. Wie schön war sie! welche Freuden kostete ich durch ihren Genuß! Kaum hatte ich sie nach allen Regeln bearbeitet, machte ich mich an Veronika heran; und als ich Camillens Eifersucht erweckte, wußte ich sie gegen ihre Schwester derart in Harnisch zu bringen, daß sie den Entschluß faßte, diese zu erdolchen.

Das heiße Temperament der Sizilianerinnen scheut vor nichts zurück; sie kennen nur zwei Leidenschaften, die Rache und die Liebe. Als ich die Gewißheit von Camillens verbrecherischen Plänen zu haben glaubte, benachrichtigte ich Veronika davon; es gelang mir, ihr darüber Klarheit zu verschaffen, so daß ihr nicht einmal der tröstende Gedanke des Zweifels übrig blieb. Das schöne Mädchen, voll Verzweiflung, aber eher furchtsam als unternehmend, fleht mich an, sie zu entführen, wenn ich sie liebe, um sie der zügellosen Rachsucht einer zu allem fähigen Schwester zu entziehen. – »Mein Engel,« antwortete ich, »wäre es nicht besser, das Uebel bei der Wurzel zu fassen, seine Urheber zu erkennen und uns ohneweiters zu rächen?« – »Es ist ja nur die heiße Liebe, die Camilla für dich hegt, schuld daran,« erwiderte Veronika, »sie bemerkt, wie du mich ihr vorziehst, darum hat es das teuflische Geschöpf auf mein Leben abgesehen!« – »Ich sehe in der Sache nicht ganz so wie Sie,« entgegnete ich. »Zweifeln Sie nicht, meine Teure, daß Ihre Eltern Camillen vor Ihnen bevorzugen. Ich weiß nicht, ob dieses Mädchen mich liebt; sicherlich habe ich ihr nie irgendwelche Hoffnungen gemacht. Doch haben sich Ihre Eltern mir gegenüber offen ausgesprochen; zweifellos ist Camilla der einzige Gegenstand ihrer Liebe; würde ich ihnen meine Liebe zu Ihnen vorbringen, sie würden mich sicherlich zurückweisen. Sie schlagen mir vor, zu fliehen; dieses Mittel wäre gefährlich; wir würden uns Ihren Eltern gegenüber ins Unrecht setzen; kaum würden sie oder das Gericht davon Kenntnis erhalten, würde man uns an unserem Vermögen oder Leben strafen. Doch scheint mir folgendes ein vorteilhafterer und einfacherer Weg: rächen wir uns zugleich an Camilla, die nach Ihrem Leben trachtet, und an Ihren Eltern, die sie dazu aufreizen.« – »Auf welche Weise denn?« – »Mit einem Mittel, das das glückliche Land, in dem wir leben, uns auf Schritt und Tritt darbietet.« – »Mit Gift?« – »Gewiß!« – »Meinen Vater, meine Mutter, meine Schwester vergiften?« – »Haben sie es nicht auf Ihr Leben abgesehen?« – »Ich hege nur einen Verdacht.« – »Ihr Tod wird der Beweis sein.« – Nach einigem Nachdenken begann wieder Veronika: »Ich weiß, daß andere Frauen ebenso gehandelt[215] haben, Donna Capraria hat soeben ihren Gatten vergiftet.« – »Warum zögern Sie also?« – »Ich fürchte Ihre Verachtung; Sie werden nach der Rachetat kaltblütiger sein und mich verabscheuen.« – »Fürchten Sie nichts; ich werde dann in Ihnen ein feuriges, mutiges, liebendes, leidenschaftliches, kurz ein charaktervolles Mädchen sehen, und werde Sie dann tausendmal heißer verehren. Zaudere nicht, Veronika, sonst verlierst du auf ewig meine Liebe.« – »Ach, mein Freund, aber der Himmel!« – Leere Furcht; der Himmel hat sich nie in weltliche Dinge gemengt; er ist nichts als die abgestumpfte Waffe der Lüge und des Aberglaubens. Es gibt keinen Gott; Lohn und Strafe, die sich auf dieses verhaßte Phantom gründen, sind ebenso verächtlich wie er. Wenn es einen Gott gäbe, den das Verbrechen erzürnte, würde er dann dem Menschen alle Mittel an die Hand geben, es zu verüben? Was sage ich da! Wenn das Verbrechen diesen angeblichen Schöpfer der Natur erzürnte, wäre es dann ein wesentliches Werkzeug der Naturgesetze? Denke doch daran, daß die entartete Natur sich nur durch Verbrechen nährt und aufrecht erhält; wenn aber diese notwendig sind, können sie weder die Natur noch das sie angeblich regierende Phantasiegeblide beleidigen. Das, was der Mensch ein Verbrechen zu nennen gewagt hat, ist nur die Tat, die die Gesetze der Gesellschaft verletzt; aber was kümmert sich die Natur um die Gesetze der Gesellschaft! Hat denn sie diese diktiert? und sind diese Gesetze nicht in verschiedenen Ländern verschieden? So schauerlich Ihnen eine Tat erscheinen mag, so kann sie als Verbrechen nur in einer begrenzten Oertlichkeit gelten; von diesem Augenblicke an kann sie die Natur nicht beleidigen, da ihre Gesetze allumfassend sind. Der Vatermord, in Europa als Verbrechen betrachtet, steht in mehreren Gegenden Asiens in Ehre; ebenso verhält es sich mit allen anderen menschlichen Handlungen; ich glaube nicht, daß man mir eine einzige nennen kann, die überall als lasterhaft gilt. Bedenken Sie übrigens, daß es sich hier nur um Notwehr handelt, daß also alle Mittel, die Ihnen dabei dienlich sind, nicht nur nicht verbrecherisch sind, sondern sogar lobenswert werden, da das oberste Gesetz der Natur uns den Trieb zur Selbsterhaltung um jeden Preis eingegeben hat. »Handeln Sie, Veronika, handeln Sie, oder es kostet Sie Ihr eigenes Leben.«

Das Feuer, das ich in den Augen des reizenden Mädchens glänzen sah, überzeugte mich bald von dem Erfolge meiner Rede. »Nun gut,« sagte sie zu mir nach Verlauf einiger Minuten heftiger Erregung, »ich werde deinen Rat befolgen. Ich kenne die notwendigen Gifte, alle diese[216] sind uns wohl vertraut; ich schwöre dir, in drei Tagen soll keine einzige Person existieren, die unser Verderben ersinnt. Entferne dich indeß, ich will nicht, daß du in Verdacht kommst.«

Ich erklärte mich umso lieber damit einverstanden, als ich diesen Aufschub benötigte, um die dritte Schwester zu verführen; ich tat dies mit Hilfe Clementias. Ich ließ sie nach Messina kommen und machte sie mit Laurentia bekannt; schon am folgenden Tage wurde diese auf mein Schloß gebracht. Kaum zwei Stunden nach ihrer Entfernung kam das von Veronika vorbereitete Unheil zum Ausbruch. Sie hatte eine sehr gefährliche Giftpflanze benützt, die sich in großer Zahl in den sizilischen Bergen findet; die drei Opfer starben unter entsetzlichen Zuckungen. Nach der Tat bemächtigte sie sich aller Dinge, deren sie habhaft werden konnte: Geschmeide, Brieftasche, Geldkasse, kurz alles nahm sie mit; dann suchte sie mich mit diesen armseligen Schätzen in einem Landhause nahe der Stadt auf, wo ich ihr Rendezvous gegeben hatte. Sie berichtete mir vom Verschwinden ihrer Schwester, dessen Beweggrund sie nicht verstehen konnte. »Du wirst sie bald wiedersehen,« meinte ich, »ich habe sie aus Vorsicht in Sicherheit bringen lassen; gehen wir, sie erwartet uns auf meinem Gute.« Diese Vorsicht schien Veronika zunächst zu ängstigen; doch wußte ich sie zu beruhigen. Aber ich überlasse es Euch, ihren Schrecken Euch auszumalen, als sie nach ihrer Ankunft aus dem Munde Laurentias erfuhr, auf welche Weise sie entführt worden war und welche Zumutungen ihr Clementia seit ihrem Aufenthalte auf dem Schlosse gemacht hatte. »O Ruchloser! du hast mich hintergangen!« sagte sie zu mir. – »Wirklich?« entgegnete ich, »ich habe dir ja nie etwas versprochen. Deine Schwester hat mir dieselbe Begierde eingeflößt wie du; darum will ich euch beide genießen, oder besser gesagt, alle drei; denn wozu es jetzt verhehlen? Camilla ist mir auch zur Beute geworden.« – »Und du konntest mir zumuten, sie zu töten? O, du Ungeheuer!« – Sie weinen, sie sind verzweifelt; aber trotz ihrer Tränen gehe ich nur darauf aus, mich an ihnen zu ergötzen. Die beiden reizenden Mädchen befriedigten zu gleicher Zeit alle meine wolllüstigen Wünsche; beide stillten alle meine Leidenschaften ausnahmslos: Hintern, Scheide, Mund, Brüste, Achselhöhlen, alles wurde in Angriff genommen, alles wurde ausgenützt; ich fand an ihnen nicht weniger Geschmack, wie seinerzeit an ihrer toten Schwester. Namentlich Veronikas Hinterbacken übertrafen alles, was ich je in dieser Art schönes gesehen hatte; man konnte sich keinen prächtigeren Hintern, keinen herrlicheren Busen vorstellen.[217]

Unglücklicherweise machte mir all das nur drei Tage lang Vergnügen. Kaum hatte ich an den beiden reizenden Mädchen meine Gelüste befriedigt, da dachte ich nur mehr daran, sie zu verderben. Aber es mußte auf eine grausame Weise geschehen. Je mehr Genüsse sie mir verschafft hatten, umsomehr Leiden und furchtbare Qualen wollte ich ihnen bereiten. Aber welche sollte ich ersinnen? Ich hatte bereits alles Erdenkliche getan, ja ich war der Ueberzeugung, daß die berühmtesten Henker der Welt mir keine Marter raten konnten, die ich nicht bereits angewendet hatte. Endlich, nachdem ich lange nachgedacht hatte, gab mir meine frevelhafte Einbildungskraft folgenden Gedanken ein. Ich verwendete die von Veronika ihren unglücklichen Eltern entwendeten fünfzigtausend Francs dafür, um die in folgendem genauer geschilderte Maschine ausführen zu lassen.

Die beiden Schwestern, ganz nackt, waren in eine Art von Panzerhemd eingehüllt, das, durch Federn regulierbar, sie an einen kleinen, mit Stacheln versehenen Holzschemel, der nach meinem Belieben funktionierte, fesselte. Sie befanden sich in einer Entfernung von acht Fuß von einander; zwischen ihnen war ein Tisch mit den erlesensten, schmackhaftesten Gerichten; sonst wurde ihnen keine Nahrung gereicht. Doch mußten sie ihre Arme ausstrecken, um nach jenen zu langen; wenn sie aber dies taten, bestand die erste Marter darin, daß es ihnen unmöglich war, sie zu erreichen. Bald aber wurde ihnen eine unvergleichlich schmerzhaftere fühlbar gemacht. Diejenige, die ihre Arme ausstreckte, setzte dadurch alsobald gegen sich sowohl wie gegen ihre Nachbarin mehr als Viertausend Stacheln oder Scheeren aus Stahl in Aktion, die sie beide sogleich zerrißen, stachen und mit Blut bedeckten. So konnten die Unglücklichen nur dadurch daran denken, das Bedürfnis, das sie quält, zu befriedigen, daß sie sich beide gegenseitig töteten. Eine Woche lang ertrugen sie diese entsetzliche Marter, währenddem ich täglich acht Stunden damit verbrachte, sie zu betrachten, wobei ich mich ebenfalls vor ihren Augen bearbeiten ließ oder mit den hübschesten Gegenständen meines Serails Sodomie trieb. Nie in meinem Leben hatte ich ein wütenderes Entzücken verspürt; ich kann die Genüsse, die mir dieses Schauspiel bereitete, nicht schildern, »ich ergoß meinen Samen bei jeder Sitzung vier oder fünfmal.«

»Sapperlot, das glaube ich,« sagte de Severino, indem er die Erzählung, wonneröchelnd sich in den Hintern eines der schönsten Mädchen des Gelages entladend, unterbrach, »ja, beim Teufel, das glaube ich, denn das sind Einzelheiten einer der merkwürdigsten Szenen, die man sich[218] vorstellen kann; das Vergnügen, das unser Bruder Jérome dabei empfand, muß höllisch stark gewesen sein, was ich aus dem Entzücken schließen kann, in das mich die bloße Erzählung versetzt.« – »Wir brauchten auch so eine Maschine,« sagte Ambroise, der sich von Justine reiben ließ, »und ich bürge dafür: wenn wir je eine besitzen, werde ich sie sicherlich zuerst an dieser Person da erproben.« – »Fahre nur fort, Jérome,« sagte Sylvester, dessen Glied hart war wie eine Eisenstange, »denn du bewirkst sonst, daß wir uns einer nach dem anderen entladen, wenn du uns lange bei dieser köstlichen Idee verweilen läßt.«

»Ich hatte Gelegenheit,« begann Jérome von neuem, »auf den verschiedenen Reisen, die ich nach Messina unternommen hatte, unsere liebenswürdigen Mitbrüder, die Benediktiner der berühmten Abtei Saint-Nicolas-d'Assena, kennen zu lernen;« sie waren so freundlich, mich in ihr Haus und ihren Garten zu laden und mich an ihrer Tafel Anteil nehmen zu lassen; besonderes Interesse erregte unter ihnen der Pater Bonifacius von Bologna, einer der charmantesten Wüstlinge, die ich je kennen gelernt habe. Die Wesensgleichheit meines Charakters mit dem seinigen hatte mich fest genug mit ihm verbunden, um uns eine Menge Dinge anvertrauen zu können. »Glauben Sie, Jérome,« sagte er mir eines Tages, »daß wir allen Genüssen, an denen die Weltleute sich erfreuen, entsagen? O, mein Freund, glauben Sie das ja nicht! Doch müßten Sie Mitglied unseres Ordens sein, wenn Sie diese Geheimnisse kennen lernen wollen; und reich, wie Sie sind, ist nichts leichter für Sie, als einzutreten.« – »Aber was ist's denn mit meiner Eigenschaft als Geistlicher, die ich durch den Ankauf von Land auf dieser Insel mir erworben habe?« – »Das wäre nur ein Grund mehr,« antwortete Bonifacio. »Sie behalten Ihr Gut, werden mit offenen Armen aufgenommen und sogleich in alle Geheimnisse des Ordens eingeweiht.« Man kann sich nicht vorstellen, wie dieser Gedanke mich aufregte. Die Gewißheit, meine Laster unter der imponierenden Maske der Religion verhüllen und ihnen dadurch nur noch mehr fröhnen zu können, die Hoffnung, mit der mir Bonifacio schmeichelte, ich könnte mich sehr rasch in die Rolle des himmlischen Mittlers zwischen dem Menschen und seinem angeblichen Gott einleben, die noch viel süßere, die ruchlose Religion dazu mißbrauchen zu können, um ungestraft nach meinem Belieben das Geld der alten und die Erstlinge der jungen Weiber stehlen zu können: all das versetzte mich in einen unsagbaren Taumel. Acht Tage nach dieser dringenden Einladung Bonifacios hatte ich die Ehre, mir die Mönchskittel anlegen zu dürfen[219] und konnte mich sofort an allen Ruchlosigkeiten dieser Mißetäter beteiligen. Könnt Ihr es glauben, meine Freunde! Es ist wahr, daß die Ehrerbietung und Unterwürfigkeit des Volkes in jenem Lande der Geistlichkeit gegenüber ganz anders sind als in Frankreich, aber es ist doch erstaunlich, daß es in Messina keine einzige Familie gab, in deren Geheimnisse diese Spitzbuben nicht eingeweiht gewesen wären, deren Vertrauen sie nicht besaßen; ich überlasse es Euch, auszudenken, welchen Nutzen sie daraus zogen. Was aber ihre Vorsichtsmaßregeln betrifft, so sind die der Benediktiner von Saint-Nicolas-d'Arsena mindestens ebenso gut wie die Euren.

In ausgedehnten, nur den Brüdern des Ordens bekannten unterirdischen Gewölben ist alles, was Italien, Griechenland und Sizilien an schönen jungen Knaben oder Mädchen hervorzubringen vermögen, reichlich vertreten. Die Blutschande blüht dort wie hier; ich habe Leute gesehen, die ihre fünfte Generation bearbeiteten, nachdem sie mit den vier vorhergehenden ebenso getan hatten. Der einzige Unterschied, der zwischen diesen Klostermönchen und Euch besteht, ist der, daß sie sich nicht die Mühe geben, ihre Ausschweifungen im Schoße dieses großen unterirdischen Gewölbes zu verbergen: nie steigen sie da hinab. Die Porträts ihrer Wollustobjekte, die sie mit schweren Kosten erkaufen, sind in einem geheimen Gemache ihres Gebäudes angebracht; sie lassen sogleich den Gegenstand herbeischaffen, nach dem ihr Glied Sehnsucht trägt. So gibt es keinen Augenblick im Tage, wo man sie nicht nacheinander bei ihren klösterlichen Verrichtungen oder bei den göttlichen Gegenständen, die reichlich in ihrem Serail vorhanden sind, vorfindet. Was ihre wollüstigen Begierden betrifft, könnt Ihr Euch leicht vorstellen, daß sie ebenso entartet sind wie die Eurigen; die Leute, die von hier dorthin eingetreten sind, haben Euch hinreichend versichert, daß die von der Religion geschützten Ausschweifungen stets ganz besonders wüst sind.

Die außergewöhnlichste Leidenschaft, die ich unter diesen liebenswürdigen Zölibatären beobachtete, war die des Don Chrysostomus, des Superiors des Hauses. Er fand nur an vergifteten Mädchen Vergnügen; er bearbeitete sie während ihrer schmerzlichen Zuckungen, während zwei Männer ihn abwechselnd sodomisierten und peitschten. Wenn das Mädchen nicht während dieses Aktes starb, tötete er sie durch Dolchstiche. Wenn sie nahe daran war zu sterben, wartete er auf ihre letzten Atemzüge, um seinen Samen in ihren Hintern zu ergießen.

Ich entartete vollkommen und wurde ganz blasiert bei diesen guten Leuten; ja ich war schon nahe daran,[220] durch nichts auf der Welt mehr in Erektion geraten zu können.

»Mein Freund,« sagte ich eines Tages zu Bonifacio, nachdem ich zwei Jahre lang dieses epikuräische Leben geführt hatte, »alles, was wir tun, ist köstlich; aber wir machen uns die Gegenstände unseres Genusses durch Gewalt willfährig; nun muß ich gestehen, daß sie mich dann nicht in solche Erregung versetzen, als wenn es durch Listen und Ränke geschähe. Ich möchte gerne Beichtiger werden. Ich beschwöre dich, mich instand zu setzen, diesen Posten zu versehen, was du mir ja in Aussicht gestellt hast. Es ist unglaublich, wie mich diese Idee anregt; ich rechne darauf, alles, was mir das neue Amt bietet, in außerordentlicher Weise ausnützen zu können, um zugleich meine Habgier und meine Geilheit zu befriedigen.« – »Nun gut!« meinte Bonifacio, »nichts einfacher als das.« Acht Tage später übergab er mir den Schlüssel des Beichtstuhles in der Marien-Kapelle. Er sagte: »Gehen Sie, glücklicher Sterblicher, in das wollüstige Boudoir, nach dem Sie sich sehnten, machen Sie davon reichlichen Gebrauch; verspeisen Sie ebenso viele schöne Gegenstände, als ich ebendort in acht Jahren verschlungen hatte; dann werde ich es nicht bereuen, es Ihnen verschafft zu haben ...«

Die Begeisterung, in die mich meine neue Stellung versetzte, war so groß, daß ich nachts kein Auge zu schließen vermochte. Am folgenden Morgen, gleich bei Tagesanbruch, stand ich an meinem Posten; da wir gerade in der Osterwoche waren, war der Besuch nicht schlecht. Ich will Euch nicht mit allen Dummheiten langweilen, die ich in Anwendung bringen mußte; ich will Eure Aufmerksamkeit nur auf ein vierzehnjähriges Mädchen, namens Frosine, lenken; sie war adelig und von solcher Schönheit, daß sie sich nie entschleiert zu zeigen vermochte, um der Menge zu entgehen, die sie jedesmal umdrängte, wenn sie sich unverhüllt zeigte. Frosine gab sich mir mit der ganzen Unschuld und Grazie ihres Alters preis. Ihr Herz hatte noch nicht gesprochen, obwohl kein Mädchen in Messina von so vielen Anbetern umringt war; wohl aber begann sich ihr Geschlechtstrieb zu regen. Sie war noch sehr unerfahren; ich wußte aber meine Fragen so geschickt zu stellen, daß ich ihr alles, was sie nicht wußte, dadurch beibrachte. »Sie leiden, mein schönes Kind,« sagte ich voll Anteilnahme, »ich sehe es, aber das ist Ihr Fehler: das Schamgefühl ist nicht so anspruchsvoll, daß man ihm die natürlichen Triebe opfern muß; Ihre Eltern täuschen Sie über diese strenge Tugend. Das Bild, das sie Ihnen davon entwerfen, ist ebenso grausam als ungerecht. Sie sind ja[221] von der Natur geschaffen, nur ihr verdanken Sie die Gefühle der Wollust, die Sie beleben; warum sollten Sie sie denn erzürnen, wenn Sie sich jenen überlassen? Alles hängt von der Wahl ab, die Sie treffen; wenn diese gut ist, werden Sie es nie zu bereuen haben. Ich biete Ihnen zugleich meinen Rat und meine Dienste an; aber Sie dürfen niemandem etwas davon verlauten lassen; nicht allen meinen Beichtkindern gewähre ich diese Gunst; und die Eifersucht, die dieser Vorzug in ihnen erregen würde, wäre Ihr sicheres Verderben – Kommen Sie morgen Mittag pünktlich in diese Kapelle; ich werde Sie in mein Zimmer führen und ich bürge Ihnen dafür, daß Glück und Seelenfrieden durch meine Maßregeln in Ihr Herz einziehen werden. Insbesondere entledigen Sie sich dieser unbequemen Last, die Ihnen auf Schritt und Tritt folgt; seien Sie durchaus allein; sagen Sie, ich erwarte Sie wegen einer frommen Besprechung, und man möge Sie nach zwei Stunden abholen.« Frosine ging auf alle meine Vorschläge ein und sagte mir zu. Sie hielt Wort, ich aber ergriff folgende Maßregeln, um mich des Besitzes dieser jungen Person zu versichern und sie an der Rückkehr in ihre Familie zu verhindern.

Sogleich nach dem Gespräche verließ ich Messina; ich begab mich auf mein Schloß und teilte dem Kloster mit, daß unaufschiebbare Geschäfte mich für mehrere Tage fernhielten. Clementia trat an meine Stelle; sie mußte antworten, wenn Frosine nach mir fragen sollte; sie mußte an der Verführung unserer jungen Unschuldigen weiter spinnen und sie unmerklich dazu bringen, mich auf meinem Gute aufzusuchen. Hierauf verbreitete sich durch die Vermittlung Bonifacios, dem ich bei seinen Abenteuern behilflich war, um mich dafür seines Beistandes bei den meinen zu versichern, das Gerücht von Frosinens Entführung in der ganzen Stadt. Ein unterschobener Brief des Mädchens sollte ihren Eltern zugestellt werden; sie teilte ihnen darin mit, daß ein vornehmer Florentiner, der ihr schon seit langem nachgestellt habe, sie wider ihren Willen auf eine Genueser Barke gebracht hätte, die sich mit großer Schnelligkeit entfernt hatte; dieser Herr begründe ihr Glück, indem er sie heirate; da in diesem Vorhaben nichts Unehrenhaftes liege, habe sie eingewilligt und bitte ihre Eltern, ihr keine Hindernisse in den Weg zu legen; übrigens mögen sie ganz beruhigt sein; sie würde ihnen sofort nach ihrer Ankunft schreiben.

Es gibt einen Gott, der die Ränke der Wollust unterstützt; die Natur liebt und beschützt sie; selten sieht man sie scheitern; aber von allen, die man je ersonnen hatte, war keine so vollständig geglückt. Frosine kam gleich am folgenden Tage, da ich ihr in der erwähnten Kapelle ein[222] Rendezvous gegeben hatte, auf mein Landgut; noch am selben Abend machte ich sie meinen Lastern dienstbar. Aber wie war ich erstaunt, als ich bemerkte, daß Frosine mit dem denkbar schönsten Gesichte höchst unscheinbare Reize verband! Nie hatte ich einen dürreren Hintern, eine unreinere Haut gesehen; der Hals war unschön, die Scham teigig weich und häßlich geformt. Von ihren schönen Gesichtszügen verführt, bearbeitete ich sie dennoch; doch mißhandelte ich sie, denn man liebt es nicht, sich betrogen zu sehen. Frosine sah ihre Torheit ein und beweinte sie bitterlich; als ich mich genötigt sah, abzureisen, um durch meine Anwesenheit jedem Verdacht zu begegnen, wurde sie von der Clementia in ein dunkles Verließ geworfen, sowohl um sie allen Nachforschungen zu entziehen als auch, weil ich, da ich mich zu viel an ihr ergötzt hatte, es nach meiner Gewohnheit gerne sah, wenn sie litt.

Ich fand Bonifacio sehr zufrieden mit dem Erfolge unserer Ränke, aber sehr begierig danach, auch seinerseits Nutzen aus ihnen zu ziehen. Ich mochte noch so oft sagen, daß der Gegenstand nicht der Mühe lohne; verführt von der vornehmen Abkunft und dem Gesichte Frosinens, wollte er sich unbedingt überzeugen; natürlich hinderte ich ihn nicht daran. »Jetzt wäre Gelegenheit,« sagte Bonifacio, »Chrysostomus, unserem Prior, einen Beweis von Höflichkeit zu geben; von Freundschaft und Vertrauen zu ihm erfüllt, habe ich ihm von deinem Glücke Mitteilung gemacht; ich bin überzeugt, es würde ihm ein Vergnügen bereiten, daran teilzunehmen.« – »Recht gerne,« antwortete ich; »die Manieren, der Geist, der Geschmack und Charakter von Chrysostomus sagen mir sehr zu; ich ergreife daher eifrig jede Gelegenheit, um mich ihm zu nähern.« Wir trennten uns; mein beständig wohl ausgestattetes Serail lieferte mir reichlich Material zur Befriedigung der Lüste meiner Gefährten und wir vollführten furchtbare Grausamkeiten.

Ihr wißt von Chrysostomus' Leidenschaft; auch die Bonifacios' trug einen ausgesprochen absonderlichen Charakter; er liebte es, Zähne zu reißen; manchmal bearbeitete er das Opfer von hinten, während wir diese Operation vollführten; andere Male riß Bonifacio, während wir Sodomie trieben. Alle beide befriedigten ihre Gelüste mit Frosine vollauf; nachdem wir ihre schönen zweiunddreißig Zähne geraubt hatten, wollte der Prior sie auf seine Weise opfern. Ihr erinnert Euch an seine Leidenschaft. Man ließ diese Unglückliche Sublimat in Scheidewasser trinken; ihre Schmerzen und Zuckungen waren so heftig, daß es unmöglich war, sie festzuhalten, um sich an ihr zu ergötzen. Indeß gelang dies dem Chrysostomus doch; sein[223] Genuß trug den Stempel der außerordentlichsten Trunkenheit und des unbegreiflichsten Entzückens an sich. Wir beschlossen, es ihm nachzuahmen, und wir fühlten bald, daß es nichts Wollusterregenderes gäbe als diese Art des Genießens. Sicherlich ist dies leicht begreiflich; alles verengt sich dann in der Frau; übrigens durchtobt sie ein derartiger Sturm von Empfindungen, daß es nicht möglich ist, nicht davon mitergriffen zu werden. – »O Justine!« unterbrach hier Clément seinen Genossen, »Sie sehen, Chrysostomus dachte wie ich. Man erregt nie so sehr seine Sinne als wenn man in dem Gegenstande, der unseren Lüsten dient, eine möglichst starke Empfindung, welcher Art immer, hervorruft.«15 – »Wer zweifelt denn an dieser Wahrheit?« fragte Severino, »war es der Mühe wert, deshalb Jérome zu unterbrechen?« – Der Erzähler fuhr fort: »Niemand war davon mehr überzeugt als Chrysostomus; niemand bewies dies häufiger und besser durch die Tat.« Frosine starb unter entsetzlichen Qualen, mit Bonifacios Glied im Hintern, das des Chrysostomus in der Scheide, das meine in ihrer Achselhöhle. Doch war dies nicht das einzige Opfer, das wir in dieser Weise umbrachten. Wir trieben es so arg, daß wir bis sechs auf einmal auf diese Weise töteten; drei wanden sich vor unseren Blicken, während wir je eine im Mund, in der Scham, im Hintern bearbeiteten. Nach den Mädchen versuchten wir es mit Knaben und unsere wollüstigen Regungen verdoppelten sich.

Unsere Orgien wurden durch philosophische Erörterungen unterbrochen; wir begingen nicht früher eine Schaudertat, bevor wir sie nicht zu rechtfertigen gesucht hatten; keiner verstand sich so gut darauf wie Chrysostomus.

»Es ist recht erstaunlich,« sagte er uns eines Tages, »daß die Menschen närrisch genug sind, um der Moral irgendwelchen Wert beizulegen; ich muß gestehen, daß ich nie begreifen konnte, weshalb sie ihrer bedürfen; die Verderbnis ist nur deshalb gefährlich, weil sie nicht allgemein ist. Man liebt nicht die Nähe eines an einem bösartigen Fieber Erkrankten, weil man die Ansteckung fürchtet; aber ist man einmal selbst davon ergriffen, so fürchtet man nichts mehr. Das Zusammenleben einer ganz von Laster durchseuchten Gesellschaft kann nichts Nachteiliges haben; wenn alle gleicherweise verderbt sind, können sie ohne Gefahr miteinander verkehren. Dann wäre nur die Tugend gefährlich; da sie nicht mehr den Maßstab abgäbe, wäre es schädlich, sie auszuüben. Bloß der Wechsel kann[224] von Nachteil sein; wenn aber alle stets den gleichen Standpunkt beibehalten, kann es keine Gefahren geben. Es ist ganz gleichgiltig, ob man gut oder böse ist, wenn nur alle Welt das eine oder das andere ist; aber wenn die Gesellschaft auf Tugend gestimmt ist, wird es nachteilig, böse zu sein; das Umgekehrte ist der Fall, wenn alle verderbt wären. Wenn aber der Standpunkt ein indifferenter ist, warum sollte man dann fürchten, das eine dem anderen vorzuziehen? Warum sollte man staunen und betrübt sein, daß man sich auf die Seite des Lasters schlägt, sobald alles uns dahin treibt und es im Grunde vollständig gleich ist? Wer kann mir beweisen, daß es besser ist, die anderen zu beglücken als sie zu quälen? Lassen wir einen Augenblick das Vergnügen, das mir das eine oder das andere bereiten könnte, beiseite: ist es durchaus nützlich, wenn die andern glücklich sind? Wenn das aber nicht der Fall ist, weshalb sollte ich mich dann hüten, ihnen Leid anzutun? Es scheint mir, daß es sich bei alledem nur darum handelt, was ich bei dieser oder jener Handlung empfinde; denn da die Natur mir mein eigenes Glück ans Herz gelegt hat, keineswegs aber das der anderen, hätte ich ihr gegenüber nur dann Unrecht, wenn ich es unterlassen hätte, mich ihren Absichten und Zwecken gemäß zu ergötzen. Dasselbe Wesen, das mein Geschmack oder meine Gewalttätigkeit unglücklich gemacht haben, weil es schwächer ist als ich, wird seine Ueberlegenheit gegen einen anderen mißbrauchen, so daß sich alles ausgleicht. Die Katze vernichtet die Maus, wird aber selbst von anderen Tieren gefressen. Nur um dieser Zerstörung willen hat uns die Natur geschaffen. Hüten wir uns also wohl, je der Verderbnis oder Sittenlosigkeit zu widerstreben, wenn unsere Neigungen uns dahin drängen; es ist gar nichts Schlechtes daran, sich ihnen zu überlassen. Aus den Grundsätzen, die ich aufstelle, geht also hervor, daß immer der Zustand der unglücklichste ist, in dem die Sittenverderbung am allgemeinsten verbreitet ist; denn weil das Glück sichtlich im Bösen enthalten ist, wird derjenige, der sich diesem am eifrigsten hingibt, notwendigerweise am glücklichsten sein. Man hat sich arg getäuscht, als man sagte, es gäbe eine Art natürlicher Gerechtigkeit, die dem menschlichen Herzen stets eingeprägt sei; das Resultat dieses Gesetzes ist die absurde Lehre, man möge anderen nichts tun, wovon man nicht wolle, daß es uns geschehe. Dieses lächerliche Gesetz, eine Frucht der Schwäche und Energielosigkeit, konnte nie aus dem Herzen eines tatkräftigen Menschen entspringen; wenn ich aber moralische Prinzipien aufstellen sollte, dann würde ich bei der Schwäche keine Anleihen erheben. Der, welcher sich vor dem Bösen fürchtet, wird immer[225] sagen, man solle es nicht begehen; während derjenige, der über Götter, Menschen und Gesetze spottet, es immer verüben wird. Was not tut, ist zu wissen, welches von beiden wohl tut oder nicht; nun aber scheint mir das kaum fraglich. Ich bezweifle, daß der Tugendhafte mir beweisen kann, er habe bei der Ausübung einer guten Handlung auch nur den vierten Teil des Vergnügens empfunden, das bei einer Freveltat verspürt wird. Werde ich also, bei freier Wahl, das, was mich nicht anregt, dem vorziehen, welchem die heftigste und angenehmste Erregung, die der Mensch verspüren kann, beständig entspringt? Erweitern wir unseren Gedankenkreis; betrachten wir die Gesellschaft im ganzen; wir werden uns leicht die Ueberzeugung verschaffen, daß diejenige die glücklichste ist, die am meisten dem Zustande der Fäulnis verfallen ist, und zwar in jeder Hinsicht. Ich bin weit entfernt davon, mich auf einige spezielle Arten der Verderbnis zu beschränken; ich wünsche nicht, daß man einfach ausschweifend, trunksüchtig, diebisch, gottlos u.s.w. sei; ich verlange, man solle alles versuchen, ganz besonders aber die monströsesten Ausschweifungen, da man nur durch deren möglichst große Ausdehnung zu der Glückshöhe gelangen kann, die durch das wüste Treiben gewährleistet ist. Die falschen Ideen, die wir von den uns umgebenden Geschöpfen haben, sind noch die Quelle einer Unsumme von moralischen Irrtümern; wir schaffen uns phantastische Pflichten gegenüber diesen Geschöpfen; und zwar deshalb, weil diese glauben, sie hätten solche uns gegenüber. Seien wir stark genug, auf das zu verzichten, was wir von anderen erwarten, dann werden wir ihnen gegenüber keine Pflichten haben. Ich frage Sie, was sind denn alle Geschöpfe der Erde gegenüber einer einzigen unserer Begierden? Warum sollte ich mich der geringsten berauben, um einem Geschöpf zu gefallen, das mir nichts ist und mich nicht interessiert? Wenn ich etwas von ihm fürchte, muß ich es gewiß schonen, aber nicht seines, sondern meinetwegen, denn alles, was ich tue, muß ich nur für mich tun; habe ich aber von jenem nichts zu besorgen, dann darf ich sicherlich aus ihm allen erdenklichen Genuß schöpfen und es rein als ein Wesen betrachten, das nur meinetwegen geschaffen wurde.16 Die Moral, um es noch einmal zu wiederholen, ist also fürs Glück unnütz; noch mehr, sie schadet ihm; nur im Schöße der ausgedehntesten, allgemeinsten Verderbnis werden alle Individuen und Gesellschaften das[226] größte Maß von Glück, das auf der Erde denkbar ist, erreichen.«

Wir setzten diese Grundsätze in Taten um und ergaben uns, meine Freunde ebenso wie ich, den raffiniertesten und aufregendsten Ausschweifungen, der Entartung, dem Despotismus und der Grausamkeit.

In dieser geistigen Verfassung befanden wir uns, als man vor mein Tribunal einen sechzehnjährigen Knaben, schön wie die Liebe, brachte; er war angeklagt, seine Mutter zu vergiften versucht zu haben. Die Sache war ganz klar; alle Beweise sprachen gegen ihn. Er wäre unzweifelhaft dem Tode verfallen gewesen, wenn nicht meine Freunde und ich uns über die Mittel beraten hätten, den jungen Menschen aus der Klemme zu befreien; denn wir brannten alle drei vor Begierde, uns an ihm zu ergötzen. Da flüsterte mir meine frevlerische Phantasie einen Weg zu, der nicht nur den Schuldigen rettete, sondern sogar einen Unschuldigen dem Verderben weihte. – »Wo,« fragte ich den Angeklagten, »wo ist jetzt das Gift, mit dem du, wie es heißt, den Mord versucht hast?« – »Es befindet sich in den Händen meiner Mutter.« – »Nun gut! Erkläre bei der letzten Verhandlung, daß im Gegenteil sie es war, die es auf dein Leben abgesehen hat; du willst, sie solle zugrunde gehen, es wird geschehen; bist du zufrieden?« – »Außerordentlich, mein Herr! Ich haße dieses Weib und möchte lieber sterben, um sie nur mit ins Verderben zu reißen.« – »Gib als Beweis das Gift an, das sie in Händen hat.« – »Jawohl; aber man weiß, das ich es mir bei dem Apotheker dieses Ortes verschafft habe; man weiß von den Schwierigkeiten, die er mir machte, und von der Art, wie ich es bekam; ich sagte ihm nämlich, ich kaufe dieses Gift nur auf Befehl meiner Mutter, die die Ratten im Hause vertilgen wolle.« – »Spricht sonst nichts gegen dich?« – »Nein.« – »Nun also! ich bürge dir für dein Leben und den Tod deiner Mutter« – Ich lasse den Apotheker holen. Ich sage ihm, er möge sich hüten, gegen diesen Knaben belastend auszusagen; es sei offenkundig, daß er das Arsen auf Befehl seiner Mutter bei ihm gekauft habe; es befindet sich heute in den Händen der Mutter; sie hätte ihn töten wollen, wir wären davon überzeugt; eine gegenteilige Aussage würde ihm Verderben bringen. – »Aber habe ich nicht in jedem Falle unrecht?« fragte der Apotheker. – »Nein; es ist nichts einfacher, als den Wünschen einer Familienmutter und Hausbesitzerin nachzukommen; Sie konnten ihre Absichten nicht voraussehen. Wohl aber würde es Ihnen schlecht bekommen, wenn Sie die des Knaben erfüllt hätten.« – Der Droguist, dem diese Gründe einleuchteten,[227] sprach meiner Instruktion gemäß; auch der Knabe blieb bei der Aussage, die ich ihm suggeriert hatte; die unglückliche Mutter, von diesen Verleumdungen erdrückt, fand keine Entgegnung und starb auf dem Schaffot, während wir ihren Tod betrachtend mit ihrem Sohne in der wollüstigsten Weise sodomisierten. Ich werde nie vergessen, wie ich, von Bonifacio bearbeitet, im selben Augenblicke in den Hintern des Knaben entlud, da seine Mutter starb. Die Art, mit der dieser reizende Jüngling sich unseren Vergnügungen preisgab, die Freude, die auf seiner Stirne erglänzte, als er die Zurüstungen zur Hinrichtung seiner Mutter sah, all das gab uns so gute Begriffe von seinen Anlagen, daß wir Beiträge zusammensteuerten, um ihm seinen Lebensweg zu sichern und ihn nach Neapel zu schicken, wo die Jahre, die seine Grundsätze reiften und vervollkommneten, ihn sicherlich zu einem der kühnsten Mißetäter Europas haben heranwachsen lassen.

»Welch eine Untat!« wird da die Dummheit einwerfen; »Ihr habt die Gesellschaft einem Scheusal ausgeliefert, dessen vollendete Ruchlosigkeit vielleicht Tausenden das Leben kosten wird!« – »Welch eine treffliche Handlung!« antworten wir der von altväterischen Vorurteilen von Moral und Tugend umnebelten Dummheit; »wir haben der Natur Dienste geleistet; wir haben ihr ein Werkzeug bereitet, mit dem sie das notwendige Uebel, nach dem sie beständig dürstet, verrichten kann.«

Wir verbrachten noch drei Monate auf meinem Landgut, in Wollust und Ausschweifungen wühlend, als Gründe der Klugheit uns bewogen, uns dort wieder einzufinden, wohin uns unsere Pflicht rief. Das erste Abenteuer, das ich als Beichtiger nach meiner Rückkehr erlebte, fand mit einer dreißigjährigen, noch ziemlich hübscher Betschwester statt; sie lag auf dem Totenbette, als sie mich holen ließ. »Mein Vater,« sagte sie, »es ist Zeit, daß ich das verwerflichste Unrecht wieder gut mache. Betrachten Sie die Million in Gold dort auf dem Tische und dieses junge Mädchen (damit wies sie auf ein zwölfjähriges, ziemlich hübsches Kind); nichts von alledem ist mein. Ich war aber so schlecht, alles zu behalten.« – Ach, wer weiß, ob ich nicht noch schlechter gehandelt hätte! – »Eine meiner Freundinnen übergab mir auf dem Totenbette vor zwei Jahren dieses Mädchen und dieses Geld, wobei sie mir den Eid abnahm, ich würde beides dem Herzog de Spinosa in Million in Gold dort auf dem Tische und dieses junge behalten; aber der Schleier zerreißt im Augenblicke, da ich ihn berühre, und die Stimme meines Gewissens quält mich derart, daß ich nicht imstande bin, meine Sünden zu gestehen und Ihnen die Mittel, sie gutzumachen, anzugeben.[228] So sehr ich auch Ihnen vertraue, mein Vater, halte ich mich doch für verpflichtet, meinem Erben ein Schreiben zu hinterlassen, das sie von dieser Maßregel verständigt.« – »Diese Vorsicht,« unterbrach ich sie, »würde nur unnötigerweise Ihre Sünden bekannt machen und würde zugleich Ihr Mißtrauen mir gegenüber beweisen; von diesem Augenblicke an brauche ich mich aber nicht weiter um diese Angelegenheit zu kümmern.« – »O, mein Herr! reden wir nichts mehr von diesem Schreiben, da es Sie ärgert; tun Sie selbst alles. Sie allein sollen die Stimme meines Gewissens beruhigen, ohne daß sonst jemand in die Sache eingeweiht wird.« – »Das, was Sie da getan haben, ›antwortete ich, ruhiger geworden‹ war zweifellos schrecklich; und ich weiß nicht, ob die einfache Rückerstattung, die Sie vorhaben, zur Beruhigung des Himmels hinreichen wird.« Dann fuhr ich strenge fort: »Wie weit haben Sie sich hinreißen lassen, zugleich die Freundschaft, die Religion, die Ehre und die Natur zu hintergehen! O nein! Glauben Sie nur ja nicht, daß die einfache Rückerstattung genügen wird. Sie sind reich, Madame; Sie kennen die Not der Armen; fügen Sie ohne Zaudern die Hälfte Ihres Vermögens zu der rückzuerstattenden Summe, um die himmlische Gerechtigkeit zu versöhnen ... Sie wissen, Madame, Ihre Sünden sind recht groß, aber die Armen sind unsere besten Fürsprecher bei Gott; feilschen Sie nicht mit Ihrem Gewissen; sind Sie einmal die Beute der Dämonen, die auf Ihre Seele lauern, dann werden Sie nicht mehr imstande sein, das höchste Wesen anzuflehen und die Verzeihung für Ihre Verbrechen zu erlangen, deren Sie so sehr bedürfen« – »Sie erschrecken mich, mein Vater.« – »Ich muß es tun, Madame; in meiner Eigenschaft als Mittler zwischen dem Himmel und Ihnen muß ich Ihnen die Geißeln zeigen, die zu Ihren Häupten drohen. Doch warum warne ich Sie? Solange Sie noch Zeit haben, die Strafe abzuwenden; Sie sind verloren, wenn Sie wanken.«

Bestürzt über den Ton, mit dem ich diese letzten Worte aussprach, ließ meine Fromme sofort eine Geldkasse herbeibringen, deren Inhalt sich auf Achthunderttausend Livres belief, was der Hälfte ihres Vermögens entsprach. – »Nehmen Sie,« sagte sie mir, indem ihren Augen ganze Tränenfluten entströmten, »nehmen Sie, mein Vater, damit ist meine Schuld beglichen; beten Sie für meine arme Seele und beruhigen Sie mich, ich bitte Sie drum.« – »Ich möchte es gerne, Madame,« entgegnete ich, indem ich das Gold und das kleine Mädchen durch Clementia, die ich als meine Schwester mitgeführt hatte, wegschaffen ließ, »ja, ich wünsche innig, Ihre Besorgnisse vollständig zerstreuen zu können; aber könnte ich es tun, ohne Sie zu[229] betrügen? Ich fühle es, Sie müssen auf die Barmherzigkeit Gottes rechnen; aber vermag Ihre Bußetat den Frevel wettzumachen? Wird sie, die sich nur auf das Unrecht, das Sie an Menschen verübt, erstreckt, auch einen erzürnten Gott besänftigen? Wenn man über die Größe, die Unendlichkeit dieses höchsten Wesens nachdenkt, kann man da hoffen, es milde zu stimmen, wenn man so unglücklich war, es zu beleidigen? Erkennen Sie das Wesen dieses schrecklichen Gottes in der Geschichte seines Volkes; sehen Sie ihn in seiner Eifersucht, seiner Rachgier, seiner Unversöhnlichkeit; und alle diese Eigenschaften, die beim Menschen als Laster gelten, werden in ihm zu Tugenden. Und tatsächlich, wie vermöchte er, beständig von seinen Geschöpfen erzürnt, unaufhörlich vom Teufel angefeindet, wie vermöchte er ohne ungewöhnliche Strenge seine Macht zu zeigen? Das Kennzeichen der Autorität ist die Strenge; die Duldsamkeit ist die Tugend des Schwachen. Immer hat der Despotismus die Macht angezeigt; möge man mir noch so oft versichern, daß Gott gut sei, ich sage, er ist gerecht; die wahre Gerechtigkeit aber hat sich nie mit Güte vertragen, die im Grunde genommen nur eine Wirkung der Schwäche und Dummheit ist. Madame, Sie haben Ihren Schöpfer schwer beleidigt; Sie vermögen Ihre Sünden nicht gutzumachen und ich kann es Ihnen nicht verhehlen, daß es nicht in meiner Macht liegt, Sie vor den gerechten Strafen, die Sie verdienen, zu schützen; ich kann nichts, als Gott um die Ruhe Ihrer Seele anzuflehen. Ich werde es sicherlich tun; aber kann ich, ein schwaches Geschöpf wie Sie, mir Erfolg versprechen? Die Strafen, die Sie erwarten, sind entsetzlich; dem ewigen Feuer der Hölle ausgeliefert zu sein, das ist, ich fühle es, eine gräßliche Strafe, an die unsere Phantasie uns nur schaudernd denken läßt; doch ist dies Ihr Los und ich sehe kein Mittel, Sie davor zu schützen.« Der Taumel meiner Sinne, der ganz dem Eindrucke meiner Rede auf die Fromme entsprach, war unbeschreiblich; mein Glied zerriß beinahe meine Hose; ja, einen Moment lang konnte ich nicht an mich halten und mußte mich reiben. – »O, mein Vater,« sagte sodann das gutmütige Geschöpf, ohne meine Erregung zu bemerken, »geben Sie mir wenigstens die Absolution?« – »Gott behüte mich davor,« antwortete ich in festem und strengem Tone; »ich werde die Vermittlerrolle, die mir der Himmel zuwies, nicht so schänden; ich kann nicht durch diesen heiligen Segen den Schuldigen dem Guten gleichstellen. Ihn zu fordern, mich drum bitten zu wagen, ist ein neuerlicher Frevel, wegen dessen der Himmel Sie unbedingt strafen wird. Leben Sie wohl, Madame, Ihre Kräfte schwinden, ich merke es; raffen Sie sich auf, um den furchtbaren[230] Augenblick, da Sie vor Gott stehen werden, zu ertragen; ein zweifellos schrecklicher Moment, wenn man den göttlichen Urteilsspruch, der zur Hölle verdammt, vernehmen muß!«

Da fiel die Unglückliche in Ohnmacht; ich aber, trunken vor Geilheit, Frevelmut und Bosheit, schwang mein wütendes Glied und senkte es tief in den Hintern meiner Frommen, die, nur infolge Entkräftung sterbend, sich genug Reize bewahrt hatte, um noch Begierden zu erwecken. Ich muß gestehen, daß ich mich schon seit langem nicht besser entleert hatte. Hierauf verschwand ich, alles Geschmeide, dessen ich habhaft werden konnte, mitnehmend; am gleichen Abend noch erfuhr ich, daß mein armes Beichtkind ihre geängstigte Seele während meines Samenergusses aufgegeben hatte. Das kleine Mädchen schenkte ich dem Kloster und behielt mir nur die Schätze, die ich allem vorzuziehen begann.

Doch empfand ich auf dem Gipfel des Glückes und des Seelenfriedens, dessen sich mein philosophisches Gemüt erfreute, jene innere Unruhe, die eine Geißel unserer Seele und die allzu traurige Beigabe unseres Menschentums ist; gegenüber allen Genüssen gleichgiltig geworden, vermochte mich keiner mehr anzuregen. Ich ersann Schaudertaten und führte sie kaltblütig aus; da ich mir nichts zu versagen brauchte, verwirklichte ich sofort alle meine ausschweifenden Wünsche, so kostspielig sie auch sein mochten. Ich ließ Opfer meiner Geilheit selbst von den Inseln des Archipels herbeibringen; und als meine Emissäre eines Tages mit denen des Großherrn konkurrierten, konnte ich den Triumph erleben, daß die meinigen jene des Sultans aus dem Felde schlugen.

Aber all das tat mir nicht not; ein einfacher Genuß ließ mich nicht die geringste Erregung verspüren; ich brauchte Verbrechen und konnte nicht genug arge ersinnen.

Als ich eines Tages den feuerspeienden Aetna betrachtete, wünschte ich dieser berühmte Vulkan zu sein. »Höllenschlund,« rief ich bei seinem Anblick aus, »wenn ich gleich dir alle Städte ringsum verschlingen könnte, wie viele Tränen ließe ich fließen!« Kaum war mein Ausruf vollendet, als ich neben mir ein Geräusch vernahm; ein Mensch hörte mir zu. »Sie haben da einen merkwürdigen Wunsch,« sagte er zu mir. – »In dem Zustand, in dem ich mich befinde,« erwiderte ich übellaunisch, »hegt man noch ungewöhnlichere.« – »Möglich,« antwortete mir jener; »aber bleiben wir bei dem, den Sie eben ausgesprochen haben, und vernehmen Sie von mir, daß er ausführbar ist. Ich bin Chemiker; ich habe mein Leben mit[231] Naturforschung verbracht, um ihre Geheimnisse zu enthüllen; seit zwanzig Jahren widme ich meine Entdeckungen nur dem Unglück der Menschen. Sie sehen, wie ich spreche; Ihr eigenartiger Wunsch hat mir Vertrauen zu Ihnen eingeflößt; vernehmen Sie denn, daß man die schrecklichen Eruptionen dieses Berges nachahmen kann; wenn Sie wollen, werden wir es gemeinsam versuchen.« – »Mein Herr,« sagte ich dem Manne, indem ich ihn einlud, sich mit mir neben einem Baume niederzulassen, »besprechen wir uns, ich bitte Sie inständigst darum. Ist es wirklich wahr, daß Sie das können?« – »Nichts leichter als das.« – »Und wir können durch die Erhitzung dieses tätigen Vulkans dieselben Wirkungen hervorrufen wie ein Erdbeben?« – »Gewiß.« – »Wir werden Städte zerstören?« – »Wir werden sie zerstören, wir werden die ganze Insel von unterst zu oberst kehren.« – »Tun wir es, mein Herr, tun wir es; ich überhäufe Sie mit Gold, wenn es Ihnen gelingt.« – »Ich verlange nichts von Ihnen,« antwortete mir mein Gefährte, »das Unglück ergötzt mich, und wenn ich mich ihm hingebe, lasse ich mich dafür nicht bezahlen. Ich verkaufe nur Rezepte, die den Menschen. Nutzen bringen, die schädlichen verteile ich umsonst.« – Ich konnte mich an dem Manne nicht sattsehen. – »Welch ein Glück,« rief ich begeistert aus, »Leuten zu begegnen, die gleich Ihnen denken! Und sagen Sie mir, Sie Himmlischer, weshalb tun Sie das Böse? Was empfinden Sie, wenn Sie es ausüben?«

»Hören Sie mich an,« sagte mir Almani (dies der Name des Chemikers), »ich will Ihre beiden Fragen beantworten. Der Beweggrund, der mich zum Bösen treibt, ist meinem tiefen Eindringen in das Wesen der Natur entsprungen. Je mehr ich ihr Geheimnisse zu entreißen versuchte, desto mehr fand ich, daß sie sich nur mit dem den Menschen Schädlichen befaßt. Folgen Sie ihr bei all ihrem Tun: Sie werden sie stets gefräßig, zerstörend und boshaft, stets inkonsequent, widerspruchsvoll und verwüstend finden.

Blicken Sie einen Augenblick lang auf die Unzahl von Leiden, die ihre höllische Hand über die Welt ergehen läßt. Welchen Zweck hat es denn gehabt, uns zu erschaffen und so unglücklich zu machen? Warum geht unsere traurige Person sowie alles, was sie geschaffen hat, so unvollkommen aus ihrer Werkstätte hervor? Muß man nicht sagen, daß ihre mörderische Kunst nur Opfer habe schaffen wollen, daß das Böse ihr einziges Element sei und daß sie die schöpferische Kraft nur dazu benütze, die Erde mit Blut, Tränen und Trauer zu bedecken? Daß sie ihre Energie nur dazu brauche, um ihre Geißeln zu schwingen?[232] Einer Ihrer modernen Philosophen nannte sich den Liebhaber der Natur; nun gut, ich, mein Freund, erkläre mich als ihren Henker. Lernen Sie sie kennen, ergründen Sie sie, diese grausame Natur, Sie werden sie nur deshalb schöpfen sehen, um zu zerstören; nur durch Morde gelangt sie zu ihren Zielen und wird gleich dem Minotaurus nur durch das Unglück und die Zerstörung des Menschen fett. Welche Achtung, welche Liebe können Sie denn für eine solche Kraft hegen, deren Wirkungen stets gegen Sie gerichtet sind? Sehen Sie sie jemals ein Geschenk machen, das nicht von schwerem Leid begleitet wäre? Wenn sie Ihnen zwölf Stunden lang leuchtet, stürzt sie Sie zwölf andere Stunden in Finsternis. Läßt sie Sie die Freuden des Sommers genießen, so zerstört sie diese durch die Schrecken des Gewitters; neben dem heilsamsten Kraute läßt ihre verräterische Hand Gifte keimen; das schönste Land der Erde übersäet sie mit Vulkanen, die es in Asche wandeln; schmückt sie sich einen Augenblick, so bedeckt sie sich zur anderen Jahreszeit mit Schnee; verleiht sie uns Kraft in der ersten Zeit des Lebens, so überhäuft sie uns im Alter mit Leiden und Schmerzen; läßt sie Sie einen Moment an dem bizarren Weltgemälde ergötzen, so sind Sie am Ende Ihrer traurigen Laufbahn auf Schritt und Tritt über das entsetzliche Unglück, das sich Ihnen darbietet, entsetzt. Sehen Sie nur, mit welch boshafter List sie Ihre Lebenszeit mit ein wenig Vergnügen und recht viel Leiden erfüllt; prüfen Sie möglichst kaltblütig die Krankheiten, mit denen sie Sie beschwert, die Zwietracht, die sie unter den Menschen säet, die entsetzlichen Folgen, die sich an Ihre süßesten Triebe knüpfen; an die Liebe grenzt die Raserei; an den Mut die Grausamkeit; an den Ehrgeiz der Mord; an die Empfindsamkeit die Tränen; an die Weisheit alle Krankheiten des Gewissens. In welch eine schreckliche Situation versetzt sie Sie mit einem Wort, da der Ekel vor dem Leben Ihre Seele derart erfüllt, daß kein Mensch an, seinem Todestage ein zweitesmal sein Leben wiederleben wollte. Ja, mein Freund, ich verabscheue die Natur, denn ich kenne sie genau. Im Besitze dieser schrecklichen Geheimnisse habe ich Einkehr in mir gehalten und habe (dies sage ich, um Ihre zweite Frage zu beantworten) eine unsagbare Freude daran gefunden, ihre Schrecken nachzuahmen. ›Nun gut,‹ habe ich mir stets gesagt, ›sie ist ein verächtliches, ein haßenswertes Wesen‹, das mir nur deshalb das Leben geschenkt hat, um mich am Schaden meiner Nächsten zu erfreuen. Ei was! (ich zählte damals sechzehn Jahre) kaum bin ich dem Schoße dieses Ungeheuers entstiegen, da zwingt sie mich zu denselben Schaudertaten, die ihr selbst Vergnügen bereiten. Das ist keine Verderbtheit:[233] denn ich bin ja erst vor kurzem geboren: das ist Neigung, Trieb. Ihre barbarische Hand vermag nur Böses zu schaffen; es erfreut sie also das Böse? Und ich soll eine solche Mutter lieben? Nein! Ich werde ihr nacheifern, aber sie zugleich verabscheuen; ich werde sie nachahmen, sie will es ja so, aber zugleich verfluchen; und rasend darüber, daß meine Leidenschaften ihr förderlich sind, werde ich ihre Geheimnisse so gut enthüllen, daß ich wenn möglich noch böser werde, um sie mein ganzes Leben lang zu erzürnen. Ihre mörderischen Netze sind nur über uns ausgespannt; versuchen wir sie selbst hineinzuverstricken; sperren wir sie in ihre eigenen Werke, um sie umso heftiger zu insultieren; bringen wir sie womöglich in Verwirrung, um sie sicherer schmähen zu können! Aber die Hure hat meiner gespottet, ihre Mittel waren stärker als die meinen; unser Kampf war zu ungleich, sie zeigte mir nur ihre Wirkungen, verschleierte aber alle ihre Ursachen. Ich habe mich also auf die Nachahmung der ersteren beschränkt; da ich den Beweggrund, der den Dolch in ihre Hände drückte, nicht erraten konnte, habe ich es verstanden, ihr die Waffe zu entwinden, und habe mich dieser ganz ebenso wie sie bedient.«

»Oh, mein Freund,« sagte ich enthusiastisch, »ich sah nie eine heißere Phantasie als die Ihre ... Welche Tatkraft! ... Welche Stärke! Wieviel Böses müssen Sie bei einem so tätigen Geiste schon vollbracht haben!« – »Ich lebe nur durch und für das Böse,« erwiderte mir Almani; »nur das Böse regt mich an, ich atme nur, indem ich es begehe, mein Wesen findet nur an ihm Freude.« – »Almani,« unterbrach ich ihn voll Feuer, »ohne Zweifel geraten Sie in Erektion, wenn Sie sich ihm hingeben?« – »Urteilen Sie!« sagte der Chemiker, indem er sein armlanges Glied in meine Hand legte; die violetten, erweiterten Adern schienen unter der Kraft des darin zirkulierenden Blutes fast bersten zu wollen. – »Welchem Geschmacke huldigen Sie denn, mein Lieber?« – »Ich sehe gerne ein Geschöpf bei irgendeinem meiner Experimente zugrunde gehen; ich bearbeite indessen eine Ziege und entlade mich, wenn das Geschöpf stirbt.« – »Und Menschen bearbeiten Sie nie?« – »Nein; ich bin Tierfreund und Mörder, davon gehe ich nicht ab.«

Kaum hatte mir Almani geantwortet, als zu unseren Füßen ein Lavastrom emporgeschleudert wurde. Ich erhob mich erschrocken; er dagegen rührte sich nicht, sondern schüttelte sein Glied hin und her und fragte mich phlegmatisch, wohin ich gehe. »Bleiben Sie nur ruhig,« sagte er, »Sie wollen meine Leidenschaften kennen; nun, so sehen Sie eine; kommen Sie,« fuhr er, sein Glied reibend, fort,[234] »sehen Sie meine Spermafluten sich ergießen in das Pech und den Schwefel, mit dem die liebenswürdige Natur uns hier umgibt; ich glaube in der Hölle zu sein, mich in ihre Gluten zu entladen; dieser Gedanke erfreut mich, ich komme nur deshalb her, um ihn zu befriedigen.« Er flucht, er lästert Gott, er tobt und sein Sperma ergießt sich auf die Lava, sie abzukühlen.

»Almani, folgen Sie mir,« sagte ich zu ihm, »ich brenne vor Begierde, Sie gründlich kennen zu lernen; ich kann Ihnen Opfer darbieten; ich will übrigens Ihre Geheimnisse kennen lernen.« Wir kehrten zu mir heim. Der Chemiker bewunderte meine Behausung, lobte meinen Geschmack und fand an meinen Serail Gefallen. Ich gab ihm Ziegen, die er vergnügt bearbeitete, während er mit einem Draht den Blitz auf den Kopf einer jungen sechzehnjährigen Neapolitanerin lenkte, die während des Vorganges starb; eine andere tötete er durch Elektrizität; sie starb unter schauerlichsten Qualen; eine dritte erstickte er in einer halben Sekunde durch starke Erhöhung des Luftdruckes. Er untersuchte das Opfer seiner Experimente ganz nackt, streichelte und küßte ihr recht lange die Hinterbacken, leckte ihr Afterloch und fand, wie er sagte, darin den nötigen Reiz, um daß Individuum zum Tode zu verurteilen. Seine Versuche erstreckten sich auch auf Knaben, die er ebenso behandelte. Sodann lehrte er mich einige seiner Geheimnisse, worauf wir uns an das gewaltige Experiment heranmachten, das die Ursache seiner Reise gewesen war. Der Vorgang war einfach. Es bedurfte nur der Formung runder Massen, die aus Wasser, Eisenstaub und Schwefel bestanden; dann grub man sie drei bis vier Fuß tief in die Erde in einem Umkreis von zwanzig Meilen, eine von der anderen etwa zwanzig Zoll entfernt; wurden diese Massen erhitzt, so kam es zur Explosion. Wir vermehrten die Zahl jener derart, daß die ganze Insel so furchtbar erschüttert wurde, wie noch nie seit Jahrhunderten.

Zehntausend Häuser stürzten in Messina ein; fünf öffentliche Gebäude wurden zerstört, fünfundzwanzigtausend Seelen fielen unserer grenzenlosen Bosheit zum Opfer. »Mein Lieber,« sagte ich zu dem Chemiker nach Beendigung unseres Experimentes, »es ist das Sicherste auseinanderzugehen, nachdem man so viel Böses zusammen begangen hat; nimm diese fünfzigtausend Francs und sprechen wir nie voneinander.« – »Stillschweigen will ich versprechen,« sagte Almani, »das Geld weise ich zurück. Erinnern Sie sich nicht, wie ich sagte, ich wolle mich nie für böse Taten bezahlen lassen? Hätte ich Ihnen Gutes erwiesen, dann würde ich eine Belohnung annehmen; aber[235] ich habe nur Böses verübt, das mir Freude bereitet hat; wir sind quitt. Adieu.«

Mein Ueberdruß gegenüber Sizilien verdoppelte sich nach diesem schrecklichen Ereignis; da ich fühlte, daß nichts auf der Welt mich fürderhin an dieses Land fesseln könnte, verkaufte ich mein Gut, nachdem ich alle Mitglieder meines Serails und auch Clementia, trotz ihrer außerordentlichen Anhänglichkeit an mich, umgebracht hatte. Bestürzt über meine Barbarei und Undankbarkeit, erstaunt darüber, daß ich ihr noch ärgere Qualen vorbehielt als den anderen, wagte sie es, mir Vorwürfe zu machen. »O Clementia,« sagte ich ihr, »wie schlecht kennst du die Seele eines Wüstlings gleich mir, da du dir über das Los, das ich dir bestimmte, nicht klar warst! Weißt du denn nicht, daß die Dankbarkeit, von der du meine Seele erfüllt glaubtest, nur dazu gut ist, um mit Frevel zu lohnen? Wenn ich dich schlachtend irgendwelche Regung oder Gewissensbiße empfinde, so nur deshalb, weil ich dich nicht genug martern kann.« Sie starb vor meinen Augen, während ich heftig entlud.

Ich schiffte mich nach Afrika ein mit dem Plane, mich mit den Kannibalen dieser schrecklichen Gegenden zu verbinden, um womöglich noch tausendmal wilder zu werden wie sie.

Aber diesmal wollte der Unbestand des Geschickes mir die Kehrseite zeigen und mich überzeugen, daß, wenn es auch fast immer die Frevel begünstigt, dennoch die Henker ihrerseits zum Opfer fallen müssen, wenn neue Verfolger auftreten ... Doch beweist diese Wahrheit nichts für die Tugend, da man diese in meiner Erzählung stets in Nöten sieht; aber das soll uns nur lehren, daß der Mensch infolge seiner Schwäche ein Spielball aller Launen des Geschickes, diesen, wenn er vernünftig ist, nur Geduld und Mut entgegensetzen soll.

Ich hatte mich in Palermo auf einem kleinen, leichten Fahrzeug eingeschifft, daß ich nur für mich gemietet hatte. Kaum befanden wir uns auf der Höhe der Klippen von Quels, als wir die Küsten Afrikas sichteten. Als wir dort anlangten, griff uns ein barbarisches Korsarenschiff an und nahm unseres ohne Widerstand. In einem Augenblick sah ich mich, meine Freunde, meines Vermögens und meiner Freiheit beraubt; ich verlor in einer Minute die kostbarsten Güter des Menschen. »Ach!« sagte ich zu mir, als ich gefesselt war, »wenn dieses auf schlechtem Wege erworbene Geld in bessere Hände fiele, dann würde ich vielleicht an die Gerechtigkeit des Schicksals glauben; aber ist es in besseren Händen bei solchen Frevlern, die in diesen Küstenstrichen nur deshalb kreuzen,[236] um das Serail des Beis von Tunis zu bevölkern? Ist es bei ihnen besser aufgehoben als bei mir, der es auch zur Bildung von Serails benutzte? Wo ist denn also diese edle Gerechtigkeit des Geschickes? Geduld! es handelt sich nur um eine seiner Launen: diese vernichtet mich heute, eine andere erhöht mich morgen wieder.«

In wenigen Stunden kamen wir in Tunis an. Mein Kapitän stellte mich dem Bei vor, der seinem Bostangi Befehle gab, mich sogleich bei Gartenarbeiten zu verenden; mein Geld wurde eingezogen. Ich wollte einige Einwendungen erheben; da warf man mir vor, ich sei Priester eines in den Augen Mohammeds verfehmten Glaubens, weshalb man mir niemals dieses Gut rückerstatten werde. Ich mußte schweigen und arbeiten. Da ich kaum zweiunddreißig Jahre zählte, war ich wenigstens in meiner Vollkraft; obgleich entnervt durch meine Ausschweifungen, fühlte ich doch alle nötige Energie in mir, mein Geschick geduldig zu tragen. Schlecht genährt, auf schlechtem Lager, viel arbeitend, empfand ich keinen moralischen Katzenjammer, wenn ich auch physische Mißstimmung verspürte; im Geiste empfand ich immer noch die gleiche Geilheit und Bosheit.17 Manchmal betrachtete ich die Mauern des Serails, unter dem ich arbeitete, und sagte mir: »O Jérome! auch du hast ein Serail gehabt und köstliche Opfer, die es bevölkerten; jetzt aber mußt du aus eigener Schuld denen dienen, mit denen du rivalisiert hast.«

Eines Abends, da ich mich diesen traurigen Gedanken hingab, sah ich ein Briefchen zu meinen Füßen fallen; ich beeile mich, es aufzuraffen. Gott! wie war ich erstaunt, da ich Josephinens Schrift und Namen erkannte, der Unglücklichen, die ich in Berlin in der Gewißheit verkauft hatte, sie würde das Opfer eines Lustmordes werden.

»Es ist köstlich, Böses mit Gutem zu vergelten,« schrieb mir Josephine in diesem Briefchen, »Sie glaubten, ich sei der Wut eines Frevlers zum Opfer gefallen; Sie haben mich zu diesem Zwecke ihm ausgeliefert; doch hat mich mein Stern vor dem schauerlichen Los, das Sie mir bestimmt haben, geschützt. Wenn ich mich aber wahrhaft glücklich schätze, so deshalb, daß ich imstande bin, Ihre Ketten zu zerbrechen. Morgen werden Sie zur gleichen Stunde als Zeichen meiner unabänderlichen Gesinnung eine Börse mit 300 venetianischen Zechinen und das Bildnis derer, die Sie ehemals[237] liebten, erhalten ... Ein Brief wird dabei sein; er wird Ihnen den Weg zu unser beider Rettung zeigen. Adieu, Scheusal ... das ich wider meinen Willen lieben muß; wenn du mir schon nicht Dank erweist, so achte wenigstens die, welche an dir nur durch Wohltun Rache übt.

Josephine.«


Unbegreifliche Wirkung des abscheulichsten Charakters! meine erste Regung war die der Verzweiflung über das Entwischen eines meiner Opfer; meine zweite war die des Aergers darüber, jemandem einen Dienst zu verdanken, den ich stets nur beherrschen hatte wollen. »Tut nichts,« sagte ich mir, »nehmen wir es an; die Hauptsache ist, sich von hier zu retten. Sie wird schon merken, wenn ich ihrer nicht mehr bedarf, welches in einem Herzen wie dem meinigen die Wirkungen der Dankbarkeit sind.«

Das zweite Briefchen, das Geld, das Bildnis, alles kam zur angesetzten Stunde. Ich küßte das Geld, spuckte auf das Porträt und las hastig das Billet. Ich erfuhr, daß sie über ein beträchtliches Vermögen verfüge, daß ich es teilen dürfe, wenn ich es wolle, namentlich aber, wenn ich es verdiente; ich solle sofort an einen näher bezeichneten Platz gehen, wo mich ein Schiffer erwarte; ich solle mich mit ihm über den Preis für die Ueberfahrt nach Marseille einigen sowie die Maßregeln zur Flucht ergreifen.

Ich eile zu dem Manne, von dem die Rede ist, und ordne alles. Delmas war ein alter Renegat, der Reue hegte, und vor Verlangen brannte, sein Vaterland wiederzusehen und den Türken soviel ihrer Opfer als möglich zu entreißen. »Warten Sie,« sagte er zu mir, »da haben Sie zunächst eine Strickleiter, die Sie zu Ihrer Beschützerin gelangen lassen müssen; fügen Sie dieses Wasser dazu, mit dem Sie durch bloßes Reiben die Gitter durchreißen kann. Ist sie einmal in den Gärten, wo sie, was Sie leicht begreifen werden, erst nachts erscheinen darf, wird sie zu mir auf dem gleichen Wege, den Sie genommen haben, kommen; ich werde sie in meinem Fahrzeug verbergen, in das Sie ebenfalls sich eiligst begeben müssen, sobald das Bagno offen ist.«

Hocherfreut über diese guten Nachrichten, kehrte ich zum Serail zurück. Ich gebe das verabredete Zeichen, auf das eine Antwort erfolgt. Eine Schnur wird herabgelassen; ich befestige die Leiter und die Flüssigkeit, sowie eine kurze Antwort daran, in der ich meiner Zärtlichkeit und meinem Dank, so gut ich dazu imstande war, Ausdruck verlieh. Der Fensterladen wird geschlossen; am Tag nachher wird mir durch ein letztes Billet angezeigt, daß die[238] Ausführung des Projektes auf die nächste Nacht verschoben sei; ich werde aufgefordert, nicht daran zu vergessen, um sicher zu sein, am nächsten Tage in früher Stunde Josephine, ihr Herz und ihre Schätze im Innern von Delmas' Schiff wiederzufinden.

Ich war pünktlich. Ich will Euch nichts von der Szene des Wiederfindens mit Josephine erzählen; sie war zärtlich und vergoß sogar Tränen; ich war mürrisch und verspürte stets jenes Gefühl der Bosheit, das keine Person in meine Hände fallen ließ, bei der mich nicht das lebhafteste Verlangen ergriffen hätte, sie mir untertänig zu machen. Josephine hatte das Alter erreicht, in dem die Züge schärfer hervortreten und ihre Feinheit in Schönheit wandeln; sie war wirklich ein sehr schönes Weib. Während wir darauf warteten, daß die Segel gelichtet würden, tranken wir eine Flasche Syrakuser; indessen erzählte mir das liebe Mädchen ihre Abenteuer.

Der Mann, der sie mir abgekauft hatte, war Friedrich, König von Preußen, der auf den Bericht seines Bruders hin lebhaft die Opferung dieses Geschöpfes gewünscht hatte. Doch war sie so glücklich, der schrecklichen Marter, die ihr drohte, durch die Vermittlung des Kammerdieners zu entrinnen; sie hatte sich noch in derselben Nacht aus Berlin geflüchtet und sich gleich mir in Venedig aufgehalten. Verschiedene galante Abenteuer ermöglichten ihr das Dasein in dieser Stadt, bis ein tunesischer Pirat sie entführte und dem Bey verkaufte, dessen Favoritin sie geworden war. Das, was sie mitbrachte, war indes, obwohl eine recht beträchtliche Summe, höchstens der dritte Teil der Schätze, mit denen sie dieser Despot überhäuft hatte; aber sie konnte nicht mehr wegtragen als im Werte von ungefähr 500.000 Francs. »Nun also,« sagte ich zu Josephine, »damit können wir uns in Marseille niederlassen; wir sind beide jung genug, um auf die Verzinsung dieses Geldes hoffen zu können, das uns dereinst reich machen soll. Meine Hand – fuhr ich heuchlerisch fort – wird bei unserer Ankunft der Lohn deiner Güte sein, wenn es wahr ist, daß du mir das scheußliche Verbrechen, dessen ich mich schuldig gemacht habe, wirklich verzeihen kannst.« Tausend zärtliche Küße waren Josephinens Antwort. Wir waren den Blicken aller entzogen; auf dem Schiffe herrschte noch Ruhe; die süße Empfindung der Freiheit, die Wirkung des genossenen Weines versetzten uns in Feuer, so daß die Säcke, auf welchen wir lagen, uns als Lagerstätte der Wollust dienten. Schon lange hatte ich mich nicht entladen. Da fand ich ein Weib wieder, gegen welche meine ruchlose Phantasie mich schauerliche boshafte Pläne aushecken ließ. Ich schürzte Josephine von hinten; ihre prächtigen Hinterbacken,[239] die wunderbar gut erhalten waren, hatten es mir angetan; ich bearbeitete sie von hinten. »Erhitze mich wieder,« sagte ich ihr, als ich fertig war, »schildere mir genau die Geilheit des Beys. Wie führt er sich gegenüber einer Frau auf?« – »Sein Geschmack ist merkwürdig,« antwortete Josephine, »bevor er ein Weib berührt, muß sie ganz nackt drei volle Stunden platt auf dem Bauche auf einem Teppich liegen. Zwei Lustknaben reiben ihn indeß. Wenn ihr Herr in Erektion ist, heben sie die Frau auf und führen sie ihm zu. Sie verbeugt sich, worauf die Lustknaben ihre Hände und Füße binden. Sodann muß sie sich mit reißender Schnelligkeit solange drehen, bis sie umfällt. Dann wirft er sich auf sie und bearbeitet sie von hinten. Nur so erfreut er sich an Frauen und seine Liebe zu ihnen richtet sich nach der Geschwindigkeit, mit der sie sich drehen. Ich habe ihm nur wegen meiner Geschicklichkeit in dieser Sache gefallen; alle Geschenke, die ich von ihm erhielt, sind Belohnungen dafür.« Erhitzt von diesem Bericht, sodomisierte ich Josephine noch ein zweitesmal und empfand eine Art Wollust, im gleichen Hintern zu stecken, der einen türkischen Kaiser zur Entladung veranlaßt hatte; da trat plötzlich Delmas ein; er verkündete uns, daß er die Segel lichten wolle; in zwei Stunden sei er frei, wir könnten ihn dann an der Kapitänskajüte aufsuchen. Wir fanden uns daselbst ein. Josephine hatte dem Renegaten ihren Plan, mit mir in Marseille ein Handelshaus zu errichten, anvertraut; aus den Antworten des Schiffsherrn entnahm ich rasch, daß er genug Geld besitze, um dritter Kompagnon zu sein. Sofort faßte ich den Plan, meine beiden Wohltäter zu bestehlen und sogar umzubringen; dann wollte ich mich der Schätze und des Schiffes bemächtigen und anstatt nach Marseille nach Livorno steuern, um mich den Verfolgungen zu entziehen. Mit dieser Absicht verdrehte ich die Köpfe von Delmas und Josephine; zugleich bewog ich letztere, sich den Absichten des Renegaten gegenüber nicht zu widerstrebend zu zeigen, um ihm zum Zwecke der Ausführung eines Projektes, das ich nicht ohne Mithilfe ausführen könnte (da ich in dieser Hinsicht mich nicht auskannte), um ihm also zu diesem Zwecke Aufklärungen zu entlocken.

Meine Andeutungen hatten den von mir gewünschten Erfolg; schon in der nächsten Nacht schlief Delmas bei Josephine. Das war alles, was ich wollte. Kaum glaube ich sie beisammen, als ich, den Dolch in der Hand, die Schildwache überwältige und soviel Leute der Bemannung als möglich um mich versammle.

»Meine Freunde,« sagte ich zu ihnen, »sehen Sie nur, wie mich dieser Frevler verrät; ich vertraue ihm mein Weib[240] an, da seht, welchen Gebrauch er davon macht.« Damit stürze ich auf das eingeschlafene Paar und will es mit tausend Stichen durchbohren. Aber Delmas erwacht und scheint sich vorgesehen zu haben; er schießt auf mich, verfehlt mich aber. Ich werfe mich auf ihn; ich erdolche ihn samt seiner unwürdigen Beischläferin, so daß sie blutüberströmt da liegen. Sodann steige ich auf das Verdeck und versammle die Mannschaft um mich, um sie aufzuwiegeln.

»Meine Kameraden,« sage ich ihnen, »nur der Greuel, dessen Zeugen die meisten von Euch waren, hat mich zu der Tat bewogen. Ich habe einen Mißetäter gestraft, der es nicht verdiente, Euch zu kommandieren, da er die Entartung und die Schamlosigkeit so weit trieb. Delmas und ich trugen zusammen die Schiffskosten; und obgleich Ihr mich im Sklavengewande sehet, besitze ich doch ein Vermögen, das dem seinen gleichkommt; ich habe also nach ihm die meiste Anwartschaft auf das Schiff. Rechnet auf meine Redlichkeit und meine Talente; ich werde Euch besser führen als er. Die Fahrt wird fast gleich lange dauern; ich will nur einen anderen Bestimmungsort wählen. Pilot, steuern Sie gegen Livorno; meine Handelsbeziehungen veranlassen mich, diesen Hafen dem von Marseille vorzuziehen; was Euch, meine Freunde, betrifft, so wird Eure Löhnung von heute an verdoppelt.«

Diese Rede fand allgemeinen Beifall. Man warf die Leichen ins Meer; ich bemächtigte mich aller ihrer Reichtümer; wir segelten weiter.

»O Geschick!« rief ich, als ich mich wieder beruhigt hatte, »du machst also dein Unrecht gegen mich wieder gut. Sicherlich ist dies die letzte Erschütterung; du wirst mich sowie auch diejenigen, die meine Geschichte kennen, schließlich zur Ueberzeugung bringen, daß du wenn du uns manchmal von Klippe zu Klippe schleuderst, dies nur deshalb tust, damit wir alle Freuden, mit denen du uns im Hafen beschenkst, umsomehr empfinden.«

Nach meiner Berechnung mochte meine Beute, das Schiff, das ich bei meiner Ankunft in Livorno zu verkaufen beschloß, nicht inbegriffen, sich auf ungefähr zwölfhunderttausend Livres belaufen; ich schwamm in Freuden über meinen glänzenden Hoffnungen, als plötzlich die Schildwache die Nachricht brachte, ein Korsarenschiff gehe auf uns los. Da ich die Ueberlegenheit unserer Kräfte erkannte, befahl ich, das Fahrzeug zu entern; ich schwinge mich auf das Verdeck; meine Mannschaft folgt mir. Wir tragen den Tod in die Reihen der Feinde und waten im Blut; den Säbel in der Faust dringe ich in die Kajüte des Kapitäns. Himmel! wen erblicke ich? ... Gerechter Himmel! welch eine Ueberraschung! Es ist Josephine ...[241] Josephine, die ich an Bord meines Schiffes erdolcht zu haben glaubte. Mit einem furchtbaren Hieb schlage ich den Mann, der sie verteidigen will, zu Boden; dann wende ich mich ihr zu und schreie: »Welches unglückselige Geschick bringt deine abscheuliche Person mir stets vor Augen?« – »Zerreiße sie, die dir lästig fällt,« ruft Josephine, ihren Busen öffnend. »Ja, töte mich jetzt rasch. Ich bin schuldig, ich verfolgte dich in der Absicht, dir das Leben zu rauben; du triumphierst, Treuloser, räche dich an mir: höre aber vorher, welches Geschick mich dir wieder vor die Augen bringt, da du dich bereits über meinen Tod gefreut hattest.

Ich kannte dich, Jérome; deine Ränke überraschten mich nicht; ich enthüllte Delmas alles. Da wir unter den Matrosen eine starke Strömung zu deinen Gunsten argwöhnten, zogen wir die List der Gewalt vor. Der Renegat hieß mich nachts in die Schaluppe gehen, die bloß zwei Ruderer lenkten; um deine Pläne besser kennen zu lernen, brachte er die Nacht mit einer der Mägde zu, die du für mich gehalten, und zweifellos mit ihm umgebracht hast, da du jetzt hier den Befehl führst. Ich sollte auf ein kleines Fahrzeug flüchten, das sich in der Nähe befand, welches dem des Delmas ähnelte und ebenfalls von einem Renegaten kommandiert wurde; du hast ihn soeben zu Boden gestreckt, da liegt er. Dieser Kapitän, der durch den Brief, den ich bei mir trug, verständigt wurde, sollte sich den Anschein geben, als ob er Delmas überfiele und ihn besiege; du solltest in Ketten gelegt werden. War es nicht an der Zeit, mich wegen deiner schändlichen Pläne zu rächen? Du hast die Oberhand gewonnen, Jérome; mein Verteidiger ist tot; noch einmal, nimm mir rasch das Leben. Würde der Himmel mir die Uebermacht schenken, du würdest mir nicht entwischen. Du bist ein Undankbarer; ich wünsche nicht weiter die Freundin eines Ungeheuers zu sein.«

Mit meinem Zorn wetteiferten in meiner Seele alle Empfindungen des Ekels und der Wut, die mich schon längst gegen dieses höllische Geschöpf aufgebracht hatten; ich ließ sie in Ketten legen und in den untersten Schiffsraum werfen. Sodann ließ ich das zweite Schiff ins Schlepptau nehmen und fuhr weiter gen Livorno. Aber als ich abends, von meinen Mühen etwas abgemattet, einige Flaschen griechischen Weines trank, erinnerte mich mein infernalischer Penis bald daran, daß ich ihm ein köstliches Opfer darbringen könne. Ich hatte mit einem kleinen Schiffsjungen, den ich sehr gern hatte, soupiert, der mich während meiner ruchlosen Gedanken wichste. Ich ließ das Opfer in meine Kajüte bringen; ich gab sie nacheinander allen Matrosen preis; ich rieb deren Glieder und führte[242] diese abwechselnd in Josephinens Scham und After ein. Sowie einer fertig war, befahl ich ihm, ihr hundert Hiebe mit einem Tau nach seinem Belieben auf Kreuz oder Hinterbacke zu versetzen und ihr Gesicht an seinem Hintern zu reiben. Vierundsechzig Mann taten dies, so daß sie sechstausendvierhundert Peitschenhiebe erhielt. Ich war der einzige, der nicht entladen hatte. Ich rieb mich, während ich Josephine ohnmächtig auf der Erde mitten im Zimmer sah; ich freute mich, sie, die alles für mich aufs Spiel gesetzt hatte und die, wenn sie sich endlich rächte, Grund genug dazu hatte, in diesem Zustande zu sehen. Noch nie hatte mich eine derartige Erregung ergriffen; mein Sperma entlud sich wider meinen Willen. Ich wünschte diesem Geschöpf einen entsetzlichen Tod; zwanzig Projekte durchkreuzten mein Gehirn, das sie alle als zu schwächlich verwarf. Ich wollte alle Leiden der Menschheit auf ihr Haupt sammeln, aber keines erschien mir arg genug, wenn ich es genau bedachte. »O Jérome,« schrie sie, als sie wieder zum Bewußtsein erwachte und meine Gedanken erriet, »ich könnte noch leben und leben, um dich zu lieben; du weißt, was ich für dich getan habe und wer von uns beiden im Unrecht ist.« Aber weit entfernt davon, mich zu erweichen, erregte mich die Dirne nur umso mehr. Ich trat sie mit Füßen, ich schlug ihren Busen und biß ihre Hinterbacken; ich ähnelte dem Tiger, der endlich seine Beute erlangt hat, die den Wütenden nur dadurch ergötzt, daß sie ihn noch mehr reizt. Kurz, ich war trunken vor Wollust und Raserei, als meine Leute mir die Nachricht brachten, daß das Schiff, welches wir mitschleppten, der Fahrt sehr hinderlich sei. Da entschloß ich mich zu dem merkwürdigen Plan, den ich nun auseinandersetzen will.

Ich ließ Josephine nackt an den Mast dieses Fahrzeuges binden; dann ließ ich Pulver an dessen Deck bringen; die Taue, die es mit meinem Schiffe verbanden, ließ ich durchschneiden; dann ließ ich eine Lunte, das letzte Band zwischen den beiden Schiffen, anzünden, worauf das zweite in die Luft flog. Indessen bearbeitete ich den kleinen Schiffsjungen und genoß das köstlichste Vergnügen, die zerrissenen Glieder derjenigen, die mich ehedem so geliebt und die mir noch vor kurzem Geld und Freiheit verschafft hatte, für immer in den Fluten versinken zu sehen. Ach, welch eine Entladung! Nie hatte ich eine stärkere genossen.

Endlich kamen wir in Livorno an, wo ich im besten Zustande ans Land ging. Ich verabschiedete meine Leute und verkaufte das Schiff; sodann begab ich mich, nachdem ich mehrere Tage ausgeruht hatte, zu Lande nach Marseille, da ich mich nicht mehr den gefährlichen Launen[243] eines Elementes aussetzen wollte, dessen Unbeständigkeit ich so stark empfunden hatte.

Marseille ist eine prächtige Stadt, wo man allen Formen von wüsten Ausschweifungen fröhnen kann. Prächtige Wollustobjekte, göttliches Klima; was brauchte es mehr, einen solchen Lüstling wie mich zu fesseln? Ich hatte das geistliche Gewand abgelegt; da ich sicher war, wieder in meine priesterlichen Rechte eintreten zu können, wann ich wollte, erfreute ich mich einige Zeit an den Freiheiten des weltlichen Gewandes. Ich mietete ein hübsches Haus beim Hafen, einen ausgezeichneten Koch, zwei Dienstmägde sowie zwei vorzügliche Kuppler, deren einen ich mit der Aufbringung von Lustknaben, den anderen mit der von Mädchen betraute; beide leisteten mir so gute Dienste, daß ich in meinem ersten Jahre mehr als tausend Knaben und fast zwölfhundert junge Mädchen sah. Es gibt in Marseille eine Klasse solcher Geschöpfe, bekannt unter dem Namen Chaffrecane, die nur aus zwölf- bis fünfzehnjährigen in Fabriken oder Geschäftshäusern arbeitenden Kindern besteht; diese liefert den Wüstlingen dieser Stadt die prächtigsten Objekte. Ich räumte rasch in ihren Reihen auf, so daß ich bald blasiert wurde; wenn mein Genuß nicht von Freveltaten begleitet war, konnte er mich nicht befriedigen. Ich suchte also meinen Grundsätzen gemäß meine trefflichen Talente mit meinem Geschmack zu verknüpfen.

Mit solchen Plänen brachte ich meine Zeit zu, als eines Tages einer meiner Kuppler mir ein achtzehn-bis zwanzigjähriges, sehr schönes Mädchen zuführte, die, wie man mir versicherte, klug war wie Minerva. Nur das grenzenlose Elend, in dem sie sich befand, vermochte sie zu diesem furchtbaren Schritte; sie bat mich, sie irgendwie unterzubringen, ohne mit ihrer schlimmen Lage Mißbrauch zu treiben. Wäre dieses junge Mädchen nicht schön gewesen wie der Tag, so hätte schon der Zustand, in dem man sie mir vorführte, mich im höchsten Grade erregt. Der erste wüste Gedanke, der mir durch den Kopf schoß, war der, mich an ihr zu ergötzen und sie zu prellen. Um diesen frommen Plan zu verwirklichen, befahl ich meinem Manne, sich zurückzuziehen, nachdem seine Beute in mein Boudoir eingetreten war. Ueberrascht von der Schönheit des Mädchens, konnte ich nicht umhin, sie um ihre Abkunft zu befragen. »Ach, mein Herr,« antwortete sie, »ich bin zu Lyon geboren; meine Mutter hieß Henriette, mein Name ist Helene. Meine unglückliche Mutter war das Opfer ihres ruchlosen Bruders, der sie mißbraucht hatte, und starb, wie es hieß, auf dem Schaffot. Ich bin die Frucht dieser schrecklichen Blutschande; sie war die Ursache[244] aller Leiden meines Lebens. Bis zum elften Lebensjahre lebte ich nur von der Mildtätigkeit. Eine Dame nahm mich um diese Zeit zu sich und lehrte mich arbeiten; ich befände mich jetzt nicht in der schrecklichen Lage, in der Sie mich sehen, wenn ich nicht so unglücklich gewesen wäre, sie zu verlieren. Seitdem hat es mir an Arbeit gefehlt und ich habe es vorgezogen, mein Brot zu erbetteln, als mich einem liderlichen Lebenswandel zu ergeben. Seien Sie großmütig, mein Herr; helfen Sie mir, ohne meinen Zustand zu mißbrauchen, dann werde ich des Himmels Segen auf Sie herabflehen.« Helene senkte die Augen nach dieser Rede, ohne nur eine Ahnung zu haben von der merkwürdigen Erregung, die sie in meinem ganzen Wesen hervorgerufen hatte. Ich erkannte mit Bestimmtheit in diesem prächtigen Geschöpfe das Kind meiner Cousine Henriette, des unglücklichen Opfers der Ruchlosigkeit meines Cousins Alexander und meiner schauerlichen Bosheit. Nie hatte eine Tochter ihrer Mutter ähnlicher gesehen. Wenn Helene kein Wort erzählt hätte, so hätte ich bloß durch Betrachtung ihrer Züge ihre Abkunft erraten. »Mein Kind,« sagte ich, »Ihre Erzählung ist recht interessant; vielleicht rührt es mich mehr als einen anderen; aber nichtsdestoweniger können Sie bei mir nichts durchsetzen, wenn Sie sich nicht allen meinen Befehlen blindlings unterwerfen. Beginnen Sie sich vollständig zu entkleiden.« – »Aber, mein Herr!« – »Kein Widerstreben, mein Herz, ich liebe das nicht; Sie haben von mir nichts zu erwarten, wenn Sie sich nicht bedingungslos allen meinen Launen unterwerfen.« Helene antwortete mit Tränen; als sie aber an meinem brutalen Vorgehen bemerkte, daß ich wenig Lust zeigte, ihre Bitten zu erhören, gab sie nach, indem sie mich mit Tränen überströmte. Helene besaß zu viele Reize, zu viel Anspruch an das Herz eines Wüstlings gleich mir, als daß ich an die Idee, sie zu schonen, auch nur hätte denken können. Sie besaß eine wundervolle Haut, einen saftigen, vollen Hintern, und war sicherlich noch unberührt. Mein rasender Penis durchbohrte sie rasch; ich gelange tief in ihre Scheide und entleere meinen schäumenden Samen; meine niedergeschlagene Tochter wird ihrerseits Mutter. Das, meine Freunde, war der Ursprung von Olympias Geburt, die Sie mich täglich in Ihrem Serail bearbeiten sehen und die also die dreifache Ehre genießt, meine Tochter, meine Enkelin und meine Nichte zu sein. Ich ging mit Helene bald von der Blutschande zur Sodomie über. Ich bearbeite dieses köstliche Ergebnis meines Hodens von hinten. Vom Hintern gehe ich zum Mund über; sie bot mir tausend Genüsse, die meinen rasenden Begierden kaum genügen konnten.[245] Müde geworden vom Ergießen des Samens, peitsche ich sie, ohrfeige ich sie, ließ ich sie scheißen. Es gab keine einzige Geilheit, der ich sie nicht willfährig gemacht hätte während der vier Stunden, die diese erste Sitzung dauerte. Von Wollust gesättigt, glaube ich es endlich an der Zeit, ihr zu erklären, mit wem sie es zu tun gehabt habe. »Helene,« sagte ich ihr, sie noch immer ganz nackt auf meinen Knien haltend, »würde es dir unangenehm sein, deinen blutschänderischen Vater wiederzufinden?« – »Sie machen mich erbeben.« – »Wenn aber dieses Scheusal existierte ... wenn er in deinen Armen läge, Helene ... in deinem Hintern ...« Mit diesen Worten senkte ich mein Glied in ihren After ein. Helene fiel in Ohnmacht. Meine gewaltigen Stöße, die sie im Mastdarm verspürte, erweckten sie bald wieder zum Bewußtsein. Ich entleerte mich. »Mein Kind,« sagte ich, als ich fertig war, »ich habe dir genug mitgeteilt, um dich dem Irrtum zu entreißen: erkenne deinen Vater und seine ganze Raserei. Jawohl, mir verdankst du dein Leben. Der Bruder deiner Mutter und ich waren die Ursache des Todes dieser unglückseligen Frau; aber alles ist wieder gut gemacht durch das Kind, an dem ich soeben mit dir gearbeitet habe. Bleibe bei mir; ich bedarf einer Frau, die sich meinen Lüsten willfährig zeigt und über meinen Vorteil wacht; tue dies und mache dir keine Skrupeln. Denke daran, daß du dich allen meinen Wünschen unterwerfen mußt. Bald Opfer, bald Aufseherin, darfst du dich keiner meiner Begierden entziehen; bei dem geringsten Widerstande werde ich mich kaum abhalten lassen, dich wieder in die furchtbaren Verhältnisse, in denen du bis jetzt lebtest, zurückzuschleudern; ich, der ich nach dem Leben deiner Mutter getrachtet habe, könnte vielleicht auch dein Henker werden.« Helene wirft sich mir zu Füßen; sie bittet mich, nicht mehr an die zu denken, die ihr das Leben geschenkt hat, und verspricht mir, grenzenlos unterwürfig zu sein. Nunmehr brachte ich sie bei mir als Haushälterin unter; die sanfte Helene ersetzte in Marseille meine Clementia von Messina.

Einige Zeit nach diesem Begebnis verliebte ich mich bis über die Ohren in einen jungen sechzehnjährigen Knaben, schön wie Adonis; aber seine Kälte, die auf eine Liebe zu einem gleichalterigen Mädchen zurückzuführen war, versetzte mich jeden Tag in Verzweiflung. Dennoch schenkte mir Imbert (so hieß er) sein Vertrauen, bald sogar seine Freundschaft, da ich es ihm ermöglichte, seine Geliebte bei mir zu sehen. Euphemie war groß gewachsen, bildhübsch, zweifellos von angenehmer Erscheinung, aber stand an Reizen weit hinter dem prächtigen Knaben zurück, der mir den Kopf verdreht hatte. Mit ihrem Vater[246] und ihrer Mutter befreundet, mit denen ich mich bloß wegen meines Vorhabens mit Imbert eingelassen hatte, vergingen nur wenig Tage, daß wir uns nicht gegenseitig aufsuchten. Von dieser Freundschaft gedeckt faßte ich, um mir Imberts Genuß zu verschaffen, das höllischeste Projekt, das je meinem Kopfe entstiegen war. Ich begann jenen bei den Eltern Euphemiens recht anzuschwärzen; durch meine Listen und Tücken legte ich dem jungen Manne solche Fallstricke, daß es mir gelang, ihn bei den Eltern seiner Geliebten verhaßt zu machen. Sobald ich so weit war, fiel es mir nicht schwer, Imbert seinerseits gegen die Leute, denen er so ungelegen zu sein schien, aufzuhetzen; von der Erbitterung ist aber in einem feurigen Herzen nur ein Schritt zum Verbrechen. Imbert sah ein, daß er, solange als die Eltern Euphemiens lebten, auf sein Glück nicht rechnen dürfte. Doch waren sie noch jung und Imbert ungeduldig. Ich ziehe aus seiner erregten Stimmung Nutzen. Durch eine hinterhältige Rede biete ich ihm mit dem Uebel zugleich das Heilmittel dar. Imbert läßt sich verführen und ist nur wegen einer Sache unruhig: wie sich nämlich Euphemie zum Mörder ihrer Eltern verhalten werde. Ich fragte ihn: »Warum ihr denn diese Tat enthüllen?« – »Sie wird sie ahnen.« – »Niemals. Uebrigens werde ich handeln; ich bitte Sie nur um Ihre Zustimmung.« – »Gott, können Sie daran zweifeln?« – »Ich will sie schriftlich.« – »Gut.« – Imbert gab mir folgendes Schreiben:

»Erbittert über die Verfolgungen, die ich erdulden muß, bitte ich meinen Freund Jérome, mir Realgar zu kaufen, um rasch den Tod der Eltern Euphemiens herbeizuführen, die sich hartnäckig meiner Heirat mit ihrer Tochter widersetzen.«

Schwäche und jugendliches Vertrauen ließen ihn, wie ersichtlich, sich arg verstricken. So unverhüllt auch diese Falle war, geriet der wackere Imbert in seiner Gedankenlosigkeit doch hinein; sofort, nachdem ich in den Besitz des Schreibens gelangt war, vergiftete ich bei einem Souper die Feinde meines Geliebten. Euphemie schöpfte keinen Verdacht; aber die tiefe Trauer und ihr Schmerz nötigten sie dennoch, sich für einige Wochen zu entfernen. Eine alte Tante führte sie aufs Land. »Imbert,« sagte ich zu dem jungen Manne, »dieses Vorgehen gefällt mir nicht. Die Abwesenheit Ihrer Geliebten kann ein Erkalten ihrer Gefühle bewirken; man kann in ihrer Seele die Eindrücke ihrer Eltern wieder auffrischen. Lassen wir es nicht dahin kommen; geben Sie mir neue Vollmachten, ich will sie dieser Möglichkeit entziehen.«[247]

Imbert willigt abermals in alle meine Wünsche ein. An der Spitze einer Banditenhorde, die ich für Geld gemietet habe, breche ich in das Landhaus der Tante ein; ich erdolche sie mit eigener Hand; meine Leute, denen ich dieses reiche Gut zur Plünderung überlasse, entledigen sich rasch aller Bedienten. Euphemie wird auf ein von mir mit Vorbedacht gemietetes, isoliert gelegenes Landgut nahe bei Marseille gebracht; dahin geleite ich auch Imbert und Helene. Hierauf sage ich zu dem jungen Mann: »Mein Freund, Sie sehen, was ich für Sie alles tue; dafür verdiene ich ihren Hintern.«- »Meinen Hintern?«- »Sie werden solange nicht in Euphemiens Besitz gelangen, als Sie mir meine Bitte nicht erfüllt haben.« – »Aber, Jérome, Sie wissen ja, wie sehr ich solchen Frevel verabscheue.« – »Imbert, hier ist Ihre Geliebte; Sie vernehmen Ihre Stimme (ich veranlaßte ihn, auf ein Gespräch zu lauschen, das ich absichtlich zwischen Helene und Euphemie herbeigeführt hatte), wenn Sie sich nicht von hinten bearbeiten lassen, werden Sie sie nie besitzen.« – »Nun gut, befriedigen Sie Ihre Gelüste, Sie böser Mensch; aber Euphemie soll davon nichts erfahren ... sie würde mich verabscheuen ...« – »Niemals!« – Mein wütendes Glied drang nach diesen Worten in den prächtigsten Hintern, den ich seit langer Zeit bearbeitet hatte. Ich reibe mein Glied, nachdem ich eingedrungen war, und entleere meinen Samen, doch ohne meine heftige Erregung zu beschwichtigen. Meine entartete Seele bedarf neuer Ruchlosigkeiten. »Einen Augenblick Geduld!« sagte ich dem Jüngling, indem ich mein Glied aus seinem Hintern zog. Ich sperre ihn in mein Zimmer und eile in das, in dem sich Euphemie befindet. »Halte mir dieses Mädchen,« sage ich zu Helene, »ich muß sie bearbeiten.« Sie schreit; aber barbarische Vorkehrungen ersticken ihre Rufe; ich stecke in der prächtigen jungfräulichen Scheide der Geliebten, noch bebend vor Vergnügen über den genußvollen Hintern ihres Liebhabers. »Bringen Sie mir den Jüngling, den ich im nächsten Zimmer eingesperrt habe,« sage ich zu Helene, »lassen Sie sich von einem meiner Leute helfen; besonders dann halten Sie ihn fest, wenn er eintritt.« Imbert erscheint. Wenn sein Erstaunen unbeschreiblich ist, so ist es das Vergnügen, das ich bei seinem Eintritt empfinde, noch unvergleichlich mehr. »Ruchloser!« schreit Imbert, indem er sich auf mich stürzen will, »du höllisches Ungeheuer!« Aber er wird festgehalten. »Mein Freund,« erwiderte ich dem Jüngling, ohne über seine Drohungen zu erschrecken, »du siehst diesen Dolch; ich durchbohre damit sofort den Gegenstand deiner Wünsche, wenn du nicht, während ich sie bearbeite, deinen Hintern von mir küßen läßt.« Imbert[248] zittert; seine Freundin, die nicht sprechen kann, ermutigt ihn mit dem Finger; er gehorcht. Nunmehr gehe ich von der Scheide zum Hintern über und berausche mich an dem göttlichen Vergnügen, die Hinterbacken des Liebhabers zu küßen, während ich seine Geliebte sodomisiere. Aber der unglückliche Imbert, den Helene während der Ausbrüche meines Entzückens festhält, weiß nicht, wie weit ich die Ruchlosigkeit im wundervollen Augenblicke des Ergusses getrieben habe ... in diesem schrecklichen Momente, da der skrupellose Wüstling die schauerlichsten Genüsse ersinnt. Ich lasse ihn herabsteigen und zeige ihm seine blutüberströmte Geliebte, der ich mit sechzehn Dolchstichen tückisch das Herz und die Brüste durchbohrt hatte. Er fällt in Ohnmacht; Helene erweckt ihn wieder zum Bewußtsein, das er aber nur dazu wieder erlangt, um Euphemie sterben zu sehen, worauf er mich mit Schmähungen überhäuft. »Junger Tor!« sagte ich ihm, in meinem Frevel köstlich schwelgend, »betrachte deine Vollmachten, die du mir erteilt hast ... Wenn du ein Wort sprichst, stürze ich dich ins Verderben; selbst diesen Mord wird man für dein Werk halten. Helene und ich werden deine Untaten bezeugen und du stirbst auf dem Schaffot. Ich bin noch in Erektion; laß mich deinen Hintern sehen. Ich habe einstens eine Geliebte auf dem Leichnam ihres Liebhabers bearbeitet; ich will heute das Umgekehrte tun, um entscheiden zu können, welche dieser beiden Handlungen ein größeres Vergnügen verschafft.« Noch nie hatte die Welt solch wüstes Treiben gesehen. Helene ließ mich ihren hübschen Hintern küßen; indeß bearbeitete mich der Diener, der ihr geholfen hatte, von hinten; ich selbst bearbeitete Eupheminens Leichnam und ließ ihren Liebhaber desgleichen tun. Von den Ruchlosigkeiten übersättigt, ließ ich einen Polizeibeamten herbeirufen. Helene und ich sagen gegen Imbert aus; die Vollmachten beweisen gegen ihn. Ich füge hinzu, daß er wider unseren Willen seine Geliebte in dieses Haus gebracht habe, daß ihn seine Eifersucht so weit getrieben habe. Imbert ist solch furchtbarer Verbrechen überführt, daß er trotz seines jugendlichen Alters exekutiert wird. Und ich lebe! ich, Urheber und Werkzeug aller dieser Untaten, ich lebe in Ruhe! Der Himmel hat mir noch andere vorbehalten; und ich ließ nicht viel Zeit unbenützt verstreichen. Helene war nicht zuverlässig, sie plauderte. Ich befolgte den Grundsatz des Macchiavells: »Entweder hat man nie Komplizen, oder man muß sie, nachdem man sich ihrer bedient hat, töten.« Im selben Monat auf dem gleichen Landgut, im selben Zimmer wurde Helene zu der furchtbarsten Todesqual verurteilt, die ich je ein Opfer hatte erdulden lassen. Von dort kehrte ich[249] ruhig nach Marseille zurück und segnete das Schicksal für den Erfolg, den es stets meinen Untaten sicherte.

Ich verbrachte noch einige Jahre in dieser Stadt, ohne daß sich etwas zugetragen hätte, was Euch interessieren könnte: »viele Ausschweifungen, Spitzbübereien, kleine geheime Morde, aber nichts Ungewöhnliches. Damals hörte ich reden von Eurer berühmten Abtei Sainte-Marie-des-Bois. Mein Wunsch, mit Euch in Verbindung zu treten, erweckte in mir das Verlangen, abermals das priesterliche Kleid anzulegen. Ich vernahm, dies sei möglich, wenn man der päpstlichen Kanzlei zu Rom einige Gaben entrichte. Ich eilte in diese Zentrale des christlichen Aberglaubens; ich beichtete dem heiligen Vater und bat um die Wiederaufnahme in den geistlichen Stand; ich gab die Hälfte meines Besitzes der Kirche und erwirkte mir durch diese freigebige Schenkung die Wiedererlangung ungemeiner Rechte und die Erlaubnis, Sainte Marie bewohnen zu dürfen. So kam ich zu Euch, meine lieben Brüder! Möge mich Gott hier lange erhalten! Denn wenn das Verbrechen auch anderswo genug der Reize bietet, so hier sicherlich noch recht viel mehr, da es im Dunkeln und in der Ruhe vollbracht, ohne Furcht vor Gefahren begangen werden kann, die ihm in der Welt nur allzu oft drohen!«

XII. Kapitel.
Ende der Erlebnisse im Kloster. – Wie Justine es verläßt. – Eine Herberge, wo die Reisenden gut daran tun, sich nicht aufzuhalten.

Die Erzählung, die man soeben vernommen hatte, weit entfernt, die allgemeine Erregung zu beschwichtigen, wie Severino gehofft, elektrisierte dermaßen die Geister, daß man sogleich eine Veränderung mit den Gegenständen der Ausschweifung vorzunehmen beschloß. – »Behalten wir nur sechs Frauen,« meinte Ambroise, »und ersetzen wir die übrigen durch Knaben. Ich bin schon müde, seit vier Stunden nur weibliche Busen und Hälse um uns zu sehen; wenn man so hübsche Lustknaben im Käfig hat, begreife ich nicht, warum man sich nur von Löchern umringen läßt.« – »Sehr richtig,« rief Severino, dessen erigierter Penis den Tisch um sechs Zoll überragte, »man bringe uns rasch acht Knaben herbei; von Mädchen wollen wir Justine, Octavie und diese vier hübschen sechzehn-bis achtzehnjährigen Geschöpfe, von den Jérome umgeben ist, behalten.« – Das Bild ändert sich; es erscheinen Knaben; unsere Mönche bearbeiten sie von hinten und lassen sich desgleichen tun; die Mädchen dienen nur als Zielscheibe ihrer grausamen Begierden. »Sapperlot!« ruft Ambroise,[250] sein erigiertes Glied aus dem Hintern eines prächtigen dreizehnjährigen Lustknaben zurückziehend, »ich weiß nicht, was ich in dem unerhörten Entzücken, das mich durchströmt, ersinnen und tun soll. Mich ergreift eine rasende Wut gegen dieses kleine Mädchen,« fuhr er fort, auf Octavie weisend ... »Sie wäre nicht die erste, deren Ersetzung wir gleich am Tage ihrer Ankunft nötig gemacht haben. Wir werden von neuen Frauen überlaufen; in dieser Woche haben wir noch zwei oder drei zu erwarten, die mehr wert sind wie die da. Ihr habt unter anderen ein siebzehnjähriges Geschöpf, schön wie eine Grazie, die mir die herrlichste Person erscheint, die seit langer Zeit hier eingetreten ist. Machen wir mit dieser kleinen Hure kurzen Prozeß. Wir haben sie alle bearbeitet; ein jeder von uns hat sein Glied in ihre Scham, ihren Hintern und ihren Mund gesteckt; wenn wir wieder von vorne anfangen, so ist es doch immer dasselbe und ...« – »Ich widersetze mich dem,« sagte Jérome, »nicht alle Leute werden so schnell müde wie Ambroise; es bleiben uns noch tausend Genüsse, einer höllischer als der andere, mit diesem kleinen Mädchen. Quälen und martern wir sie, nichts richtiger als das; aber opfern wir sie noch nicht.«

»Nun gut,« sagte Ambroise, der, sie zwischen den Beinen haltend, ihr hartnäckig zusetzte, »möge man sie zu folgendem verurteilen, da man mir mein Verlangen abschlägt: ich verlange, daß derjenige von uns, der keine Lust hat zu scheißen, einen Dolch gegen ihre Kehle zückt und ihn ihr unerbittlich hineinstößt, wenn sie nicht den Kot der fünf anderen verschlingt ...« – »Prächtig ... göttlich!« rufen Sylvestro und Severino. »Ich liebe bis zur Raserei die Einfälle des Ambroise. Schon seit langem – meint Antonius – entlade ich nur infolge der Ideen dieses Schurken da. Aber was geschieht mit denen, die geschißen haben?« – »Justine,« sagt Ambroise, »ist dazu verurteilt, ihre Hintern mit der Zunge auszuwischen; ein anderes Mädchen wird die Gliede unserer Lustknaben nacheinander in unsere Hintern einführen, einer von den letzteren wird unseren Penis lecken, ein anderer uns in den Mund farzen.« – »Ist das alles?« fragt Sylvestre, »das ist eine große Strafe, fünf Stühle zu verschlucken; ich esse ihrer täglich ein Dutzend zu meinem Vergnügen.« – »Kein, nein,« sagte Severino, »das genügt alles nicht; so wie ein Mönch geschißen hat und bearbeitet worden ist, hat er das Recht, dem Opfer eine blutige Strafe aufzuerlegen.« – »So ist es recht,« entgegnete Ambroise, »mit diesem Vorbehalte willige ich in die Sache; ohne ihn möchte ich davon nichts wissen wollen.«

Die beabsichtigten Ruchlosigkeiten nahmen ihren[251] Beginn; sie erreichten ihren Höhepunkt. Die Tugend und die Schönheit dieses Mädchens entflammten diese Frevler nur umso mehr; als man sie endlich mehr wegen Uebersättigung als aus Mitleid in ihr Zimmer zurückbrachte, genoß sie wenigstens für einige Stunden die Ruhe, deren sie bedurfte.

Justine, die dieses hübsche kleine Ding in ihr Herz geschlossen hatte und die ihr dieselbe Freundschaft entgegenbringen wollte wie Omphalen, tat alles mögliche, um die Erlaubnis zu erhalten, sie zu erziehen; aber Severino wollte durchaus, daß unsere Heldin in seiner Zelle schlafe. Wir haben bereits erwähnt, daß dieses schöne Mädchen so unglücklich war, mehr als eine andere die scheußlichen Gelüste dieses Sodomisten zu erregen; seit einem Monat schlief sie fast jede Nacht bei ihm; wenige Frauen hatte er so fleißig von hinten bearbeitet; er fand sie entschieden überlegen den anderen durch den Schnitt ihrer Hinterbacken sowie durch die Hitze und unbeschreibliche Enge ihres Afters; was brauchte es mehr, um die Triebe eines Hurenkerls anzuregen? Aber der Wüstling war heute nachts erschöpft und bedurfte besonderer Ausschweifungen. Da er zweifellos fürchtete, mit dem ungeheuerlichen Gliede, das er besaß, ihr nicht genug Böses antun zu können, beschloß er diesmal, Justine mit einem Godmiché von zwölf Zoll Länge und sieben im Umfang von hinten zu bearbeiten. Das arme Mädchen wollte entsetzt einige Einwendungen erheben; die Antwort waren Schläge und Drohungen; sie war also verpflichtet, ihren Hintern preiszugeben. Infolge der Stöße drang das Ding allzuweit nach vorne; Justine stößt laute Schreie aus; der Mönch hat daran seine Freude. Nach einigen Hin- und Herbewegungen zieht er plötzlich das Instrument heraus und führt sein eigenes Glied in das Loch ein. Welch eine Laune! Ist das nicht gerade das Gegenteil von dem, was die Menschen wünschen müssen?

Als er des Morgens sich ein wenig kräftiger fühlte, wollte er eine andere Marter versuchen. Er zeigte Justinen ein viel stärkeres Instrument als den Abend vorher. Es war hohl und mit einem Stempel versehen, das das Wasser mit unglaublicher Kraft durch eine Oeffnung von mehr als zwei Zoll im Umfange durchspritzte. Das enorme Ding selbst war dreizehn Zoll lang bei einem Umfange von neun Zoll. Severino füllte es mit recht heißem Wasser und wollte es in die Scheide einsenken. Entsetzt über dieses Vorhaben, wirft sich Justine ihm zu Füßen und fleht um Erbarmen.

Aber der Mönch befindet sich in einer jener energischen[252] Stimmungen, in denen die Stimme des Mitleids schweigt, dafür aber die viel beredteren Leidenschaften, die sie ersticken, eine oft recht gefährliche Grausamkeit an ihre Stelle setzen. Severino droht ihr mit seinem Zorne, wenn sie nicht gehorcht. Justine gibt sich bebend preis. Zwei Drittel des schrecklichen Werkzeuges dringen ein; die Zerreißungen, die es bewirkt, verbunden mit der äußersten Hitze, rauben ihr fast die Besinnung. Indessen hört der Prior nicht auf, sie weiter zu quälen, und läßt sich von einem Mädchen auf den Hinterbacken der anderen reiben. Nach einer Viertelstunde der Marterung, die Justine kaum mehr auszuhalten vermag, lockert sich der Stempel und spritzt das kochende Wasser tief in die Gebärmutter. Justine fällt in Ohnmacht. Severino gerät in Extase; er bearbeitet sie in diesem Zustande der Bewußtlosigkeit von hinten; er kneift ihren Hals, um sie wieder zum Leben zu erwecken; endlich öffnet sie wieder die Augen. »Was hast du denn?« fragt sie der Mönch, »das ist ja gar nichts; wir behandeln diese Reize hier manchmal viel ärger. Ein dorniges Kraut, Teufel noch einmal! gut gepfeffert und in Essig getaucht, mit der Spitze eines Messers in die Scheide gesteckt, das braucht es, um diese Reize zu zerreißen. Bei dem ersten Fehler, den du begehst, verurteile ich dich dazu,« sagt der Frevler, der bei diesem Gedanken sich in den prächtigen Hintern seines Opfers ergießt. »Ja, Dirne, ich verurteile dich dazu, und vielleicht zu noch Aergerem vor Ablauf von zwei Monaten.« Endlich bricht der Tag an, worauf Justine verabschiedet wird.

Sie fand beim Eintritt ihre neue Freundin in Tränen aufgelöst. Sie tat, was in ihrer Macht stand, sie zu beruhigen; aber es ist nicht leicht, sich in eine so schreckliche Situation zu finden. Octavie war tugendhaft, empfindlich und religiös; umso schrecklicher kam sie sich in ihrer Lage vor. Doch war sie zufrieden, eine gleichgestimmte Seele zu finden, und trat bald zu unserer liebenswürdigen Waisen in ein inniges Verhältnis; sie fanden beide durch diese Freundschaft mehr Kraft, ihre gemeinsamen Leiden zu ertragen.

Aber die traurige Octavie genoß nicht lange diese angenehme Empfindung. Es war Justinen gesagt worden, daß die Ancienität keinen Einfluß auf die Erneuerungen habe; nur durch die Laune der Mönche oder durch die Furcht vor Nachforschungen seitens der Außenwelt veranlaßt, könnten sie ebenso gut nach Verlauf von acht Tagen wie von zwanzig Jahren stattfinden. Octavie befand sich kaum zwei Monate im Kloster, da verkündete ihr Jérome, daß für sie Ersatz eintreten müsse, obgleich er es[253] war, der ihr am meisten zu huldigen schien ... Sie schlief meistens bei ihm; noch am Abend vor dieser schrecklichen Katastrophe war dies der Fall gewesen. Doch geschah dies nicht ihr allein. Ein herrliches Mädchen, dreiundzwanzig Jahre zählend, das sich seit seiner Geburt im Kloster aufhielt und über jedes Lob erhaben war, dessen weiches, mitleidiges Wesen sich in merkwürdiger Weise mit einer romantischen Erscheinung verband, kurz, ein Engel, sollte am selben Tage das gleiche Schicksal erleiden; die Mönche beschlossen gegen ihre Gewohnheit, beide zusammen zu opfern. Die Schöne hieß Mariette und war, wie es hieß. Sylvestres Tochter. Zu dieser blutigen Zeremonie wurden die größten Zurüstungen getroffen; da unsere Heldin unglücklich genug war, sich unter der Zahl der an diesem Tage Geladenen zu befinden, wird man es uns verzeihen, wenn wir das letztemal auf der Schilderung der entsetzlichen Ausschweifungen dieser Ungeheuer bestehen.

Man kann sich leicht vorstellen, daß die Wahl Justinens sicherlich nur eine höchst raffinierte Grausamkeit war. Man kannte ihr außerordentlich empfindliches Wesen; man wußte, daß sie mit Octavia befreundet war; was brauchte es mehr, daß man ihre Anwesenheit beim Feste wünschte? Ebenso war man gegen Fleur-d'Épine, ein schönes, sanftes, zwanzigjähriges, ebenfalls mit Mariette innig befreundetes Mädchen vorgegangen; sie mußte ebenfalls an diesem Todesfest teilnehmen. Alle diese Züge dienen dazu, ein Gemälde des Seelenzustandes dieser Frevler zu entwerfen; nicht umsonst enthüllen wir sie.

Zehn andere Frauen im Alter von fünfzehn bis fünfundzwanzig Jahren, von großer Schönheit, sechs junge Lustknaben im Alter von dreizehn bis fünfzehn Jahren, mit auserlesen hübschen Gesichtern, sechs Männer im Alter von zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren, die auf Grund ihrer langen oder dicken Glieder ausgewählt worden waren, endlich drei fünfunddreißig bis vierzigjährige Aufseherinnen für den inneren Dienst waren zu dem höllischen Opferfest, das sich vorbereitete, zugelassen.

Das Abendmahl fand, wie bereits erwähnt, in einem Keller statt, der sich neben denen befand, in denen die Opfer eingeschlossen waren. Man kam bei Sonnenuntergang zusammen; aber der Brauch verlangte es bei solchen Gelegenheiten, daß jeder Mönch sich im Vorhinein in seiner Zelle mit zwei Mädchen oder zwei Knaben, die er aus der Zahl der Geladenen wählte, unterhielt; Sylvester, der Vater des einen Opfers, wünschte sich mit Justine und einem anderen Mädchen, namens Aurora, die fast ebenso schön war wie unsere Heldin, einzuschließen.[254]

Wir wollen die Zeremonien, die bei diesem Vorbereitungsgenuß beobachtet wurden, genauer schildern.

Der Mönch, in einem Fauteuil sitzend, die Hosen aufgeknöpft, meistens vom Gürtel abwärts, hörte wohlgefällig eines der Mädchen an, die ihm, Ruten in der Hand haltend, sich nähern mußte, worauf sich folgendes Frage- und Antwortspiel entwickelte:

»Ruchloser, du bist also zum schrecklichsten Frevel entschlossen und der Mord wird dich besudeln?« – »Ich hoffe so.« – »Was! Scheusal, kein Rat, keine Vorstellung, keine Furcht vor dem Himmel oder den Menschen vermag diesen Greuel abzuwenden?« – »Es gibt keine göttliche oder menschliche Gewalt, die mich abzuhalten imstande wäre.« – »Aber Gott sieht dich!« – »Ich pfeife auf Gott.« – »Wartet nicht die Hölle deiner?« – »Ich trotze der Hölle.« – »Werden nicht vielleicht die Menschen eines Tages deine Untaten entdecken?« – »Ich spotte der Menschen und ihres Urteils; ich denke nur an den Frevel, ich liebe nur den Frevel, ich lebe nur für das Verbrechen, nur das Verbrechen soll alle Augenblicke meines Lebens kennzeichnen.«

Sodann mußte man auf die Art und Weise der Missetat und ihre Einzelheiten anspielen; so wurde Justine beauftragt, folgende Frage an Sylvester zu stellen: »Was! Elender, denkst du nicht daran, daß es sich um deine Tochter handelt, daß du sie opfern willst, ein so reizendes Geschöpf, das deinem Blute entsprossen ist?« – »Was kümmert mich dieses Band; es ist für mich ein Beweggrund mehr; ich wollte, sie wäre mir noch mehr verwandt ... sie wäre noch interessanter ... noch hübscher« u.s.w.

Sodann ergriffen die beiden Mädchen den Wüstling; die eine legte ihn über ihre Knie, während die andere ihn aus Leibeskräften peitschte; so wechselten sie ab. Während der Flagellation überhäuften sie ihn mit Beschimpfungen und Vorwürfen, wobei sie stets an das Verbrechen, das der Frevler plante, anspielten. Sowie das Blut von ihm troff knieten sie nacheinander ehrerbietig von seinem Gliede nieder und versuchten dieses durch Lecken in Erektion zu versetzen. Sodann hieß der Mönch seinerseits sie sich entkleiden und gab sich jedem ihm gutdünkenden Wollustakte hin, vorausgesetzt, daß er den Leib des Mädchens nicht entstellte, da dieses unversehrt der Versammlung vorgeführt werden mußte.

All das eben Gesagte wurde von Sylvester Punkt für Punkt ausgeführt; nach diesen Vorbereitungen legte er Aurore und Justine die eine auf die andere und bearbeitete sie beide mehrere Augenblicke von vorne. Er prackte ihre Hinterbacken, ohrfeigte sie, befahl ihnen, seinen Hintern[255] anzubeten und diesen zum Zeichen der ehrerbietigsten Huldigung zu lecken; nachdem er in der Erwartung des Kindermordes in höchstes Entzücken geraten war, stieg er in den Keller hinab, gestützt auf die beiden Mädchen, die diesen Abend – so verlangte es der Brauch – neben ihm die Funktionen von Gardedamen erfüllen mußten.

Alle waren schon versammelt, Sylvester kam als letzter. Die beiden Opfer, in Trauer gekleidet, am Kopfe Zypressenlaub tragend, waren nebeneinander auf einen Schemel in der Höhe des Tisches an einem seiner Enden gestellt worden. Octavie bot ihre Vorderansicht, Mariette zeigte ihren Rücken; ihre Kleider waren hochgeschürzt und ließen den Unterleib nackt. Die Frauen waren in einer Reihe, die beiden Männergruppen in zwei anderen aufgestellt; die Mönche standen in der Mitte, während die drei Aufseherinnen die Opfer umringten. Sylvester wurde mit der Rede betraut, bestieg eine Tribüne gegenüber dem Schemel und begann also:

»Wenn es etwas Heiliges in der Natur gibt, so ist es sicherlich, meine Freunde, das unwandelbare Recht, über seinesgleichen verfügen zu dürfen, das sie dem Menschen gewährt. Der Mord ist das oberste Gesetz dieser Natur, der die Toren verständnislos gegenüberstehen. Durch den Mord tritt sie täglich in die Rechte ein, die ihr die Fortpflanzung raubt; ohne die privaten und politischen Morde wäre die Welt so voll, daß es nicht mehr möglich wäre, sie zu bewohnen. Aber, sicherlich, wenn es eine Gelegenheit gibt, wo der Mord ein köstlicher Genuß ist, so zweifellos in dem vorliegenden Falle. Gibt es tatsächlich ein herrlicheres Vergnügen, als sich einer Frau zu entledigen, an der man sich lange ergötzt hat? Welch göttliche Art, seinen Lüsten zu fröhnen! Welch eine Huldigung an die Uebersättigung! Sehen Sie diesen Hintern – fuhr der Redner, auf Mariette weisend, fort – der uns so lange ergötzt hat; sehen Sie diese Scham (er deutete auf Octavie), die, obgleich noch nicht so lang im Gebrauch, nichtsdestoweniger unser aller Gliede gesättigt hat! Ist es nicht an der Zeit, daß so abscheuliche Gegenstände endlich in den Schoß des Nichts eingehen, aus dem sie nur uns zum Genusse emporsteigen durften? O meine Freunde! Welch ein Vergnügen! in wenigen Stunden wird die Erde dieses fluchwürdige Fleisch bedecken; es wird nicht mehr unsere Wollust verleiden ... es wird nicht mehr unser Auge empören ... In wenigen Stunden haben diese Elenden aufgehört zu leben; kaum eine schwache Erinnerung an ihr Dasein wird uns bleiben; wir werden nur ihre Martern im Gedächtnis bewahren. Die eine, Octavie, schön, sanft, schüchtern, tugendhaft, sittsam und gefühlvoll, besaß[256] den denkbar schönsten Körper. Aber sie war wenig liebenswürdig; nie verließ sie ihr natürlicher Stolz; Sie erinnern sich, daß Sie sehr oft genötigt waren, ihr alle die verschiedenen Strafen, die sie sich nach dem Reglement für die von ihr begangenen Vergehen zugezogen hat, aufzuerlegen. Nie vermochte sie ihren tiefen Abscheu vor Ihren Sitten, ihre Abneigung gegen Ihre heiligen Bräuche, ihren Haß gegen Ihre verehrungswürdige Person zu verhehlen; und treu den entsetzlichen Grundsätzen der Religion, haben Sie sie oft ihren Gott anrufen gehört; selbst dann, wenn sie Ihren Lüsten sich preisgab. Jérome liebte ihre Hintern, er verherrlichte ihn fast täglich; obgleich Jérome nicht mehr in Erektion gerät, obgleich der Mund infolge seiner Schwäche sein einziger Zufluchtsort ist, so wissen Sie doch, daß er, heftig erregt durch die prächtigen Hinterbacken dieses Mädchens, sie mehr als zwanzigmal sodomisiert hat. Indessen wird das Urteil gerade auf Bitten Jéromes gefällt; er ist zudem so gerecht, daß er sicherlich ihr unerbittlichster Henker sein wird. Sehen Sie nur genau hin, meine Freunde, mit was für Augen er sie betrachtet; gibt es Ihnen nicht einen Begriff von dem Löwen, der nach dem Lamme lechzt, das seine Beute werden wird? Glückliche Wirkung der Uebersättigung! Man sollte glauben, daß man durch sie vollständig abgestumpft wird, während gerade die süßesten Regungen der Wollust ihr entspringen.

Neben Octavie bemerken Sie Mariette; ihre Hinterbacken, die sie Ihnen weist, haben lange Ihre Begierden erweckt; es gibt keinen Genuß, dem Sie sie nicht dienstbar gemacht haben. Mariette war schön und sanft. O Natur! lasse mich jetzt einige Zähren vergießen ... (Der Schelm stellte sich weinend.) Ich merke, daß man deine Stimme nicht zu übertönen vermag, daß man nicht ungestraft Vater ist. Aber alle Gefühle müssen schweigen vor diesem Richterstuhl der Wahrheit; nur ihr darf der Redner huldigen. Welche Laster gesellten sich Mariettens Tugenden bei! Sie war launenhaft, widerspenstig, empört über Ihre Ansichten und Bräuche. Sie schloß sich mit Vorliebe allen Prüden im Serail an und suchte eine Religion zu kennen, selbst zu befolgen, von der wir ihr nie ein Wort erzählt hatten und welche sie nur aus den Gesprächen der Betschwestern kannte, die sie mit solchem Eifer aufsuchte; überhaupt mangelte es ihr an Dienstbeflissenheit; man mußte sie stets antreiben, denn sie tat nichts aus eigenem Antrieb. Wenig Mädchen mußten so viel Strafen erdulden wie Mariette; trotzdem ich sie so oft bevorzugte, hat man mich, der alles der Sache der Gerechtigkeit opfert, sie recht oft vor Ihrem Tribunal anklagen hören. Ich verlange heute ihren Tod; auf meinen Vorschlag ist das Urteil über[257] sie gefällt worden, und ich bitte, ihren Tod schrecklich zu gestalten. Nehmen Sie meinen diesbezüglichen Vorschlag an; dann wird noch nie ein Opfer grausamere Qualen erduldet haben.

Mut, meine Freunde! – fuhr der Redner enthusiastisch fort – Dank der Festigkeit unseres Charakters sind wir auf dem Gipfelpunkte der vorbedachten Verderbtheit angelangt; nichts möge uns jetzt zurückhalten; erinnern wir uns wohl, daß nur der unglücklich ist durch Frevel, der auf halbem Wege stehen bleibt. Nur wenn man im Verbrechen schwelgt, gelingt es, seine wahren Reize zu entdecken. Ganz im Gegensatze zu den Frauen, die uns durch das Uebermaß ihrer Hingabe ermüden, erfreuen wir uns nie mehr an den Freveln, als wenn wir in ihnen waten. Der Grund davon ist recht einfach; man muß mit dem Verbrechen recht vertraut sein, um alle seine Reize zu kennen. Nur wer sich stets mit ihm abgibt, wird es später anbeten. Das erstemal widerstrebt es, infolge Mangels an Gewöhnung; das zweitemal vergnügt es, das drittemal berauscht es; würde sich auf dieser Bahn nichts den rasenden Begierden des Menschen entgegensetzen, so würde man alle Augenblicke Verbrechen begehen. Daran zu zweifeln, daß die größte Summe des Glückes, das der Mensch auf Erden finden kann, unbestreitbar durch Missetaten bedingt sei, heißt daran zu zweifeln, daß das Tagesgestirn die erste Ursache allen Lebens ist. Ja, meine Freunde, so wie diese herrliche Sonne alle Neuschöpfung bewirkt, ebenso ist das Verbrechen das Zentrum alles moralischen Feuers, das uns durch glüht. Die Sonne bewirkt das Wachstum der Früchte; das Verbrechen läßt alle Leidenschaften im menschlichen Herzen keimen; nur ihm verdanken wir alle innere Belebung, nur ihm allen Nutzen. Was macht es, daß es den Nächsten schädigt, wenn es unsere Person ergötzt? Leben wir für den Nächsten oder für uns? Kann eine solche Frage vernünftigerweise gestellt werden? Wenn aber der Egoismus das oberste Gesetz der Vernunft und der Natur ist, wenn wir mit Bestimmtheit nur unser selbst willen leben, darf uns nur unser eigenes Vergnügen geheiligt sein. Alles, was von dieser Ansicht abweicht, ist falsch, dem Irrtum unterworfen und kann nur unsere Verachtung verdienen. Ich höre manchmal sagen, daß der Frevel dem Menschen gefährlich ist; ich möchte gerne, man solle mir den Grund davon erklären. Vielleicht deshalb, weil es die Rechte anderer verletzt? Nun, wenn die anderen die Möglichkeit haben, sich zu rächen, ist die Gleichheit der Rechte wieder hergestellt; von diesem Augenblicke an aber verletzt das Verbrechen nichts. Es ist unerhört, wie die ewigen Sophismen der Dummheit alles menschliche Glück schließlich[258] zerstören. Wieviel glücklicher wären alle, wenn sie sich verständigen wollten, um zu genießen! Aber die Tugend schwebt ihnen vor; sie lassen sich von ihrer verführerischen Außenseite täuschen, lassen sich von ihr irreführen; darum sind alle Grundlagen des Glückes vernichtet. Verbannen wir also für immer diese ruchlose Tugend aus unserer glücklichen Gesellschaft; verabscheuen wir sie, wie sie es verdient; die äußerste Verachtung und die strengsten Strafen seien der gerechte Lohn derer, die ihre Gesetze befolgen wollen. Ich meinerseits schwöre immer und immer wieder, sie zu meiden, sie mein ganzes Leben lang zu verabscheuen. O meine glücklichen Brüder! mögen alle meine Worte beherzigen; möge es in diesem Kreise stets nur Henker und Opfer geben!«

Sylvester stieg, durch lebhaften Beifall gelohnt, von der Tribüne herab, worauf die Szenen ihren Anfang nahmen. Man bemächtigte sich der Saalecken; die hexagonale Form ermöglichte jedem, einen Platz zu finden. Kandelaber erleuchteten diese Nischen, in deren jeder sich eine mächtige Ottomane und eine Kommode befand, in welch letzterer alles vorhanden war, was die ausschweifendste und grausamste Wollust erforderte. Zwei Mädchen, ein Lustknabe und ein Mann geleiteten die Mönche in ihre Nischen. Die Aufseherinnen ließen zuerst Octavie, sodann Mariette herabsteigen und führten sie gefesselt und nackt jedem einzelnen Mönch vor.

Das Opfer sollte auf dieser ersten Runde derart gequält werden, daß es, wenn es daran nicht starb, die Spuren durch das ganze Leben tragen sollte. Jeder Mönch sollte zugleich auf die Schulter oder die Hinterbacken dieses Opfers die Art der Marterung, zu der er es verurteilte, eingravieren.

Severino, der sich von hinten bearbeiten ließ, während er einen Lustknaben sodomisierte, wobei er rechts und links Aersche küßte, erinnerte sich an einen von Jérome berichteten Wollustakt, riß Marietten einen Zahn aus und verbrannte Octaviens Brustwarzen. Die von ihm bestimmte Art der Marterung ist uns ebenso wie die der anderen unbekannt.

Clement brach Octavien einen Finger und setzte eine ziemlich tiefe Wunde in Mariettens rechte Hinterbacke; er ließ sich lecken, während er andere rieb.

Antonis rupfte beider Schamhaare mit dem türkischen Enthaarungsinstrument aus, das unter dem Namen Rusma bekannt ist;18 er bearbeitete die Scheide Justinens, leckte[259] die Auroras und ließ sich indeß sodomisieren.

Ambroise ließ sich von hinten bearbeiten und tat Fleur-d'Épine desgleichen, während er eine Scham leckte; er stach Mariettens schöne Augen mit einer goldenen Nadel aus und schnitt den kleinen Finger der rechten Hand Octaviens ab. Er ergoß seinen Samen; das versetzte ihn in solche Wut gegen Fleur-d'Épine, daß er ihr sofort dreihundert Peitschenhiebe versetzte, obwohl er nicht mehr in Erektion war; nur Rachsucht veranlaßte ihn dazu.

Sylvester stach die Hinterbacken und Brüste seiner Tochter und biß mit den Zähnen die beiden Brustwarzen Octaviens ab; unterdessen ließ er sich peitschen; sein Lustknabe leckte ihm den Mund, ein Mädchen sein Glied.

Jérome, aus Leibeskräften von hinten bearbeitet und von zwei knienden Mädchen geleckt, schnitt Mariettens linkes Ohr ab und zwickte vermittelst einer Zange ein großes Stück von Octaviens schönem Hintern weg.

Nach dieser Runde erwog man folgendes: Sollten die Opfer auf diese Weise allmählich geopfert werden? oder sollte man sie der Raserei aller sechs Mönche gleichzeitig aussetzen? sollte nur er der Henker sein und die anderen bloß zuschauen? Bevor man eine Entscheidung fällte, las man die sechs Ansichten über die Art der Marterung vor. Da die Ueberzahl dafür stimmte, daß jeder Mönch sie besonders vornehmen solle, entschloß man sich, die Opfer wieder herumzuführen; nur verlangte Sylvester zweierlei, was ihm auch einmütig zugestanden wurde: erstens sollten die beiden Mädchen, bevor man die Marterungen vornehme, eine Stunde lang den Lüsten der einzelnen Mönche preisgegeben werden; sodann wollte er seiner Tochter den Todesstreich versetzen. Nach diesem Beschluß stellte man inmitten des Kellers ein Kanapee auf; die sechs Lustknaben und die zwölf Mädchen umringten ihn, höchst unzüchtige Gruppen bildend. Die Männer mußten hinter den Mönchen einhergehen und sie während ihrer Handlungen von hinten bearbeiten.

Severino bearbeitete die beiden Hintern, wobei er deutliche Spuren seiner Grausamkeit auf ihnen zurückließ.

Clément bearbeitete sie nicht, prügelte sie aber furchtbar.

Antonis bearbeitete die beiden Scheiden; da er – wie er sagte – zweifelte, ob ein fruchtbarer Keim sich darin festgesetzt habe, steckte er eine lange Nadel tief in jede[260] Vagina, aber so gut ... so tief, daß es nicht möglich war, sie wiederzufinden.

Ambroise bearbeitete die beiden Opfer von hinten und drückte derart ihren Hals, daß sie bewußtlos wurden.

Sylvester fuhr in die beiden Scheiden, wobei er mit der Schneide eines Messers auf Bauch, Brust und Hinterbacken dieser Geschöpfe mehr als zwanzig kreuzförmige Einschnitte machte. Der Schelm entleerte sich, indem er einen drei Zoll langen Schnitt in die rechte Wange seiner Tochter machte.

Jérome peitschte beide mit einer mit Eisenstacheln durchflochtenen Klopfpeitsche, bis sie mit Blut überströmt waren; ganze Stücke Fleisch wurden aus ihren Hintern gerissen; hierauf steckte er sein Gied in beider Mund.

Die Rundgänge beginnen von neuem wieder; die Mönche begeben sich wieder in ihre Nischen mit Knaben oder Mädchen, je nachdem, wonach es sie gelüstete.

Justine war bei Ambroise. Sollte man es glauben, daß dieser Frevler so grausam war, von ihr zu verlangen, sie möge ihre vielgeliebte Octavie martern! Und als Justine sich entschieden weigerte, wurde sie der Versammlung angezeigt, die sich auf der Stelle zusammentat, um eine so schwere Vergehung gebührend zu bestrafen. Man öffnete das Strafbestimmungsbuch: der Fall Justinens stand unter Artikel sieben. Aber da es sich nur um vierhundert Peitschenhiebe handelte, waren drei Mitglieder der Meinung, man solle sie nach Artikel zwölf bestrafen; die drei anderen widersetzten sich diesem Vorschlag, nicht weil sie die Strafe für zu grausam hielten, sondern nur, weil diese Handlung die Sitzung zu lange unterbrechen würde. Justine wurde also nur zu je zweihundert Peitschenhieben verurteilt, die ihr jeder Mönch verabreichen sollte; sie bekam sie sofort, und zwar mit der Kraft, die gewöhnlich die Erektion verleiht, was bei den Herren der Fall war.

Fleur-d'Épine, die Sylvestre Beistand leistete, verübte bald das gleiche Vergehen. Der barbarische Vater Mariettens wollte die Freundin seiner Tochter zwingen, dieser die Brüste mit einem Glüheisen zu verbrennen. Fleur-d'Épine weigerte sich. Sylvestre raste; sein Glied stand wie das eines Esels, alle seine Poren schienen Sperma auszuschwitzen; er nahm die Ausführung der Strafe auf sich; er bediente sich eines dicken Knüttels, mit dem er die Unglückliche dermalen durchpeitschte, daß man sie fast tot vom Platze tragen mußte. Es war dies ein Verstoß gegen die Vorschriften des Klubs. Severino zog Sylvestre wegen seines Vorgehens zur Verantwortung; die Strafen sollten von der Versammlung bestimmt und gemeinsam[261] vollzogen werden. Doch wenn man nachwies, daß man in Erektion gewesen war und daß die Beleidigung gar zu unerträglich gewesen war, wurde man sofort freigesprochen. Natürlich bediente sich Sylvester dieses Mittels. Man ließ ein anderes Mädchen kommen und dachte nicht weiter an einen Vorgang, der dieser Unglücklichen vielleicht das Leben kostete. Doch zogen sich die Mißhandlungen dermaßen in die Länge, daß die Opfer niemals den für derlei Orgien vorgeschriebenen Schlußeffekt erlebt hätten, wenn man sich nicht zu Tische begeben hätte.

Sie wurden den Aufseherinnen überlassen, die sie badeten, wieder belebten, verbanden und abermals nackt auf den Schemel stellten, wo sie während des ganzen Soupers allen Beschimpfungen seitens der Mönche ausgesetzt blieben.

Es ist leicht begreiflich, daß bei dieser Art von Festen die Wollust, die Geilheit, der Greuel an das äußerste grenzten. Bei diesem wollten die Mönche durchaus auf den Hintern der Mädchen essen; andere mußten ihren Glied und Hoden lecken; die Kerzen wurden in die Hintern von kleinen Knaben gesteckt; die Servietten waren zwei Wochen lang zum Auswischen von Aerschen benutzt worden; an den vier Tischecken waren große Näpfe mit Kot aufgestellt. Die drei Aufseherinnen bedienten nackt die Mönche und verabreichten ihnen nur solche Weine, mit denen sie sich vorher die Hinterbacken, die Scham, die Achselhöhlen, den Mund und das Arschloch gewaschen hatten. Außerdem hatte jeder Mönch einen kleinen Bogen und mehrere Pfeile neben sich, die er von Zeit zu Zeit auf die Opfer abschoß; dadurch entstand sofort eine kleine Blutlache, die die Gerichte bespülte.

Was die Speisen betraf, so waren sie erlesen. Alles war köstlich und in Hülle und Fülle vorhanden; die seltensten Weine wurden bloß bis zum Nachtisch aufgetragen; dann kamen die stärksten Liqueure an die Reihe; bald stieg ihnen der Alkohol zu Kopfe.

»Ich kenne nichts,« sagte Ambroise stammelnd, »was besser zusammenpaßte als die Freuden der Trunkenheit, der Feinschmeckerei, der Geilheit und Grausamkeit; es ist unerhört, was man ersinnt und tut, wenn man berauscht ist; die Kräfte, die Bacchus der Göttin der Geilheit leiht, schlagen immer zum Vorteil der letzteren aus.« – »Das ist so wahr,« sagte Antonis, »daß ich Ausschweifungen stets nur im volltrunkenen Zustande begehen möchte; nur dann fühle ich mich so recht im Zug.« – »Unsere Huren,« sagte Severino, »könnten sich mit diesem Vorbehalt nicht befreunden; denn es wird mit ihnen übel umgesprungen, wenn unsere Köpfe von Wein oder Liqueur elektrisiert sind,«[262] im selben Augenblicke vernahm man einen gräßlichen Schrei in der Nähe der Füße Severinos. Dieses Ungeheuer hatte ohne jeden Grund und Ursache, nur um Böses zu tun, sein Messer in die linke Seite eines schönen achtzehnjährigen Mädchens gestoßen, das ihn leckte. Das Blut floß in Strömen; die Unglückliche fiel in Ohnmacht. Severino, befragt. »Sie hat mich beim Lecken gebissen,« erwiderte befragt. »Sie hat mich beim Lecken gebissen,« erwiderte er; »die Rache hat mich zu dieser Tat veranlaßt.« – »Herrgott!« rief Clément, »das Vergehen ist entsetzlich; ich verlange, daß die Hure auf Grund des Artikels fünfzehn unseres Gesetzbuches bestraft werde, der bestimmt, daß jedes Mädchen, das es an Respekt gegenüber den Mönchen fehlen läßt, eine Stunde an den Füßen aufgehängt werde.« – »Gut!« sagte Jérome, »aber das gilt nur für gewöhnliche Verhältnisse; wenn es sich um den Dienst bei Wolllustakten handelt, ist die Strafe bedeutend schwerer: zwei Monate Gefängnis bei Wasser und Brot, täglich zweimalige Auspeitschung; ich verlange die strikte Befolgung dieser Vorschrift.« – »Ich sehe nicht,« meinte Sylvester, »daß der Fall vom Gesetz vorgesehen ist; daher verlange ich eine strenge Strafe, die ebenfalls nicht vorgesehen ist. Ich will, daß die Delinquentin von allen bestraft werde; man lasse sie daher mit einem jeden von uns eine Viertelstunde lang in eines der dunkelsten Zellen des Kellerraumes gehen, mit der Bestimmung, daß jeder sie derart mißhandeln solle, daß sie davon ein Jahr lang das Bett hüten müsse; Severino soll als letzter an die Reihe kommen.« Dieser Vorschlag wird genehmigt. Das Opfer, das zu verbinden man absichtlich unterläßt, befindet sich bereits in einem solchen Zustande, daß man sie an ihren Bestimmungsort tragen muß. Alle die Frevler gehen der Reihe nach hinab; nach schrecklichen Qualen wird sie ins Bett gebracht, wo sie am folgenden Tage stirbt.

Kaum waren unsere sechs Wüstlinge von ihrer höllischen Expedition zurückgekehrt, als die Aufseherinnen mitteilten, sie müßten scheißen. »In die Speisen! in die Speisen!« sagte Clément. – »In meinen Mund!« rief Sylvester. Unsere Mönche legen sich unter die Aersche der Alten, die vom Tische herabscheißend, die Gesichter jener bald mit Kot, hörbaren und unhörbaren Farzen bedeckten.

»Daß wir uns dieser alten Luder bedienen,« sagte Jérome, »wenn uns so viele junge und hübsche Dinger zur Verfügung stehen, ist meiner Meinung nach der beste Beweis unserer schauerlichen Perversität.« – »Wer zweifelt daran,« warf Severino ein, »daß das Alter, die Unreinlichkeit und Häßlichkeit oft ebenso viel Vergnügen bereiten wie die Jugend und die Schönheit? Die von solchen[263] Körpern ausgehenden Miasmen haben eine viel beißendere Schärfe. Sehen Sie denn nicht, wie häufig die Leute das einen Geruch besitzende Wildpret dem frischen Fleische vorziehen?« – »Ich meinerseits bin ganz dieser Ansicht,« sagte Sylvester, indem er auf die rechte Seite seiner Tochter einen Pfeil abschoß, so daß das Blut herausspritzte, »je häßlicher, älter und ekelhafter ein Gegenstand ist, desto mehr erregt er mich, was ich Euch beweisen will.« Damit packte er den alten Jérome und steckte sein Glied in dessen Hintern.

»Ich fühle mich sehr geschmeichelt,« erwiderte Jérome, »stoße nur immer zu, mein Freund; müßte ich den Genuß, einen Penis im Hintern zu haben, durch noch mehr Erniedrigung erkaufen, ich würde das Vergnügen doch nicht zu teuer finden.« Der Ruchlose drehte sich um, um seinen teueren Partner zärtlich zu lecken, und stieß rulpsend einen Schluck Wein in dessen Nase, was auf Sylvestre so heftig wirkte, daß er sich in Cléments Gesicht erbrach; doch dieser war mehr an dergleichen gewöhnt und aß ruhig sein Kompot weiter, in das die ganze Sauce gespritzt war. »Sehet nur die Fassung dieses Lumpenkerls,« sagte Ambroise, der an der anderen Seite stand; »ich wette, ich könnte in seinen Mund scheißen, ohne daß er sich rührt.« – »Scheiße hinein!« rief Clément. Ambroise gehorchte; Clément verschlingt den Kot, worauf man die Tafel aufhebt.

Der erste Vorschlag war der, alle jungen Knaben auf die Hinterbacken, alle Mädchen auf die Brüste zu peitschen. Diejenigen, welche die Knaben peitschen sollten, müßten auf dem Boden bleiben; die anderen sollten auf Fauteuils gestellt werden, gegen die sich die Mädchen mit dem Rücken lehnen müßten. »Wunderbar!« sagte Antonis; »aber die Lustknaben sollten gezwungen werden, während der Auspeitschung zu scheißen, die Mädchen zu pissen, und zwar unter Androhung der schwersten Strafen.« – »Sehr gut!« schrie Jérome, dermaßen besoffen, daß er sich kaum vom Tische zu erheben vermochte. Die Sache wird ausgeführt. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie barbarisch diese Ruchlosen die hübschesten Hintern der Welt und die rosigweißen Busen, die ihrer Brutalität ausgeliefert waren, auspeitschten. Da wurde Severino, der heftig erigierte, von einem reizenden dreizehnjährigen Lustknaben angezogen, von dessen Hinterbacken das Blut in Strömen rann. Er ergreift ihn, geht mit ihm in ein Kabinet und bringt ihn nach Verlauf einer Viertelstunde in einem solchen Zustande zurück, daß die Versammlung fest davon überzeugt war, der Prior habe seiner Gewohnheit mit Knaben gemäß so grausame Handlungen an jenem[264] vollführt, daß der Junge sich kaum würde davon erholen können. Jérome genoß nach dem Beispiele Priors ebenfalls abseits sein Vergnügen; er hatte Aurore und eine andere siebzehnjährige Schöne mit sich geschleppt und beide so schmählichen Demütigungen, so monströsen Roheitsakten unterworfen, daß alle beide in ihr Zimmer gebracht, werden mußten.

Aller Augen richteten sich nunmehr auf die beiden Opfer. Man gestatte uns, einen Schleier auf die Greueltaten zu werfen, die diese verabscheuungswerten Orgien beschlossen. Unsere Feder wäre unzureichend, sie zu schildern, unsere Leser zu mitleidig, sie kaltblütig anzuhören. Es genüge daher zu wissen, daß die Marterung sechs Stunden lang dauerte, während deren die unglaublichsten Grausamkeiten, die wütesten und monströsesten Ausschweifungen stattfanden, wie sie nicht einmal Nero oder Tiberius hätten erfinden können.

Sylvestre fiel durch die unglaublichen Quälereien, mit denen er seiner Tochter zusetzte, auf; das schöne, gefühlvollen und reizende Geschöpf starb dem schauerlichen Wunsche des Ruchlosen gemäß unter seinen Händen. So ist der Mensch, wenn ihn seine Leidenschaften verführen, so, wenn seine Reichtümer, sein Einfluß, seine Stellung ihn über die Gesetze stellen. Justine war bei ihrer Ermattung glücklich, bei niemandem schlafen zu müssen. Sie zog sich in ihre Zelle zurück, vergoß bittere Zähren über das schreckliche Schicksal ihrer besten Freundin und beschäftigte sich nur mehr mit dem Plane, zu entweichen. Zu allem fest entschlossen, um dieser abscheulichen Stätte zu entfliehen, konnte sie nichts von ihrem Projekte zurückschrecken. Was konnte ihr drohen, wenn sie diesen Plan ausführte? Der Tod; was war ihr sicher, wenn sie blieb? Der Tod. Wenn sie aber Glück hatte, vermochte sie sich zu retten; sollte sie also schwanken? Doch konnte sie nicht vermeiden, daß vor dieser Unternehmung die traurigen Beispiele belohnten Lasters vor ihre Augen traten. In das große Buch des Schicksals, in dieses unbekannte Buch, in das kein Mensch Einblick hat, war es geschrieben, daß alle die, welche sie gequält, erniedrigt, in Ketten gehalten hatten, unaufhörlich vor ihren Augen für ihre Freveltaten belohnt werden sollten, als ob die Vorsehung es sich zur Aufgabe gemacht hätte, ihr die Gefahr oder Nutzlosigkeit der Tugend zu zeigen. Doch diese unheilvollen Lehren änderten sie keineswegs; sie sagte, daß sie stets diesem Idol ihres Herzens treu ergeben sein werde, wenn es ihr gelingen sollte, dem über ihrem Haupte dräuenden Schwerte zu entrinnen.

Eines Morgens erschien Antonis im Serail und machte[265] zur allgemeinen Ueberraschung die Mitteilung, daß Severino, ein Verwandter und Schützling des Papstes, soeben von seiner Heiligkeit zum Ordensgeneral der Benediktiner ernannt worden sei. Gleich am folgenden Tage reiste der Priester ab, ohne jemanden zu sprechen. Es ging das Gerücht, daß ein weit grausamerer und ausschweifenderer an seine Stelle treten würde, ein weiterer Grund, um Justine zur schleunigen Ausführung ihres Planes anzuregen.

Am Tage nach Severinos Abreise veranstalteten die Mönche noch eine Opferung. Justine wählte diesen Augenblick, um ihren Plan auszuführen, damit jene, während sie beschäftigt waren, ihr weniger Aufmerksamkeit zuwenden könnten.

Man befand sich im Frühlingsanfang; die Nächte schienen noch lang genug zu dauern, um ihre Maßregeln zu begünstigen; seit zwei Monaten bereitete sie diese in aller Heimlichkeit vor. Sie durchschnitt allmählich die Gitter ihres Gemaches mit einer schlechten Scheere, die sie gefunden hatte; schon konnte sie ihren Kopf ohne Mühe durchstecken; aus ihrer Wäsche hatte sie ein hinlänglich starkes Seil gebildet, um sich damit in die Tiefe lassen zu können. Als man ihr ihre Sachen weggenommen hatte, hatte sie, wie erwähnt, ihr kleines Vermögen zurückbehalten und stets sorgfältig verborgen; vor der Flucht brachte sie es in ihren Haaren unter; sowie sie glaubte, daß ihre Gefährtinnen sich zu Bette begeben hätten, eilte sie in ihr Gemach. Hier öffnete sie das Loch, welches sie täglich sorgfältig verstopft hatte, band das Seil an einen Gitterstab, der unbeschädigt war, ließ sich herabgleiten und hatte bald den Boden unter den Füßen. Doch war dies bloß der kleinste Teil des Hindernisses gewesen; die sechs Heckenwälle, von denen Omphale erzählt hatte, bereiteten ihr ganz andere Schwierigkeiten.

Als sie unten angelangt war, erkannte sie, daß jeder Raum zwischen 2 Hecken nur sechs Fuß breit war; und diese geringe Breite konnte im ersten Moment den Glauben erwecken, daß man nur eine einzige zusammenhängende Gesträuchmasse vor sich habe. Die Nacht war sehr finster. Indem sie die erste Allee zwischen den Hecken durchschritt, gelangte sie zum Fenster des großen Kellers, wo die Todesorgien abgehalten wurden. Sie bemerkte daselbst viel Licht und war kühn genug, sich zu nähern; und da vernahm sie ganz deutlich, wie Jérome also zur Versammlung sprach: »Ja, meine Freunde, ich wiederhole es, Justine muß jetzt als nächste an die Reihe kommen; ich hoffe. kein einziger wird sich meinem Vorschlag widersetzen.« – »Gewiß nicht,« entgegnete Antonis, »mit Severino befreundet, habe ich sie bis jetzt bevorzugt und[266] protegiert, weil sie diesem ehrenwerten Gefährten unserer Ausschweifungen gefallen hat; da wir aber jetzt keinen weiteren Grund dazu haben, so bin ich der erste, der Euch bittet, diesen Vorschlag ohne Widerspruch anzunehmen.« – Es herrschte Einmütigkeit; einige waren sogar der Ansicht, man solle sie sofort herbeischaffen; aber nach reiflicher Erwägung entschloß man sich, die Sache auf zwei Wochen zu verschieben. O Justine! welche Bewegung bemächtigte sich deiner Seele, als du also dein Todesurteil vernahmst! Unglückliches Mädchen! Fast hättest du dich nicht von der Stelle rühren können. Nichtsdestoweniger raffte sie alle ihre Kräfte zusammen. beeilte sich und ging rund herum; da sie aber keine Bresche wahrnahm, beschloß sie, eine solche zu schlagen.

Sie hatte die oben erwähnte Scheere bei sich, mit der sie nun arbeitet; ihre Hände werden zerrissen, doch hält sie das nicht zurück. Die Hecke war mehr als zwei Fuß breit; doch bahnt sie sich den Weg zur zweiten Allee. Welche Bestürzung aber bemächtigt sich ihrer, als sie unter ihren Füßen einen weichen und nachgiebigen Boden fühlt, in welchen sie bis zu den Knöcheln versinkt! Je mehr sie vorwärtsgeht, desto dichter wird die Finsternis. Voll Neugier über die Ursache dieser Aenderung der Erdbeschaffenheit, tastet sie ... Gerechter Himmel! sie spürt den Kopf eines Leichnams. »Großer Gott!« ruft sie vernichtet, »so bin ich zweifellos, wie man mir gesagt hatte, im Friedhof, wohin die Henkergesellen ihre Opfer werfen; kaum nehmen sie sich die Mühe, sie mit Erde zu bedecken. Dieser Schädel gehört vielleicht meiner teueren Omphale oder der unglücklichen Octavie; sie war so schön, so sanft, so gut, so lieblich wie eine Rose. Ach! Zwei Wochen später hätte auch mich dieser Platz erwartet; daran ist kein Zweifel, soeben habe ich es vernommen. Was würde es mir nützen, wenn ich neuen Schicksalsschlägen entgegenginge? Habe ich nicht genug Böses begangen? Bin ich nicht die Veranlassung einer ziemlich großen Zahl von Verbrechen geworden? Ach! Möge sich mein Geschick erfüllen! ... Du Zufluchtsort meiner Freundinnen, öffne dich auch für mich! Das tut gut, wenn mann so arm und verlassen ist wie ich. Aber nein, ich muß die wehrlose Tugend rächen; sie rechnet auf meinen Mut, lassen wir uns nicht niederdrücken, gehen wir vorwärts! Es tut not, daß die Welt von solch gefährlichen Missetätern befreit werde. Soll ich schwanken, sechs Menschen zu verderben, um tausende von Personen zu retten, die ihre Grausamkeit hinschlachtet?« Sie durchbricht die Hecke, die dichter ist als die erste; je mehr sie vorwärts schreitet, desto undurchdringlicher findet sie das Gesträuche. Dennoch bricht sie die Breschen,[267] jenseits deren sie wieder festen Boden fühlt; unsere Heldin gelangt an den Rand des Grabens, ohne die Mauer zu finden, von der ihr Omphade erzählt hätte; sicherlich war keine solche vorhanden; wahrscheinlich hatten die Mönche jene damit nur abschrecken wollen.

Weniger eingeengt jenseits dieser sechsfachen Umwallung, unterscheidet Justine die Gegenstände besser. Die Kirche und das sich daran anschließende Gebäude bieten sich alsogleich ihren Blicken dar; der Graben zog sich längs beider hin. Sie hütet sich wohl, ihn auf dieser Seite zu überschreiten; sie geht den Rändern entlang weiter; sowie sie sich einem Waldwege gegenüber sieht, entschließt sie sich, den Graben an dieser Stelle zu überschreiten und jenen Weg einzuschlagen, sowie sie die Böschung emporgeklommen ist. Dieser Graben war sehr tief, aber trocken; da er mit Steinen bedeckt war, konnte sie sich nicht herabgleiten lassen, sie stürzte sich also hinein. Ein wenig betäubt von dem Fall, vergehen einige Minuten, bevor sie sich wieder erheben kann; endlich richtet sie sich wieder auf und durchquert den Graben, ohne auf Hindernisse zu stoßen; aber wie hinaufkommen? Indem sie eine bequeme Stelle sucht, findet sie einen, wo einige zerbrochenen Mauersteine ihr die Möglichkeit gaben, sowohl sich der anderen Steine als Stufen zu bedienen, als auch die Fußspitzen in die Erde einzubohren, um sich besser stützen zu können. Sie befand sich schon fast oben, als alles unter ihr einbrach und sie wieder in den Graben fiel, bedeckt mit Trümmern, die sie im Falle mitgerissen hatte; sie glaubte schon, sterben zu müssen. Denn dieser Sturz war, da er nicht freiwillig stattgefunden hatte, viel unsanfter gewesen als der erste; die Steine, die ihr gefolgt waren, hatten sie sogar an mehreren Körperstellen verletzt; sie war tüchtig mitgenommen worden. »Ach Gott!« sagte sie voll Verzweiflung, »ich gehe nicht weiter, ich bleibe da; dieses Mißgeschick ist ein Fingerzeig des Himmels, er will nicht, daß ich weiter gehe. Meine Gedanken täuschen mich sicherlich; das Böse ist notwendig auf Erden; wenn Gott es wünscht, so ist es gewiß ein Unrecht entgegenzusteuern.«

Aber die kluge, tugendhafte Justine schüttelt rasch diesen Gedanken. Die unglückselige Frucht der sie umgebenden Verderbnis, ab und entledigt sich mutig der Trümmer, mit denen sie bedeckt ist; da sie es nunmehr leichter findet, durch die infolge der neu entstandenen Löcher gebildete Bresche in die Höhe zu steigen, unternimmt sie nochmals den Versuch und sieht sich sofort in der Höhe. All das habe sie von dem wahrgenommenen Pfade abgeführt; aber umherschauend wird sie seiner[268] wieder gewahr und nunmehr macht sie sich eilig daran, zu fliehen. Vor Tagesanbruch befindet sie sich schon außerhalb des Waldes und bald auf dem Hügel, von welchem aus sie einstens das ruchlose Haus erblickt hatte, aus dem sie mit solcher Freude entwichen war. Sie ruht auf ihm aus, in Schweiß gebadet; ihre erste Sorge ist, sich niederzuknien, um Gott zu danken und neuerlich seine Verzeihung zu erflehen für die Vergehen, die sie unfreiwillig in dieser haßenswerten Stätte der Ruchlosigkeit und des Verbrechens begangen hatte. Bald entstömten bittere Zähren ihren schönen Augen. »Ach!« sagte sie zu sich, »ich war weit schuldloser, als ich im vergangenen Jahre diesen selben Weg einschlug, geleitet von frommen Gedanken, die so traurig getäuscht wurden. O Gott! In welchem Zustande sehe ich mich jetzt!«

Diese traurige Betrachtungen wurden einigermaßen gemildert durch den Gedanken, frei zu sein; Justine nahm ihren Weg gen Dijon, da sie der Meinung war, daß nur in dieser Stadt ihre Klagen mit Erfolg vorgebracht werden könnten.

Sie befand sich auf der zweiten Tagesreise; sie hatte keine Angst vor Verfolgung, doch war ihr Kopf noch ganz wüst von all den Schrecken, deren Zeugin und Opfer sie soeben gewesen war. Es war warm; ihrer sparsamen Art gemäß war sie von der Landstraße abseits gegangen, um eine Stätte zu finden, wo sie ein leichtes Mahl einnehmen und bis abends warten konnte. Ein kleines Gehölz rechts vom Wege, durch das sich ein klares Bächlein schlängelte, schien ihr geeignet zu sein. Erfrischt von dem Wasser, ein wenig Brot zu sich nehmend, den Rücken an einen Baum lehnend, atmete sie die reine Luft ein, die sie wieder belebte und ihre aufgeregten Sinne beruhigte. Sie dachte an ihr beispielloses Geschick, das sie trotz der Dornen, mit denen ihre tugendhafte Bahn bestreut gewesen war, immer und immer wieder zu der Verehrung Gottes, zu Handlungen der Liebe und Ergebung gegen das höchste Wesen, dessen Ebenbild sie war, geführt hatte; eine Art Verzückung bemächtigt sich plötzlich ihrer Seele. »Ach!« sagte sie zu sich, »läßt er mich nicht im Stiche, dieser gute Gott, den ich anbete? Danke ich nicht ihm die Gunst, meine Kräfte wieder sammeln zu können? Gibt es denn nicht Wesen auf der Erde, denen das nicht vergönnt ist? Ich bin doch nicht ganz unglücklich, da es viel beklagenswertere Geschöpfe als mich gibt. Ach! bin ich nicht viel glücklicher als die Unseligen, die in dieser Lasterhöhle zurückgeblieben sind, der mich die Güte Gottes wie durch ein Wunder hat entkommen lassen?« Von Dankbarkeit erfüllt, wirft sie sich auf die Knie, um dem Höchsten zu[269] danken, als sie bemerkte, daß sie durch ihr Gebaren die Blicke einer großen, schönen, ziemlich gut gebauten Frau anzog, die in derselben Richtung daherkam wie sie. »Mein Kind,« sagte ihr freundlich diese Frau, »Sie scheinen tief versunken zu sein. Von Ihrem Gesichte kann man leicht ablesen, daß ein tiefes Leid Sie bedrückt ... Auch ich, liebe Kleine, bin unglücklich; würdigen Sie mich, mir Ihre Schmerzen anzuvertrauen; ich werde Ihnen die meinigen mitteilen. Wir wollen uns zusammen trösten; vielleicht wird diesem gegenseitigen Vertrauen das süße Gefühl der Freundschaft entspringen, das den Unglücklichsten ihre Leiden erträglich macht, da sie sie brüderlich teilen. Sie sind jung und hübsch, mein liebes Kind, das ist viel mehr, als nötig ist, um recht viel Dornen auf dem Lebenspfade zu finden. Die Menschen sind so böse, daß man nur etwas, das ihr Interesse erregen kann, haben muß, um ihre ganze Ruchlosigkeit mächtig zu erregen.«

Die Seele der Unglücklichen ist den Tröstungen sehr zugänglich. Justine betrachtet die Fragerin; da sie ein schönes Gesicht, das auf höchstens sechsunddreißig Jahre weist, geistvolles und sittsames Wesen bemerkt, ergreift sie ihre Hand, vergießt Tränen und sagt: »Ach, meine teuere Dame!« – »Kommen Sie, mein Engel!« antwortet ihr freundlich Madame Esterval; »gehen wir in dieses Gasthaus; ich kenne es, wir können uns ruhig dorthin begeben. Dort können Sie mir Ihr Unglück erzählen, ich werde desgleichen tun; vielleicht wird das Ergebnis dieses süßen Vertrauens unser Unglück uns weniger fühlen lassen.«

Justine läßt sich überreden. Sie treten in die Herberge ein; Madame Esterval sorgt für alles; ein ausgezeichnetes Diner wird sogleich in einem abgesonderten Zimmer aufgetragen, worauf die Konversation intimer wird.

»Mein teueres Kind,« sagt sie, nachdem sie, wie es scheint, einige Tränen über das Unglück ihrer Gefährtin vergossen hat, »mein Mißgeschick ist vielleicht nicht so mannigfacher Art wie das Ihre, dafür aber beständiger, und ich wage es zu sagen, bitterer. Seit früher Jugend einem Manne, den ich verabscheue, preisgegeben, habe ich seit zwanzig Jahren den hassenswerten Mann vor Augen; seit dieser traurigen Zeit bin ich grausam beraubt des einzigen Wesens, das das Glück meines Lebens hätte machen können. Längs der Grenzen von Burgund und der Franche-Comté ist ein großer Wald, inmitten dessen mein Mann eine Herberge besitzt, ziemlich bequem für diejenigen aufzusuchen, die diese unbekannte Gegend durchstreifen; aber, gerechter Himmel, soll ich es Ihnen gestehen, meine Teuere, dieser Elende mißbraucht die Abgelegenheit dieser[270] finsteren Stätte und bestiehlt, beraubt, ermordet alle die, welche das Unglück haben, sich bei ihm aufzuhalten.« – »Sie machen mich erbeben, Madame; großer Gott, dieses Scheusal mordet?« – »Teures Kind, erbarme dich meiner Schande und meines Unglücks; ich würde selbst ermordet werden, wenn ich seine Taten verriete; könnte ich übrigens versuchen, Klage zu führen? ... ich entehre mich selbst, wenn ich meinen Mann der Schande preisgebe. Oh, Justine, ich bin die Unglücklichste der Frauen! Einzig das würde mich trösten, wenn ich ein tugendhaftes Wesen gleich dir an mein Los knüpfen könnte, mit dessen Hilfe ich dem rasenden Scheusal den größten Teil seiner Opfer zu entreißen vermöchte. Wie nötig wäre mir ein solches Weib! Sie wäre die Freude meines Daseins, der Schirm meines Gewissens, meine Stütze, meine Hilfe in dem schrecklichen Zustande, in dem ich lebe ... Liebenswürdiges Kind, wenn ich dir soviel Erbarmen, soviel Vertrauen einflößen könnte, um dich mit meinem Lose zu verknüpfen ... Du wärest vielmehr meine Freundin als meine Dienerin; ich würde dir keinen Lohn bieten, nein, die Hälfte meines Besitzes ... Nun also, Justine? Fühlst du den Mut, meinen Vorschlag anzunehmen? Vermag die Gewißheit, an so guten Handlungen teilnehmen zu dürfen, deine edlen, tugendhaften Empfindungen anzufachen? Darf ich endlich hoffen, eine Freundin gefunden zu haben?« Ein Glas Champagner wurde von beiden ausgetrunken, bevor Justine sich geäußert hatte; dieser Zaubertrank, dessen merkwürdige Eigenschaft im Menschen zugleich alle Laster und alle Tugenden erweckt, bestimmte rasch die kluge Justine, eine so Teilnahme erweckende Trau, wie die, welche ihr das Glück in Aussicht stellte, nacht im Stiche zu lassen. »Ja, Madame,« sagte sie zu ihrer neuen Freundin, »rechnen Sie darauf, daß ich Ihnen überallhin folgen werde; Sie bieten mir Gelegenheit, die Tugend zu üben; wie muß ich dem Ewigen danken, daß er mich instand setzt, mit Ihnen diesen meinen Trieb zu befriedigen! Wer weiß, ob es uns nicht durch gute Ratschläge, Geduld und ausgezeichnete Beispiele glückt, Ihren Mann zu bekehren! Die Bitten, die wir an den Himmel richten, sind so innig! Hoffen wir, eines Tages Erfolge zu erreichen!« Madame d'Esterval bemerkt während dieser Rede ein Kruzifix und wirft sich voll Zerknirschung davor auf die Knie. »Christengott!« rief sie weinend, »wie muß ich dir für eine solche Begegnung danken! Erhalte mir lange diese Freundin und belohne sie für ihren Eifer!«

Sie erheben sich vom Tische; Madame d'Esterval bezahlt freigebig alle Auslagen; unsere beiden Frauen machen sich sodann auf den Weg.[271]

Von der Herberge, die sie verlassen hatten, bis zu der des d'Esterval betrug der Weg fünfzehn Meilen, von denen sechs im dichtesten Walde zurückgelegt werden mußten. Nichts friedlicheres als dieser Marsch; nichts Teilnahmenderes, Zärtlicheres, Tugendhafteres als all das, was während des Gehens gesprochen wurde; nichts Angenehmeres als die Projekte, die entworfen wurden. Endlich kamen sie ans Ziel.

Als die Frau d'Esterval von der Lage der Herberge gesprochen hatte, hatte sie nur eine schwache Vorstellung der Wirklichkeit erweckt. Man hätte sich keine wildere Stätte vorstellen können ... Da das Haus ganz in einer mit Hochwald bewachsenen Schlucht verschwand, konnte man erst dann seiner gewahr werden, wenn man unmittelbar davor stand. Zwei riesige Doggen bewachten die Tür; d'Esterval selbst empfing, von zwei starken Mägden begleitet, seine Frau und Justine. – »Wer ist dieses Geschöpf?« fragte der wilde Wirt, die Gefährtin seiner Frau betrachtend. – »Das ist etwas, was wir brauchen, mein Sohn,« antwortet die d'Esterval in einem Tone, der unserer unglücklichen Heldin langsam die Augen öffnet und ihr begreiflich macht, daß zwischen jener und ihrem Gatten ein viel größeres Einverständnis bestand, als sie hatte vorher merken lassen. »Findest du sie nicht hübsch?« – »Ja, Sapperlot, ich finde sie so; wird aber das Ding ficken?« – »Bist du nicht ihr Herr, sowie sie bei dir eintritt?« Die zitternde Justine wird mit ihrer Führerin in einen niederen Raum gebracht, wo der Wirt, nach einem kurzen, leise geführten Gespräch mit seiner Frau an unsere Heldin ungefähr folgende Worte richtete:

»Von allen Abenteuern, die Ihnen im Laufe Ihres Lebens zugestoßen sind, wird dieses, mein teueres Kind, Ihnen sicherlich am merkwürdigsten vorkommen. Von Ihrer dummen Tugendbegeisterung getäuscht, sind Sie – wie meine Frau mir mitteilt – in viele Fallen schon geraten, in denen man Sie durch Anwendung von Gewalt fing; hier geschieht dies bloß durch List. Dort waren Sie der Gegenstand vieler Verbrechen, ohne an irgendeinem teilzunehmen. Sie werden hier bei allen mitwirken, ohne daß Sie sich helfen können; Sie werden freiwillig daran teilnehmen; Sie werden dazu genötigt sein, ohne anders als durch moralische Bande und durch Ihre Tugenden dazu gezwungen zu werden.« – »Mein Herr! mein Herr!« schrie die gute Justine, »ach, mein Herr, sind Sie denn ein Zauberer?« – »Nein,« erwiderte d'Esterval, »ich bin nur ein Frevler, ohne Zweifel ein ziemlich merkwürdiger; doch unterscheiden sich meine Triebe und Verbrechen nur durch die Form von denen vieler Leute, die gleich mir die Bahn[272] des Lasters durchlaufen und die im Grunde die gleichen Mittel anwenden. Ich hin Frevler aus Gründen der Wollust. Reich genug, um mein Gewerbe nicht ausüben zu müssen, betreibe ich es dennoch wegen meiner Leidenschaften; diese werden merkwürdigerweise nur dann gekitzelt, mein Glied steht einzig und allein nur dann, wenn ich stehle oder morde; nur dann kann ich in Feuer geraten. Nichts anderes könnte mich in den zum Genuß nötigen Zustand versetzen; sowie ich aber das eine oder andere Verbrechen begangen habe, kocht mein Blut, mein Glied bäumt sich und ich brauche unbedingt Weiber. Da mir aber meine Frau nicht genügt, ersetze ich sie durch Mägde oder durch junge, hübsche Dinger, die uns der Zufall schickt. Kommen sie nicht von selbst, dann sucht Madame d'Esterval welche ... Sie ist ein famoses Geschöpf, dieses Weib; da sie den gleichen Geschmack, die gleichen Phantasmen hegt, hilft sie mir und wir pflücken nacheinander die Früchte.« – »Was?« fragte Justine, in deren Ueberraschung sich der Schmerz mischte, »Frau d'Esterval hat mich betrogen?« – »Gewiß, wenn sie sich tugendhaft gezeigt hat; denn schwerlich kann man sich eine verderbtere Frau denken. Doch mußten Sie verführt werden; List und Betrug waren nötig. Sie werden hier meinen und meiner Frau Genüssen zu willen sein und ... ja, mein Engel, das wird Sie erbeben machen: Sie werden die Circe der hier einkehrenden Reisenden sein; Sie werden sie liebkosen, sie fesseln, ihnen zu willen sein, alle ihre Leidenschaften befriedigen, um ihr Verderben umso sicherer herbeizuführen ... damit wir sie dann umso leichter umbringen können.« – »Und Sie glauben, mein Herr, daß ich in diesem höllischen Hause bleiben werde?« – »Mehr als das, Justine; ich habe Ihnen gesagt, daß es Ihnen schwer fallen wird, zu fliehen, daß Sie gerne hier bleiben werden, wenn Sie alles wissen werden ... denn es wird Ihnen unmöglich sein, nicht hier zu bleiben.« – »Erklären Sie sich, mein Herr, ich beschwöre Sie darum!« – »Ich werde es tun; hören Sie mich an, verdoppeln Sie gefälligst Ihre Aufmerksamkeit ...« Aber in diesem Augenblicke läßt sich ein großer Lärm im Hofe vernehmen; d'Esterval war genötigt zu unterbrechen, um zwei Kaufleute zu Pferde zu empfangen, die von ebensoviel reich beladenen Maultieren gefolgt waren; sie wollten auf den Markt von Dole und wünschten in dieser Mördergrube zu übernachten.

Unsere Reisenden wurden freundschaftlichst empfangen, bedient, erfrischt und von ihren Schuhen befreit; als d'Esterval bemerkte, daß sie ganz ruhig auf das Souper[273] warteten, kam er zu Justine zurück, um die Instruktion zu beendigen. Der merkwürdige Mensch sagte:

»Es ist nicht notwendig, Ihnen, mein teueres Kind, zu sagen, daß ich mit dem Geschmack, von dem ich Ihnen eben erzählte, auch andere Eigenarten verbinde; folgende sind es, die erstaunlicherweise meine Leidenschaften befriedigen.

Ich will, daß die Reisenden, die unter meinen Händen sterben, von meinen Plänen Nachricht erhalten; es gefällt mir, ihnen die Gewißheit beizubringen, daß sie im Hause eines Ruchlosen sind; ich will, daß sie sich in Verteidigungszustand versetzen, kurz, es ist mir darum zu tun, sie durch Gewalt niederzuzwingen. Dieser Umstand versetzt mich in Erregung, kurz ermöglicht mir die Erektion, so daß ich unbedingt eines Geschöpfes zum Ficken bedarf, mag es welchem Alter und welchem Geschlecht immer angehören. Folgende Rolle ist Ihnen, mein Engel, zugeteilt: Sie werden mit bestem Gewissen alles in Bewegung setzen, um die Opfer entkommen zu lassen oder sie zur Verteidigung zu bewegen. Ich will Ihnen noch mehr sagen: die Freiheit winkt Ihnen dafür. Wenn Sie einen einzigen entwischen lassen, können Sie sich mit ihm retten; ich versichere feierlich, Sie dann nicht zu verfolgen; aber wenn das Opfer unterliegt, müssen Sie hier bleiben; da Sie tugendhaft sind, habe ich Recht, wenn ich sage, daß Sie herzlich gerne hier bleiben werden; denn die Hoffnung, einen dieser Unglücklichen meiner Wut zu entreißen, wird Sie unaufhörlich hier bannen. Wenn Sie mir davonlaufen, dann betreibe ich gewiß mein Handwerk weiter und Sie würden es stets tief bereuen, keinen Versuch unternommen zu. haben, die zu retten, welche nach Ihrer Abreise zugrunde gehen werden; Sie würden es sich nie verzeihen können, die Gelegenheit zu einem so guten Werk verabsäumt zu haben; wie gesagt, die Hoffnung eines Tages doch Erfolg zu haben, wird Sie notwendigerweise das ganze Leben an uns fesseln. Wollen Sie einwerfen, daß all das nicht nötig sei, daß Sie gleich in den ersten Tagen entweichen würden, um gegen mich Klage zu führen? Wie ungeschickt wäre ich, wenn ich diesen Einwurf nicht beantworten könnte, wenn ich ihn nicht siegreich mit einem Worte niederschlagen könnte. Hören Sie mich an, Justine; es vergeht kein Tag, an dem ich nicht einen Mord begehe; sechs Tage würden vergehen, bevor Sie zum nächsten Gericht kommen; dann aber haben Sie sechs Opfer umkommen lassen, um zu versuchen, mich gefangen nehmen zu lassen; unter der Voraussetzung, daß diese Unmöglichkeit stattfindet (denn ich fliehe sofort, wenn Sie nicht mehr im Hause sind), haben Sie sechs[274] Opfer hinschlachten lassen, um einer lächerlichen Hoffnung nachzujagen.« – »Ich wäre die Ursache ihres Todes?« – »Ja, denn Sie hätten eines der Opfer retten können, wenn Sie es gewarnt hätten; wenn Sie aber das eine retten, retten Sie auch die anderen. Nun also, Justine, hatte ich Unrecht zu sagen, daß ich Sie durch List festhalten werde? Fliehen Sie jetzt, wenn Sie es wagen, fliehen Sie, alle Türen sind offen!« – »Mein Herr!« sagte Justine niedergeschlagen, »in welche Situation versetzen Sie mich durch Ihre Bosheit!« – »Ich weiß wohl, sie ist schrecklich; gerade das regt meine abscheulichen Leidenschaften mächtig an. Es gefällt mir, daß Sie an den Ruchlosigkeiten teilnehmen müssen, ohne daß Sie sie verhindern könnten; ich freue mich, Sie durch die Tugend an das Verbrechen und den Frevel zu fesseln; und wenn ich, Justine, mit Ihnen ficken werde (denn Sie werden es begreiflich finden, daß es dazu kommen wird), wird dieser köstliche Gedanke mich wundervoll entladen machen.« – »Wie, mein Herr, ich werde mich dem fügen müssen?« – »Gewiß, Justine, allem; wenn Sie geschickt genug sind, den Opfern das Entwischen zu ermöglichen, so ist damit alles gesagt, da Sie zusammen mit jenen fliehen werden. Aber wenn sie unterliegen, werden sich Ihre Hände mit dem Blute jener färben; Sie werden sie mit mir bestehlen, umbringen, ausplündern; dann werden Sie sich nackt auf die blutigen Leichname legen und ich werde Sie bearbeiten. Wieviel Gründe haben Sie nicht, jene zu retten! Welche Ränke, welche Geschicklichkeit werden Sie, von der Tugend und ihrem Vorteil getrieben, anwenden, um sie meinen Dolchen zu entreißen! O Justine! Nie werden sich die hehren Tugenden, zu denen Sie sich bekennen, in einem schöneren Lichte zeigen, nie wird sich Ihnen eine günstigere Gelegenheit bieten, sich der Achtung und Bewunderung der guten Menschen würdig zu erweisen.«

Es ist sehr schwer, die Situation zu beschreiben, in der sich unsere Heldin befand, als d'Esterval wegging, um seinen Pflichten obzuliegen, und sie einen Augenblick all ihren schrecklichen Gedanken überließ:

»Großer Gott!« rief sie aus, »ich war der Meinung, daß der Frevel alle seine Mittel gegen mich in Anwendung gebracht habe und daß nach all meinen Erfahrungen mir neue Empfindungen dieser Art erspart bleiben würde. Ich habe mich getäuscht. Ich erlebe beispiellose Tücken, Grausamkeiten und Ausschweifungen, die sicherlich selbst dem Busen der Hölle fremd sind. Dieses Scheusal hat Recht: wenn ich mich sofort retten und ihn festnehmen lassen will, vergeht sicherlich einige Zeit; vielleicht kann ich ihm aber gleich heute abends die beiden Reisenden, die eben[275] angekommen sind, entreißen. – Aber wenn ich in einem oder zwei Jahren bemerke, daß ich niemals ein Opfer retten kann, täte ich nicht besser daran, den Schurken anzuzeigen? – Ach, niemals, niemals; er hat gesagt, er werde sofort fliehen, wenn er mich frei sehen werde; er würde vor der Flucht alle bei ihm befindlichen Fremden massakrieren, vielleicht gerade solche, denen ich hätte das Leben retten können. Das Scheusal hat Recht, durch List bezwingt er mich. Wäre ich nicht so klug, ich hätte mich gleich entfernt; wegen meiner Tugend werde ich verbrecherisch. Gott, darfst du es zugeben, daß das Gute soviel Böses verursacht? Zeigt es von Gerechtigkeit, wenn du duldest, daß die Tugend Unheil bewirkt? Wie entmutigend wird die Geschichte meines Lebens auf alle Seelen wirken, wenn sie je bekannt werden sollte! O du, der du sie eines Tages erfahren solltest, veröffentliche sie nicht, ich bitte dich inständig drum; du würdest die Herzen aller, die das Gute lieben, in Verzweiflung versetzen und notwendigerweise zum Frevel anregen, wenn du den Triumph des Lasters so ans Tageslicht zerrst.«

Justine vergoß helle Tränen, als sie sich solch schmerzlichen Gedanken hingab; da wurde sie plötzlich durch Frau d'Esterval unterbrochen. – »Ach, Madame,« sagte sie, diese bemerkend, »wie haben Sie mich betrogen!« – »Teurer Engel,« entgegnete die Megäre und versuchte es, sie zu liebkosen, »es war nötig, um deiner habhaft zu werden. Aber tröste dich, Justine, du wirst dich leicht in alles finden; ich bin fest überzeugt, daß dir nach einigen Monaten nicht einmal der Gedanke, uns zu verlassen, kommen wird. Küße mich, Kleine; du bist sehr hübsch und ich habe große Lust, dich von meinem Gatten bearbeitet zu sehen.« – »Wie, Madame, Sie erlauben solchen Greuel?« – »Ich teile vollständig den Geschmack meines Mannes; er erwidert aber auch mein Entgegenkommen; man kann sich schwerlich ein intimeres Verhältnis vorstellen; wir lesen uns unsere Wünsche von den Augen ab; da wir den gleichen Geschmack und die gleichen Mittel haben, so befriedigen wir uns gegenseitig.« – »Wie, Madame, Sie stehlen und morden?« – »Ja, meine Süße, das macht mir Riesenfreude und erregt gewaltig meine Triebe; du wirst sehen, welch unerhörten Genuß wir haben, wenn wir vom Blut berauscht sind.« – »Sind auch diese Mägde beauftragt, die Reisenden zu benachrichtigen?« – »Diese Ehre ist nur dir vorbehalten. Da wir deine schönen Prinzipien kennen, wollten wir sie in Tat umsetzen. Die Mädchen, von denen du sprichst, sind unsere Komplizen; im Verbrechen großgezogen, lieben sie es fast ebenso wie wir und sind weit entfernt, die Opfer entwischen zu[276] lassen. Du wirst manchmal bemerken, daß mein Mann sich ihrer bedient, jedoch besteht keine Vertraulichkeit zwischen uns und ihnen. Du allein wirst unser Vertrauen genießen; nur du wirst die Freundin des Hauses sein; diese Geschöpfe werden dich ebenso wie uns bedienen; du wirst stets an unserem, nicht an ihrem Tische essen.« – »Ach, Madame, wer hätte daran gedacht, daß eine solche, wie mir schien, achtungswerte Person sich solchen Grausamkeiten hingeben kann?« – »Wende doch nicht solche Ausdrücke an,« erwiderte Frau d'Esterval, mitleidig lächelnd, »was wir tun, ist ganz einfach. Nie irrt man von den Wegen der Natur ab, wenn man seinen Trieben gehorcht; und ich versichere dir, daß wir nur von ihr alle Leidenschaften, denen wir fröhnen, erhalten haben.«

»Wohlan, Justine,« sagte allsogleich d'Esterval, rasch herbeieilend. »Unsere Kaufleute sind beim Souper; suche sie auf, plaudere mit ihnen, warne sie, versuche sie zu retten, namentlich aber gib dich ihnen preis, wenn sie es wünschen; vergiß nicht, daß das dir am sichersten ihr Vertrauen verschafft.«

Während Justine ihres Amtes in bald zu beschreibender Weise waltet, wollen wir unseren Lesern die Kenntnis der schrecklichen Gewohnheiten dieses Hauses und der Personen, die unsere Heldin daselbst trifft, beibringen.

XIII. Kapitel.
Fortsetzung und Ende der Abenteuer in der Herberge. – Erkenntlichkeit. – Abreise.

Madame d'Esterval, mit der wir beginnen wollen, war – wie gesagt – eine große, schöne Frau von ungefähr sechsunddreißig Jahren; sie besaß einen ganz braunen Teint, recht glänzende Augen, eine schöne, vornehme Gestalts die Haare waren von schönstem Schwarz; sie war behaart wie ein Mann, besaß einen hohen Hals, einen kleinen aber wohlgeformten Hinteren, eine trockene, rote Scham; ihr Kitzler war drei Zoll lang und entsprechend dick, ihr Bein war vollendet schön; sie war voll Phantasie und Lebhaftigkeit, talentiert und gebildet, verbrecherisch und tribadisch bis zum höchsten Grade. Aus vornehmer, feiner Familie stammend, hatte sie zufällig die Bekanntschaft d'Estervals gemacht, der, selbst reich und von vornehmer Abstammung, sich beeilte, dieses Mädchen, mit dem ihn die Gleichheit des Geschmacks und der Triebe verband, zu seiner Frau zu machen. Nach der Vermählung ließen sie sich an dieser wilden Stätte nieder,[277] die es ihnen ermöglichte, ihre Frevel recht lange ungestraft zu begehen.

D'Esterval, älter als seine Frau, war ein recht schöner Mann von fünfundvierzig Jahren, von trefflicher Konstitution, voll wüster Leidenschaften; er besaß einen riesenstarken Körper, ein prächtiges Glied; im Genusse zeigte er Merkwürdigkeiten, von denen wir noch gelegentlich sprechen werden. Wohlhabend genug, um das Gastgewerbe nicht ausüben zu müssen, betrieb er es mit seiner Gattin nur deshalb, weil es ihnen die Befriedigung ihrer schrecklichen Triebe ermöglichte. Ein prächtiges Haus auf einem schönen Gute in Poston harrt ihrer für den unglücklichen Fall, daß das Geschick nicht weiterhin einen Schleier über ihre Ausschweifungen breiten sollte.

Es gab keine anderen Bedienten im Hause außer den zwei Mägden, von denen oben die Rede gewesen war. Da diese von früher Kindheit an hier aufgewachsen waren, nirgends hingingen, in Hülle und Fülle lebten und seitens ihrer Herren sich guter Behandlung erfreuten, brauchten diese nicht zu fürchten, daß sie ans Entweichen dachten. Madame d'Esterval sorgte allein für die Beschaffung der Nahrungsmittel; einmal wöchentlich begab sie sich in die Stadt und brachte alles mit, was nicht ihre eigene Meierei liefern konnte. Uebrigens herrschte in diesem Haushalte die vollständigste Einigkeit, so verderbt er auch sein mochte; der beste Beweis, wie falsch es ist, zu sagen, daß Freundschaft nur unter Tugendhaften bestellen könne. Was die Verbindungen löst, sind die Unähnlichkeit der Moral und der Geistesart; sowie aber Einigkeit besteht, sowie zwischen den Gewohnheiten zweier Bewohner des gleichen Hauses kein Widerspruch da ist, besteht kein Zweifel, daß sie das Glück ebenso im Schoße des Lasters wie in dem der Tugend finden können; weil nicht diese oder jenes den Menschen glücklich oder unglücklich machen, sondern einzig die Zwietracht sie in die letztere Lage versetzt; diese schreckliche Gottheit schwingt nur dort ihre Fackeln, wo Disharmonie in Geschmack und Ansichten besteht. Keine Eifersucht störte dieses reizende Zusammenleben. Dorothéa19, glücklich über die Freuden ihres Mannes, gab sich nie lieber ihren Ausschweifungen hin, als wenn sie[278] ihn in erlesenen Genüssen schwelgen sah; umgekehrt riet d'Esterval seiner Frau, zu ficken, wann sie immer Gelegenheit dazu hatte; nie war seine Entleerung genußvoller, als wenn er sie in den Armen eines anderen erblickte. Zerzankt man sich, wenn man so denkt? Ist es anzunehmen, daß ein Ehepaar, das durch solide Rosenketten verknüpft ist, sie je zerreißen würde?

Indessen warnte Justine die beiden Kaufleute auf deren Zimmer auf jede mögliche Weise, doch ohne Erfolg. Ihre zarte, gefühlvolle Seele konnte keine Entscheidung treffen zwischen der schrecklichen Notwendigkeit, ihren Herrn, oder zwei Unschuldige umbringen zu lassen. Anderseits paßte d'Esterval ganze nahe bei der Türe auf; zu seinen Leidenschaften gehörte auch die Lust, die Gäste während des Genusses zu überraschen und sie aus den Armen der Venus in die des Todes zu geleiten; in dieser ruchlosen Absicht führte er ihnen stets ein Mädchen zu; er brannte vor Verlangen, Justine an der Arbeit zu sehen und klagte sie innerlich an, zu wenig Mittel anzuwenden, um ihre beiden Reisenden in Erregung zu versetzen, als plötzlich der eine unsere Heldin ergreift, und sie, ohne ihr Zeit zu lassen, sich zu wehren, vergewaltigt. »Ach, mein Herr, was tun Sie denn?« ruft das schamhafte Kind, »welchen Ort wählen Sie zu derlei Dingen? Großer Gott! Wissen Sie, wo Sie sind?« – »Wie? was wollen Sie damit sagen?« – »Lassen Sie mich los, Herr, ich will Ihnen alles enthüllen. Ihr Leben ist in Gefahr; hören Sie mich an, sage ich Ihnen.« Der zweite, kaltblütigere, bewog seinen Freund, einen Augenblick sein Vorhaben aufzuschieben und nun bitten Beide Justine, sie möge ihnen das Geheimnis enthüllen, auf das sie anzuspielen scheint. »Können Sie, meine Herren, mitten im Walde, in einer Mördergrube, an solche Dinge denken? Haben Sie wenigstens Waffen zur Verteidigung?« – »Jawohl, da sind unsere Pistolen.« – »Nun gut, meine Herren, halten Sie sie bei sich; beschäftigen Sie sich mit Ihrer Verteidigung, nicht mit den faden Genüssen, denen Sie sich hingeben wollten.« – »Hühnchen,« sagte der eine von ihnen, »drücken Sie sich anders aus, wir bitten Sie darum; droht uns ein Unfall?« – »Ja, ein schrecklicher, entsetzlicher. Um Himmels willen, rüsten Sie sich zur Verteidigung; man will Sie heute Nacht ermorden.« – »Gehen Sie, mein Kind,« sagte der, dessen geiles Glied soeben in Justinens Scheide gedrungen war, »lassen Sie uns Wein und Licht heraufbringen, morgen wollen wir uns Ihnen erkenntlich zeigen.« Justine begibt sich hinab; wie sie aber die Tür öffnet, erblickt sie sofort d'Esterval, wie er seine Frau tätschelt; beide horchen an der Türe und weiden sich[279] an den Vorgängen. »Warum hast du dich nicht ficken lassen?« fragte d'Esterval rauh. »Habe ich dir nicht gesagt, daß uns nur das Genuß bereitet? Aber es ist keine Zeit mehr; lasse ihnen das Verlangte bringen und bleibe allein im Salon.«

Unsere Kaufleute rüsten sich zur Verteidigung. Ach! Sie war nutzlos. Plötzlich ertönt ein schreckliches Geräusch. »Sie sind da! Sie sind da!« schreit d'Esterval; »komm' Frau, lauf', Justine ich hab' sie, die Lumpen; sie sind da.« D'Esterval geht, eine Kerze in der Hand, voran: alle drei – denn Justine wurde mitgezerrt – steigen in einen Kellerraum hinab; welch' Erstaunen aber faßt unsere unglückliche Heldin, wie sie die Reisenden, von einem schrecklichen Sturze betäubt, wehrlos auf dem Boden liegen sieht!

Unsere Leser werden ohne weitere Erklärung leicht begreifen, daß alles sich vermittelst einer Falltüre zutrug; die Waffen, die auf einem Tische lagen, konnten den Unglücklichen auf ihrem Falle nicht nachfolgen. »Kameraden,« sagte d'Esterval, beiden Pistolen an die Kehle setzend, »man hat Euch doch gewarnt, warum habt Ihr denn nicht aufgepaßt? Höret mich an: Ihr könnt Euch durch ein Mittel aus dieser Verlegenheit ziehen, verzweifelt nur nicht. Ihr sehet hier zwei Frauen; die hier ist die meine, sie ist noch schön; was die andere betrifft, habt Ihr sie betastet, sie ist ein königliches Stück. Nun gut, ficket mit ihnen vor meinen Augen, dann ist euer Leben gerettet; wenn Ihr aber Widerstand leistet, ist's um euch geschehen; darum machet euch gleich an die Arbeit.« Mit diesen Worten legt der ruchlose d'Esterval, ohne ihnen Zeit zur Antwort zu lassen, von seinen Trieben erregt, die Pistolen weg, knöpft ihre Hosen auf und leckt ihr Glied.

Man geht leicht von der Furcht zum Vergnügen über; aber über welche Mittel verfügt nicht die Natur, wenn es sich um die Erhaltung der Art handelt! Dorothéa benimmt sich so geschickt, sie weiß so gut die beiden Unglücklichen zugleich zu beruhigen und zu liebkosen, daß beider Glieder sich bald hoch aufbäumen. Ein Kanapée ist vorhanden; der eine Kaufmann legt die Frau des Wirtes darauf und bearbeitet sie. Justine macht ein wenig mehr Umstände; und ohne d'Estervals Drohungen wäre es sehr zweifelhaft, ob der zweite einen Erfolg erzielt hätte; aber von der Gewalt bezwungen, muß sie nachgeben. Die beiden Paare sind an der Arbeit; da erscheinen die Mägde, ganz nackt, und Ruten in der Hand. Sie lassen die Hosen der Kaufleute herunter und machen deren Hinterbacken d'Estervals Augen sichtbar; dann peitschen sie die vor Vergnügen erregten Aersche. Der Wirt tätschelt sie, tastet die Hinteren der Mägde, prackt die der beiden anderen Weiber; unbeständiger wie ein Schmetterling kostet er bald[280] die, bald jene wollusterregenden Reize. Bald zeigt er sein empörtes Glied den Kaufleuten und steckt es in ihren Hintern, um bald wieder zu den fickenden Weibern, dann zu den Mägden zurückzukehren. »Vorwärts,« sagte er zu seiner Frau, Justinens Partner sodomisierend, »gib auf den Deinigen acht, der Meinige wird mir nicht entgehen.« Indessen peitschten ihn die Mägde. Die beiden Kaufleute entladen sich, im selben Moment werden sie getötet. Die Unglücklichen ergießen sterbend ihren Samen; gerade das wollten die Henker. Justinens Gesicht und Brust sind mit dem Blut und Gehirn dessen bedeckt, der in ihren Armen, somodisiert von d'Esterval, sich entladen hatte, der seinerseits sich auch entleerte. »Sapperment, Teufel noch einmal!« schreit der Frevler, seinen Samen verlierend, »unglücklich der, welcher nicht den Genuß kennt, mit dem ich mich besudelt habe«; kein einziges Vergnügen kommt diesem an Reiz und Köstlichkeit gleich. »Scheusal!« ruft Justine, sich von dem auf ihr lastenden Leichnam befreiend, »ich glaubte alle Arten des Verbrechens durchgekostet zu haben; solche, wie die von dir begangenen, habe ich nicht einmal geahnt. Schmeichle dir, Ruchloser, damit, daß du alles, was ich bis heute an Grausamkeiten wahrgenommen habe, übertroffen hast.« Aber der verstockte Menschenschlächter lachte nur. »Was machst du denn?« fragte er seine Frau. »Ich entlade in einemfort,« antwortet diese; »befreie mich von diesem Lumpen da; denn obwohl der Kerl tot ist, so steht sein Glied noch immer, und ich müße zehn Jahre lang ergießen, wenn er so lange hier liegen bliebe.« – »Ach Gott!« schrie Justine, »gehen wir weg von diesem Schreckensorte.« – »O nein, hier will ich ficken. Diese blutigen Opfer meiner Frevelhaftigkeit entfachen meine Geilheit; ich erigiere nie so gut, als wenn ich jene betrachte. Ihr seit vier Frauen, leget euch je zwei auf einen Kadaver; auf solchen Ruhebetten will ich euch bearbeiten, alle viere.« Der Schurke tut so; Scham, After, alles wird von ihm bearbeitet; er treibt die Scheußlichkeiten so weit, noch auch die Hintern der Opfer zu bearbeiten; er entladet Drei-oder viermal, worauf man sich wieder hinaufbegiebt.

Die Bestattung der Leichname wurde durch die Mägde besorgt. D'Esterval und seine Frau raffen das Geld zusammen und werfen die Reiseffekten in ein großes Loch neben dem Hause, das zu diesem Zwecke bestimmt ist.

»Ach, mein Herr,« sagte Justine, als ein wenig Ruhe eingetreten war, »wenn Sie wollen, daß es mir gelinge, Ihre Opfer zu retten, wenn Sie wünschen, daß ich wenigstens den Versuch dazu mache, dann belehren Sie mich über den Mechanismus Ihrer Fallen, denn wie könnte ich sonst etwas dagegen tun?« – »Das wirst du nie erfahren, mein Kind,« sagte[281] d'Esterval. »Gehe in das Zimmer dieser Fremden, und du kannst dich überzeugen, ob nicht alles in der nämlichen Ordnung ist. Ich bin ein Zauberer, meine Tochter; niemand kann meine Fallen stören oder erraten. Setze deine Versuche fort; die Tugend, die Religion, die Ehre, alles treibt dich dazu; aber ich fürchte, du wirst nie Erfolg haben.« Sie begeben sich zu Bette. Da sowohl der Wirt, als auch seine Frau Lust zeigen, den übrigen Teil der Nacht mit Justine zu verbringen, wurde beschlossen, sie sollte, damit ein Einverständnis erzielt werde, bei beiden im Ehebett liegen. Von beiden mit Liebkosungen überschüttet, mußte die gehorsame Justine zugleich ihre Scham ihr, ihren Hintern ihm überlassen. Bald gerieben, bald gefickt, bald liebkost oder geschlagen, konnte die Unglückliche sich überzeugen, daß all das, was sie im Marienkloster getan hatte, nur ein Vorspiel der Wollustszenen war, die sich bei diesen unerhörten Vorbildern der Geilheit und Frevelhaftigkeit abspielten. Die grausame Dorothéa, voll Wildheit in ihren Lüsten, wollte Justine peitschen. Ihr Gatte hielt diese, die dann gestäupt wurde, wie noch nie zuvor. Das Verbrecherpaar gefiel sich darin, sie nackt und im Dunkeln von einem Ende des Hauses zum anderen zu jagen und sie durch die Phantome der eben Ermordeten zu erschrecken. Beide versteckten sich, um ihr noch mehr Furcht einzuflößen; sobald sie aber an den Winkeln vorbei kam, wo jene ihr auflauerten, wurde sie mit kräftigen Ohrfeigen oder mächtigen Fußtritten in den Hinteren regaliert. Sodann schleuderte sie der Gatte in die Mitte des Zimmers und bearbeitete sie von hinten auf der Erde, während sich die Frau beim Lärm dieser nächtlichen Szene rieb. Anderemale nahmen sie Justine in die Mitte; das eine leckte ihren Mund, das andere ihre Scham und so wurde sie zwei Stunden lang abgemattet. Endlich erhebt sich Justine, ganz erschöpft. Aber durch ein treffliches Frühstück neubelebt, gut behandelt, soweit es sich nicht um Akte der Wollust handelt, beruhigt durch die Gewißheit, an keinen dieser Missetaten freiwillig teilzunehmen, darauf rechnend, daß es ihr eines Tages doch gelingen würde, die Opfer zu retten, besänftigte sich das arme Mädchen, und fügte sich ins Unvermeidliche.

Zwei Tage vergingen, ohne daß ein Reisender erschienen wäre. Während dieser Zeit ließ Justine nichts unversucht, um zu enträtseln, durch welchen merkwürdigen Mechanismus d'Esterval die Unglücklichen aus dem Zimmer in den Keller stürzte. Wohl dachte sie an eine Falltüre; aber wie sehr sie auch spähte, nichts vermochte sie von dieser Möglichkeit zu überzeugen. Gesetzt aber den Fall, es war dem so, wie wollte sie dem entgegentreten? Sollte sie den Reisenden[282] sagen, sie müßten diesen oder jenen Platz vermeiden? Aber waren nicht vielleicht mehrere Falltüren vorhanden? Vielleicht war der ganze Fußboden von einer solchen gebildet; nie aber gab man den unglücklichen Todesopfern andere Zimmer. In dieser schrecklichen Ratlosigkeit schien es ihr sogar unnütz, die Leute zu warnen. Sie teilte dies der Frau d'Esterval mit, die ihr aber versicherte, sie täusche sich; wenn man ihr einen solchen Auftrag erteilt habe, würde sie sicher das Geheimnis des Erfolges ausfindig machen. »Ach, Madame, so erklären Sie mir doch die Sache!« – »Das hieße auf unsere Genüsse verzichten ... ich würde meiner größten Vergnügen verlustig werden.« – »Solche Gräuel können Sie ergötzen?« – »Es ist köstlich, einen Mann zu hintergehen ... ihn während der Umarmung sterben zu sehen ... es ist göttlich, ihm den Tod zu geben in dem Augenblick, da er das höchste Entzücken kostet; dieser Kampf zwischen den Parzen und Venus erhitzt den Kopf zum Staunen; ich versichere dir, du wirst dich rasch daran gewöhnen, wenn du den Versuch machen wolltest.« – »Ach, welche Entartung!« – »Aber gerade die Entartung befriedigt den Trieb; sie belebt ihn erst. Was wäre die Wollust ohne Ausschweifung?« – »Ach, kann man es so weit treiben?« – »Beklage mich ... meine Teure, daß ich es nicht noch ärger tun kann, wenn du wüßtest, wohin sich meine Einbildungskraft verirrt, wenn ich einmal im Genießen bin! Was alles ich dann ersinne! Sei überzeugt, Justine, all das, was ich tue, bleibt weit hinter meinen Wünschen zurück. Warum müssen sich meine Begierden auf dieser Welt beschränken? Warum bin ich nicht die Herrin der Welt? Warum kann ich dieses rasende Verlangen nicht auf die ganze Natur ausdehnen? Jede Stunde meines Lebens wäre durch einen Frevel geheiligt, jeder meiner Schritte durch einen Mord. Wenn ich je nach unumschränkter Gewalt Verlangen getragen habe, so geschah dies, um mich an Freveln zu weiden. Ich möchte durch meine Greueltaten alle grausamen Frauen des Altertums übertreffen; von einem Ende der Welt zum anderen sollten die Menschen vor meinem Namen, meinen Missetaten zittern. Genügt nicht die bloße Analyse des Verbrechens, um es lobenswert zu finden? Was ist ein Verbrechen? Eine Handlung, die die Menschen uns fügsam macht und uns unfehlbar über sie erhebt; eine Handlung, die uns zu Herren über Leben und Tod der anderen macht und die daher zu dem Glück, dessen wir uns freuen, das des geopferten Wesens hinzufügt. Kann man mir einwerfen, daß das auf Kosten anderer erworbene Glück nicht vollkommen sei? Toren! ... gerade darin ist es vollkommen, weil es angemaßt ist; es besäße keine Reize, wenn es geschenkt würde. Man muß es[283] gewaltsam rauben; es muß den, welchem man es raubt, Tränen kosten, denn gerade aus der Gewißheit, daß man anderen Schmerz verursacht, entspringt der süßeste Genuß.« – »Aber das ist ja verbrecherisch!« – »Ganz und gar nicht; es handelt sich nur um das sehr einfache und natürliche Verlangen, sich ein möglichst großes Quantum Glück anzulegen.« – »Ich stimme bei, wenn es nicht auf Kosten der anderen geschieht.« – »Das wäre aber ein schlechter Genuß, wenn ich die andern für ebenso glücklich halten müßte wie mich; um mein Glück zu vervollkommnen, muß mich alles auf der Welt glücklich schätzen, während alle andern leiden; es gibt kein organisiertes Wesen, das nicht fühlt, wie süß es ist, Vorrechte zu haben. Solange ich nur im allgemeinen Glück teilhabe, bin ich nur wie alle Welt; wenn ich aber alles in mir vereinen kann, bin ich unbestreitbar glücklicher als die anderen. Wenn zum Beispiel in einer Gesellschaft von zehn Personen das Glück sich zu gleicher Weise verteilt, dann kann sich keiner schmeicheln, glücklicher zu sein als der andere; wenn dagegen einer aus dieser Gesellschaft den neun anderen das Glück zu rauben und sich zuzuschanzen versteht, dann ist er sicherlich wahrhaft glücklich; denn er kann nun Vergleiche anstellen, was ihm vorher unmöglich war. Das Glück hängt nicht von dem oder jenem Seelenzustand ab; es besteht nur im Vergleich des eigenen Zustandes, mit dem des anderen; wie kann man aber Vergleiche anstellen, wenn alle einander ähneln? Wenn alle Leute ein gleiches Vermögen besäßen, könnte ich dann jemand reich nennen?« – »Ich werde nie diese Art, glücklich zu sein, verstehen, ich glaube es nur dann sein zu können, wenn ich wüßte, daß alle anderen es auch sind.« – »Das rührt von deiner Schwäche her; denn du hast nur kleine Wünsche, schwache Leidenschaften, geringe Wollustgefühle.« Aber diese mittelmäßige Denkweise kann nie bei einem so gearteten Wesen, wie ich es bin, Anklang finden; wenn mein Glück nur mit dem Unglück der andern zusammen bestehen kann, so ist dies deshalb der Fall, weil ich in diesem Unglück das einzige Reizmittel erblicke, das meine Nerven stark anregt und das, entsprechend der Heftigkeit der Erschütterung, die Nerven mit größerer Gewißheit in den Zustand der Wollust versetzt.20[284]

Im allgemeinen entspringen alle menschlichen Irrtümer den falschen Begriffen, die sie sich vom Glücke machen. Was man so nennt, ist nicht ein Zustand, der gleicherweise allen Menschen zusagen kann, sondern ist individuell verschieden, je nach der Art der Organisation. Das ist richtig, denn der Reichtum und die Wollust, die das Glück im allgemeinen zu begründen scheinen, finden bei manchen keinen Anklang; die Schmerzen dagegen und die Melancholie, daß Mißgeschick und der Kummer, die aller Welt zu mißfallen scheinen, haben dennoch ihre Anhänger. Wenn man aber diese Behauptung für recht findet, bleibt dem, der sich über die Sonderbarkeit des Geschmackes in einen Streit einlassen will, keine Waffe; wenn er vernünftig ist, bleibt ihm nichts übrig, als zu schweigen. »Ludwig XI. fand sein Glück in den Tränen, die er den Franzosen verursachte, Titus in den Wohltaten, mit denen er die Römer überhäufte. Woraufhin wollen Sie, daß ich den einen dem andern vorziehe? Hatten nicht beide Recht? Waren nicht beide gerecht?« – »Gewiß nicht; die Gerechtigkeit äußert sich nur dadurch, daß sie Gutes tut.« – »Aber was bezeichnest du als das Gute? Ich bitte dich, beweise mir, daß es besser ist, einem Menschen hundert Louis zu geben als sie ihm zu rauben. Wie komme ich dazu, das Glück der anderen zu machen? Wodurch kannst du mich überzeugen (Vorurteile haben keine Beweiskraft), daß ich besser[285] bin, wenn ich es tue als wenn nicht? Jedes System einer allgemein giltigen Moral ist ein richtiges Hirngespinst; es gibt außer der relativen Moral keine wahre Moral, die auf uns Einfluß üben könnte. Die Verbrechen ergötzen mich, daher fröhne ich ihnen; ich schaudere vor der Tugend, daher fliehe ich sie; ich würde sie vielleicht lieben, wenn ich von ihr irgend einen Genuß verspürt hätte. Justine, werde lasterhaft wie ich! Die Göttin, der du dienst, ist undankbar; sie wird dich nie für die Opfer, die sie fordert, entschädigen; wenn du ihr dienst, wirst du nie belohnt werden.« – »Aber würden die Menschen das, was Sie tun, bestrafen, wenn es gut wäre?« – »Die Menschen strafen das, was ihnen schadet; sie zertreten die Schlange, die sie sticht, ohne daß man daraus das geringste Argument gegen die Existenz dieses Reptils schöpfen könnte. Die Gesetze sind egoistisch, wir müssen es auch sein; sie dienen der Gesellschaft; aber die Interessen der letzteren sind nicht die unserigen; und wenn wir unsere Leidenschaften befriedigen, so tun wir das einzeln, was jene im Masse tun; nur die Resultate sind verschieden.«

Manchmal mengte sich d'Esterval in derartige Gespräche; dann nahmen sie einen imponierenden Charakter an. Unmoralisch aus Grundsatz und durch sein Temperament, Atheist aus Liebhaberei und durch Philosophie, bekämpfte d'Esterval alle Vorurteile und ließ der unglücklichen Justine keine Möglichkeit der Verteidigung. Als diese ihm gelegentlich seine täglichen Mordtaten vorwarf, sagte er: »Mein Kind, der Wechsel ist das Wesen der Welt; doch kann es keinen Wechsel ohne Zerstörung geben; also ist diese nötig für die Naturgesetze; demnach fördert derjenige, der am meisten zerstört – da er den größten Wechsel in der Materie verursacht – am besten die Naturgesetze. Diese Mutter aller Menschen hat ihnen ein gleiches Recht auf alles verliehen. In der natürlichen Ordnung der Dinge ist es jedem erlaubt, alles, was ihm gut dünkt, mit wem immer zu tun; jeder kann besitzen, sich dienstbar machen, genießen, was immer er gut findet. Der Nutzen ist die Richtschnur des Rechtes. Es genügt, daß ein Mensch eine Sache begehrt, um festzustellen, daß er ihrer bedarf; wenn aber etwas jemandem nötig oder auch nur angenehm ist, hat er ein Recht darauf. Die einzige Strafe, die wir für eine solche Handlung verdienen, besteht darin, daß es einem andern gestattet ist. gegen uns ebenso vorzugehen. Die Berechtigung oder Nichtberechtigung einer Handlung,« sagt Hobbes, »hängt nur von dem Urteil den Handelnden ab; dadurch ist dieser über jeden Tadel erhaben und kann sein Vorgehen rechtfertigen.« Die einzige Ursache aller unserer Irrtümer rührt daher, daß wir das für Naturgesetze halten, was nur den Gewohnheiten und Vorurteilen[286] der Zivilisation entspringt. Nichts auf der Welt verletzt die Natur; die Zivilisation, mehr zorniger Natur, fühlt sich fast jeden Moment beleidigt; aber was liegt denn an ihrer Beleidigung! Die menschlichen Gesetze verletzen heißt ein Hirngespinst beschimpfen. Hatten die, welche an dieser Zivilisation arbeiteten, meine Zustimmung? »Kann ich Gesetzen anhänglich sein, die meinen Trieben und meiner Vernunft widerstreben?«

Justine rühmte die Vorzüge unserer Wahrnehmungen; dann wollte sie, sich auf ihre schwankende Basis stützend, daraus fälschlich die Richtigkeit der Religion ableiten. »Ich gebe zu,« erwiderte d'Esterval, »daß unsere Wahrnehmungen und unsere Organe, die feiner entwickelt sind als bei den Tieren, uns veranlaßt haben, an die Existenz Gottes und die Unsterblichkeit zu glauben; darum schrieben wir, so wie Sie es tun; gibt es einen besseren Beweis für die Richtigkeit jener Dinge, als daß wir genötigt sind, sie zuzugeben, aber gerade da zeigt sich der Sophismus. Es ist ganz richtig, daß die Beschaffenheit, die uns die Natur zuteil werden ließ, uns nötigt, Hirngespinste zu schaffen und uns oft durch solche zu trösten; aber die Existenzberechtigung eines Kultes ist deshalb nicht bewiesen. Der Mensch wäre das glücklichste Wesen, wenn sich jeder seiner Wünsche und Illusionen verwirklichte. Noch einmal wiederhole ich es, der Vorteil, den wir von einer Sache haben, bewirkt noch nicht deren Verwirklichung, selbst wenn es noch mehr in unserem Interesse gelegen wäre, mit einem der gütigen Wesen zu tun zu haben (als solches Gott von seinen Anhängern bezeichnet wird), so würde das noch kein Beweis sein für dessen Existenz. Es ist tausendmal angenehmer für den Menschen, von einer blinden Natur abhängig zu sein, als von einem Wesen, dessen gute Eigenschaften nur von den Theologen festgestellt sind, aber jeden Augenblick durch die Tatsachen Lügen gestraft werden. Die Natur bietet uns, wenn sie gut erforscht ist, alles, was wir brauchen, um uns so glücklich zu machen, als unsere Organisation es zuläßt. Durch sie können wir unsere physischen Bedürfnisse befriedigen; in ihr sind alle Gesetze unseres Glückes und unserer Erhaltung gelegen, was sich von ihr entfernt, ist chimärisch und muß von uns unser ganzes Leben lang verflucht und verabscheut werden.«

Aber wenn auch Justine nicht die ihren Wirten charakterisierende Geisteskraft besaß, um so viel Philosophie zu bekämpfen, so entsprangen doch manchmal ihrem Herzen Gedanken, die zu widerlegen selbst jenen kaum möglich war. Das geschah eines Tages, als d'Esterval mit ihr wegen ihrer Neigung zum Wohltun disputierte und ihr die ganze Haltlosigkeit[287] dieser angeblichen Tugend zum Bewußtsein zu bringen versuchte. »Ja,« sagte sie mit diesem beredten Pathos, der oft sogar den Geist bezwingt, »ich weiß wohl, daß alles Wohltun keinen Dank einträgt; aber ich ziehe es vor, von der Ungerechtigkeit der Menschen als den Vorwürfen meines Herzens zu leiden.«21

Solche Gespräche wurden geführt, ohne daß die Sittenverderbnis die trefflichen Grundsätze der Kindheit in unserer Heldin hätte vernichten können, als Fremde in der Herberge anlangten.

»Was sie betrifft,« sagte d'Esterval, »werden sie uns nicht viel Geld eintragen, wohl aber eine tüchtige Menge Wollust; ich fühle es am Prickeln in meinem Innern.« – »Was sind denn das für Leute?« fragte Dorothéa. – »Eine elende Familie, bestehend aus Vater, Mutter und Tochter. Der erstere, noch kräftig, wird dir gute Dienste leisten wie ich hoffe, die Mama, komm' schau' 'mal durchs Fenster: höchstens dreißig Jahre, weißer Teint, hübsche Taille; die Tochter ist eine Schönheit, dreizehn Jahre alt, ein bezauberndes Gesicht. O Dorothéa, welch eine Entladung wird das werden!«

»Mein Herr,« sagte der Vater, sich respektvoll an den Wirt wendend, »ich glaube, Sie vor meinem Eintreten von unserem Mißgeschick in Kenntnis setzen zu müssen; es ist derartig, daß es uns unmöglich sein wird, unsere Ausgaben zu bezahlen, so klein sie auch sein mögen. Wir waren nicht zum Unglück geboren; meine Frau hat einigen Besitz mitbekommen, auch ich habe etwas besessen. Schreckliche Verhältnisse haben uns ruiniert; wir rechnen auf die Wohltätigkeit der Menschen, um uns zu einem Verwandten ins Elsaß zu begeben, der uns einige Hilfe versprochen hat.« – »Ach d'Esterval,« flüsterte Justine ins Ohr des Herbergvaters, »Sie werden doch das Unglück respektieren, nicht wahr?« – »Justine,« sagte der Grausame, führen Sie diese Leute ins gewohnte Gemach; »ich will für ihr Abendessen sorge tragen.« Und Justine begreift voll Schmerz, durch den Befehl, daß das Los dieser nicht besser sein wird als das der anderen, und führt die arme Familie traurig in das für sie bestimmte unheilvolle Zimmer.

»Unglückliche,« sagt sie zu ihnen, als sie dort eingezogen waren, »nichts kann euch schützen vor der Frevelhaftigkeit der Leute, bei denen Ihr seid; machet nicht einmal den Versuch, hinauszugehen, Ihr könnt es nicht mehr. Aber[288] leget euch nicht zu Bette; zerbrecht oder zerschneidet womöglich die Gitter eures Fensters; lasset euch in den Hof hinab und rettet euch blitzschnell.« – »Wie? ... was sagen Sie? ... Himmel! ... was haben wir Unglücklichen, das die Wut oder die Raubsucht dieser Menschen erregen könnte? Das ist ja unmöglich!« – »Doch, es ist so; beeilen Sie sich; in einer Viertelstunde ist es schon zu spät.« – »Wenn ich es versuchte,« sagte der Vater, sich dem Fenster nähernd, »wenn ich den Rat befolge, so ist der Hof, in den wir gelangen, von einer Mauer umgeben, wir wären ebenso eingesperrt. Nun gut, Fräulein, da Sie so gut sind, uns zu warnen, da unser unglückseliges Geschick Ihre Teilnahme erweckt, versuchen Sie, uns Waffen zu verschaffen; dieses Mittel, ehrenhafter und schwerer, wird uns genügen, ich bin überzeugt.« – »Waffen ... rechnen Sie nicht damit,« entgegnete Justine, »ich verfüge nicht über solche. Versuchen Sie zu fliehen, ich kann Ihnen nur diesen Rat erteilen; wenn die Flucht Ihnen nicht glückt, halten Sie sich am Bette fest, ohne zu schlafen; diese Stellung wird Sie vielleicht vor einer Falltüre sichern, durch die man sie in die Tiefe stürzen will, Adieu ... fragen Sie mich nicht weiter.«

Der Schmerz des unglücklichen Vaters ist unbeschreiblich. Kaum ist Justine weggegangen, wirft er sich in die Arme seiner Frau. »Teure Freundin,« ruft er, »wie sind wir vom Unglück verfolgt! ... Doch danken wir dem Himmel; das ist das letzte und wird unseren Leiden ein Ende machen.« Alle drei vergossen bittere Tränen. Indessen guckte d'Esterval still durch eine Spalte der Türe, beobachtete voll ruhigen Frevelmutes und rieb sich wollüstig im Angesichte dieses Gräuels. »Sehr gut,« sagte er zu Justine, als sie hinausging, »du hast dich diesmal gut aufgeführt; komm, rege mich auf, lege deinen hübschen Hintern auf meine Hände, neben mein Glied ... diese Szene ist einzig für mich.« Er sah weiter zu, als aber die Schmerzensausbrüche durch Stille unterbrochen wurden, fürchtete d'Esterval einen plötzlichen Entschluß. »Ziehen wir uns zurück,« sagte er zu Justine, »es ist Zeit zu handeln.« – »Sie haben nicht genachtmahlt.« – »Sie würden mir das Souper nicht bezahlen; wozu auch sollten sie Kräfte schöpfen für die friedliche und rasche Reise, die sie unternehmen werden?« – »Können Sie nicht solchen Unglücklichen gegenüber Gnade walten lassen?« – »Gnade?« »Gerade solche sind die richtigen Opfer für Wüstlinge; es täte mir recht leid, sie mir entgehen zu lassen.«

Sie begeben sich hinab. Justine und d'Esterval treffen unten Dorothéa, die in dem köstlichen Gedanken des zu begehenden Frevels schwelgend sich rieb. Doch, da sie nicht wollten, daß unsere Heldin das Spiel der Falltüre gewahre,[289] sperrten sie sie in ein Zimmer ein; erst dann holte sie eine der Mägde, als der Fußboden des unheilvollen Zimmers sich vollständig im Keller befand. »Du siehst, Justine,« sagte d'Esterval, »daß es unnütz war, ihnen zu sagen, sie sollten sich am Bette festhalten, um der Falltüre zu entgehen. Sie, haben ja so getan, aber da ist das Zimmer mit dem Bett ...«

Indessen flehten die drei wehrlosen Opfer seufzend und schluchzend d'Esterval an. Das Mädchen warf sich der grausamen Frau jammernd zu Füßen ... doch nichts konnte die Ungeheuer erweichen. Sie ist die Erste, die d'Esterval opfert. Er entjungfert sie ohne Erbarmen; beide Vergnügungsbahnen betritt er. Ebenso wird die Mutter behandelt; dem Vater wird Gnade in Aussicht gestellt, wenn er bereit ist, Dorothéa zu ficken. Justine wird genötigt, die Triebe des Unglücklichen anzufachen. Es gelingt ihr. Man hat ganz Recht, wenn man sagt, es stecken oft mehr Schätze in der Hose eines Bauern, als in der eines großen Pächters. Ein mächtiges Glied bäumt sich hoch auf; Dorothéa bohrt es voll Feuer in ihre Scheide, d'Esterval stützt die Tochter auf den Rücken des fickenden Vaters und bearbeitet sie von hinten. Justine wird beauftragt, die Mutter zu reiben. Diesmal tötet d'Esterval zugleich Eltern und Tochter, und zwar im Momente, da er entladet; mit seiner Rechen erdolcht er Vater und Kind, mit seiner Linken schießt er eine Kugel in den Kopf der Mutter, die fortgesetzt von Justine gerieben wurde. Unsere Heldin hält diesen entsetzlichen Massenmord nicht aus und fällt in Ohnmacht; in diesem Moment wird sie von dem wilden d'Esterval gepackt und von hinten bearbeitet. Seine Frau häuft die Leichname über ihn, worauf das Scheusal, sein Opfer quälend, um sie (wie er sagt) wieder zu sich zu bringen, entladet.

»Wir sind einer Mühe überhoben,« sagte d'Esterval, als er den Raum verließ. – »Welcher denn?« fragte Dorothéa. – »Diese da zu plündern.« – »Wer weiß?« erwiderte eine der Mägde. »Oft schützen solche Lumpen Armut vor, um nicht zahlen zu müssen.« – Aber diese hatten nur zu wahr gesprochen; die genauen Nachforschungen ergaben nur einen Thaler. – »Entsetzliche Tat!« sagte Justine zu dem Ehepaar, »gestehen Sie nur, daß das ein unnötiges Verbrechen war!« – »Gerade solche sind gut,« antwortete d'Esterval, »wenn man das Verbrechen um seiner selbst willen liebt, bedarf es keines Motivs.«

Die nächste Woche war besser. Fast alle Tage kamen Fremde, aber trotz aller Warnungen Justinens vermochte keiner zu entkommen; alle fielen der Raubgier und den Lüsten des infernalischen Paares zum Opfer. Da kam eine Persönlichkeit in die Herberge, die merkwürdig genug war, um die Aufmerksamkeit unserer Leser zu fesseln.

Es war ungefähr sieben Uhr abends; die ganze Gesellschaft atmete auf einer Bank nahe der Tür die reine, heitere Luft eines[290] schönen Herbstabends, als ein Reiter in Galopp heransprengt und ungeduldig fragt, ob er in diesem Hause Unterkunft finden könne. »Ich bin eine Meile von hier angefallen worden,« rief er mit einer Art Entsetzen, »man hat meinen Diener getötet und sein Pferd geraubt! Glücklich stark genug, um denjenigen, der den Zügel des meinen faßte, zu Boden zu werfen, vermochte ich nicht mehr, meinen Diener zu rächen; sein Mörder war verschwunden, ich selbst floh.« – »Welche Unvorsichtigkeit!« sagte d'Esterval, »mit so schwachem Geleite einen so gefährlichen Wald zu durchreiten.« – »Ich habe umso mehr Unrecht,« sagte der Mann, »als ich Leute genug zur Verfügung habe, um mich ein wenig besser geleiten zu lassen, aber ich will einen Onkel besuchen, den ich sehr gern habe und der mich seit langem schon einladet, ich sollte seine Genüsse auf seinem schönen Landsitz in der Franche-Comté teilen: da ich nun weiß, daß er die Einsamkeit liebt, führte ich nur wenig Leute mit mir. Kurz, Herr können Sie mir Quartier geben?« – »Gewiß, mein Herr,« erwiderte d'Esterval. »Treten Sie nur ein meine Gattin und ich werden Ihnen die möglichst beste Aufnahme bereiten.« Der Reiter steigt ab und begibt sich in den Salon; da stößt Justine, ihn genauer betrachtend, einen Schrei der Ueberraschung aus, da sie ihn erkennt. »Bressac!« schrie sie. »Sie sind hier! Ich bin verloren ...« – »Bressac!« rief d'Esterval »wie, mein Herr, Sie sind der Marquis de Bressac, der Besitzen des schönen Gutes in der Umgebung des Waldes von Bondy?« – »Jawohl!« – »Umarmen Sie mich, ich habe die Ehre, Ihnen nahezustehen; erkennen Sie in mir Sombreville, den leiblichen Bruder Ihrer Mutter!« – »Oh, mein Herr, solch ein Zufall ... Ach! Sie wissen, durch welches Geschick ich meine zärtliche Mutter einbüßte; aber was Sie zweifellos nicht wissen und was Sie nicht ungestraft lassen werden,« setzte Bressac hinzu, auf Justine weisend, »ist, daß hier die Mörderin dieser ehrwürdigen Mutter steht. Wie ist es möglich, daß Sie ein solches Scheusal bei sich hielten?« – »Oh, Herr, glauben Sie das nicht!« rief Justine weinend. »Ich bin zu solchem Frevel nicht fähig, und wenn man mir erlaubt, alles zu sagen ...«

»Schweigen Sie«, Justine, »ich will mich von diesem Herrn unterrichten lassen, von seinem Berichte werden meine weiteren Verhaltungsmaßregeln Ihnen gegenüber abhängen. Gehen Sie hinaus!« Justine zog sich bestürzt zurück; Herr de Bressac fuhr fort – wie leicht einzusehen – sie in den Augen seiner Verwandten zu beschuldigen. Nach Verlauf einer Stunde wird Justine zurückgerufen und beauftragt, den Fremden, in das verhängnisvolle Zimmer zu führen. Sie gehorcht, aber ohne jede weitere Erklärung begibt sie sich zu ihrem Herrn. – »Mein Herr,« sagt sie hastig, »wie soll ich mich gegen Herrn de Bressac betragen? ... Da er Ihr Verwandter ist, ohne Zweifel ...« –»Justine,« antwortet Sombreville, den wir aber auch weiterhin d'Esterval nennen wollen, »es ist erstaunlich, daß nach all den Beweisen von Güte,[291] nach all den Rücksichten, die meine Frau und ich Ihnen unaufhörlich zuteil werden lassen, Sie einen Umstand Ihres Lebens verbergen konnten, der Sie in den Augen der Alltagsmenschen so schuldig macht. Da Sie unsere philosophischen Ansichten in solchen Dummheiten kennen, hätten Sie – wie mir scheint – sich ein wenig freimütiger zeigen können.« – »Oh, mein Herr, ich schwöre Ihnen,« antwortete Justine mit der edlen Unbefangenheit, die die Tugend verleiht, »ich erkläre feierlichst, ich bin unschuldig an dem Verbrechen, dessen mich Herr de Bressac anklagt. Er soll den Mörder seiner Mutter nicht so weit suchen, er weiß nur zu gut, wo er ist.« – »Wie? Erklären Sie sich, Justine!« sagte Frau d'Esterval. – »Er selbst, Madame, er selbst hat diese Missetat begangen und der Frevler klagt mich an!« – »Sind Sie dessen sicher, was Sie da sagen?« – »Ich kann daran nicht zweifeln; ich will Ihnen, wenn Sie es wünschen, alle Einzelheiten dieser Ruchlosigkeit enthüllen.« – »Ich habe jetzt keine Zeit, Sie anzuhören,« sagte d'Esterval. Dann wandte er sich an seine Frau: »Wozu entschließest du dich, Dorothéa?« – »Nur ungern,« antwortete das Scheusal, »verurteile ich ein Wesen, das ebenso frevelhaft ist, wie wir, zum Tode; aber dieser schöne Mann erregt meine Wollust außerordentlich, ich will durchaus, daß sie befriedigt werde.« – »Gut!« sagte d'Esterval. »Justine, keine weiteren Auseinandersetzungen mit ihm, sondern erfüllen Sie Ihre gewöhnliche Mission. Uebrigens fürchten Sie nichts, selbst wenn Sie das Verbrechen, dessen er Sie anklagt, wirklich begangen haben, würden wir Sie nicht geringer schätzen; im Gegenteil, das wäre ein Ehrentitel in unseren Herzen. Erröten Sie nicht, es zuzugeben.« – »Glauben Sie mir, ich würde, durch eine solche Rede ermutigt, alles gestehen, wenn ich schuldig wäre; aber ich bin an dem Verbrechen unschuldig, ich beschwöre es feierlichst.« – »Schon gut, gehen Sie nur hinauf, mein Kind, und führen Sie sich wie gewöhnlich auf; denken Sie daran, daß ich Ihnen auf Schritt und Tritt folge.«

Unsere Heldin war in großer Verlegenheit; welche Freude hätte sie empfunden, wäre sie rachsüchtig gewesen! Wir wissen genau, daß der Tod ihres Verleumders sicher war, ob sie ihn nun warnte oder nicht, aber gerade wegen dieser Gewißheit fielen Justine nur Mittel ein, die sie anwendete, um dem das Leben zu retten, der so grausam nach dem ihren getrachtet hatte. Sie beeilte sich, sie wußte, daß sie einen Augenblick Zeit hatte, mit dem Marquis zu sprechen, bevor d'Esterval lauschte. »Mein Herr,« sagte sie ihm weinend, »trotz allem, was Sie mir zugefügt haben, will ich Sie retten, wenn ich es vermag. Bleiben Sie keinen Moment in diesem Zimmer, das allenthalben mit Falltüren versehen ist. Versuchen Sie, seine Raserei zu dämpfen, besonders aber, die Megäre zu besänftigen; besessener wie ihr Gatte, hat sie Ihr Todesurteil gesprochen. Schnell, Herr, gehen Sie hinunter; nehmen Sie Ihre Pistolen mit; in zwei Sekunden wird es schon zu spät sein!«[292]

Bressac, der im Grunde seiner Seele gezwungen war, die Sprecherin hinreichend zu achten, um ihren Worten das größte Vertrauen zu schenken, stürzt hinaus und begegnet d'Esterval auf der Treppe. »Gehen wir hinunter, Herr, ich muß Sie sprechen,« sagt er zu ihm mit fester Stimme. – »Aber, mein Herr ...« – »Gehen wir hinab, sage ich Ihnen!« Mit diesen Worten stößt er ihn in den Salon und sperrt die Tür hinter sich ab, indem er Justine, die ihm folgen will, hinausschiebt. Das Gespräch wurde zweifellos sehr heftig geführt; wir kennen nicht die Einzelheiten, aber das Ergebnis war, daß Bressac, der sich seinem Verwandten zweifellos zu erkennen gab, ihm rasch die Ueberzeugung beibrachte, daß die Frevler untereinander sich nichts Böses zufügen dürften; Dorothéa wurde durch die Artigkeiten und die Verführungskünste des Marquis beruhigt; endlich wurde beschlossen, alle sollten zum Onkel des Bressac sich begeben. »Dieser Onkel ist ein Berufswüstling,« sagte Bressac, »er ist auch Ihr Verwandter, da wir Vettern sind; gehen wir zu ihm, ich stelle Ihnen göttliche Genüsse in Aussicht.« – Nachdem man diesen Entschluß gefaßt hatte, soupierte man gemeinsam. Auch Justine wurde zugelassen. »Umarme mich,« sagte Bressac, ich will dich in den Augen meiner Verwandten wieder zu Ehren bringen ... Mein Freund, da du ebenso frevelhaft bist wie ich, fürchte ich nicht, dir zu gestehen, daß ich allein das Verbrechen begangen habe, dessen ich vorher dieses Mädchen anklagte; die Unglückliche wäre dazu unfähig. Sie soll an der Reise teilnehmen. Mein Onkel hat mich beauftragt, ihm eine Kammerfrau ausfindig zu machen; er wünscht ein zuverlässiges Mädchen an der Seite seiner Gattin zu haben. Ich vermute, daß niemand ihm dazu so geeignet erscheinen kann wie Justine, wie die Sache liegt. Der Platz, den ich ihr verschaffe, ist gut; wenn sie das Vertrauen meines Onkels gewinnt, kann sie die Chimäre vom Glück, dem sie seit so langer Zeit nachläuft, endlich realisieren ... Oh, Justine, nimm dieses Zeichen meiner Dankbarkeit an. Mögen Einigkeit, Friede und Ruhe unter uns herrschen. Erklären Sie sich einverstanden, Vetter? »Ueberlassen Sie mir Justine?« – »Oh, ganz gern,« antwortete d'Esterval, »ich begann schon, ihrer müde zu werden; die Folgen meines Ueberdrusses aber hätten für sie verhängnisvoll werden können.« – »Das glaube ich,« sagte Bressac; »ich bin dir darin ähnlich, mein Lieber; wenn ein Gegenstand meine Geilheit gestillt hat, möchte ich ihn zum Teufel schicken.« – »Sie haben sich doch an Justine nicht ergötzt« fragte Dorothéa. – »Nein, Madame, ich kenne nur Sie auf der ganzen Welt, die mich meinem Geschmack untreu werden lassen könnte; ich liebe nur die Männer.« – »Mein Freund,« sagte d'Esterval hastig, »meine Frau kann dir zu Gebote stehen, wenn du es wünscht; sie hat den schönsten Hintern und das größte Vergnügen, darin ein Glied aufzunehmen ... Außerdem hat sie einen Kitzler, der größer ist wie ein Finger mit dem sie dir desgleichen tun wird, wie du ihr.« – »Himmel,« sagte[293] Bressac, »sogleich! Ich habe nie ein wüstes Projekt aufzuschieben vermocht!« Damit bemächtigte er sich Dorothéas, die, bereits trunken von Wein und Wollust, ihm freundlichst entgegenkam, als man plötzlich die Hunde bellen hörte, was die Ankunft von Menschen andeutete. Tatsächlich wurde geläutet; obwohl es schon Mitternacht war, begehrten Fremde Unterkunft. Es waren das Polizeibeamte, die von dem an Bressac verübten Raub und von dem Mord, der an seinem Diener begangen worden war, vernommen hatten, und, nachdem sie den Spuren, soweit sie konnten, gefolgt waren, sich erkundigen wollten, ob es nicht in dieser Herberge Leute gäbe, die ihnen Aufklärung verschaffen könnten, Bressac erschien selbst, erzählte, was ihm zugestoßen war und sagte, der Weg, den die Räuber genommen hätten, wäre ihm unbekannt. Man gab den Leuten zu trinken, man bot ihnen Betten an, die sie aber ausschlugen; dann gingen sie weiter. Die Lustbarkeiten gingen wieder los, sowie sie draußen waren, und der übrige Teil der Nacht wurde mit den skandalösesten Orgien zugebracht.

Da die Mischung der Geschlechter nicht von Erfolg gekrönt war und die Anstrengungen Bressacs nur dazu geführt hatten, daß Dorothéa zweimal sodomisiert wurde, mußten die Männer sich zusammen unterhalten, während die Frauen desgleichen taten. Dorothéa, voll wilder Gier, ermüdete Justine; ebenso erging es d'Esterval und Bressac. Bei Tagesanbruch begab man sich zu Bette mit dem Plane, sogleich nach dem Frühstück gemeinsam aufzubrechen.

»Der Mann, zu dem ich Sie führe,« sagte Bressac, als man das Mahl einnahm, »heißt Graf de Gernande.« – »Gernande!« Sicherlich, »ich bin verwandt mit ihm,« sagte d'Esterval, »er war der Bruder Ihrer Mutter, daher mein leiblicher Vetter.« – »Und kennen Sie ihn?« – »Ich habe ihn nie gesehen; ich weiß nur, daß er ein sonderbarer Mensch ist, ein Mann, dessen Geschmacksrichtung ...« – »Warten Sie, warten Sie,« sagte Bressac, »ich will ihn Ihnen schildern, da Sie ihn nicht kennen.«

»Der Graf da Gernande ist ein fünfzigjähriger, recht dicker Mann. Nichts ist so erschreckend wie sein Gesicht; die Länge seiner Nase, die rabenschwarzen Augenbrauen, die bösen dunklen Augen, sein großer Mund voll schlechter Zähne, seine finstere, kahle Stirne, der rauhe, drohende Ton seiner Stimme, die gewaltige Länge seiner Arme und Hände, alles das macht ihn zu einem gigantischen Wesen, dessen Nähe Schrecken einflößt. Sie werden bald sehen, ob die Moral und die Handlungsweise dieses Satyrs seiner schauerlichen Karrikatur entsprechen. Uebrigens besitzt er Geist und Kenntnisse, aber keine Sittlichkeit und Religion; er ist einer der größten Frevler, die je gelebt haben und der berühmteste Feinschmecker unserer Zeit. Nichts ist sonderbarer als die Art seiner Ausschweifungen. Sein Weib ist der hauptsächlichste[294] Gegenstand seiner wilden Lüste; aber er führt zudem so wüste sodomistische Handlungen aus, daß Ihr Beide mir nach acht Tagen für diese Bekanntschaft Dank wissen werdet.« – »Und dieser Frau, dem unglücklichen Objekt der Raserei ihres Gatten, wollen Sie mich zugesellen?« fragte Justine. – »Gewiß, sie ist ein recht sanftes Weib, wie es heißt ... Ich selbst kenne sie nicht ... doch versichert man, sie wäre ein sittsames und gefühlvolles Weib, das einer gleichgestimmten Seele bedarf, eines sanften Wesens, das sie tröstet. Es scheint mir, Justine, daß das sich mit Ihren Prinzipien vorzüglich verträgt.« – »Zugegeben; aber werde ich, wenn ich das Weib tröste, nicht dem Gatten mißfallen? Werde ich nicht zudem den brutalen Trieben des Frevlers, den Sie eben schilderten, zur Beute fallen?« – »Und wenn?« sagte Bressac, »schreckliches Unglück! Waren Sie nicht in diesem Hause den gleichen Gefahren ausgesetzt?« – »Wider meinen Willen.« – »Nun also, bei meinem Onkel wird es gutwillig geschehen müssen – das wird der ganze Unterschied sein.« – »Ach, mein Herr, ich sehe, Ihr immer aufs Böse gerichteter Witz hat nichts von seiner Schärfe verloren; doch da Sie meinen Charakter kennen, wissen Sie gut, daß ich mich nicht zu allen diesen Dingen hergeben kann. Da d'Esterval sein Haus verläßt und meiner Dienste nicht mehr bedarf, wäre ich Ihnen, meine Herren, sehr verpflichtet, wenn Sie mir meine Freiheit wiedergeben wollten, die mir zu rauben, Sie gar nicht das Recht haben.« – »Oh, was das Recht anbelangt, gewiß,« sagte d'Esterval, »sind wir denn nicht die Stärkeren? Und kennst du, Justine, ein heiligeres Recht als dieses?« – »Ich spreche mich offen gegen diese Freiheit aus,« sagte Bressac. »Von meinem Onkel beauftragt, ihm ein hübsches, sanftes Mädchen zuzuführen, kann ich keine finden, die Justine gleichkäme; ich hoffe, sie ist geschmeichelt, daß ich ihr Geschick unwiderruflich an das der Frau de Gernande knüpfe. Diese benötigt gerade eine solche Gesellschafterin, und sollte diese intime Beziehung sie manchmal auch den brutalen Lüsten des Gatten aussetzen, so muß sie sich doch darein fügen, daß ich sie zu deren Frau bringe.«

Justinens Einwände wären fruchtlos gewesen, sie mußte gehorchen. Man reiste ab. Bis zur Mitte des Waldes wurde der Weg zu Pferde zurückgelegt; in der nächsten Stadt wurde ein vierspänniger Wagen benutzt; ohne besondere Zufälle kam man bei Herrn de Gernande an, dessen prächtiges Schloß isoliert inmitten eines großen, von hohen Mauern umgebenen Parkes an den Grenzen des Lyonnais und der Franche-Comté lag. Aber das mächtige Gebäude war ganz und gar nicht so bewohnt wie es seiner Größe nach schien; man konnte nur wenig Dienerschaft, und zwar in der Nähe der Küchen, in der Mitte des Wohntraktes, bemerken; der ganze übrige Teil war ebenso verlassen und einsam wie die Lage des Schlosses.

Als die Gesellschaft eintrat, befand sich Herr de Gernande im Hintergrunde eines prächtigen, großen Gemaches, eingehüllt[295] in einen Schlafrock von indischem Satin, nachlässig auf einem Sofa ausgestreckt. Neben ihm sah man zwei so lächerlich gekleidete, so kunstvoll und elegant gekämmte Knaben, daß man sie hätte für Mädchen halten können; beide hatten reizende Gesichter und waren höchstens fünfzehn bis sechzehn Jahre alt, befanden sich aber in einem solchen Zustand von Erschlaffung und Müdigkeit, daß man versucht war, sie für krank auszusehen.22

»Mein teurer Onkel,« sagte der Marquis de Bressac beim Eintritt, »hier sind zwei meiner Freunde, die ich Ihnen mit umso größerem Vergnügen vorzustellen mir erlaube, als beide die Ehre haben, mit ihnen verwandt zu sein.« – »Ah! Es sind meine Cousins,« sagte Gernande, »ich habe sie nie gesehen; doch das du sie mitbringst, sind sie sicher unser würdig; ich bin daher sehr erfreut, sie zu sehen.«

»Wer ist aber dieses junge Mädchen?« – »Eine vertrauenswürdige Person, die ich, Ihrem Auftrage gemäß, zu Frau de Gernande führe; ich glaube, sie besitzt alle Eigenschaften, die zu diesem Posten erforderlich sind.« – Der Graf ließ Justine näher treten; ohne die Gesellschaft um Erlaubnis zu bitten, schürzte er sie bis übers Kreuz und prüfte sie vom Scheitel bis zur Stahle in der ungezwungensten, brüskesten Weise. »Wie alt sind Sie?« fragte er sie. – »Zwanzig Jahre.« – An diese Frage knüpfte er noch einige Erkundigungen über ihre Person. Justine erzählte kurz die interessantesten Einzelheiten ihres Lebens, ohne an Rodin zu vergessen, verschwieg aber geschickt die Greueltaten, zu denen sie durch d'Esterval genötigt worden war. Dann schilderte sie ihre elende Lage. »Sie und unglücklich,« sagte das Ungeheuer, »desto besser; desto unterwürfiger werden Sie sein. Nicht wahr, meine Herren, es ist das ein sehr geringer Nachteil, daß das Unglück dieses verworfene Volk verfolgt, das von der Natur dazu verdammt ist, neben uns auf derselben Erde zu kriechen? Darum ist es arbeitssamer und weniger frech; es erfüllt dadurch viel besser seine Pflichten uns gegenüber.« – »Aber, mein Herr,« warf Justine ein, »ich habe Ihnen ja meine Abkunft berichtet; sie ist gar nicht niedrig.« – »Ja, ja, ich kenne das; man gibt sich für Gott weiß was aus, wenn man im Elend ist; die hochfahrenden Illusionen müssen für das Unrecht des Geschickes trösten. Wir aber glauben von dieser durch Schicksalsschläge vernichteten Existenz so viel als uns beliebt. Uebrigens ist mir das alles gleichgiltig; ich sehe Sie in der Tracht einer Magd, ich werde Sie also demgemäß behandeln. Doch wird es nur von Ihnen abhängen, glücklich zu werden; haben Sie Geduld, seien Sie diskret, dann will ich Ihnen in einigen Jahren, wenn ich Sie entlasse, ermöglichen, den dienenden Beruf aufzugeben. Mein Freund,« sagte er dann zu Bressac, »erzähle mir jetzt ein wenig[296] von den beiden lieben Verwandten, die du da mitbringst; mit der Schlumpe da haben wir uns lange genug abgegeben.«

»Herr und Frau de Sombreville, bekannter unter dem Namen d'Esterval, haben, lieber Onkel, alle Eigenschaften, die ihre Bekanntschaft angenehm zu gestalten vermögen; ihre große Sittenlosigkeit wird Ihnen sicherlich Achtung einflößen; wenn Sie aber erst erfahren werden, daß sie trotz Ansehen und Reichtum alle Annehmlichkeiten, die ihnen die Welt bieten konnte, beiseite gelassen haben, um sich in einem dichten Walde zu vergraben, wo ihr einziges Vergnügen darin besteht, die Passanten, die um Unterkunft in der Herberge bitten, die sie an dieser düsteren Stätte halten, zu bestehlen und umzubringen; dann hoffe ich, werden Sie mir Dank wissen dafür, daß ich so treffliche Freunde hergebracht habe.« – »Sie bringen die Reisenden um,« sagte Gernande, in ein Gelächter ausbrechend, »ah, das ist ja köstlich! Ich kenne das alles, ich verstehe das vortrefflich ... Es ist unglaublich, was die Phantasie vermag! ... Man tötet, plündert, vergiftet, äschert ein, nichts ist einfacher als all das; aber man ergießt dadurch, und von diesem Moment an ist es göttlich. Ich habe mich früher an all diesen Dummheiten ergötzt, mein Kopf erhitzt sich noch jetzt durch sie; aber da ich altere, ziehe ich ruhigere und häuslichere Genüsse vor. Ich tue vielleicht noch dergleichen, aber zu Hause ist es mir lieber ... Ach so! Die Gattin dieses prächtigen Verwandten ist ja doch ...« – »Ganz so lasterhaft wie er, teurer Onkel; ich hoffe, ihr Zynismus und ihre Lüsternheit werden Sie amüsieren. Glauben Sie mir, daß unser Verwandter zu viel Geist besitzt, um sich an eine Frau zu knüpfen, die nicht die gleichen Laster übt wie er.« – »So ist es recht,« sagte Gernande, »ich gestehe, daß ich ihm ohne diesen Vorbehalt nicht verzeihen könnte, mich mit seiner Frau zu besuchen. Die Frauen, teurer Neffe, fühlen einen unwiderstehlichen Zwang, das an ihrem Geschlechte verübte Unrecht wieder gut zu machen. Verzeihung, Madame« – wandte er sich an Dorothéa – »aber ich liebe die Frauen ebenso wenig wie mein Neffe, und wenn ich mir eine halte, so werden die Leute, die gleich mir denken, dies dadurch entschuldbar finden, daß ich sie zum Opfer meiner Launen ausersehe ...« Dann hieß er Dorothéa nähertreten und fuhr fort: »Ihre Frau ist wenigstens schön, sehr schön; erlauben Sie, Vetter?« Damit schürzte das Scheusal Dorothéa von hinten und prüfte einen Moment ihre Hinterbacken ... »Auf Ehre, ein prächtiges Gesäß, ein wenig männlich zwar, doch ziehe ich es vor. Ich hoffe, Sie haben nie Kinder gehabt?« – »Nein, gewiß nicht; ich setze mich nicht dergleichen Dummheiten aus; wenn aber durch eine Unvorsichtigkeit mir ein solches Unglück zustieße, würden mich zwei oder drei Gläser Sabina rasch befreien.«23[297]

»Schön, schön, ich sehe, sie ist recht liebenswürdig Ihre Frau; sie bildet zur meinigen einen prächtigen Kontrast; ich sehne mich danach, sie zusammenzubringen.« – »Wünschen Sie,« fragte d'Esterval, »daß ich sie mit Ihnen allein lasse?« – »Ach nein,« erwiderte der Graf, »wir brauchen uns vor einander nicht zu genieren; ich hoffe, unsere Freuden werden von nun ab wie unsere Gedanken sein.« – »Jawohl, ganz offen,« sagte Bressac, »das ist der wahre Reiz der Geselligkeit.« – »Und Sie, Vetter,« wandte sich Gernande an d'Esterval, »Sie müssen ein Glied besitzen –?« – »Wie ein Maultier,« antwortete Bressac. – »So sehr ich auch gewöhnt bin, mächtige Glieder in meinen Hintern einzuführen, ich versichere Ihnen, daß das seine mir stets Schmerzen bereitet.« Zugleich kam Justine auf ein Zeichen Bressacs herbei, um d'Estervals Hose herabzulassen und den Augen Gernandes den Anblick eines der schönsten und gewaltigsten Gliede, die er je gesehen hatte, darzubieten. »Ah! Herrlich!« sagte Gernande und versuchte es, zu saugen, doch ohne daß es ihm gelungen wäre, es ganz in den Mund zu nehmen. »Es ist wirklich prächtig! Ach, mein Lieber, wie drängt es mich, es in dem Hintern meiner Frau zu erblicken. Wende mir deine Hinterbacken zu, Bressac, damit ich es einen Moment in deinen Arsch treibe ... Aber es geht ja! ... Oh, welch ein After, mein Neffe, welch ein After! Nie sah ich einen so weiten. Freunde,« sagte er zu seinen beiden Lustknaben, »der eine soll Bressacs Hoden reiben, der andere ihm seinen Hintern überlassen; leisten Sie die einem bearbeiteten Menschen gegenüber erforderlichen Dienste. Man darf in solchem Fällen keine Pflicht außeracht lassen.« – Die Sache ging so trefflich vor sich, daß Bressac bearbeitet und bearbeitend, nahe daran war, zu ergießen. »Halt! Halt!« schrie sein Onkel, der es bemerkte, »halte Maß, mein Freund, ich wollte nur dieses Experiment machen. Ich höre zum Diner läuten, begeben wir uns zu Tische. Das ist für mich ein interessanter Moment; beim Nachtisch stehe ich Euch wieder zur Verfügung; das ist dann der richtige Augenblick, wo wir einige Szenen aufführen wollen, die uns alle Vier ein wenig ergötzen werden.«

Man begab sich zu Tasche. »Verzeihung,« sagte der Graf,[298] »ich rechnete nicht auf Euch; mein Neffe hatte mir nichts geschrieben, daher muß ich Euch mein tägliches Diner vorsetzen; Ihr werdet sehr durch dessen Minderwertigkeit leiden.«

Man trug zwei Suppen auf: eine Nudelsuppe und eine Kraftbrühe mit Schinken; dann Hinterfleisch vom Rind, in englischer Manier zubereitet, zwölf Nebengerichte, davon sechs gekochte, sechs pflanzliche; zwölf Entrées, und zwar viermal Rindfleisch, ebenso oft Geflügel und Pasteten; eine Blutwurst, zwölf Braten, zwei Zwischengerichte, zwölf Gemüse, sechs verschiedene Arten Creme und sechs Pasteten; zwanzig Schüsseln mit Früchten und Kompott; sechs Arten Gefrorenes; acht verschiedene Weine, sechs verschiedene Sorten Liqueur, Rum, Punsch, Schokolade, Kaffee. Gernande kostete jede Speise; manche Schüssel wurde von ihm vollständig geleert; er trank zwölf Flaschen Wein, vier Volney bei Beginn, vier Arten d'Aï zum Braten; zum Obst Tokayer, Paphos, Madeira und Falerner;24 er beschloß mit zwei Flaschen Liqueur, einer Pinte Rum, zwei Schalen Punsch, und zehn Tassen Kaffee. Die beiden, d'Esterval und der Marquis de Bressac, die ebenso starke Esser waren, hielten ihm Stand; aber sie schienen erhitzt zu sein, während Gernande ebenso frisch war, als wenn er eben aufgewacht wäre.

Was Justine betraf, der man bereitwilligst einen Platz am Ende des Tisches einräumte, so setzte sie ihre gewohnten Tugenden: Enthaltsamkeit, Nüchternheit und Bescheidenheit der groben Unmäßigkeit der Frevler entgegen, unter die sie ihr unglückseliges Geschick versetzt hatte.

»Nun denn,« sagte Gernande, »die Tafel aufhebend ..., fühlen Sie sich disponiert zur Aufführung einiger geiler Szenen? Was mich anbelangt, so muß ich gestehen, daß jetzt für mich der richtige Moment ist.« – »Ja, bei Gott, tun wir etwas,« sagte Bressac, »die Probe aus dem männlichen Serail, das ich vorhin sah, erweckt in mir außerordentliche Lust nach dem übrigen.« – »Ganz wie du willst,« antwortete der Graf: »vielleicht wird es dir recht sein, zu sehen, wie ich in Sachen der Wollust vorgehe; ich werde es dir an Justine zeigen.« – »Und Ihre Gattin?« fragte Dorothéa. – »Ach, die werden Sie erst in zwei bis drei Tagen sehen; sie ruht sich nach jeder meiner Sitzungen aus; sie bedarf einer langen Erholung, woraus Sie vielleicht schließen können, was Sie sehen werden. Alle meine Schändlichkeiten werden Sie überraschen, Madame; aber man versichert, daß Sie philosophisch und wollüstig seien; bei solchen Eigenschaften aber kann man durch nichts in Erstaunen versetzt werden; denn da man selbst Leidenschaften hegt, findet man sie alle bei anderen auch für ganz selbstverständlich.« – »Liebenswürdiger Vetter,« sagte Dorothéa, »ich betrachte die offene und unbefangene Art, mit der[299] Sie sich mir gegenüber aussprechen, als ein Zeichen der Achtung. Seien Sie also überzeugt, daß keine Ausschweifung mich überrascht; bei meiner Geschmacksrichtung, meinen Launen kann ich mich höchstens über die Minderwertigkeit der Triebe anderer beklagen. Ich bitte Sie, mir eine Rolle anzuweisen, ich werde jeder genügen, gleichzeitig ob Opfer oder Henkersknecht.« – »Opfer? Nein,« sagte Gernande, »ich will dieses Mädchen hier recht oft mißhandeln. Ich lasse zur Ader,« fuhr er fort, seinen im Verhältnisse zu seiner mächtigen Gestalt erstaunlich kleinen Pents reibend, »ja, ich lasse zur Ader, das ist mein Gelüste, und zwar nur dann, wenn der Gegenstand, dessen ich mich bediene, gesättigt ist. Aus diesem Vorbehalt ergibt sich notwendigerweise eine dauernde Störung im Organismus, der ich ebenso wie dem fließenden Blute meine Erektion verdanke.« – »Er ist köstlich,« sagte Bressac, sich seinem Onkel nähernd und dessen Glied reibend, »er hat wundervolle Lüste.« Gernande ließ die Hose des Marquis herunter, rieb ihn mit der einen Hand und tätschelte ihm die Hinterbacken mit der anderen. »Was Sie betrifft, teurer Vetter,« wandte er sich an d'Esterval, »so werde ich nicht müde, Ihr schönes Glied zu betasten; nicht wahr, Sie werden meine Frau bearbeiten, mein Freund?« – »Gewiß,« entgegnete d'Esterval, »ich werde ihr alles tun, was Sie wünschen.« – »Selbst Böses?« – »Oh, die entsetzlichsten Greuel!« – Währenddessen entkleiden sich die beiden Frauen auf Gernandes Befehl. – »Sapperlot, verstecken Sie die Scham, meine Damen,« sagt er zu Dorothéa und Justine, da er sie bereit sieht, ihre Altäre darzubieten, die ihm so wenig des Kultes würdig schienen, »verhüllen Sie das, ich beschwöre Sie, sonst machen Sie mich für sechs Wochen impotent.« – Bressac knüpft dreieckige Taschentücher an ihr Kreuz fest, worauf die beiden Frauen vorwärts schreiten. Nachdem Gernande einen Augenblick die Hintern geküßt, getätschelt und geprackt hatte, ergreift er einen Arm Justinens und betrachtet ihn; dann betrachte er den anderen ebenso und fragt, wie oft sie zur Ader gelassen worden sei. »Zweimal,« antwortet Justine. Während dieses Gespräches kniet Dorothéa zwischen den Schenkeln des Wüstlings und leckt sein Glied; Bressac und d'Esterval unterhalten sich in einer anderen Ecke des Gemaches auf mannigfache Weise mit den beiden Lustknaben, von denen früher die Rede gewesen. Gernande setzte seine Betrachtungen fort, legte seine Finger auf Justinens Adern, wie man es zu tun pflegt, um sie vor dem Aderlaß zur stärkeren Füllung zu bringen, und als er sie strotzen sah, legte er seinen Mund an und leckte. »Vorwärts, Hure,« sagte er barsch zu unserer unglücklichen Justine, »bereite dich vor, ich will dein Blut fließen lassen.« – »Aber, mein Herr ...« – »Glaube mir,« fährt Gernande fort, der in Hitze gerät, »versuche jetzt nicht, die Prüde zu spielen, du Dirne! Dein Widerstand wäre erfolglos; es stehen mir Mittel zu Gebote, um Frauen, die sich meinen Wünschen widersetzen, zur[300] Raison zu bringen.« Er legte dann seine Hände auf Justinens Hinterbacken und zwickte sie gewaltig; seine langen, krummen. Nägel bohrten sich in das Fleisch ein und ließen blutige Spuren zurück, die seine Lippen sofort leckten; sodann kniff und quetschte er sie am Hintern und am Hals und drückte ihre Brustwarze mit solcher Kraft, daß Justine laute Schreie ausstieß. »Bravo, Onkel,« sagte dann Bressac, »empören wir uns offen gegen die Brüste; diesen weiblichen Körperteil müssen Sodomisten wie wir ungemein verabscheuen; auch der Hals ist ein Greuel für den, der die Hintern liebt.« – »Oh, ich hasse ihn unsagbar,« sagte Gernande und biss in den Justinens. Dann ließ er sie einige Schritte vorwärts gehen und nach hinten schreitend zurückkehren, um den schönen Arsch unserer Heldin nicht aus den Augen zu verlieren. Sowie sie wieder neben ihm stand, ließ er sie sich beugen, gerade stehen, die Füße zusammenlegen und spreizen; dann bückte er sich vor dem Gegenstande seines Kultes und biss ihn an verschiedenen Stellen, auch an der Aftermündung. Aber merkwürdigerweise küßte er ähnlich, wie andere lecken; es schien, als ob er jeden Teil, den er mit den Lippen berührte, saugte. Während dieser vorbereitenden Szene befragte er Justine um viele Einzelheiten ihrer Erlebnisse im Marienkloster, welche die Arme, ohne Acht zu haben, wie erregt ihre Quälgeiter durch diese Berichte wurden, mit ebensolcher Wahrheit als Unbefangenheit schilderte. Jetzt verlangte Gernande Knaben; aber da er bemerkte, daß die Anwesenden allzusehr mit Bressac und d'Esterval beschäftigt waren, läutete er. Zwei neue erschienen; sie zählten kaum sechzehn Jahre und hatten recht angenehme Gesichtszüge; sie nahten, während Dorothéa ihn beständig leckte. Sowie sie vor dem Wüstling standen, löste er den Knoten eines rosenfarbigen Bandes, das an Hosen aus weißer Gaze angebracht war und entblößte zwei hübsche, kleine Hintere. Nachdem er sie in seiner Art einen Moment geküßt hatte, leckt er ihre Gliede, während er die Hinterbacken und Brüste Justinens fortgesetzt kneift. Sei es durch Gewohnheit bei den Knaben oder durch die Geschicklichkeit des Scheusals, kurz, in wenigen Minuten ergossen sich jene in den Mund Gernandes, der das Sperma verschlang. Auf diese Weise versetzt der Wüstling die Kinder in Erschöpfung, daher auch der Zustand von Ermattung, von dem vorhin die Rede gewesen war. Die Huldigung, die der Graf den Reizen Justinens erwies, zog sich unendlich in die Länge, ohne daß er die geringste Unbeständigkeit in der Wahl des Objektes gezeigt hätte; weder seine Küsse, noch seine Lüste galten anderen, als den erwähnten Körperpartien. Er hieß die d'Esterval sich erheben; einer der Lustknaben ersetzt sie und leckt ihm das Glied. Hierauf bemächtigt er sich der Hinterbacken der Frau und behandelt sie fast so wie Justine, aber da er ihr nicht zur Ader lassen will, betrachtete er mehr ihren Hintern als ihren Arm. Er lobt ihren Arsch ausnehmend und sagt dann zu ihrem Gatten: »Wenn Sie[301] den Knaben, den Sie zu liebkosen scheinen, nicht bearbeiten, dann erweisen Sie mir das Vergnügen und sodomisieren Sie Ihre Frau; ich will meinen Neffen ersuchen, Sie von hinten zu bearbeiten; zwei Lustknaben werden Sie küssen, während ich mit Hilfe der beiden anderen an meine chirurgische Operation an der schönen Justine schreiten werde.« – d'Esterval, der den erwähnten Knaben blos tätschelte und leckte, kam mit der Lanzette herbei; Dorothéa wies ihm schön den Hintern und wurde bald sodomisiert, Bressac, der d'Estervals Hintern hoch schätzt, läßt einen Lustknaben gleichfalls im Stiche, um seinen Vetter zu bearbeiten. Die Knaben umgeben ihn, wobei der eine seinen Hintern, der andere sein Glied tätscheln läßt. Gernande, entzückt, daß sich eine solche Gruppe vor seinen lüsternen Blicken entwickelt, geht daran, die seinige zu formieren.

»Narcisse,« sagte er zu einem der Knaben, die er bei sich behalten hatte, »hier ist die neue Kammerzofe der Gräfin, ich muß sie erproben; gib mir meine Lanzetten.« Narcisse reicht sie ihm sofort. Justine gerät in Angst und bebt; alle lachen über ihre Bestürzung. »Bringe sie in die gehörige Stellung, Zéphire,« sagt Gernande zu einem anderen Lustknaben. Der schöne Jüngling nähert sich Justinen und sagt ihr lächelnd: »Fürchten Sie nichts, Fräulein, diese Operation kann Ihnen nur sehr gut anschlagen; stellen Sie sich so!« Sie mußte sich am Rande eines Tisches in der Mitte des Zimmers leicht an seine Knie lehnen, während ihre Arme durch zwei schwarze Bänder an den Plafond gefesselt waren.

Kaum befindet sie sich in dieser Stellung, als der Graf sich ihr nähert, die Lanzette in der Hand. Er atmet kaum; seine Augen funkeln, sein Gesicht war furchterregend. Er spannt die Haut der beiden Arme und sticht in sie in weniger Zeit als einen Augenblick. Ein Schrei entringt sich seiner Brust, dem zwei oder drei Gotteslästerungen folgen; sowie er das Blut sieht, setzt er sich nahe der Gruppe Dorothéas. Narcisse leckt ihn, zwischen seines Füßen kniend, während Zéphyre, die Füße auf den Fauteuil seines Herrn stemmend, sein Glied von diesem saugen läßt. Gernande umfaßt Zéphyres Hüften und drückt ihn an sich; nur von Zeit zu Zeit richtet er seine Blicke bald auf die unglückliche Justine, bald auf die von ihrem Blute überschwemmte tätige Gruppe. Doch fühlt jene ihre Kräfte versiegen. »Mein Herr,« schreit sie, »haben Sie Erbarmen mit mir, ich falle in Ohnmacht!« Tatsächlich wankt sie; sie würde umfallen, würden die Bänder sie nicht festhalten; der Kopf wackelt auf den Schultern, die Blutstrahlen, die durch dieses Schwingen andere Richtung bekommen, bespritzen ihr Gesicht. Der Graf ist trunken, er erhebt sich, bemächtigt sich des von Blut überströmten Hintern seines Neffen, sodomisiert ihn und ergießt sein Sperma, während das Opfer schließlich die Besinnung verliert. d'Esterval, von diesem Schauspiel entzückt, entleert sich desgleichen in den Hintern seiner Frau, die, ihre Scham[302] an den Hintern eines Lustknaben lehnend, diesen mit ihrer Clitoris von hinten bearbeitet, wobei sie ihn mit ihrem Sekret besudelt und seinen Penis wichst. Endlich trägt man die ohnmächtige Justine hinaus, während unsere erschöpften Wüstlinge sich in den Garten begeben, um sich wieder zu erholen. Da unsere Leser den Taumel der anderen kennen, wollen wir sie nicht damit ermüden; wohl aber wollen wir unsere Aufmerksamkeit dem Grafen ein wenig zuwenden. Fast eine volle Viertelstunde dauerte seine Extase ... und welch eine Extase! Großer Gott! Er schlug um sich wie in einem epileptischen Anfalle, seine schrecklichen Schreie, seine entsetzlichen Blasphemien wären auf eine Meile weit vernehmbar gewesen; er schlug auf seine ganze Umgebung los, seine Zuckungen waren fürchterlich.

Ueberlassen wir zwei Tage lang die ganze ausgelassene Gesellschaft sich selbst. Nur die Stellung Justinens an der Seite ihrer Herrin soll uns beschäftigen.

Nach Verlauf dieser Zeit hieß Gernande sie zu ihm in den Salon kommen, wo er sie bei ihrer Ankunft empfangen hatte; sie war noch schwach, fühlte sich aber sonst ganz gut.

»Mein Kind,« sagte er zu ihr, indem er ihr die Erlaubnis gab, sich zu setzen, »ich werde die gestrige Szene nur selten wiederholen, sie würde Sie erschöpfen und ich bedarf Ihrer zu anderen Dingen; doch war es wichtig. Ihnen meinen Geschmack kund zu tun, und die Todesart, der Sie zum Opfer fallen werden, wenn Sie mich verraten, ja, wenn Sie sich nur von der Frau, an deren Seite ich Sie stelle, verführen lassen sollten. Diese Frau ist meine Gattin, wie Ihnen mitgeteilt wurde; das ist aber für Sie eine äußerst verhängnisvolle Sache, da sie sich täglich dem bizarren Gelüste, das ich an Ihnen befriedigt habe, unterwerfen muß. Glauben Sie übrigens nicht, daß ich sie aus Rache, aus Verachtung oder durch ein Gefühl des Hasses so behandle; es geschieht, nur aus Trieb. Nichts kommt dem Genuß gleich, den ich verspüre, wenn ich das Blut dieses Geschöpfes vergieße; es ist die köstlichste Freude meines Herzens, nie habe ich mich mit ihr in anderer Weise ergötzt. Seit drei Jahren ist sie an mich gekettet und erduldet, regelmäßig alle vier Tage die Operation, die ich an Ihnen erprobt habe. Ihre große Jugend (sie zählt kaum zwanzig Jahre), die besondere Sorgfalt, die man auf sie verwendet, die reichliche Nahrung, die sie zu sich nimmt, all das hält sie aufrecht. Aber Sie begreifen wohl, daß ich sie bei einem solchen Zwang weder ausgehen lassen, noch anderen Leuten zeigen kann, als diesen da, die fast den gleichen Lüsten fröhnen wie ich, und mich daher entschuldigen müssen. Ich gebe sie daher für verrückt aus; ihre Mutter, ihre einzige Angehörige, wohnt sechs Meilen von hier auf ihrem Schlosse und ist dermaßen von dieser Idee überzeugt, daß sie sie nicht einmal zu besuchen wagt. Die Gräfin fleht häufig um Gnade; sie tut alles, um mich zu erweichen, aber ewig vergeblich. Meine Geilheit hat[303] das unabänderliche Urteil über sie gefällt. So wird sie, solange als möglich, ihr Dasein fristen, nichts wird ihr abgehen, und da ich es liebe, sie zu erschöpfen, werde ich sie, solange ich vermag, am Leben erhalten; wenn sie es nicht mehr aushalten wird, in Gottesnamen ... Sie ist meine vierte Frau; ich werde bald eine fünfte, eine sechste ... eine zwanzigste haben; nichts ist mir gleichgiltiger als das Geschick eines Weibes; es gibt deren so viele! Es ist so süß, sie zu wechseln! Wie dem auch sei, Ihre Aufgabe, Justine, besteht darin, für sie Sorge zu tragen. Sie verliert regelmäßig zwei Aderlaßbecken Blut jeden vierten Tag, aber die Gewohnheit verleiht ihr Kräfte; sie fällt jetzt nicht mehr in Ohnmacht; ihre Ermattung dauert vierundzwanzig Stunden, während der übrigen drei Tage fühlt sie sich ganz gut. Doch werden Sie es begreiflich finden, daß ihr diese Leben sehr mißfällt. Sie tut alles, um ihre Mutter über ihren wahren Zustand aufzuklären; sie hat bereits zwei ihrer Zofen verführt, doch wurden deren Pläne glücklicherweise rechtzeitig genug entdeckt, um die Wirkung unmöglich zu gestalten. Sie ist die Ursache des Todes dieser Unglücklichen, denn ich ließ beide vor ihren Augen sterben.« – »Sie haben sie getötet?« – »Ja, in dergleichen Fällen lasse ich ihnen an allen Extremitäten zur Ader und lasse sie so sterben.« – »Oh, Gott!« – »Sie begreifen wohl, Justine, daß meine Frau heute bereut, diese zwei Frauen kompromittiert zu haben, und sie macht sich Vorwürfe wegen ihres Todes; da sie nun die Unabänderlichkeit ihres Geschickes erkennt, beginnt sie, sich zu fügen und ist fest entschlossen, die Personen ihrer Umgebung nicht mehr zu verleiten. Wenn dies dennoch eintreten sollte, so warne ich Sie, denn Sie würden das gleiche Schicksal erleiden wie die anderen. Betrachten Sie sich von diesem Moment an als nicht mehr auf der Erde befindlich, da Sie auf meinen leisesten Wunsch daraus verschwinden können. Ihr Los ist, Justine: Glück, wenn Sie sich gut aufführen, Tod im entgegengesetzten alle ... Sie haben mich verstanden? Begeben wir uns zu meiner Frau«.

Da Justine gegen diese deutlichen Worte keine Einwendung erheben durfte, folgte sie ihrem Herrn. Nachdem sie eine lange Reihe von Gemächern durchschritten hatten, die ebenso düster und einsam waren wie der übrige Teil der Schlosses, gelangt sie in ein Vorgemach, wo sich zwei alte Weiber befinden, die sie in allem, was den Dienst bei der Gräfin betrifft, unterweisen müssen. Sie öffnen die Tür, Gernande und Justine befinden sich in einem Zimmer, wo die unglückliche junge Gattin des Scheusals auf einem Ruhebett lag, wie leicht zu erraten, blaß und ermattet. Sie erhob sich, sowie sie ihren Gatten erblickte, und erkundigte sich respektvoll um seine Befehle. »Hören Sie,« sagte ihr Gernande, ohne ihr die Erlaubnis zu geben, sich wieder zu setzen, obwohl sie sich kaum aufrecht erhalten zu können schien, »hier ist ein Mädchen, das mein Neffe Bressac für Sie mitbringt; ich empfehle[304] sie Ihrer Obhut. Wenn Sie je Lust haben, sie zu verleiten, tun Sie es wenigstens nicht, ohne sich an das Los ihrer Vorgängerinnen zu erinnern.« – »Alle Versuche wären nutzlos, mein Herr,« sagte Justine voll Eifer, ihrer Herrin helfen zu können und dabei ihre Pläne verheimlichend, »ja, Madame, ich will es vor Ihnen bekräftigen, alles wäre fruchtlos; jedes Ihrer Worte und Ihrer Gesten werde ich sofort Ihrem Gemal hinterbringen; auf keinen Fall werde ich mein Leben riskieren, um Ihnen behilflich zu sein.« – »Ich werde nichts tun, was Sie vor eine solche Eventualität stellen könnte, Fräulein,« sagte die arme Frau, die die Motive der vorgeschützten Härte Justinens noch nicht erraten hatte, »ich bitte Sie nur um Ihre Mühewaltung.« – »Daran soll es nicht fehlen,« sagte das neue Kammermädchen, »darüber hinaus aber gehe ich nicht.« Der entzückte Graf drückte Justinens Hand. »Ausgezeichnet,« sagte er leise zu ihr, »halte Wort und dein Glück ist gemacht.« – Er zeigte ihr dann ihr Gemach, das sich an das seiner Gemalin anschloß; zugleich machte er sie darauf aufmerksam, daß dieses Zimmer, durch treffliche Türen abgeschlossen und an allen Ausgängen mit doppeltem Gitter versehen, keine Aussicht auf Flucht eröffnete. »Hier ist wohl eine Terrasse,« fuhr Gernande fort, Justine in einen kleinen Blumengarten geleitend, der sich in gleicher Flucht mit dem erwähnten Gemach befand, »aber sie liegt hoch genug, denke ich, um Ihnen die Lust zu nehmen, sich an der Mauer herabzulassen. Die Gräfin kann hier ganz nach Belieben frische Luft schöpfen; doch ist das die einzige Zerstreuung, die meine Strenge zuläßt. Sie werden sie nicht verlassen, wenn sie hieher kommt. Sie müssen ihr ganzes Tun und Lassen beobachten und mir darüber getreulich berichten. Adieu!«

Justine begab sich zu ihrer Herrin; diesen Augenblick nun, da sie sich betrachten und prüfen, wollen wir dazu benützen, in unserem Leser eine Vorstellung von dieser interessanten Frau zu erwecken.

XIV. Kapitel.
Die Vorgänge im Schlosse. – Dissertation über die Frauen.

Frau de Gernande zählte neunzehneinhalb Jahre und besaß die denkbar schönste, edelste, wohlgeformteste Gestalt; jede ihrer Gesten und Bewegungen atmete Grazie, jeder ihrer Blicke zeugte von Seele. Ihre Augen waren vom schönsten Schwarz, obwohl sie blond war, und höchst ausdrucksvoll, doch eine Art Wehmut, die Folge ihres Mißgeschickes, machte sie noch tausendmal interessanter. Sie besaß einen ganz weißen Teint, wundervolle Haare, einen recht kleinen Mund, Perlenzähne und Lippen von einer Röte, daß man hätte sagen können, Amor habe sie mit Farben geschmückt, die er der Blumengöttin[305] entliehen habe. Sie besaß eine schmale, feine Adlernase, darüber Augenbrauen, schwarz wie Ebenholz; ihr Kinn war vollendet schön; kurz, ihr schön ovales Gesicht, das von Anmut, Naivität und Unbefangenheit strahlte, hätte viel eher für das eines Engels als einer Sterblichen gelten können. Ihre Arme, ihr Hals, ihre Hinterbacken waren von einer Pracht, einer Rundung, daß sie Künstlern zum Modell hätte dienen können. Ein leichter, schwarzer Flaum beschattete die hübscheste Scham der Welt, die sich zwischen zwei wohlgeformten Schenkeln zeigte; was aber nach all dem Unglück der Gräfin überraschend wirkte, waren ihre vollen Formen. Ihr Hinterer war ebenso rund, so fest und fleischig, als ob sie von üppigerer Gestalt gewesen wäre. Zwar zeigten sich die furchtbaren Spuren der Grausamkeiten ihres Gatten, doch war sie nicht entstellt; sie bot das Bild der schönen Lilie, auf der die unreine Hornisse einige Flecken hinterlassen hat. Zu so vielen Gaben gesellte sich ein sanfter Charakter, romantisches Gefühl, ein empfindsames Herz. Bildung und Talente; bestrickende Anmut, der nur ihr ruchloser Gemahl widerstehen konnte; einschmeichelnder Klang der Stimme und große Frömmigkeit. So beschaffen war Gernandes Gattin, das engelgleiche Wesen, gegen die er sich verschworen hatte. Es schien, daß sie um so mehr seine Wildheit erregte, je mehr Reize sie entwickelte; alle Gaben, die ihr die Natur verliehen hatte, schienen die Frevelhaftigkeit dieses Scheusals nur zu erhöhen.

»Wann sind Sie zur Ader gelassen worden, Madame?« fragte Justine die Gräfin, sowie sie allein waren. – »Vor drei Tagen,« antwortete diese, »und morgen wird Herr de Gernante sicherlich das reizende Schauspiel dieses Gräuels seinen Freunden vorführen.« – »Tut er das vor Zeugen?« – »Vor solchen, die gleich ihm denken. Ach, Sie werden das alles sehen, Fräulein.« – »Und wird Madame nicht durch alle diese Aderlässe geschwächt?« – »Gerechter Himmel! Ich zähle noch keine zwanzig Jahre und bin überzeugt, daß man mit siebzig nicht schwächer ist. Aber ich hoffe, das wird ein Ende nehmen; es ist vollständig ausgeschlossen, daß ich lange ein solches Leben aushalte. Ich werde zu meinem Vater gehen; ich will in den Armen Gottes die Ruhe suchen, die mir die Menschen so grausam auf Erden verwehrt haben. Ach, was habe ich denn getan, großer Gott, um nicht diese Ruhe genießen zu dürfen! Ich habe nie jemandem den geringsten Schmerz gewünscht, ich liebe meinen Nächsten und ehre die Religion; ich bin von der Tugend begeistert; eine meiner größten Qualen in der schauerlichen Situation, in der man mich hält, ist die, niemandem nützlich sein zu[306] können.« Tränen entströmten ihr bei diesen Worten. Unsere Leser können sich wohl denken, daß die Justinens sich bald mit denen jener verschmolzen hätten, wenn sie nicht großes Interesse daran gehabt hätte, ihren Kummer zu verbergen. Aber sie schwor sich in diesem Augenblicke feierlich, lieber tausend Leben zu opfern, als nicht alles zu tun für eine Frau, deren Gefühle und Geschicke den ihren so ähnlich schienen.

Eben war es an der Stunde, in der die Gräfin dinierte. Die beiden Alten benachrichtigten Justine, sie solle sich mit jener auf ihr Zimmer begeben; denn nicht einmal die Alten durften direkt mit der Gräfin verkehren. Madame de Gernande, an alle die Vorsichtmaßregeln schon gewöhnt, unterwarf sich ihnen ohne weiteres; das Diner wurde aufgetragen, worauf die Gräfin erschien, sich zu Tische setzte und Justine einlud, ihr Gesellschaft zu leisten; ihre Miene war dabei so freundlich, so leutselig, daß sie sich vollends die Zuneigung ihrer Wächterin gewann. Aufgetragen wurden mindestens zwanzig Speisen.

»Was das anbelangt, sorgt man für mich, wie Sie sehen,« sagte Frau de Gernande. – »Ich weiß, Madame, daß der Graf wünscht, Sie mögen sich nichts abgehen lassen.« – »Gewiß; doch da die Gründe dieser Aufmerksamkeiten nur in seiner Grausamkeit gelegen sind, rühren sie mich wenig.«

Madame de Gernande, erschöpft und von der Natur lebhaft zur Erneuerung des Verlorenen angeregt, aß viel; sie verlangte rote Rebhühner und eine junge Ente, die ihr sofort gebracht wurden. Nach dem Mahle begab sie sich auf die Terrasse, Luft zu schöpfen, wobei sie sich auf Justine stützte; ohne diese Hilfe hätte sie keinen Schritt machen können. Jetzt zeigte sie alle ihre Körperteile ihrer neuen Gefährtin. Diese war bestürzt über die erstaunliche Menge von Narben, mit denen diese arme Frau bedeckt war. »Er beschränkt sich nicht auf meine Anne, wie Sie sehen,« sagte Frau de Gernande, »es gibt keinen Teil meiner unglücklichen Person, aus dem er nicht zu seinem Vergnügen Blut fließen ließe.« Und sie bewies es ihr, indem sie ihre Füße, den Bauch, die Brüste, Hinterbacken, ja selbst die Schamlippen zeigte. »Vielleicht,« sagte die interessante Frau, »würde ich weniger leiden, wenn er nicht die abscheuliche Idee hätte, zu dieser Operation die Zeit unmittelbar nach der Mahlzeit zu wählen. Diese doppelte Grausamkeit verdirbt mir den Magen, ich kann nicht mehr verdauen.« – »Nun, Madame, könnten Sie sich denn nicht am selben Tage des Essens enthalten?« – »Ich bin nicht benachrichtigt, er überrascht mich; ich weiß nur, daß er[307] nach Zwischenpausen von drei bis vier Tagen kommt, aber nie kann ich den Augenblick bestimmt erraten; nie würde er den Moment wählen, da ich vorbereitet bin.«

Indessen vergeudeten Gernandes Freunde nicht ihre Zeit; die zwölf Lustknaben, die eben in Gebrauch standen (man brachte sie stets in dieser Zahl alle drei Monate), waren bereits so oft bearbeitet worden, daß man ihrer überdrüssig zu werden anfing.

»Das wird nach dem Diner stattfinden,« sagte Gernande, »bereiten wir uns durch ein recht wollusterregendes Mahl zu diesem großen Werke vor. Justine und Dorothéa werden nackt dinieren, sechs meiner kleinen Liebesgötter werden in demselben Zustand zwischen ihnen sitzen, die sechs anderen werden als Priesterinnen der Diana gekleidet, uns bedienen; ich verspreche ihnen das beste Diner, das sie je bei mir genossen haben.«

Es wäre tatsächlich schwer gefallen, sich ein reicheres und erleseneres, ein lukullischeres Mahl zu denken; die vier Weltteile schienen zu wetteifern, die Tafel dieser Lüstlinge mit ihren Schätzen zu versehen; es fanden sich zugleich die Weine aller Länder und die Speisen aller Jahreszeiten vor. Dieses eine Diner kostete zweifellos mehr als die Ernährung von zehn oder zwölf unglücklichen Familien während eines Monats.

»Nach den Genüssen der Wollust«, meinte Gernande, »gibt es nichts Göttlicheres als die der Tafel.« »Sie stützen sich beide gegenseitig derart« sagte Bressac, »daß es ausgeschlossen ist, daß die Anhänger der ersteren nicht auch die letzteren verehrten.« »Es ist nichts so köstlich als der Feinschmeckerei zu fröhnen,« antwortete Gernande; »nichts kitzelt so wollüstig meinen Magen und meinen Geist; diese schmackhaften Speisen bereiten das Gehirn so gut auf die Eindrücke der Wollust vor, daß es, wie mein Neffe sagt, kaum einen richtigen Wüstling gibt, der nicht die Tafel hochschätzt. Ich gestehe, daß es häufig mein Wunsch war, die Ausschweifungen des Apscius, dieses berühmten römischen Gourmands, nachzuahmen, der lebende Sclaven in seine Fischteiche werfen lies, damit das Fleisch seiner Fische delikater werde. Grausam in meiner Wollust, wäre ich es ebenso bei diesen Ausschweifungen, und ich möchte tausend Individuen opfern, wenn dadurch eine Speise appetitlicher und erlesener würde. Ich staune nicht, daß die Römer einen Gott der Feinschmeckerei ersonnen haben. Mögen stets die Völker leben, die ihre Leidenschaften derart vergöttlichen. Welcher Unterschied zwischen den dummen Anhängern Jesu und denen Jupiters! Die ersteren sind absurd genug, eine Handlung, die die anderen hoch einschätzen, zum Verbrechen zu stempeln.« »Es heißt,« sagte[308] D'Esterval, »daß Cleopatra, eine der größten Feinschmeckerinnen des Altertums, die Gewohnheit besaß, vor Tische sich wiederholt klystieren zu lassen.« »Auch Nero tat desgleichen,« sagte Gernande, »ich führe es ab und zu an mir aus und befinde mich dabei gut.« »Ich lasse mich anstatt dessen sodomieren,« meinte Bressac, »der physische Effekt ist fast der gleiche, während die Psyche unvergleichlich mehr ergötzt wird, nie nehme ich ein Mahl ein, ohne mich ein dutzendmal bearbeiten zu lassen.« »Was mich betrifft,« sagte Gernande, so gebrauche ich einige Gewürze, namentlich Senf; man bereitet mir daraus ein so stark abführendes Getränk, daß ich, wenn ich es ausgetrunken habe, rasend hungrig werde. Da es ganz selbstverständlich ist, daß man zu den Freuden der Wollust sich anregt, warum sollte man sich denen der Feinschmeckerei gegenüber anders verhalten? O, ich gestehe – fuhr das Ungeheuer, die köstlichen Speisen verschlingend, fort – »die Unmäßigkeit ist meine Gottheit; ihr Bild stelle ich in meinem Tempel neben dem der Venus auf; nur zu beider Füßen könnte ich mein Glück finden.« »Das, was ich darüber oft gedacht habe, wird ihnen recht böse scheinen,« sagte Dorothéa, »aber gestatten sie, daß ich alles sage. Ich gestehe, daß es einer meiner größten Genüsse wäre, vor meinen Augen von Hunger abgezehrte Unglückliche zu haben, während ich mich übersättige.« »Das begreife ich,« antwortete Bressac, »nur müßte der Mensch, der der erwähnten Passion huldigt, mächtig und angesehen genug sein, um durch seine Feinschmeckerei seine ganze Umgebung zu entkräften; seine Untergebenen müßten infolge seines unmäßigen Verbrauches Hungers sterben.« »Ja, ja,« erwiderte Dorothéa, »so habe ich es gemeint; man hat keine Vorstellung, was ich alles bei einem solchen Mahle verschlingen könnte.« »Jawohl,« sagte Gernande, »ich glaube, daß Tiberius von solchem Blutmahle geschwärmt hat.« »Was mich betrifft,« meinte d'Esterval, »so liebe ich Nero außerordentlich, der nach Tisch fragte: was das eigentlich sei, ein Armer?«25 »Wenn es – worüber kein Zweifel besteht – wahr ist,« meinte Bressac, »daß die Unmäßigkeit die Mutter aller Laster und der Lasterpfuhl das verdiente Paradies ist, müssen wir alles thun, um die Unmäßigkeit in uns zu steigern. Und wie frischgestärkt machen wir uns tatsächlich an die wollüstigen Handlungen, wenn wir uns nach einem unmäßigen Mahle daran machen! Wie erregt sind dann unsere Lebensgeister! Eine ungewohnte Hitze scheint unsere Adern zu durchströmen, die Begierde nach den Objekten unserer Wollust[309] wird so stark, daß man ihr nicht widerstehen kann. Vergleichen Sie Ihre Kräfte, Sie werden kaum einen Verlust wahrnehmen. Es ist so viel aufgespeichert, daß man eine Unzahl von Anläufen machen kann, die man sonst nicht wagen würde; alles verschönt und schmückt sich; die Illusion bedeckt alles mit ihrem goldenen Schleier, so daß Sie Dinge unternehmen, die im nüchternen Zustande Ihnen Schauder erwecken würden. O wollustvolle Unmäßigkeit! Ich schätze dich als die Neuschöpferin der Genüsse; nur mit dir kostet man sie so recht; durch dich verlieren sie Ihre Stacheln, du allein ebnest den Weg, der zu ihnen führt; du allein befreist sie von den dummen Gewissensbißen; du allein verstehst es, diese kalte und monotone Vernunft in Taumel zu versetzen; ohne dich würde sie alle unsere Leidenschaften vernichten.«

»Lieber Neffe,« sagte Gernande, »wärest du nicht viel reicher als ich, würde ich dir für den Lobeshymnus auf eine meiner süßesten Passionen zweitausend Louis schenken.« »Ich reicher als Sie?« »Gewiß! Du hast über eine Million zweihunderttausend Livres Rente, während ich Armer blos über achthunderttausend verfüge. Ich gestehe, daß es mir unbegreiflich ist, wie man von weniger als einer Million jährlich leben kann.« »Mein Herr,« warf D'Esterval ein, »ich habe sie nicht und doch lebe ich.« »Nun gut, doch haben Sie sich eine anspruchslose Lebensart zu eigen gemacht, andererseits muß Ihr Beruf Ihr Vermögen täglich vergrößern. Ich kenne nichts Köstlicheres, als die Laufbahn die Sie eingeschlagen haben, wäre ich jung, würde ich sicherlich die gleiche betreten. Ich wette, daß Sie aus ihr, sowie aus Ihrem Erbe, mindestens fünf- bis sechshunderttausend Livres Rente herausschlagen.« »So ungefähr.« »Sie sehen also, daß wir alle reich sind, und daß unsere Denkweise, unser Geschmack und unsere Interessen sich durchaus ähnlich sein dürften.« »Ach!« meinte D'Esterval, »ich habe das Unglück, unersättlich zu sein; noch mehr aus Habsucht als aus Wollust betreibe ich mein Handwerk.« »Sie könnten es gewiß an den Nagel hängen.« »Ich könnte ohne diese köstliche Gewohnheit nicht existieren. Ich freue mich über die tägliche Zunahme meines Vermögens und schwelge in dem Gedanken es auf Kosten dessen andere zu vermehren. Ich töte auf Grund meiner ausschweifenden Wünsche wegen meiner grausamen Begierden, doch stehle ich nur aus Habgier, selbst bei einem Einkommen von Millionen glaube ich, würde ich noch immer stehlen«. »Ich begreife das,« sagte Gernande, »mir ist wie kaum einem, die Sucht eigen zu nehmen und für mich zu behalten. Selbst wenn ich in Gold schwimmen könnte, würde ich keinen Sou auf Almosen ausgeben und würde ich außer[310] für meine Genüsse für nichts Geld übrig haben. Sie kennen meinen Besitz und meine Auslagen, nun, betrachten Sie mein Gewand, ich trage es schon seit zwanzig Jahren; ich hoffe es bis zum Tode beizubehalten.« »So wollen Sie also teurer Onkel,« sagte Bressac, »mit vollem Rechte den Namen eines Wucherers tragen?« »Ja, aber wenn deine Mutter, wenn auch aus anderen Gründen, nicht ebenso geizig gewesen wäre wie ich, wärst du heute reich?« »Sprechen Sie mit ihm nicht über diesen Punkt,« warf D'Esterval ein, »sonst wird er erröten.« »Er täte beim Himmel sehr Unrecht daran,« sagte Gernande, »er hat nur die einfachste Sache der Welt getan, indem er seine Mutter tötete. Man will rasch zum Genießen kommen, nichts natürlicher als das. Uebrigens war sie eine zänkische, frömmelnde und herrschsüchtige Person, daher verabscheute er sie, was leicht begreiflich ist. Nehmen Sie an, er beerbt mich, nun gut, ich wette, daß er auf meinen Tod nicht ungeduldig wartet, wir haben den gleichen Geschmack, die gleiche Denkweise, er ist sicher in mir einen Freund zu finden. Solche Erwägungen sind genug sichere Bande für den Menschen, die sie nicht zu zerreißen suchen.«

»Sie haben Recht mein Onkel, wir werden vielleicht viele Verbrechen gemeinsam begehen, doch nie werden wir uns Schaden antun. Dennoch habe ich einen Augenblick bemerkt, daß mein Vetter diese Erwägung wenig respektierte, er hat mich dem Tode geweiht.« »Ja,« meinte D'Esterval, »als Verwandter, nicht als Genosse der Ausschweifungen, sowie ich erfuhr, wessen Sie fähig seien, haben wir uns nur geliebt und eng verbunden.« »Gut, aber Sie werden zugeben, daß Frau D'Esterval mir erst nach vieler Mühe das Leben schenkte.« »Machen Sie mir keinen Vorwurf,« antwortete Dorothéa, »mein Urteil ist für Sie ein Lob.

Meine schreckliche Gewohnheit, die Menschen die mir gefallen zu opfern, kennzeichnet Ihre Verurteilung als eine Liebeserklärung meinerseits, weniger hübsch, wären Sie entwischt.« »Sicherlich, Kousine,« sagte Gernande lachend, »wünschen Sie, scheint mir, nicht, daß man große Lust habe, Ihnen zu gefallen.« »Meine Herren, ich bin ebenso egoistisch wie Sie, wenn man nur meine Triebe befriedigt, so tun Liebe und Eitelkeit nichts zur Sache.« »Sie hat Recht,« sagte Gernande, »so müßten alle Weiber denken; wären sie alle meiner Kousine ähnlich, ich glaube, ich könnte mich in das Geschlecht finden.« »Es ist also ein eingewurzelter Haß,« fragte D'Esterval. »Ich verabscheue sie, ich würde sie ganz vertilgen, wenn mir der Himmel einen Augenblick seinen Blitzstrahl zur Verfügung stellte.« »Ich begreife nicht,« sagte Bressac, seine Zunge in Justinens Mund steckend, »wie man so kleine, süße, interessante[311] Dinger verabscheuen kann.« »Ich begreife es wohl,« sagte D'Esterval, in den Mund eines Lustknaben rülpsend, »ich verstehe sehr wohl, daß man diesen hübschen Wesen den Vorzug gibt.« »Teufel, du bist ja in Erektion,« sagte Dorothéa, »ich bemerkte es, nun also, geniere dich nicht, bearbeite diesen hübschen Knaben, ich lasse es gerne zu, wenn mich auch dieser nur bearbeitet,« fuhr sie fort, indem sie ihre Hinterbacken dem neben ihr stehenden Knaben zuwandte. »Sapperlot!« rief da Gernande, »ihr seid ja ganz besessen von den sieben oder acht Flaschen Wein, die jeder getrunken hat.«

»O ja, ich bin besoffen,« sagte Bressac und kniff die Brüste Justinens, bis sie aufschrie. »Aber, teuer Onkel, ich habe unerhörte Sehnsucht nach dem Aderlaß, den Sie an Ihrer Frau ausführen wollen. Werden Sie mir erlauben, Sie während dieser Zeit von hinten zu bearbeiten.« »Gerne. Aber erbricht da nicht Dorothéa.« »Ich bin betrunken.« »Nun gut, lasse dich ficken, du Hure,« sagte ihr Gatte und forzte gewaltig, »das ernüchtert.« »Wahrlich, Onkel,« sagte Bressac, »wir nehmen uns bei Ihnen viel Freiheiten heraus.« »Genieren Sie sich nicht, meine Freunde, ich liebe das alles, wenn man voll ist, muß man forzen, scheißen, erbrechen, man muß seinen Samen ergießen, das alles erleichtert, Bressac, stütze doch Dorothéa, siehst du denn nicht, daß das Glied dieses Knaben, der sie von hinten bearbeitet, sie umwerfen wird.« »Wo zum Teufel soll ich sie fassen,« fragte Bressac, »die Hure ist vorne von ihrem Erbrechen beschmutzt und schwimmt hinten in ihrem Kot, den sie gerade von sich gibt.« »Ein Lustknabe soll das reinigen,« befahl Gernande, »helfen Sie ihm, Justine. D'Esterval fragen Sie Ihre Frau, ob sie zu Bette gehen will.« »In's Bett? Himmel noch einmal,« antwortet Dorothéa, »nein, nein, ich will ficken, ich bin schon in Ordnung; nichts ist mehr im Magen, ich kann wieder von vorne anfangen.«

»Geben Sie mir Ihre Frau, Onkel, ich beschwöre Sie,« sagte Bressac, »Justine soll sie benachrichtigen.« Es geschieht, während die Scheusale sich nur mühsam aufrechterhalten und ihre Kräfte erproben, um an andere Ruchlosigkeiten zu schreiten.

»Es ist unnötig«, die Aufregung der unglücklichen Gattin zu schildern, als sie erfuhr, daß ihr Quälgeist, von ebenso wüsten und grausamen Gesellen wie er geleitet, herbeikam, um ihr die schauerlichen Visiten abzustatten. Sie erhob sich vom Tische. »Liebes Fräulein,« fragte sie Justine, »sind Sie recht trunken, recht erhitzt, recht fürchterlich?« – »Jawohl, Madame, sie sind ohne Besinnung.« – »Großer Gott! ich werde Grausamkeiten erdulden. Nicht wahr, Fräulein, Sie lassen mich während dieser furchtbaren[312] Szene nicht allein, Sie bleiben doch bei mir?« – »Gewiß, wenn man es mir erlaubt.« – »O ja, wer sind denn diese Leute?« »Der eine von ihnen ist, wie Sie sagten, der Neffe des Grafen, der Marquis de Bressac? ...« »O, das ist ein Scheusal, ich kenne seinen Ruf; er hat, wie es heißt, seine Mutter vergiftet. Und Herr de Gernande empfängt in seinem Hause den Mörder seiner Schwester! Welche Ruchlosigkeit, großer Gott! Der andere, sagen Sie, ist ein Berufsmörder?« – »Ja, Madame, ein Vetter des Herrn de Gernande, der seiner Ausschweifungen wegen eine Herberge hält, um darin alle dort weilenden zu bestehlen und umzubringen.« – »Ach! was für Leute! ... was für Leute! Solche Frevlern will mich mein Gatte preisgeben! Wer ist aber die Frau, die Sie mit sich tragen?« – »Die Gattin des Wirtes, ebenso frevlerisch und entartet wie die anderen.« – »Ach, Fräulein, es ist also möglich, daß die Sanftmut und Anmut unseres Geschlechtes sich zu all der Entartung der Männer gesellen!« – »Wissen Sie denn nicht, Madame, daß eine Frau, die auf die Schamhaftigkeit und Zurückhaltung, die unserem Geschlechte eigen ist, verzichtet hat, schneller noch und unaufhaltsamer als die Männer die Bahn des Lasters und der Unmäßigkeit einschlägt?« – »Und Sie glauben, Fräulein, daß Herr de Gernande mich auch zum Spielball der scheußlichen Lüste dieses abscheulichen Geschöpfes wird werden lassen?« – »Zweifellos!« – Kaum hatte Justine ihre Antwort gegeben, da ließ sich die Gesellschaft vernehmen. Unmäßiges Gelächter, entsetzliche Flüche, eine Flut von Gotteslästerungen kündigten ihre Ankunft der Frau de Gernande an, der einige Tränen in die Augen traten; dennoch bereitete sie sich unterwürfig vor.

Die Sippschaft bestand aus dem Gatten, Herrn und Frau d'Esterval, Bressac, sechs der hübschesten Lustknaben und den zwei alten Aufseherinnen; dazu kam noch unsere unglückselige Justine, die ganz bestürzt über die Vorbereitungen zu den Ruchlosigkeiten gleichfalls mißhandelt zu werden fürchtete; überzeugt, ihrer Herrin von keinem Nutzen sein zu können, wünschte sie sich innerlich hundert Meilen weg von hier.

Alle Zeremonien, die wir eingehend schildern wollen, wurden regelmäßig bei jeder Visite des grausamen Gatten eingehalten. Aenderungen wurden nur in Kleinigkeiten getroffen, je nach der größeren oder geringeren Zahl der vom Grafen zugelassenen Leute.

Die Gräfin, nur in ein Hemd aus Gaze gehüllt, kniete nieder sowie der Graf eintrat; in diesem Zustande der Demütigung wurde sie von den Frevlern einer Betrachtung unterzogen. »Wahrlich, lieber Onkel,« sagte[313] Bressac, schwankend, »Sie haben da ein prächtiges Geschöpf zur Frau.« Dann stammelte er: »Erlauben Sie mir, teure Tante, Sie zu begrüßen? ... Ich bin wirklich betrübt, Sie in so kläglichem Zustand zu sehen; mein lieber Onkel muß wirklich Grund zur Klage haben, daß er Sie derart quält; denn er ist wirklich ein gerechter Mensch.« – »Madame muß böses Unrecht ihrem Gatten antun,« sagte Frau d'Esterval, »die von einem heftigen Schlucken geplagt wurde; es wäre sonst unmöglich, daß ein so menschlicher, so liebenswürdiger und sanfter Mann dergleichen Dinge von einer Dame verlangte, wenn sie ihm nicht Grund zur Klage gäbe.« – »O nein, ich sehe, um was es sich handelt,« sagte d'Esterval; »das ist ein Akt der Anbetung von Seiten der Gräfin; es ist eine Huldigung, die sie ihrem Gatten erweist.« – »Meine Freunde,« sagte Gernande, »Sie werden es für gut befinden, daß sie diese Huldigung Ihrem Hintern darbringt, und ich bitte Sie alle drei, ihr den Gott darzubieten, damit er den Weihrauch empfange.« – »Ah! beim Himmel, mein Onkel hat Recht,« sagte Bressac, sogleich die Hosen herablassend und bereitwilligst seinen Arsch enthüllend, »ja, ja, ich sehe wohl, es ist mein Hinterer, den meine teure Tante anbeten will, daher weise ich ihn ihr mit großem Vergnügen.« – »Vorwärts also, alle Aersche heraus!« befahl Gernande. »Momentan umgeben die Hintern der beiden anderen Mitglieder der Sippschaft, der Justinens, der Lustknaben und selbst der der Alten derart die arme Gräfin, daß sie von dieser Ueberfülle von Gesäßen, die ihr fast das Gesicht streifen, beinahe erdrückt wird.« – »Ein bißchen Ordnung,« sagte Bressac, »sonst werden wir Madame ersticken; ein jeder soll – einer nach dem anderen – sich diesen Körperteil, der derart die Lüste anregte, von ihr küssen lassen; ich will mit dem Beispiel vorangehen.« Ein wenig Kot begleitet die Handlung, die so angenehm erscheint, daß jedermann – Justine ausgenommen – sie sofort nachahmt. – »Wohlan, Madame,« sagt schließlich Gernande, »sind Sie bereit?« – »Zu allem mein Herr,« antwortet die Gräfin unterwürfig; »Sie wissen wohl, daß ich Ihr Opfer bin.« Gernande befiehlt dann Justine, ihre Herrin zu entkleiden, und mag sie noch solchen Wiederwillen empfinden, es bleibt ihr nichts übrig, als sich zu fügen. Die Unglückliche gab sich, ach, erst dann her, wenn sie nicht anders konnte, doch nie gutwillig; sie zieht ihrer Herrin das Hemd aus und enthüllt sie nackt vor den Augen der schamlosen Sippschaft. – »Ein prächtiges Weib, auf Ehre,« sagt d'Esterval, den dieser Anblick gewaltig reizt. – »Nun also,« meint Gernande, »bearbeite sie, mein Freund, da du sie für schön findest; ich gebe sie dir preis. Verzeihung, Neffe, wenn ich sie nicht zuerst dir überlasse; aber ich[314] kenne deinen Geschmack ... dir bleibt ihr Arsch vorbehalten; wenn es dich darnach gelüstet, dann nehmt sie in die Mitte.« – »Die Verwandtschaft wird bei mir Wunder bewirken; und obgleich der Hintere eines Weibes mich ebensowenig reizt wie ihre Scham, so will ich, wenn d'Esterval es erlaubt, zusammen mit ihm den entgegengesetzten Pfad wie er betreten; leiten Sie unsere Aufstellung, mein Oheim.« – »Gerne,« sagt Gernande, »nichts macht mir mehr Vergnügen, als an meiner eigenen Schande mitzuarbeiten.« Er bemächtigt sich mit diesen Worten des Gliedes d'Estervals und steckt es in die Scham seiner Frau, die er auf jenen stützt. Dadurch gelangen die herrlichsten Hinterbacken in Bressacs Bereich, der, ebenfalls von Gernande eingeführt, bald jedes Hindernis überwunden hat. Der alte Wüstling setzt sich auf einen gegenüberstehenden Fauteuil, während die sechs Lustknaben ihn umgeben; je einen reibt er mit jeder Hand; zwei stehen neben seiner Nase, so daß er sie abwechselnd lecken kann, während die letzten zwei sich im Lecken seines Gliedes ablösen. »Sokratisieren Sie meinen Neffen,« sagt er zu den alten Weibern; »die Kerle lieben es, wenn man ihren Hintern liebkost, während sie ficken.« – »Ja, ja,« sagte Bressac, sich fest an seine Tante klammernd, die er wuchtig sodomisiert, »dieser Akt ist notwendig, mein Oheim hat Recht, das zu verlangen, aber ich will mit Justine dergleichen tun.« – »Nichts leichter als das,« sagt Gernande, »sie soll sich sogleich ausziehen.« Da heißt es gehorchen; unsere Heldin ist gezwungen, ihre Hinterbacken den geilen Fingern Bressacs preiszugeben, der alle fünf zu einer voluminösen Masse formt und damit den Hintern des armen Mädchens grausam quält. Nur Dorothéa bleibt ohne Arbeit; das Weibsbild reibt sich angesichts des Vergnügens der Anderen. – »Madame,« sagte ihr Gernande, »legen Sie sich unter meine Frau; sie wird Sie reiben; ich will Ihnen einen Lustknaben überlassen, der Sie lecken soll, während Ihr Kitzler von meiner Frau und Ihr Arschloch von Justine lebhaft gerieben wird. Jetzt scheint die Gruppe ziemlich gut formiert zu sein; arbeiten wir jetzt zusammen. Sprechen Sie doch wenigstens von meiner Frau, meine Herren; da lohnt es sich nicht, sie Ihnen zu überlassen, wenn Sie mir nicht einmal Ihre Meinung über sie sagen.« – »Schau einmal, mein Freund,« sagte d'Esterval, indem er seinen Samen in ihre Scham ergoß: »das ist das beste Lob, das ich ihr spenden kann; eine Frau muß mich sehr reizen, um so viel Samen, ohne jeden grausamen Akt von mir, zu erhalten. Teufel! was für einen Genuß habe ich empfunden! Bressacs Glied, das ihren Mastdarm befahren hat, hat ihre Scheide so verengert! o köstlich!« – »Herrgott,[315] ich entlade gleichfalls ... ich halte es nicht mehr aus,« rief Dorothéa. »Aber sagten Sie nicht, Sie würden sie zur Ader lassen? mein Sekret wäre viel besser geronnen, wenn ich ihr Blut hätte fließen sehen.« – »Meiner Treu,« sagte Bressac, sein Glied aus dem After der Gräfin ziehend, »ich will mein Sperma für den Aderlaß sparen; ein wenig anspruchsvoller wie Sie, habe ich im After meiner Tante nicht alles gefunden, was ich darin zu finden glaubte; man verlangt viel von seinen Verwandten. Ich bitte dich, Gernande, gehe doch an diese süße Operation; mein Kopf kann sich nur dann begeistern; ich will nur sie sehen.« Damit konnte sich Bressac nicht enthalten, all den Abscheu au den Tag zu legen, denn er gegenüber einem Akte hegte, der so wenig zu seinen Grundsätzen paßte. Er betrachtete voll Verachtung den Arsch, denn er eben bearbeitet hatte, näherte sich einen Lustknaben, wie um sich rein zu waschen, und sagte: »Nun denn, mein Oheim, wollen wir an den Aderlaß schreiten?«

Gernande, der höchst erregt war, begann seiner Frau wüthende Blicke zuzuwerfen. »Ja, ja, wir werden sie zur Ader lassen, die Hure; fürchten Sie nicht, daß ich sie schonen werde. Vorwärts Madame« – damit wandte er sich seinem Opfer zu – »tun Sie ihre Pflicht.« Madame de Gernande stellt sich, von Justine unterstützt, auf den Fauteuil des Grafen und reicht ihm die Hinterbacken zum Kusse. »Spreize doch die Füße, Metze,« sagt der Graf voll Brutalität. Er huldigt lange dem ersehnten Gegenstande, den er in verschiedene Stellungen bringt; bald schiebt er die Hinterbacken auseinander, bald zusammen, bald kitzelt er mit seiner Zunge die Mündung, aus der Bressac sein Glied gezogen hat. Sodann quetscht er, von seinem wilden Treiben hingerissen, ein Stück ihrer Haut und verwundet es, um dann daraus das Blut zu saugen. Während dieses vorbereitenden Aktes schaut Bressac aufmerksam zu und läßt sich von einem Lustknaben reiben; D'Esterval tätschelt seine Frau; die fünf anderen Lustknaben umringen den Grafen, lecken ihn oder lassen sich von ihm lecken.

Sodann streckt er sich auf einem Kanapée aus und verlangt seine Frau solle, rittlings auf ihm sitzend, fortwährend ihren Hintern auf sein Gesicht drücken, wobei er sie leckte, während er die ihn gleichfalls leckenden Lustknaben rechts und links wichste. Justinens Hände arbeiteten indessen auf seinem Hintern und rieben ihm kräftig.

Diese Haltung, die er fast eine Viertelstunde beibehielt, hatte noch keinen Erfolg erzielt; er mußte sie ändern. Die Alten streckten die Frau auf einer Chaiselongue aus, wobei sie auf dem Rücken liegend, ihre Schenkel möglichst weit auseinanderspreitzen mußte. Der Anblick dieser Scham[316] versetzte Gernande in eine Art Raserei; er betrachtete sie zitternd vor Wut, seine Augen sprühten Feuer, er stieß Gotteslästerungen aus, bemächtigte sich der Lanzetten, stürzte sich wie ein Tobender auf sein Opfer und stach sie an sieben bis acht verschiedenen Stellen des Bauches und der Brust, während ein Lustknabe in beständig saugen muß. Bressac und D'Esterval, von dieser wollüstigen Handlung entflammt, bearbeiteten je einen Knaben. Doch waren die von Gernande erzeugten Wunden sehr leicht; er ladet Dorothéa ein die klaffende Scheide seiner Frau zu lecken, was sie auch tut, dann bringt er den schönen Arsch der Frau D'Esterval in seinen Bereich, um an ihm die gleiche Prozedur wie an der Gräfin vorzunehmen. »Genieren sie sich nicht,« sagte D'Esterval, da er wahrnahm, daß jener zart vorging, »stechen sie nur zu, es liegt nichts Unrechtes darin, den Hintern der Frauen bluten zu lassen, dann führen sie sich wenigstens besser auf.«

Gernande bemächtigte sich sodann Justinens, legte sie auf Dorothéa's Kreuz und behandelte sie ebenso wie jene. Indeß wird er beständig geleckt, ab und zu jedoch befiehlt er den Lustknaben, sich gegenseitig zu saugen, er stellt sie derart auf, daß einer ihn leckt, während er einem anderen desgleichen tut, der seinerseits wieder einen dritten leckt. Der Graf erhielt zweimal Samen in den Mund, gab aber selbst keinen ab; seine Uebersättigung oder seine Impotenz waren derart, daß selbst die stärksten Bemühungen ihn nicht aus seiner Schlaffheit zu reißen vermochten; er schien zwar einen sehr heftigen Kitzel zu verspüren, doch ohne daß sich das am Gliede geoffenbart hätte. Ab und zu befahl er Justinen die Lustknaben zu lecken und den Samen, den jene in sie ergossen, wieder in seinen Mund abzugeben.

Die ganze Gruppe gerät in Unordnung, nur die Gräfin bleibt auf ihrem Kanapée ausgespreizt. Nun bittet Gernande alle Zuschauer, ihm behilflich zu sein. »Um was handelt es sich denn?« fragt Bressac. »Hier ist eine Frau, die ich Ihnen preisgebe, meine Freunde,« sagt Gernande; »ich beschwöre euch, sie zu beschimpfen, zu belästigen und auf jede mögliche Weise zu quälen, je mehr ihr sie mißhandelt, desto mehr werdet ihr meine Leidenschaften erregen.« Der Gedanke findet begeisterte Aufnahme und wird energisch in Tat umgesetzt. Die Alten, die Lustknaben, Dorothéa, D'Esterval und namentlich Bressac beschimpfen die Gräfin mit solcher Frechheit, behandeln sie so schonungslos, begegnen ihr so grausam, daß ihre Tränen in Strömen fließen. Der eine spuckt ihr ins Gesicht, der andere ohrfeigt sie, der giebt ihr Nasenstüber, jener farzt ihr in den Mund, wieder ein anderer versetzt ihr Fußtritte in den Hintern. Kurz, man kann sich gar nicht vorstellen, welchem Laster und Mißhandlungen[317] die Unglückliche während mehr als zwei Stunden ausgesetzt ist, da ergreift D'Esterval das Verlangen, sie von hinten zu bearbeiten. Man bringt sie in die entsprechende Stellung, sie muß ihren Mann lecken, Dorothéa bearbeitet sie von unten, Bressac bearbeitet seinen Oheim von hinten, gleichzeitig Justinens Hinterbacken küssend. Die Lustknaben umringen die Gruppe, wobei sie ihre Glieder von den einen, ihre prächtigen Hintern von den anderen küssen lassen. Gernande von seiner Gattin geleckt, unterhielt sich damit, daß er sie ohrfeigte. Beständig den Grausamkeiten dieses schrecklichen Menschen ausgesetzt, hätte man glauben können, daß die Ehre, ihm anzugehören die Pflicht in sich trage, sein Opfer zu sein. Die Gruppenbildung wird einer weiteren Aenderung unterzogen. Gernande stellt alle zur Rechten und zur Linken seiner Frau derart auf, daß hier ein männlicher, dort ein weiblicher Hinterer steht. Aus einiger Entfernung beobachtet er aufmerksam, einen Augenblick später nähert er sich, betastet, vergleicht und liebkost. Er mißhandelte keine Person, doch als er zu seiner Gemalin kam, da tat er nichts als pracken, kneifen und beißen, den armen Hinteren nur zu betrachten, wäre schauerlich gewesen. Endlich wünscht er, daß alle Männer die Gräfin sodomieren; er bemächtigt sich eines Gliedes nach dem andern und stößt diese in die Mündung des ehelichen Mastdarmes hinein, wobei er sich von Justine lecken läßt. Jedermann erhält von ihm die Erlaubnis einige Zeit lang den Hintern seiner Frau zu bearbeiten, doch muß der Samenerguß in seinen Mund hinein stattfinden. Während der eine arbeitet, läßt er sich von dem andern lecken, seine Zunge steckt er in das Arschloch des Fickenden hinein, dieser Akt dauert lange, der Graf wird erregt, er erhebt sich und verlangt Justine solle die Stelle seiner Gattin einnehmen. Unser tugendhaftes Mädchen bittet ihn kniefällig, von ihr nicht solchen Gräuel zu verlangen; aber die Wünsche eines solchen Mannes sind göttliche Gesetze! Er legt daher die Gräfin rücklings auf das Kanapée und wirft Justine auf jene derart, daß ihr hochgelagertes Kreuz ihm zugewendet ist, er bemächtigt sich nochmals aller Glieder, steckt sie nacheinander in den Hintern der armen Justine und zwingt sie die Gräfin zu reiben und ihr den Mund zu küssen.

Was ihn betrifft, so bieten sich ihm die Hintern der Fickenden dar, die er eifrig küßt, im Uebrigen läßt er mit sich ebenso verfahren, wie vorhin. Der Lüstling will alle Gliede saugen, die unsere Heldin von hinten bearbeitet haben. Nachdem alle ihre Arbeit vollbracht haben, macht sich der Graf nun seinerseits zum Angriff bereit. »Ueberflüssige Mühe,« schreit er, »nicht das brauche ich! An's Werk, an's Werk! Vorwärts, Hure, deine Arme!« Jetzt[318] zieht sich jeder zurück und erwartet ehrfurchtsvoll schweigend das Ende des Vorganges. Bressac und D'Esterval, von Lustknaben gerieben, richten ihre lüsternen Augen auf den Grafen. Dieser packte wild sein Weib und läßt sie auf einen Schemel niederknien, während er ihre Arme vermittelst breiter, schwarzer Bänder an der Decke befestigen läßt. Justine wird beauftragt die Binden anzulegen, er prüft diese und da er sie nicht genug fest geschnürt findet, zieht er sie mit aller Kraft zusammen, um, wie er sagte, das Blut heftiger hervorquellen zu lassen. Dann senkt er die auf diese Weise komprimierten Arme, worauf er zunächst die Adern saugt, um sie dann beide fast gleichzeitig aufzustechen, Das Blut quillt hervor, Gernande gerät in einen Taumel.

Er stellt sich, während der Lebenssaft herausspringt, der Gräfin gegenüber auf, wobei er sich von Justine lecken läßt, er seinerseits tut hindereinander vier Lustknaben desgleichen, ohne indessen den Blick von den Blutstrahlen abzuwenden, die einzig und allein seine Erektion zu bewirken scheinen. Die beeilt sich die mitleidige Justine, von dem gebieterischen Gefühle des Erbarmens hingerissen, so schnell als möglich den Samenerguß ihres Gebieters herbeizuführen, weil sie dadurch die Qualen ihrer Herrin rascher beendigen zu können glaubt und wird so lüstern aus Güte und Tugend. Endlich tritt die erhoffte Entladung ein, aber dank den Bemühungen D'Estervals. Dieser pflichteifrige Verwandte merkt das Bedürfnis Gernandes, bearbeitet zu werden, er richtet den Grafen auf und steckt sein enormes Glied in dessen Hintern, während der von der Szene erregte Bressac seinen Kopf von den Blutstrahlen des Opfers überfluten läßt, einen Lustknaben sodomierte und sich entleerte. Jetzt bricht die ganze Wildheit Gernandes aus; er nähert sich seiner Frau, überhäuft sie mit Schmähungen, legt seine Lippen auf jede der blutenden Stellen, saugt und schlürft mehrere Schlücke Blutes. Dies macht ihn ganz trunken, er ist nicht mehr bei Sinnen, sein Gebrüll gleicht dem eines Stieres, er würde sein Weib erdrosseln, wenn die Alten und Justine ihn nicht zurückhalten, denn seine ruchlosen Freunde, weit entfernt ihn davor zu besänftigen, reizen ihn nur noch mehr. »Lassen Sie ihn,« schreit der elende Bressac, obwohl er bereits ergossen hat. »Hemmen Sie doch nicht seinen Trieb,« ruft Dorothea. »Teufel!« schreit D'Esterval, »was liegt daran, ob er sie tötet oder nicht, höchstens gibt's eine Frau weniger.« Dorothea reibt ihre Hinterbacken enthüllend, die Wurzel seines Gliedes und tätschelt seine Hoden. Endlich entleert er sein Sperma, dessen Hitze und Dichtigkeit, besonders aber dessen Ueberfülle, ihn in einen solchen Zustand der Raserei versetzen;[319] daß man glaubt, er gebe fast den Geist auf. Kaum hätten sieben oder acht Löffeln genügt, um den ergossenen Samen aufzunehmen und der dichteste Brei gäbe nie eine schwache Vorstellung von dessen Konsistenz, bei alledem fand fast gar keine Erektion statt, doch schien er vollständig erschöpft zu sein. Derlei Merkwürdigkeiten zu erklären, wäre Sache der Aerzte.

Justine will zu ihrer Herrin fliegen, denn sie brennt vor Begierde, ihr Blut zu stillen. »Einen Moment, Sakrament,« sagt D'Esterval, indem er sein geiles, steifes Glied aus Gernande's Hinteren, in dem es blos in Errektion geraten ist, herauszieht, »glaubt man denn, daß ich nicht auch mein Sperma ergießen will?« Er betrachtete alle, ohne einen in's Auge zu fassen. Endlich bleibt sein Blick auf der blutüberströmten, unglücklichen Gräfin haften, er wirft sich auf die fast Ohnmächtige und sodomiert sie. »Wohlan!« sagte er nach Verlauf einer kurzen Zeit, sein Glied herausziehend und ausdrückend, »helfen Sie jetzt der Hure so viel Sie wollen; aber ich mußte doch ergießen!«

Man verbindet endlich die Wunden des Opfers, entfesselt sie und legt sie in einem Zustande großer Schwäche auf ein Kanapée. Doch unsere Wüstlinge, insbesonders Gernande, gehen ohne weiters mit ihren Lustknaben weg, ohne sich um den Zustand der Gräfin zu kümmern oder auch nur einen Blick des Erbarmens auf das unglückliche Opfer ihrer Raserei zuzuwerfen, sie überlassen die Sorge für die Arme den Alten und Justine.

Bei einer solchen Gelegenheit kann man die Menschen am besten beurteilen. Ist es ein von der Wildheit seiner Leidenschaften hingerissener Neuling, so malen sich die Gewissensbisse auf seinem Antlitz, wenn er im Zustande der Ruhe die unheilvollen Wirkungen seines Taumels erwägt. Handelt es sich dagegen um einen von entarteten Lastern zerfressenen Lüstling, so werden ihn derlei Folgen nicht erschrecken, er betrachtet sie, ohne Leid oder Reue zu empfinden, vielleicht sogar mit dem Gefühl einer elenden Wollust, die seinen ruchlosen Taumel weckte.26

Doch unsere Lüstlinge, die eher erregt als erschlafft sind, plaudern von den eben genossenen Freuden und schöpfen bald aus dessen Einzelheiten die nötige Kraft, um neue zu ersehnen. Sie zogen sich, von den Lustknaben begleitet[320] in ein großes Boudoir zurück, jeder suchte, jene küssend und tätschelnd, durch die Reize der Gespräches einige der geilen Gefühle, an denen man sich eben erfreut hatte, wieder zu erwecken. »Wissen Sie, Oheim,« meinte Bressac, »daß Ihre Leidenschaft köstlich ist!« »Ich kenne nichts Anregenderes,« sagte D'Esterval, »als diese Verknüpfung von geilen und grausamen Ideen, nichts erhitzt mich so sehr, kein Vorgang vermag diese Vorstellung feinsinniger zu verknüpfen, als der von Herrn de Gernande angewandte.« »Jawohl,« entgegnete Bressac, »aber ich glaube, ich würde mich nicht auf den Arm beschränken, ich würde überall ein wenig zur Ader lassen.« »Das tue ich ja,« entgegnete Gernande, »die Narben, die meine teure Gattin bedecken, müssen euch wohl den Beweis liefern, daß nur die wenigsten Körperteile meiner Grausamkeit entgangen sind.« »Aber ist es wahr,« fragte D'Esterval, »daß nur Ihre Gattin Sie so heftig in Erregung zu versetzen vermag?« »Es wäre auch bei einer andern Frau der Fall,« antwortete Gernande, »aber zweifellos elektrisiert mich die mehr, als eine andere.« »Das dürfte wohl mit den Anschauungen, die Sie von unserm Geschlechte hegen, zusammenhängen,« meinte Dorothea.

»O, ich bin überzeugt, daß sie von großer Strenge sind,« sagte Bressac, »wenn mein Oheim so freundlich wäre, sie uns auseinanderzusetzen, so würde die ganze Gesellschaft zweifellos mit Vergnügen lauschen.« Gernande willigt ein, da in diesem Moment Justine herbeikam, um ihrem Herrn von dem Zustand der Gräfin Bericht zu erstatten, erlaubt man ihr, dem Vortrage Gernande's beizuwohnen. Er begann also:

»Ihr saget meine Freunde, daß meine Leidenschaften euch eine ziemlich schlechte Meinung von meiner Art von den Frauen zu denken geben und gewiß täuscht ihr euch nicht, wenn ihr überzeugt seid, daß ich sie ebenso verachte wie hasse, aber insbesonders dann, wenn diese Frau durch eheliche Bande an mich geknüpft ist, muß meine Abneigung und mein Widerwille sich verdoppeln. Bevor ich diese Gefühle näher erörtere, muß ich euch zunächst fragen, mit welchem Recht ihr eigentlich behaupten könnt, daß ein Mann verpflichtet sei, für das Glück seiner Frau zu sorgen und dann, woraufhin diese Frau das von ihrem Gatten verlangen kann. Die Nötigung, sich gegenseitig glücklich zu machen, kann zweifellos nur zwischen zwei Wesen bestehen, die gleicherweise die Fähigkeiten besitzen, sich zu schaden, daher also zwischen zwei gleich starken Wesen. Eine solche Verbindung kann nicht stattfinden, ohne daß diese zwei Wesen einen Pakt abschließen, nichts einander zu tun und ihre Kräfte nicht zum Schaden des anderen[321] Teiles zu verwerten, doch könnte diese lächerliche Vereinbarung sicherlich nicht zwischen einem starken und schwachen Wesen bestehen. Mit welchem Rechte verlangt denn dieses Letztere, daß das andere ihn schone? Welche Dummheit sollte das Erstere dazu veranlassen? Ich kann zustimmen, daß ich meine Kräfte nicht gegen den gebrauche, der wegen der seinen zu fürchten ist, aber weßhalb sollte ich es nicht tun gegen das Wesen, das die Natur mir zu eigen gibt? Werden Sie mir erwiedern, aus Mitleid? Dieses Gefühl ist nur bei dem mir ähnlichen Wesen angebracht, da dieses aber egoistisch ist, so wird es nur dann eintreten, wenn das Individuum, das mir Erbarmen einflößt, auch mit mir solches empfinden wird. Aber wenn ich es durch meine Ueberlegenheit stets bezwinge, wird sein Mitleid überflüssig und ich brauche es nie durch irgend ein Opfer zu erkaufen. Wäre ich nicht ein Tor, wenn ich Erbarmen besäße für ein Wesen, dem ich nie solches einflöße? Soll ich den Tod der Hühner beweinen, das man für meine Diners schlachtet?«

Dieses Geschöpf das weit unter mir steht und keine Beziehung zu mir hat, kann in meinem Herzen kein Gefühl erwecken. Nun aber sind die Beziehungen der Gattin zum Manne ähnlich denen, zwischen dem Huhne und mir, beides sind Haustiere, deren man sich nach den von der Natur vorgeschriebenen Plänen bedienen darf, ohne irgend einen Unterschied zwischen ihnen zu machen. Aber ich frage Sie, meine Damen, hätte diese blinde Natur, wenn es ihre Absicht wäre, ihr Geschlecht zu unserem Glücke und umgekehrt zu schaffen, soviel Albernheiten in der Konstruktion beider Geschlechte begangen? Hätte sie beiden so viele Nachteile zuteil werden lassen, daß sich die Abneigung und der Widerwille daraus mit Notwendigkeit ergeben müssen?

Ohne weiters nach Beispielen zu suchen, saget mir Freunde, wo ist die Frau, die ich beglücken könnte? und umgekehrt, welcher Mann vermag den Genuß einer Frau als süß zu empfinden, wenn er nicht gigantisch entwickelt ist, so daß er sie zu befriedigen vermag? Können Sie glauben, daß die geistigen Qualitäten einer Person dieses Geschlechtes uns für ihre körperlichen Gebrechen entschädigen können? Aber welcher vernünftige Mensch, der eine Frau von Grundaus kennt, wird nicht mit Euripides ausrufen: »Der Gott, der die Frauen auf die Welt gesetzt hat, kann sich rühmen, das schlechteste und für den Mann ärgerniserregendste Geschöpf geschaffen zu haben.« Wenn es also bewiesen ist, daß die beiden Geschlechter gar nicht zueinander passen, und daß es keine einzige von dem einen Teil vorgebrachte Klage gibt, die nicht wunderbar[322] auf den anderen Teil paßt, dann ist es doch falsch, daß die Natur sie zu ihrem gegenseitigen Glücke geschaffen habe; sie kann ihnen die Begierde eingeflößt haben, sich zu nähern zum Zwecke der Fortpflanzung, doch nie die, sich mit der Absicht zu verbinden, das Glück ineinander zu finden. Da also der schwächere Teil gar keinen begründeten Anspruch auf das Erbarmen des stärkeren hat, so bleibt ihm nichts übrig, als sich unterzuordnen. Und da trotz aller Schwierigkeiten beide Geschlechter an diesem gegenseitigen Glück arbeiten, so will das schwächere durch diese Unterwürfigkeit die ganze ihm zugängliche Glückmöglichkeit sich verschaffen; das stärkere aber soll an dem seinigen durch alle Arten der Unterdrückung, die ihm passen, arbeiten, da es bewiesen ist, dass das Glück des Starken einzig in der Ausübung der Gewalt, das heißt, in der vollständigsten Unterdrückung des Schwachen besteht. Es werden also die beiden Geschlechter uns dadurch ihr gegenseitiges Glück bedingen, wenn das eine blind gehorcht, während das andere energisch seine Uebermacht zur Geltung bringt. Wäre es nicht die Absicht der Natur, daß das eine Geschlecht das andere beherrsche und tyrannisiere, hätte sie nicht beide mit gleicher Stärke begabt? Hat sie nicht dadurch, daß sie das eine vor dem anderen in jeder Hinsicht bevorzugt hat, hinreichend klargelegt, daß es ihr Wunsch sei, der Stärkere möge von den ihm verliehenen Rechten Gebrauch machen? Je mehr dieser sein Machtbereich ausdehnt, je unglücklicher er die an sein Los geknüpfte Frau macht, desto mehr fördert er die Absichten der Natur. Man darf die Sache nur nicht nach den Klagen des schwächeren Wesens beurteilen; jedes solche Urteil wäre falsch, da Sie es den Ideen des Schwachen entnehmen; man darf die Handlung nur nach der Macht des Starken beurteilen; wenn die Wirkungen dieser Macht sich auf ein Weib erstrecken, dann soll man zuerst prüfen, was ein Weib ist, und wie dieses verächtliche Geschlecht sowohl im Altertume wie in der Neuzeit von drei Viertel der Völker des Erdkreises angesehen wurde.

Was sehe ich also, wenn ich unbefangen an diese Prüfung herantrete? Ein schwächliches Geschöpf, dem Mann stets nachstehend, unvergleichlich weniger sinnreich und klug, im Besitze einer anwidernden Konstitution, die dem, was ihrem Herrn gefallen und ihn erfreuen kann, gänzlich entgegensetzt ist; ein durch ein Viertel seines Lebens ungesundes Wesens, das außer Stande ist, ihren Gatten während der Gebärzeit zu befriedigen; von launischem, zänkischem und herrschsüchtigem Wesen; tyrannisch, wenn man ihr Rechte gibt; niedrig und kriecherisch, wenn man sie im Zaume hält, aber immer falsch, boshaft und gefährlich;[323] kurz ein so entartetes Geschöpf, daß auf den Konzil zu Macon während mehrerer Sitzungen in ernstliche Erwägung gezogen wurde, ob dieses bizarre Individuum, das sich vom Manne ebenso unterscheidet, wie der Waldaffe vom Menschen, einen Anspruch auf die Bezeichnung Mensch habe und ob man sie ihr mit Recht zugestehen kann. Aber wäre das nur das Vorurteil eines Jahrhunderts? wurde die Frau in den vorhergehenden Zeiten mit freundlichen Blicken angesehen? Haben die Perser, Meder, Babylonier, Griechen und Römer dieses verhaßte Geschlecht, das wir heute zu vergöttern wagen, geehrt? Ah! ich sehe es überall unterdrückt, überall streng von den Geschäften ferngehalten; überall verachtet und abgeschlossen; kurz die Frauen wurden im Allgemeinen wie Tiere behandelt, deren man sich im Bedarfsfalle bedient, die man aber sogleich darauf in den Stall sperrt. Ich will einen Moment bei Rom verweilen; ich höre den weisen Cato mir aus der alten Hauptstadt der Welt zu rufen: »Wären die Männer ohne Frauen, sie könnten noch jetzt mit den Göttern umgehen.« Ich höre einen römischen Censor also reden: »Wenn wir ohne Frauen leben könnten, so würden wir das wahre Glück kennen lernen.« Ich höre wie die Dichter in den Theatern Griechenlands singen: »O Zeus, was hat dich veranlaßt, die Frauen zu erschaffen? hättest du den Menschen nicht auf klügere und bessere Weise werden lassen können, die uns diese Geißel erspart hätte?« Ich sehe auch die Griechen dieses Geschlecht derart verachten, daß es Gesetze schafft, um einen Spartaner zur Fortpflanzung zu veranlassen; eine der Strafen dieser weisen Republik bestand darin, einen Uebeltäter als Frau zu verkleiden, das heißt als das schnödeste und verächtlichste Wesen, das sie kennen.

Aber ohne auf so entlegene Jahrhunderte zurückzugreifen, mit welchen Augen wird dieses elende Geschlecht noch jetzt angesehen? wie wird es behandelt? Ich sehe es in ganz Asien eingesperrt; als Sklaven müssen sie den barbarischen Launen eines Despoten zuwillen sein, der sie quält, peinigt, und mit ihren Schmerzen sein Spiel treibt. Ich finde, daß bei Völkern, die in Naturzustand leben (den Eskimos), die Männer sich alles erdenkliche Gute antun, während sie die Frauen mit der denkbar größten Härte behandeln. In dem einen Erdteil sehe ich sie den Lüsten der Fremden preisgegeben, während sie in einem anderen an Geldesstatt dienen. In Afrika, wo sie noch schlechter gehalten werden, werden sie als Lasttiere verwendet, sie bebauen das Land, säen, und bedienen ihren Gatten kniend. Soll ich dem Kapitän Cook auf seinen neuen Entdeckungen folgen? Die reizende Insel Otathaïti, wo die Schwangerschaft[324] ein Verbrechen ist, das manchmal der Mutter und fast immer der Frucht das Lehen kostet, zeigt uns doch keine glücklicheren Frauen! Auf anderen von demselben Seefahrer entdeckten Inseln werden sie von den eigenen Kindern geschlagen und gequält, und auch der Gatte gesellt sich dazu, um sie mit aller Härte zu mißhandeln. Je näher die Völker der Natur stehen, desto mehr befolgen sie ihre Gesetze. Die Frau kann zu ihren Gatten keine andere Beziehung haben, als die des Sklaven zum Herrn; sie hat absolut kein Recht auf höhere Ansprüche.

»Kurz, meine Freunde, sei dem wie immer, alle Völker der Erde besaßen die ausgedehnteste Macht über die Frauen, es gab selbst solche, die sie gleich nach ihrer Geburt zum Tode verurteilten und nur die geringe zur Erhaltung der Art nötige Anzahl leben ließen. Die unter dem Namen Korrihs bekannten Araber begruben ihre Töchter sowie sie sieben Jahre zählten auf einem Berge neben Mekka, weil ein – wie sie sagten – so elendes Geschlecht ihnen unwürdig schien, den Tag zu sehen. Die Frauen im Serail des Königs von Achen werden für den bloßen Verdacht der Untreue, für den geringsten Ungehorsam gegen den Fürsten, oder sobald sie Wiederwillen einflößen, zu den schrecklichsten Todesstrafen verurteilt; der König richtet sie eigenhändig hin. An den Ufern des Ganges müssen sie sich auf der Asche ihrer Gatten opfern, als unnütz auf der Welt vom Augenblicke an, da ihre Herren sich nicht mehr an ihnen ergötzen können. Anderswo jagt man sie wie die wilden Tiere; es gilt als Ehre ihrer viele zu tödten. In Aegypten opfert man sie den Göttern. In Formosa tritt man sie mit Füßen, wenn sie schwanger sind. Die germanischen Gesetze verurteilten den Mörder einer fremden Frau bloß zu zehn Talern Buße, zu nichts, wenn es seine eigene Frau oder ein Lustmädchen war. Kurz, ich wiederhole, überall werden die Weiber erniedrigt, gequält, dem priesterlichen Aberglauben, der Grausamkeit der Gatten oder den Launen der Lüstlinge geopfert; was aber das Schrecklichste für sie ist: je mehr man sie studiert, je mehr man sie analysiert, desto mehr überzeugt man sich, daß sie ihres Loses wert sind. Ist es möglich, schreien ihre dummen Anhänger, daß das männliche Geschlecht nicht ihre vielen Verdienste sehen will? Sehet doch – sagen sie begeistert – wie rührend sie für unsere Jugend sorgen, wie gefällig sie sich uns in unserem reifen Alter erweisen, wie sie uns im Alter zur Stütze werden, wie pflegen sie uns, wenn wir krank sind, wie trösten sie unseren Kummer, wie zart wissen sie unsere Leiden zu mildern, wie geschickt das Mißgeschick von uns abzulenken, wie schnell unsere Tränen zu trocknen! ... Und ihr schätzet und verehret[325] nicht so vollkommene Wesen! so zärtliche Freundinnen, die uns die Natur geschenkt hat? Nein, ich liebe sie nicht, ich verehre sie nicht, ich bleibe fest gegenüber der Illusion, meine Klugheit weiß ihr zu wiederstehen: ich sehe in all dem Gerühmten nur Schwäche, Furcht und Egoismus. Wenn das Weib wie eine Wölfin und Hündin ihren Säugling stillt, so nur darum, weil diese Sekretion von der Natur angeordnet, ihrer Gesundheit unumgänglich nottut; wenn sie uns bei den verschiedenen geschilderten Leiden nützlich ist, so geschieht das mehr aus Temperament als aus Tugend, aus Hochmut oder aus Eigenliebe. Lassen wir uns nicht durch ihre Beweggründe überrumpeln; die Schwäche ihrer Organe macht sie geeigneter als uns zu dem kleinmütigen Gefühl des Mitleids, und veranlaßt sie, ganz willenlos und ohne jedes Verdienst, die Leiden, die sie vor sich hat, zu beklagen und zu trösten; ihre natürliche Feigheit nötigt sie, demjenigen, der stärker ist als sie, Dienste zu erweisen, von denen sie gut weiß, daß sie sie früher oder später benötigen wird. Aber keine Spur von Tugend oder Uneigennützigkeit in alledem, nichts als Egoismus und Trieb. Es ist eine empörende Albernheit, ihre Bedürfnisse für Tugenden auszugeben und in etwas anderem als in ihrer Schwäche und ihrer Furcht die Motive dieser schönen Handlungen zu suchen, über die wir uns in unserer Verblendung täuschen; und weil ich das Unglück habe, bei einem Volke zu wohnen, das roh genug ist, sich nicht zu diesen großen Grundsätzen aufschwingen zu können, das es nicht wagt, das lächerlichste aller Vorurteile abzuschaffen, soll ich mich der Rechte entschlagen, die mir die Natur über dieses Geschlecht verleiht! Nein, nein, meine Freunde, das ist nicht gerecht; ich werde mein Betragen verdecken, da es so sein muß; doch werde ich mich im Stillen für die albernen Hindernisse der Gesetzgebung entschädigen; und da werde ich meine Frau behandeln wie es mir behagt, wozu ich das Recht in den Gesetzen des Weltalls, in meinem Herzen, in der Natur finde.«

»Meiner Treu, mein Onkel,« sagte Bressac, der während des ganzen Vortrages an einem hübschen Knaben, den er von hinten bearbeitete, bewies, wie sehr er Gernandes Ansichten über die Frauen billigte, »jetzt glaube ich, daß Ihre Bekehrung unmöglich ist.« »Ich würde auch niemandem raten, sie zu versuchen,« erwiderte der Graf, »der Baum ist zu alt, als daß er sich biegen ließe, in meinem Alter kann man auf der Bahn des Lasters noch einige Schritte vorwärts tun, nicht so auf der der Tugend. Uebrigens bedingen meine Grundsätze und mein Geschmack mein Glück; seit meiner Kindheit waren sie alleinige Grundlage meines Betragens und meiner Handlungen; vielleicht werde ich[326] darin noch weiter gehen; ich fühle, es ist möglich, doch nie werde ich umkehren. Ich verabscheue zu sehr die menschlichen Vorurteile, ich hasse zu aufrichtig ihre Zivilisation, ihre Tugenden und ihre Götter, um ihnen jemals meine Vernügen zu opfern.«

»Meine Herren,« nahm die feurige D'Esterval das Wort, »Sie haben mein Geschlecht mißhandelt, doch heben mich die Empfindungen, zu denen ich mich stets bekannt habe, allzu hoch über seine Schwächen empor, als daß ich die wichtige Ehre seiner Verteidigung auf mich nehmen sollte. Ich bin übrigens ein Zwitter, der nach Ihrem eigenem Urteil viel mehr zu ihrem Geschlecht hält als zum weiblichen, noch besser könnten Sie sich davon überzeugen durch die Energie mit der ich die Marterungen der Gräfin betrieben habe. Ich versichere also feierlich, daß ich stets ein Mann zu sein wünsche, wenn es sich darum handelt, den männlichen Begierden und Treiben zu fröhnen.« »Ich dagegen,« sagte die kluge Justine, »werde sie fliehen wie wilde Tiere, wenn sie sich so grausamen Leidenschaften hingeben.«

Wie gesagt, erhitzten sich die durch die Szene bei Frau de Gernande gar nicht beschäftigten Geister durch dieses Gespräch vollends. »Warum,« fragte D'Esterval Gernande, »befriedigen Sie ihre Launen nicht an den hübschen Knaben, die Sie umgeben?« »Ich tat es mehrmals,« erwiderte der Graf, »aber da ich die Jungen ebenso heiß liebe als ich die Frauen verabscheue, glaube ich nur an letzteren meinen wilden Trieb kühlen zu dürfen; doch wenn Sie dies, meine Herren, ergötzt, steht es Ihnen vollkommen frei.« »Das würde mich unendlich erregen,« sagte Bressac, »schon seit einer Stunde spaziert mein Glied im Hintern eines ihrer Lustknaben, dem ich alles erdenkliche Böse antun möchte.« »Mit diesen Worten drückte Bressac dermaßen die Hoden des erst vierzehnjährigen Knaben, daß dieser schreckliche Schreie ausstieß und Tränen vergoß.« »Ueberlassen Sie mir diesen,« sagte D'Esterval, indem er sich Bressac näherte und das Gleiche tat. »Sie haben ihrer so viele, daß es auf einen mehr oder weniger gar nicht ankommt.« »Und was wollen Sie mit ihm tun?« fragte Gernande. »Opfern, ohne Zweifel,« erwiderte Bressac. »Eine recht grausame Szene, wenn Sie wollen,« sagte D'Esterval. »Gut,« meinte Dorothea, »doch müssen Justine und die Gräfin bei dem Opfer unbedingt als Priesterinnen fungieren.« »So bin ich's zufrieden,« entgegnete Herr de Gernande, »wäre aber das nicht eine kleine Marter für meine Frau, ich weiß nicht, ob sie mich dann so gefällig finden würden. Vorwärts, wir brauchen bloß zu ihr hinüber zu gehen.« »Ach Herr,« sagte die weiche Justine, »denken Sie doch[327] an den Zustand der Gräfin.« »Ich gedenke,« sagte Gernande, ihr eine kräftige Ohrfeige versetzend, »dich in den gleichen Zustand zu versetzen, wenn du dich unterstehst zu räsonnieren. Lerne, du prüde Törin,« fuhr der Büffel fort, »daß ich dir erlaube, meine Gedanken zu überbieten, wenn es deine Fantasie erlaubt, daß ich dir aber bei Todesstrafe verbiete, sie jemals abzuschwächen.« »Fliegen wir zu Ihrer Frau, Oheim,« sagte Bressac, »schauen sie mal, ich will das Opfer auf meinen Penis aufgespießt zu ihr bringen.« Der Lüstling beließ tatsächlich sein Glied im Hintern des Jungen und brachte ihn, ohne auch nur einen Moment zu erschlaffen, in das Zimmer seiner Tante, die, weit entfernt, an eine Verlängerung ihrer Qualen zu denken, sich, als die Ruchlosen ankamen, durch einen süßen Schlummer erquickte.

Hüllen wir einen Schleier über diese neuen Orgien, es bleiben uns nur noch zu viele Ruchlosigkeiten zu schildern; der Akt war überaus blutig; Madame de Gernande und Justine mußten den Spielball abgeben; der hübsche kleine Lustknabe starb nach Verlauf von vier Stunden, nachdem er sein ganzes Blut verloren hatte.27

»Wo bin ich,« sagte sich schließlich Justine nach Verlauf einiger Wochen; »welchen Dienst hat mir Bressac erwiesen, als er mich in dieses Haus brachte? Das Scheusal! Er wußte wohl, daß er mein Unglück bewirkte, sonst hätte er sich nicht um mich gekümmert.« So beständig von den Gewissensbissen, im Verbrechen leben zu müssen und der Verzweiflung, ihre Herrin nicht retten zu können, gemartert, siechte das arme Mädchen dahin, erschöpfte ihren Geist im Plänemachen und konnte keine ersinnen, die sie beide so einem Unglück und Leid hätten entziehen können.

»O Justine! du wirst noch neue Persönlichkeiten im Schloß einziehen sehen,« sagte ihr eines Tages Frau de Gernande, die endlich einsah, daß das arme Mädchen vertrauenswürdig war. »Wen den?« »Herrn de Verneuil, einen anderen Onkel deines Quälgeistes Bressac, einen Bruder meines Gatten; er kommt regelmäßig zweimal des Jahres mit Frau, Sohn und Tochter her.« »Umso besser,« meinte Justine, »sie werden wenigstens in dieser Zeit Ruhe haben.« »Ruhe? Ach Liebe, ich werde noch tausendmal mehr gequält werden. Diese zwei Reisen bedeuten für mich nur Qualen und Unglück; meine Leiden verdoppeln sich, ein auf's Rad Geflochtener erduldet dann nicht so viel[328] wie ich. Höre Justine, ich will dir entsetzliche Geheimnisse enthüllen, die dich werden erbeben machen.

Herr de Verneuil, meine Liebe, ist noch wüster und ausschweifender, noch verbrecherischer und grausamer als sein Bruder; er ist eine rasende Bestie; die außer ihren Leidenschaften nichts kennt und die – wie ich glaube – die ganze Welt opfern würde, wenn sie das ihren ruchlosen Genüssen dienlich hielte. Verneuil ist jünger wie mein Mann, er zählt fünfundvierzig Jahre, er ist nicht so dick, aber sehniger, viel stärker und hat ein viel abschreckenderes Antlitz, er ist ein Satyr, ja Justine, ein Satyr in jeder Hinsicht. Das Gewisse ist an ihm gigantisch; es scheint, die Natur wollte ihn für das entschädigen, was sie seinem Bruder entzogen hat; dazu ist er unermüdlich, dieser Frevler vermöchte zehn Frauen zu zerreißen. Seine zweiunddreißig Jahre zählende Gattin ist eines der denkbar schönsten Wesen; sie besitzt kastanienbraune Haare, ihre leichte, schmiegsame Taille ist vergleichbar der der Venus; ihre seelen- und gefühlvollen Augen haben einen Ausdruck ohnegleichen; ihr Mund ist vollendet schön, ihr Fleisch fest, voll und bewundernswert weiß; ihre ganze Person ist ein Muster von Anmut und Feinheit; aber gewiß besitzt sie eine robuste Natur, daß sie seit achtzehn Jahren den bizarren und ausschweifenden Launen standhält, deren Opfer sie tagtäglich ist.« – »Ist es möglich, daß es ein barbarischeres Wesen auf Erden gibt als Herrn de Gernande?« – »Du wirst selbst urteilen, Justine; ich möchte, daß du den ganzen Schrecken der Ueberraschung erlebst; lasse mich die Personen, die wir erwarten, weiter schildern: Viktor, der Sohn des Herrn de Verneuil, zählt sechzehn Jahre; er ist das Abbild seiner Mutter; es gibt nichts hübscheres, frischeres, feineres und zierlicheres; nur eine Person wetteifert mit ihm an Schönheit, seine Schwester Cecilie, die etwa vierzehn Jahre alt ist; man könnte sagen, daß die Götter selbst sie bilden wollten, um den Menschen einen möglichst großen Begriff ihrer Macht zu geben; eine niedliche Gestalt, zugleich süße und belebte Gesichtszüge, wundervolle Haare, die schönsten Zähne; sie könnt neben ihrer Mutter für das schönste Wesen auf Erden gelten. Nun, Justine, diese Frau und ihre beiden schönen Kinder sind tagtäglich die Opfer der Grausamkeit dieses Scheusals; Viktor vielleicht weniger, weil das Gift des Beispiels und der Verführung sein Herz nur allzusehr verdorben hat.« – »O Himmel! Sie machen mich erbeben ... ein Vater, der seine Kinder verdirbt! Ach, darf ich über diese Gräuel staunen, die ich so lange darin gelebt habe.« – »Ach, das dürfte alles von dir Gesehene in den Hintergrund drängen,« sagte Frau de Gernande. »Dieser Frevler begnügt sich nicht[329] mit der Blutschande, mit der er sein Familienleben befleckt; ganz andere Frevel.« – »Was tut er denn?« – »Die schönsten Personen beider Geschlechter werden sorgsam aus den reichsten und vornehmsten Klassen ausgesucht und sind die Opfer, die durch Geschicklichkeit und Geld seiner Geilheit anheimfallen; der Wüstling ist in Bezug aufs Alter so anspruchsvoll, daß er einen Gegenstand, der die sieben Lebensjahre, die er zur Bedingung macht, nur um einen Monat überschreitet, sofort zurückschickt; du begreifst, Justine, was alles diese Kinder von einem geistig und physisch so scheußlichen Wesen zu erdulden haben. Mehr als die Hälfte ist nie zu retten; die grause Gewissheit dieser schrecklichen Folgen ist eine der süßesten Freuden der frevlerischen Wollust dieses Ruchlosen; hundertmal hörte ich ihn sagen, daß er nicht den ganzen Genuß auskoste, wenn er nicht darauf rechnen könne, daß sein gigantisches Glied die Rose, die seine Brutalität öffnet, für immer welk mache. Zweimal so reich wie sein Bruder, infolge einer vorteilhaften Heirat in den Kolonien und verschiedener, höchst einträglichen Geschäfte, sind die Summen, die er infolgedessen auf seine schauerlichen Vergnügungen verausgaben kann, märchenhaft. Die Kinder rekrutieren sich aus allen Provinzen und werden mit großen Kosten auf sein Schloß Verneuil gebracht, das zehn Meilen von hier gelegen ist, und in dem er seit langem sich festgesetzt hat. Einige dieser Gegenstände werden ihn seiner Gewohnheit gemäß sicherlich begleiten; du wirst sehen, Justine, ob je ein entsetzlicherer Mensch auf Erden gelebt hat.«

Unsere Waise, erschreckt durch das Gehörte, folgte wie gewöhnlich der Stimme ihres Herzens und suchte gleich den nächsten Tag am Morgen den Marquis de Bressac auf. »Mein Herr,« sagte sie aufgeregt zu ihm, »man droht uns mit einem Zuwachs, der recht unheilvoll für meine arme Herrin ist, wissen Sie, um was es sich handelt und vermögen Sie Vorkehrungen dagegen zu treffen?« »Ich bin unterrichtet,« entgegnete Bressac, »es ist ein zweiter Oheim, ein Bruder meiner Mutter gleich Gernande, den ich nie gesehen habe und von dem es heißt, er sei sehr liebenswürdig und geistvoll.«

»Ach, Herr, alle diese Leute von Geist sind gefährlicher als die andern, da sie alle ihre Ausschweifungen geschickt zu beschönigen verstehen, überlassen sie sich ihnen mit weniger Skrupeln, gegen sie ist man schutzlos.

Es werden jetzt vier Frevler ersten Ranges in diesem Schlosse vereinigt sein und es werden Schaudertaten vollbracht werden.« »Ich hoffe so,« sagte Bressac, »nichts ist so köstlich, als wenn ich mehrere Freunde von gleichem Geschmack und Geist finde, man teilt sich gegenseitig Gedanken[330] und Triebe mit, die Begierden der einen werden durch die Ausschweifungen der andern angefacht, man steigert, übertrumpft, man ermutigt sich, die Resultate sind köstlich.« »Sie sind schrecklich für meine arme Herrin.« »Aber welches Interesse hast du denn an ihr? Wann wirst du endlich aufhören, die Närrin deines Herzens zu sein? Wenn zufällig ein Komplot gegen meine Tante geplant würde, würdest du nicht, wie im Falle meiner Mutter, dein Leben riskieren, um sie zu verteidigen? Ach! Entsage endlich einmal diesem guten, besser, dummen Charakter, der dir bis jetzt so wenig geholfen hat, sei egoistischer und also klüger, kümmere dich nur um dich selbst und höre endlich auf, die Leiden der andern zu mildern und auf dich zu nehmen. Was geht dich das Leben oder der Tod dieser Frau an? Was habt ihr denn gemein? Wie bist du doch töricht dir solche phantastischen Bande zu schaffen, die nur dein Unglück bewirken werden? Verhärte deine Seele, wie wir es getan haben, suche daraus Freuden zu schöpfen, was jetzt dein Herz beunruhigt.

Du wirst bald, so wie wir, vollendet stoisch werden und aus dieser Empfindungslosigkeit wird dir eine Menge neuer Freuden erblühen, die weit köstlicher sind als die, welche aus der unheilvollen Gefühlsduselei ihren Ursprung nehmen. Glaubst du denn, ich hatte nicht in der Kindheit ein Herz, gleich dem deinen?

Aber ich habe es ertötet, durch diese wollüstige Härte aber entdeckte ich den Quell einer Unzahl von Ausschweifungen und Genüssen, die mehr wert sind als meine Schwachheiten.« »Ach, Herr, man ist zu allem fähig, wen man derart die Stimme seines Herzens erstickt.« »Gerade so soll es sein, erst wenn man so weit ist, genießt man wahrhaft, ich bin erst glücklich, seitdem ich kaltblütig alle Verbrechen begehe. Als meine Seele, noch in einer Rinde, sich erst allmählich zu der Höhe, auf der sie jetzt schwebt, emporschwang, ließ ich mich, wenn ich meinen Trieben allzu freien Lauf ließ, von dummen Skrupeln quälen. Ich habe sie bekämpft, ich wurde mir über meine Irrtümer klar, erst jetzt kannte ich das Glück. Man macht aus seiner Seele was man will, vermittelst der Philosophie, was uns in der Kindheit erbeben machte, wird im reifen Alter Gegenstand unserer größten Freuden.« »Wie? Sie wollen mich überzeugen, daß Sie den entsetzlichen Muttermord, den Sie vor meinen Augen begingen, nicht bereuen?« »Selbst zehn Mütter hätte ich nacheinander in der gleichen Art geopfert. O Justine, dieses Verbrechen reicht noch nicht an die Hôhe meiner Seele heran, dazu bedürfte es weit anderer. Kurz, was immer dem Gegenstand deiner Besorgnis zustoßen mag, so denke ja nicht daran mit Gernande davon zu sprechen.«[331]

Sein Herz aus Stein, versteht die Gefühlsseligkeit nur wenig und du könntest dabei schlecht abschneiden. Wenn Verneuil ankommt, so verhalte dich mit ihm: sei sanft, zuvorkommend und geistreich, verbirg sorgfältig die dummen Regungen deines Herzens. Ich werde ihm Gutes von dir berichten, vielleicht kann dir diese Bekanntschaft vorteilhaft werden.

Vier Lustknaben traten in diesem Augenblick an Bressac heran und beendigten ein Gespräch, das wenig nach Justinen's Geschmack war, so daß sie sich über die Unterbrechung freute. »Bleibe, wenn du willst,« sagte ihr Bressac, während er seine Knaben küßte und ihre Hosen herabließ. »obgleich du ein Weib bist, sehe ich dich doch gerne bei meinen Wollustakten, du kannst mir sogar dabei behilfllich sein.« Aber die schamhafte Justine, die bei derlei Gräueln nur gezwungen mit Hand anlegte, zog sich seufzend zurück und sagte zu sich: »O mein Gott! Was ist der Mensch, wenn er der Sklave seiner Triebe wird, bergen die Wälder Nubiens wildere Bestien als solche Leute?« Sie kehrte traurig zu ihrer Herrin zurück, um ihr von der Fruchtlosigkeit ihrer Unterhandlungen zu berichten, da sagte ihr einer der Alten, Herr de Gernande verlange sie zu sprechen, da er ihr etwas mitzuteilen habe.

»Justine,« sagte der schreckliche Schloßherr, »weßhalb benachrichtigst du mich nicht, daß hier Intriguen gesponnen werden?« »Ich weiß nichts davon.« »Ich werde sie dir also enthüllen,« sagte Gernande, ohne das geringste Zeichen von Erregung auf seinem bösen Gesichte.

»So höre, daß Dorothea in meine Frau vernarrt ist und daß sie mich um die Erlaubnis gebeten hat, heute Vormittag einige Stunden bei ihr zu verbringen. Ich habe meine Zustimmung gegeben, aber ich will diese Vergnügungen überraschen. Du mußt mich in dein Kabinet neben der Ottomane verstecken und ich will durch ein Fenster zuschauen, was diese Erztribade eigentlich mit meiner keuschen Gattin vor hat.«

»Aber haben Sie schon probiert, ob man durch dieses Fenster sehen oder hören kann?« »Ei ja, jeden Tag, ich verberge mich daselbst, um die Klagen zu vernehmen, die sie gegen mich vorbringt, um mich daran zu ergötzen.«

Unsere Heldin. die vernünftigerweise sich hiebei nur unterordnen konnte, begab sich sofort mit Gernande in das erwähnte Kabinet, Dorothea, die nichts ahnte, begab sich zur Frau de Gernande, die von diesem Besuche höchst überrascht war.

Die herrschsüchtige, hochmütige D'Esterval, die ebenso grausam war wie ihr Gatte und der man vollständige Aktionsfreiheit gegeben hatte, begnügte sich nicht, wie[332] leicht einzusehen, mit platonischer Liebe. Eine der Alten geleitete sie, mit dem Auftrag, die unglückliche Gräfin zu veranlassen, sich allen Wünschen der Messaline zu fügen. Sie mußte gehorchen. Das entkleidete Opfer war bald in Tränen aufgelöst, während sie ihre Reize preisgab. Man kann sich die Raserei Dorothea's nicht vorstellen, solcher Taumel ist nicht zu beschreiben. Ihr Geschlecht ganz vergessend, gab sich die stolze Tribade schamlos allen männlichen Ausschweifungen und Tollheiten hin. Das war nicht mehr Sappho in den Armen der Damophile, das war Nero mit Tigelein.

Alle männlichen Geilheiten und Leidenschaften, alle Ausschweifungen der grausamsten Wollust wurden von diesem wüsten, entarteten Scheusal ins Werk gesetzt. Sie tat und ersann alles, um ihre schamlose Wollust zu befriedigen, Justine's arme Herrin wurde durch diese Szene mehr ermüdet als von denen ihres Gatten. »Teufel,« sagte Gernande, während er sich von Justine lecken ließ, »das ist köstlich, noch nie hat mich etwas derart erregt.

Ich liebe diese Dorothea rasend, hätte ich ein solches Weib, ich hätte sie nie zum Opfer gemacht. Ach, sauge, Justine, sauge ..., bestrebe dich, mein Sperma im gleichen Moment zum Fließen zu bringen, wie das dieser Schelmin.« Aber Gernande's Begierden, angeregt, ohne befriedigt zu werden, führen nicht zum ersehnten Erfolg, die D'Esterval begann bereits zu ermatten, bevor der an ihren Freuden Schmachtende sein Ziel erreichte.

Angeekelt von ihrem Genusse, betrachtete sie die Gräfin voll Verachtung, beschimpfte sie und gab ihr wiederholt zu verstehen, ihr Gatte sei zu gut, weil er sie so lange leben lasse, sie lästerte die Reize, an denen sie sich berauscht hatte, erniedrigte und verhöhnte sie und ging hinaus, wobei sie bemerkte, sie würde ihrem Gatten raten, bald einen festen Entschluß bezüglich einer so verächtlichen Frau zu fassen.

Kaum war Dorothea aus dem Zimmer der Gräfin hinausgegangen, als Gernande mit Justine eintrat; nur unter dem Vorwande, daß er den Besuch überrascht habe, überhäufte er die Unglückliche mit bösen Flüchen und Drohungen. Diese verteidigte sich so gut als möglich. »Man hat meine Türe geöffnet,« sagte sie weinend; »eine meiner Alten, zu der ich Vertrauen hatte, hat mir diese Frau herbeigebracht; es war mir unmöglich, mich vor ihren Zumutungen zu schützen ... ich hätte sie zurückgewiesen, wenn es mir möglich gewesen wäre.« Aber Gernande, der nur Gelegenheit zu einer Szene suchte, die er sich auf diese seiner falschen Seele höchst zusagende Weise verschaffte, verurteilte seine Frau sogleich zum[333] Aderlaß; das von dem Vorhergehenden höchst aufgeregte Scheusal stach sie sofort in beide Arme und die Scham. Diesesmal verzichtete er auf Männer und begnügte sich mit Justine; die Unglückliche erschöpfte sich in Versuchen, ihn ergießen zu machen. Der grausame Unhold beherrschte seine Entleerung und verstand es geschickt, erst dann das Sperma zu ejakulieren, wenn er seine Frau ohnmächtig erblickte; diese Sitzung war eine der barbarischesten, die Justine je sah.

Kaum war der Lüstling in sein Gemach zurückgekehrt, als sich im Hof Wagengerassel vernehmen ließ. Es war Herr de Verneuil mit seiner Familie. Herr de Gernande ließ seiner Frau sogleich die Nachricht davon zukommen. Gerechter Himmel! In welchem Zustande befand sie sich, als sie diese Katastrophe erfuhr! Justine wurde zugleich beauftragt, die neuen Gäste zu empfangen.

XV. Kapitel.
Porträt der neuen Personen. – Neuartige Orgien.

Der erste Wagen war eine sechspännige deutsche Berline, in der sich Herr und Frau de Verneuil mit ihren Kindern, Cécile und Victor, befanden, der zweite war eine große Kalesche, besetzt von einer sehr schönen vierzigjährigen Frau, ihrer Tochter, einem prächtigen zweiundzwanzigjährigen Geschöpf, und zwei sechs-und siebenjährigen Kindern. Diese letzteren von de Verneuil. Der kleine Knabe hieß Lili, das Mädchen Rose, es war ein herziges Pärchen. Zwei Jünglinge, zwanzig bis zweiundzwanzig Jahre alt, gebaut wie Herkules und schön wie Amor, nehmen die beiden anderen Plätze ein und trugen die Bezeichnung: Kammerdiener des Herrn de Verneuil.

Die Damen und Kinder wurden rasch in ihre Appartements untergebracht und zogen sich dahin zurück; Gernande geleitete Verneuil zu d'Esterval, wohin sich Bressac begeben hatte, um diesen Besuch zu empfangen. »Hier ist ein prächtiger Neffe, den du nicht kennst,« sagte Gernande zu seinem Bruder, »umarmen Sie sich, meine Freunde, wenn man sich so ähnlich sieht, ist man von jedem Kompliment dispensiert. Die liebenswürdige Person, die Sie hier gesehen – damit wies er auf d'Esterval – ist ein Freund meines Neffen, der ihn zu mir begleitet hat. Er ist ein Mensch, in dessen Haus zu schlafen ich dir nicht raten würde; denn er bringt jeden um, der zu ihm kommt ... Nun also, bist du zufrieden mit der Gesellschaft, die ich dir gebe?« – »Entzückt!« sagte Verneuil,[334] d'Esterval umarmend; dieser stellt ihm sogleich seine Frau vor, und versichert, daß diese, obwohl ein Weib, es mit dem frevelhaftesten Manne aufnehmen kann. – »Das ist prächtig, meine Freunde,« sagte Verneuil, »ich sehe, daß wir in einer so charmanten Gesellschaft einige recht angenehme Tage verbringen werden.« Vier Lustknaben traten sogleich ein, sich zu erkunden, ob Herr de Verneuil nicht ihrer Dienste bedürfe. »Ah! Gewiß!« sagte Verneuil, »die Fahrt hat mich erhitzt; schon seit zwei Stunden erigiere ich teufelmäßig; überzeugen Sie sich!« Damit legte er auf den Tisch ein erschreckend dickes und langes Glied. »Wohlan, Kinder, gehen wir daran! Diese Herren werden nichts dagegen haben, daß ich ein wenig Sperma abgebe, bevor ich näher mit Ihnen bekannt werde.« – »Gestatten Sie meiner Frau, Ihnen behilflich zu sein,« sagte d'Esterval; »niemand ist geschickter als sie, ihre Phantasie wird Sie ergötzen.« – »Gerne!« sagte Verneuil; »ich wäre auch nicht abgeneigt, das Mädchen, das uns empfangen hat, dazu zu nehmen ... Wer ist sie denn?« – »Sie heißt Justine,« antwortete Bressac; »sie ist eine Tugendheldin, eine ganz gefühlvolle Person, deren Moral und Mißgeschicke mit unseren Grundsätzen den merkwürdigsten Kontrast bilden. Gernande hat sie als Gesellschaftsfräulein seiner Gemahlin angestellt; sie weinen, beten und trösten sich, während wir sie quälen.« – »Ah! köstlich! köstlich! Lasse dieses Mädchen heraufkommen, Bruder, ich werde sie gebrauchen!« – »Aber Onkel,« sagte Bressac, »es scheint mir besser zu sein, zu Frau de Gernande hinüberzugehen; alles, was Sie kitzeln kann, findet sich dort vereinigt; Ihre Entladung wird dann vollkommen sein.« – »Mein Neffe hat Recht,« sagte Verneuil, »aber er weiß nicht, daß mir mehr als alles andere daran gelegen ist, seine Bekanntschaft zu machen. Zugleich zieht er ihn in ein Kabinett, küßt ihn, läßt seine Hosen herab, liebkost ihn, tätschelt seinen Arsch, reibt sein Glied, sodomiert ihn und läßt sich von ihm bearbeiten, ohne daß er nur einen Tropfen Sperma verliert. Dann kehrt er zur Gesellschaft zurück und lobt seinen Neffen über die Maßen.« »Schaut nur, in welchen Zustand er mich versetzt hat,« sagte er, auf seinen gen Himmel dräuenden Penis weisend, den er während des Gespräches rieb, »ich würde jetzt Gott den Vater ficken, wenn er da wäre. Gehen wir, Bruder, nun zu deiner Frau; ich will Dorothea, Justine und zwei Lustknaben mitnehmen, das wird mir genügen. Mein Sperma ist schon da – (dabei zeigte er auf einen Tropfen an der Harnröhrenmündung) – es bedarf nur der leichtesten Bemühung, um es zehn Fuß weit[335] zu schleudern. Beinahe hätte ich in den After meines Neffen entleert, aber das Dreckloch ist so weit.« – »Frühstückst du vorher?« fragte Gernande. »Nein, wir haben vor unserer Ankunft gespeist; ich habe es nötiger, meine Phantasie zu beschmutzen, als zu essen; wir wollen das Verlorene nachher schon einbringen.«

Justine, von ihrem Herrn zu Frau de Gernande geschickt, teilte Herrn Verneuil mit, daß ihre Gebieterin trotz der Entkräftung, in die sie durch den Verlust von sechs Bechern Blutes vor einer Stunde versetzt worden war, sich dennoch dem Willen ihres Gatten unterwerfe und die Gesellschaft zu empfangen bereit sei. – »Ah! ah! du hast zur Ader gelassen!« sagte Verneuil, »desto besser; mich freut es ungemein, sie in diesem Zustande zu sehen. Kommen Sie her, Mädchen,« sagte er zu Justine, sie schürzend, um ihre Hinterbacken zu greifen, »kommen Sie nur her; ich bin sehr neugierig auf Ihren Arsch, ich glaube, er ist hübsch. Meine Herren – er wandte sich an Gernande, Bressac und d'Esterval – ich lade Sie ein, indes zu meiner Frau zu gehen; Verzeihung, wenn ich Sie ihr nicht vorstelle; aber seien Sie überzeugt von ihrer Willfährigkeit; genieren Sie sich nur ebenso wenig, wie ich mich geniere.«

»Also,« sagte Verneuil, als er bei der Gräfin, begleitet von seinen Lustnaben und einer Alten, im schamlosesten Zustand der Welt eintrat. »Sie erregen noch immer das Mißvergnügen meines Bruders? Er beklagt sich unaufhörlich über Sie und immer muß ich ihm helfen, Sie zur Vernunft zu bringen. Sehen Sie hier eine Zeugin Ihres schlechten Betragens – er wies auf Dorothea – die mir bestätigt, daß Sie Dinge tun, die man mit den ärgsten Martern bestrafen müßte, würde mein Bruder weniger auf die Stimme des Herzens und mehr die der Gerechtigkeit hören; vorwärts, entkleiden Sie sich.« Justine vollführte den Befehl und entblößt ihre schamhafte Herrin sofort den frechen Blicken des Frevlers. »Entkleidet euch gleichfalls,« damit wandte er sich an Justine und Dorothea, »namentlich aber verhüllt eure Scham. Ihr, meine schönen Kinder – sagte er zu den Lustknaben – leget nun eure Hosen ab; die übrigen Kleider könnt Ihr anbehalten, da sie euch nicht schaden; ich liebe alles, was mich an ein Geschlecht erinnert, das ich vergöttere; hätten die Frauen männliche Kleider, ließe ich sie vielleicht nicht entkleiden.« – Alle gehorchten, nur Justine leistete einigen Widerstand; aber ein schrecklicher Blick des fürchterlichsten und abschreckendsten Menschen, den sie je gesehen hatte, machte sie rasch gehorchen. Verneuil läßt[336] Justine und die Gräfin am Rande des Kanapees niederknien und ihre Hintern ihm zuwenden, während er Dorotheas Arsch besichtigt. »Teufel,« sagt er zu ihr, »Sie sind zum Malen. Sie haben den Leib eines schönen Mannes; ich liebe rasend diesen Flaum, ich küsse ihn mit Vergnügen! Ich bete diesen braunen Teint Ihrer Aftermündung an, er weist auf Gebrauch hin. Schieben Sie die Backen auseinander, damit ich meine Zunge hineinstecke; oh, ist das aber weit! Wie schätze ich diesen authentischen Beweis Ihrer Entartung; Sie lieben es, wenn man Sie von hinten bearbeitet. Sie vergöttern den Penis im Arsch, es gibt ja auch nichts darüber; hier sehen Sie meinen Hintern, er ist ebenso, ganz weit.« Dorothea küßte entzückt Verneuils Arsch und leckte ihn begierig. »Sie gefallen mir unendlich,« fuhr Verneuil fort, »Sie müssen bloß, um mir vollends den Kopf zu verdrehen, meinen Vorschlag akzeptieren; wenn Sie ihn nicht erfüllen, bewirkt Ihre ganze Kunst nicht meinen Samenerguß. Sie sind reich, wie man sagt, in diesem Falle muß ich Sie bezahlen; wären Sie arm, würde ich Sie bestehlen. Sie dürfen sich mir nur für eine sehr hohe Summe zur Verfügung stellen. Sie müssen diesen Vorbehalt Ihrem Gatten verbergen und mich versichern, daß Sie die Summe, die ich Ihnen geben werde, bloß für Ausschweifungen verwenden; vor allem müssen Sie mir schwören, auch nicht einen Thaler für gute Werke auszugeben, kurz, daß Sie damit nur Verbrechen belohnen. Was sagen Sie zu meiner Leidenschaft?« – »Sie ist eigenartig; aber glauben Sie mir, daß ich philosophisch genug veranlagt bin, um nicht in Erstaunen zu geraten. Ich nehme Ihren Vorschlag an; ich werde mich nur umso lieber mit Ihnen unterhalten und schwöre Ihnen hoch und heilig, Ihr Geld nur für Ausschweifungen auszugeben.« – »Auf Ruchlosigkeiten, Madame, auf Ruchlosigkeiten!« – »Auf die entsetzlichsten!« – »..Nun gut, Madame, hier sind fünfhundert Louis, sind Sie zufrieden?« – »Nein, das heißt nicht zahlen.« – »Ah, Köstliche! Entzückende!« rief Verneuil. »Da sind noch weitere tausend; Sie sind die liebenswürdigste Frau, die ich je gesehen habe. Ah! Hure! ich triumphiere, du gehörst jetzt mir. Knaben, reibet mein Glied, während ich den Hintern dieser Metze tätschle; Ihr, Opfer, bleibt unter meinen Augen. Ei, Madame, etwas stößt das Taschentuch zurück; ich glaubte eine Scham zu bedecken und entdecke ein Glied. Teufel, welch ein Kitzler! Entfernen Sie die Hülle rasch! Da Sie mehr Mann als Frau sind, steht mir die Illusion frei; Sie brauchen nichts zu verbergen.« Der Wüstling rieb und[337] leckte diesen Auswuchs, der großartig genug war, um die Besitzerin in den Zustand zu versetzen, mit Erfolg die Rolle eines Mannes zu spielen. »Sie müssen ausschweifend im ärgsten Grade sein,« meinte Verneuil; »Sie dürften alle unsere Geschmacksrichtungen teilen.« Zugleich senkte er drei Finger in ihren Arsch, wodurch sich die Klitoris sofort aufstellte, so daß Dorothea einen Lustknaben zu bearbeiten wünschte. Verneuil ist ihr dabei behilflich und packt kräftig die Hinterbacken der Messaline, während sie stößt. »Soll ich Sie quälen?« fragte er sie; »die Opfer frage ich nicht, wohl aber Sie.« – »Tun Sie mit meinem Arsch, was Sie wollen,« entgegnet Dorothea; »er wird alles erdulden.« Verneuil kneift ihre Hinterbacken, so kräftig, daß die Hure sogleich entladet. »Nun also,« fuhr er fort, da er sie schwelgen sah, »geben Sie zu, daß nur die Qual die Ejakulation beschleunigt? Henker oder Opfer, ich kenne nur diesen einen Weg zum Erfolg.« – »Und um diese Hintern, die Sie hierher gestellt haben, bekümmern Sie sich gar nicht?« – »Der Zustand, in den ich sie versetzen werde, wird Ihnen bald das Gegenteil beweisen,« entgegnete Verneuil. Er näherte sich ihnen und sagte: »Sehen wir, welche der beiden Frauen mutiger ist.« Er kneift zugleich in grausamer Weise die rechte Brust der Gräfin und die linke Hinterbacke Justinens. Obgleich sich seine Nägel fest in die letztere vergruben, hielt sie doch stand; nicht so Frau de Gernande. Der Ruchlose hatte ihre Brustwarze derart gequetscht, übrigens fühlte sie sich so schwach, daß sie fast in Ohnmacht fiel. »Göttlich!« sagte er zu Dorothea, der er Mund und Kitzler leckte und das Arschloch rieb, »das ist köstlich! Diese Zuckungen liebe ich bis zur Raserei. Und Sie, Madame, geraten Sie in Hitze, wenn Sie leiden sehen?« – »Wie Sie sehen,« erwiderte die Tribade und zeigte ihre vom Sekret ihrer Scheide triefenden Fingerspitzen; »ich glaube, wir handeln nach fast gleichen Grundsätzen.« – »Ich wiederhole, Madame, nur der Schmerz bewirkt den Erguß.« – Der Hurenkerl erigierte, zwischen den Lustknaben und Dorothea stehend, wie der Stier neben der Färse. »Dummes Geschöpf!« schrie er und packte mit einer Hand seine Schwägerin, mit der anderen eine mehrfach geflochtene Peitsche, die er stets in der Tasche hatte, »verzagtes Ding, du verstehst also nicht zu leiden? Nun, du sollst für deine Schwäche bestraft werden!« Er steckte sein geiles Glied in Justinens Hand und befiehlt ihr, es zu reiben, während Dorothea, die er mit einer zweiten Peitsche versieht, ihn, während er die Gräfin stäupt, geißeln muß; die Lustknaben müssen[338] indes ihre Hinterbacken seinen Blicken darbieten. Der Akt beginnt. Peitschen und gepeitscht zu werden war eine der heftigsten Leidenschaften Verneuils; dreiundzwanzig Minuten lang saust sein kräftiger Arm über den schönen Hintern der Gräfin; sie ist zerfetzt von der Mitte des Kreuzes bis zu den Fersen; ihm geschieht desgleichen. Das Blut spritzte nach allen Richtungen; nichts war so merkwürdig, als diese Mischung von Flüchen auf der einen, von Klagen und Schreien auf der anderen Seite. Allzusehr mit ihrem Auftrage beschäftigt, um die Stimme ihres Herzens zu hören, rieb Justine aus Leibeskräften das enorme Glied Verneuils, ohne es zu wagen, um Gnade für ihre Herrin zu bitten. Sie hätte ihr gerne die schrecklichen Hiebe erspart, wenn sie es vermocht hätte, aber sie begann allzugut die Unbeugsamkeit dieser Verbrecherseelen einzusehen, als daß sie es versucht hätte, diesen zu erweichen. Da bemerkt Verneuil ihre Ungeschicklichkeit im Reiben. »Was ist's denn mit dieser kleinen Hure?« fragte er, sich ihrer bemächtigend! »ha, Hure, ich will dich lehren, ob man ein Glied wie das meinige so reibt.« Er steckt es in Dorotheas Hände, und überläßt es ihr, schneller oder langsamer, je nach dem Kitzel, den er empfindet, zu reiben, während er die süßen, feinen Hinterbacken unserer interessanten Justine aus Leibeskräften drischt.

Ein Instrument, mit dem sie während der unter Lüstlingen zugebrachten Zeit gegeißelt worden war, hatte ihr derartige Schmerzen bereitet; jeder Striemen drückte sich mindestens eine Linie tief ins Fleisch und hinterließ, außer einem entsetzlichen Schmerz, so blutige Spuren, als ob man sich eines Messers bedient hätte. Sofort ist sie ganz wund. Sodann lehnt Verneuil die beiden Opfer Bauch an Bauch aneinander; beständig von Dorothea gerieben, peitscht er sie ein zweitesmal, aus Leibeskräften bald die eine, bald die andere stäupend. Die Gräfin, von dem dreimaligen Blutverlust erschöpft, wankt, verliert das Bewußtsein, fällt und reißt Justine mit sich; beide liegen nun auf der Erde und schwimmen in ihrem Blute. Verneuil stürzt sich alsbald auf seine Schwägerin und bringt sie wieder zu Bewußtsein durch eine neue Quälerei, die, so natürlich sie auch ist, dennoch die Unglückliche durch das Mißverhältnis zwischen ihren und des Angreifers Organen zerreißt. »Peitschen Sie mich! Peitschen Sie mich!« ruft Verneuil Dorothea zu; »lagern Sie Justine auf mein Kreuz und zerfetzen Sie uns beide?« Von Dorothea vollendet bedient, noch mehr aber infolge der Monstrosität dieses Aktes schäumt der alte Faun; er stößt Gotteslästerungen[339] aus und unter lauten Schreien entladet er sich; er beweist seiner Umgebung, daß die Natur, die ihn in Bezug auf sein Glied besser versorgt hat, wie seinen Bruder, ihm auch, sowohl was die Menge des Spermas als auch das Maß seines Taumels betrifft, den Vorzug gegeben hat.

»Nun, Madame,« fragte er Dorothea, »wie finden Sie meine Ausschweifungen?« – »Prächtig,« erwiderte diese, »doch dachte ich nicht, daß Sie in die Scham ficken.« – »Ich ficke überall hin, mein Engel; wenn nur mein ungeheures Glied verwundet oder zerreißt, ist es mir gleichgiltig, was ich bearbeite.« – »Doch geben Sie dem Hintern den Vorzug?« – »Sie werden mich doch nicht dadurch beleidigen wollen, daß Sie daran zweifeln? Soll ich, um Sie zu überzeugen, einen Knaben von hinten ficken?« – »Nein, lieber mich, wenn Sie mich überzeugen wollen; da, ficken Sie!« Der Wüstling gerät bald in Erektion und steckt sein Glied tief in ihren After. »Quälen Sie doch diese zwei Frauen, während ich Sie sodomiere, ich bitte Sie inständigst,« sagte Verneuil. Die Metze läßt sich das nicht zweimal sagen; während sie bearbeitet wird, gräbt sie ihre krummen Nägel tief in das Fleisch der Gräfin und Justinens. Beide entladen sich, indes die Opfer weinen; während sie ergießen, beißen sie die Zunge der Lustknaben, die sie liebkost haben, daß sie blutet.

»Jetzt genug,« sagte Verneuil zu Dorothea. »Sie sind ein prächtiges Geschöpf; bald wollen uns wir wieder ergötzen.« – »Ich werde Ihnen alle möglichen Genüsse verschaffen,« sagte Dorothea; »je mehr wir uns kennen lernen, desto mehr werden wir – ich hoffe – an uns Gefallen finden.«

Beide suchten wieder die Gesellschaft auf. Justine blieb mit ihrer Herrin allein.

Die anderen waren während dieser Szene auch nicht untätig geblieben; aber nicht so fix wie Verneuil und nicht so eilig im Samenverlust, hielten sie erst bei den einleitenden Akten, als Verneuil und Dorothea herbeikamen. D'Esterval, Bressac und Gernande waren bei Frau de Verneuil. Die drei Frevler hatten diese arme Frau entkleiden lassen, ohne ihr Zeit zu geben, sich von der Reise zu erholen. Der grausame Gernande überredete seine Schwägerin zu einem Aderlaß, der sie sehr erfrischen würde. Man machte sich eben daran, als Verneuil und Dorothea eintraten. Die hübsche Frau de Verneuil, bereits nackt, zeigte sich von ungewöhnlicher Schönheit, höchst regelmäßig gebaut, frisch und anmutig wie die Göttin der Schönheit. Doch das, was bei anderen Mitleid und Bewunderung, erregt hätte, trug ihr noch mehr[340] Schmähungen und Verachtung von Seiten der Lüstlinge, insbesondere des Bruders, ein. Nach einer sehr genauen Prüfung der Schönheiten dieser herrlichen Frau, nahmen die Beschimpfungen und Mißhandlungen ihren Anfang. Bressac und d'Esterval schonten sie ebensowenig wie Gernande; das unglückliche Opfer wurde nacheinander gezwickt, gebissen und geohrfeigt; die schöne Haut ihres Halses und ihrer Hinterbacken wurde an mehr als zwanzig Stellen gequetscht; sie mußte abwechselnd Mund. Scham und Arsch preisgeben; des ersteren bemächtigt sich Gernande, d'Esterval der zweiten, Bressac des letzteren; Verneuil bearbeitet nochmals Dorothea von hinten und entladet ein drittesmal, während er die Hinterbacken seines Neffen beständig streichelt.

»Dinieren wir jetzt, Freund,« sagt Verneuil, zu seinem Bruder; »wir müssen uns wieder einmal stärken. Die Trunkenbolde kommen – wie es heißt – erst mit dem Glase in der Hand zu Bewußtsein, ebenso natürlich die Wüstlinge mit dem Gliede in dem Hintern; die Bestimmung ist erfüllt, beklagen wir uns nicht.« Nach einem überaus reichlichen und erlesenen Mahle löste sich die ganze Gesellschaft während einer Promenade auf; Gernande befahl Justine, ihm in ein Gartenhaus zu folgen, wo er mit ihr sich in ein Gespräch einließ.

Er verlangte zunächst einen genauen Bericht über das, was sein Bruder mit seiner Frau getan hatte; da aber Justine nur oberflächlich die Vorgänge streifte, befahl er ihr, alles mit der größten Genauigkeit zu schildern. Justine tat dies. Sie beklagte sich darüber, daß sie ebenso hart behandelt wurde wie Frau der Gernande. »Laß mich einmal sehen!« sagte der Graf, und amüsierte sich im höchsten Grade bei dieser abscheulichen, grausamen Prüfung. »Aber meine Frau,« sagte der Bösewicht, »ist doch wenigstens nicht so mißhandelt worden?« – »Ganz ebenso!« – »Ah, gut, ich wäre böse, wenn mein Bruder diese Hure geschont hätte.« – »Sie verabscheuen sie also, mein Herr?« – »Unendlich, Justine. Ich werde sie nicht lange behalten, denn nie sah ich eine Frau, die mir mehr Abscheu einflößte; aber weißt du auch, daß Verneuil ein noch viel größerer Wüstling ist als ich?« – »Das ist wohl schwer möglich.« – »Es ist doch so; die göttlichen Freuden der Blutschande, verschönt durch die der Grausamkeit, sind seiner verderbten Seele am teuersten. Du weißt nicht, welches sein Hauptgenuß ist?« – »Kinder, die Peitsche, Greueltaten.« – »All das ist nebensächlich; die Blutschande ist seine größte Freude. Du wirst ihn morgen diesen Frevel auf fünf oder sechs[341] verschiedene Arten betreiben sehen. Dieses schöne Weib, das du für die Kammerfrau der Frau de Verneuil hältst und die etwa vierzig Jahre zählt, ist eine unserer Schwestern, eine Tante Bressacs, die Schwester seiner Mutter, deren durch ihren eigenen Sohn verursachten Tod du so lange beweint hast. Unsere Familie, liebe Justine, ist die des Oedipus; es gibt keine Art des Verbrechens, die nicht in ihr verübt wurde. Wir verloren unsere Eltern im Kindesalter; böse Leute behaupteten, wir hätten zu ihrem Tode beigetragen; das war wohl möglich; wir erlaubten uns so viele Schelmenstreiche, daß dieser wohl auch darunter sein konnte. Wir hatten drei Schwestern; die eine, die vor dem Tode unserer Eltern geheiratet hatte, wurde von Bressac ermordet; die zweite fiel unseren Freveltaten zum Opfer; die dritte siehst du hier; wir verheimlichten ihr ihre Abstammung. Auferzogen wie eine Magd, brachte sie mein Bruder nach seiner Heirat bei seiner Frau unter; sie heißt Marceline. Die junge Person, die du gleichfalls für eine Dienerin der Frau de Verneuil hältst, ist eine Tochter der Marceline und meines Bruders, also zugleich seine Tochter und seine Nichte. Sie ist die Mutter der beiden Kleinen, die du bewundert hast, und gleichfalls meinem Bruder gehören. Beide sind wohl noch jungfräulich; doch will Verneuil dem hier ein Ende machen; wenn er sich an dem Mädchen ergötzt, so genießt er zugleich seine Tochter, seine Enkelin und seine Nichte. Nichts erfreut ihn so, als diese Auflösung aller chimarischen Bande; das ist sein höchster Genuß; doch da er sich nicht begnügt, sie bei seinen illegitimen Kindern zu zerreißen, tut er es auch bei seinen ehelichen.« – »Ich wußte es, mein Herr.« – »Aber du solltest erst sehen, wie er seinen Sohn erzieht, wie er ihn nach seinem Beispiel alle sozialen Institutionen über den Haufen zu werfen heißt. Du wirst sehen, wie dieses Kind seine Mutter behandelt, wie er alle religiösen und moralischen Vorurteile mit Füßen getreten hat. Er ist köstlich, ich bete ihn an: ich wollte heute Nacht bei ihm schlafen, doch will der Vater, daß er sich für morgen ausruhe.« – »Für morgen?« – »Ja, morgen feiern wir ein großes Fest, den Geburtstag meiner Frau; vielleicht werden wir wünschen, daß die Parzen den Lebensfaden zerreißen ... Wer weiß? Selbst Gott, an dessen fabelhafte Existenz du glaubst, könnte nicht die Phantasie solcher Frevler, wie wir sind, erraten.« – »Ach Herr,« rief Justine unruhig aus, »wäre ich nur so glücklich, mich bei Ihren geplanten Orgien verschont zu sehen! Haben Sie denn nicht genug Leute, und bin ich nicht vollständig unnütz?« – »Nein, nein,[342] deine süße Tugend ist für uns wesentlich; aus der Mischung dieser reizenden Eigenschaft und der Laster, die wir ihr entgegenstellen, erblüht uns der herrlichste Genuß. Uebrigens wird die zärtliche, liebe Herrin deiner Hilfe bedürfen ... Du mußt dich einfinden, unbedingt!« – »Ach, welche Last, an so viel Ruchlosigkeiten teilzunehmen! Wissen Sie wohl, daß es keine schauerlichen gibt, als die des Herrn de Verneuil? Seine eigene Familie derart zu verderben!« – »Ich frage dich, Justine, was das ist: eine Familie? Was verstehst du unter diesen heiligen Banden, die von den Toren als die Bande des Blutes bezeichnet werden?« – »Ist es nötig, eine solche Frage zu beantworten? Kann es ein Wesen auf Erden geben, das diese Bande nicht kennt und ehrt?« – »Dieses Wesen existiert: ich bin es. Sei überzeugt, daß wir unseren Eltern nicht mehr schulden, als sie uns.« – »Mein Herr,« antwortete Justine lebhaft, »ersparen Sie mir alles, was Sie darüber sagen könnten; ich bin vertraut mit diesen Sophismen, doch keine hat mich überzeugt. Wenn die Blutschande, eines der größten Verbrechen, die der Mensch begehen kann, die Grundlage der Genüsse Ihres Bruders ist, so ist und bleibt er das ruchloseste und in meinen Augen schuldigste Wesen der Welt.« – »Die Blutschande ein Verbrechen! Ach sage mir, wie eine Handlung, die auf der einen Hälfte unserer Erdkugel berechtigt ist, auf der anderen verbrecherisch sein kann? Fast in ganz Asien und im größten Teile Afrikas und Amerikas heiraten Vater, Sohn, Schwester, Mutter usw. durcheinander; gibt es aber eine süßere Verbindung als diese? Eine, die schöner die Bande der Liebe und der Natur verknüpft? Nur aus Furcht, daß solche Familien zu mächtig werden könnten, haben unsere Gesetze in Frankreich die Blutschande als Verbrechen gestempelt; aber hüten wir uns, die Gesetze der Natur mit denen der politischen Berechnung zu verquicken! Selbst wenn ich einen Augenblick dein soziales System mir gefallen lasse, frage ich dich, wie es möglich wäre, daß sich die Natur solchen Verbindungen entgegensetzt? Kann es in ihren Augen etwas Heiligeres geben, als die Mischung des verwandten Blutes? Hüten wir uns: wir sind verblendet in Bezug auf die Gesetze der Natur; die brüderlichen oder kindlichen Gefühle, sobald sie sich auf verschiedene Geschlechter erstrecken, sind nichts als geile Gelüste. Möge ein Vater oder Bruder, die ihre Tochter oder Schwester vergöttern, in die Tiefe ihrer Seelen blicken und sich vorurteilslos über ihre Gefühle befragen, sie werden sehen, ob diese unendliche Zärtlichkeit etwas anderes ist, als[343] die Lust, zu ficken; sie mögen ohne Bedenken ihrem Triebe gehorchen, sie werden bald merken, welche Freuden sie empfinden. Nun frage ich, wessen Hände dieses Uebermaß an Wollust schaffen? Doch die der Natur! Wenn dem aber so ist, ist es vernünftig, zu sagen, daß solche Handlungen sie verletzen könnten? Verdoppeln und verdreifachen wir diese Blutschande so gut wir können ohne jede Furcht; je näher uns der Gegenstand unserer Begierden steht, desto mehr werden wir uns seiner Reize erfreuen.«

»So entschuldigt Ihr alles, Ihr Leute von Geist,« entgegnete Justine; »doch wenn euer unglückseliges Talent eure Leidenschaften auf dieser Welt entschuldigt, an dem schrecklichen Tage, da Ihr vor dem Weltherrn werdet erscheinen müssen, wird Ihnen kein so nachsichtiger Beistand zur Verfügung stehen!« – »Du predigst in der Wüste,« erwiderte Gernande; »unbestreitbaren Wahrheiten setzest du Gemeinplätze entgegen. Schau mal, ob meine Lustknaben bereit sind und führe sie in mein Gemach; ich werde mich bald zurückziehen; gehe, und bereite deinen kleinen Verstand und deine großen Grundsätze auf die morgigen erstaunlichen Ausschweifungen vor.«

Frau de Gernande erwartete unruhig und erschöpft Justine, um sie wegen einiger Einzelheiten der Vorbereitungen des folgenden Tages zu befragen. Unsere Heldin glaubte, ihr nichts verbergen zu dürfen. »Ach!« sagte die unglückliche Gattin, und ihren Augen entströmten Tränenfluten, »morgen ist vielleicht der letzte Tag meines Lebens; ich muß auf alles gefaßt sein, wenn diese Barbaren sich zusammentun. Ach, Justine, wie gefährlich sind die Menschen ohne Moral, ohne Zartgefühl, ohne Grundsätze!«

Indessen bereitet sich ein jeder für die Nacht vor und glaubt durch die wüstesten Ausschweifungen die nötigen Kräfte für die noch schrecklicheren des folgenden Tages zu finden. Verneuil schlief mit Dorothea, Gernande zwischen zwei Lustknaben. d'Esterval mit Frau de Verneuil und Bressac mit einem Kammerdiener seines Onkels.

Am nächsten Tage bereiteten die Alten den schönsten Salon des Schlosses vor; der Fußboden wurde mit einer sechs Zoll dicken, mächtigen Matratze bedeckt, die einen Teppich bildete, auf dem zwei bis drei Dutzend Polster umherlagen. Eine große Ottomane war im Hintergrunde des Salons angebracht; rings umher liefen so viele Spiegel, daß alles, was vorging, tausend- und aber tausendmal zurückgeworfen wurde. Auf Rolltischen aus[344] Ebenholz und Porphyr, die allenthalben standen, lagen alle zur Wollust dienenden Geräte: Ruten, Klopfpeitschen, Ochsensehnen, Nadeln, Fesseln aus Hanf und Eisen, Godmichés, Condome, Spritzen, Pomaden, Essenzen, Zwickzangen, Scheeren, Dolche, Pistolen, Giftbecher, alle möglichen Stimulantien und verschiedene sonstige Marter und Giftinstrumente; all das war reichlich vorhanden. Auf einem enormen Buffet gegenüber der Ottomane, am anderen Ende des Salons waren in Hülle und Fülle die schmackhaftesten und erlesensten Speisen symetrisch aufgestellt zu sehen; die meisten konnten warm bleiben, ohne daß man die Wärmequelle bemerkte. Karaffen aus Bergkristall befanden sich zwischen dem sächsischen, und japanischen Porzellan, das diese Speisen enthielt und waren mit den besten Weinen und den seltensten Likören gefüllt. Eine Unmenge Rosen, Nelken, Jasmin, Maiglöckchen und andere noch köstlichere Blumen gestalteten diesen Tempel der Wollust vollends schön und wohlriechend; alles war hier vereinigt, um für den ganzen Tag die Geilheit und die Sinnlichkeit zu befriedigen.

Im Hintergrunde des Saales befand sich, künstlerisch in einer Wolke dargestellt, das Bild des angeblichen Gottes des Weltalls in Gestalt eines Greises. Eine zweite Ottomane befand sich unterhalb dieser Wolke; darauf lagen die verschiedenen Attribute aller Religionen der Erde, wie Bibeln, der Koran, Kruzifixe, geweihte Hostien, Reliquien und andere Dummheiten dieser Art, Sechs Kabinette schlossen sich an den Salon und boten denjenigen, die sie benützen wollten, ungestörte Stätten für besondere Vergnügungen; daneben waren hübsche Garderoben mit Waschbecken und Sitzwannen. Eine schöne Terrasse mit Orangenbäumen, mit einem Zeltdach und Jalousien versehen, schloß sich gleichfalls an den Salon an und ermöglichte dadurch, frische Luft zu schöpfen; ein großer Erdwall umgab sie und konnte durch seine Tiefe für immer die Materie, die durch die Frevler bei ihren scheußlichen Orgien zerstört wurde, bergen; eine Vorsicht, die beweist, wie sehr diese Wüstlinge das Verbrechen liebten und wie sie stillschweigend entschlossen waren, es ganz kaltblütig zu begehen.

Punkt zehn Uhr morgens begab sich die Gesellschaft in das vorbereitete Lokal, jeder in ein anderes Kostüm gehüllt, das wir genauer schildern wollen.

Frau de Verneuil war nach Art der Sultaninnen in Konstantinopel gekleidet, was ihr wunderbar stand.

Cécile, ihre reizende Tochter, erschien als Murmeltier[345] maskiert, wodurch sie die Geilheit im höchsten Grade weckte.

Der junge Viktor trug die Attribute Amors.

Marceline stellte eine Wilde dar.

Ihre Tochter Laurette trug ein einfaches Gazehemd, das mit großen Lilabändern gefällig an den Hüften und den linken Busen geknüpft war; dadurch wurde eine ihrer Brüste und die Hälfte ihrer Hinterbacken sichtbar. Da sie ihre beiden hübschen Kinder fast nackt an der Hand führte, glich sie der Göttin der Jugend, umgeben vom Spiel und vom Lachen.

Frau de Gernande erschien in dem interessanten Kostüm der Opfer, die man im Tempel der Diana schlachtete; sie hätte für Iphigenie gelten können.

Justine erschien als Kammerzofe, mit nackten Armen; sie war mit Rosen geschmückt und ihre schöne Taille trat gut hervor.

Dorothea zeigte sich im Kostüm, das von den Malern der Proserpina beigelegt wird; es entsprach ganz ihrem Charakter und war von feuerrotem Satin.

Die sechs hübschesten Lustknaben Gernandes stellten Ganymeds dar.

John und Constant, Verneuils Kammerdiener, erschienen als Herkules und Mars.

Verneuil, d'Esterval, Bressac und Gernande trugen rote Seidengewänder, die sich eng an ihre Haut anschmiegten und sie vom Nacken bis zu den Füßen bekleideten. Zwei kunstvoll vorn und hinten angebrachte runde Oeffnungen ließen ihre Hinterbacken und ihr Glied frei. Sie waren stark rot geschminkt und trugen auf dem Kopfe einen leichten, brennroten Turban. Sie ähnelten den Furien.

Vier sechzigjährige Alte wurden, als spanische Matronen gekleidet, zum inneren Dienst zugelassen, worauf die Sitzung ihren Anfang nahm.

Alle standen aufrecht in einem Halbkreis, als die Meister im Saale erschienen. Alle knieten nieder, sowie sie diese erblickten. Dorothea schreitet auf sie zu und sagt ihnen folgendes:

»Illustre und hohe Herren, alle Subjekte, die Sie hier sehen, warten nur auf Ihre Befehle. Sie werden bei allen die größte Unterwürfigkeit, die vollständigste Ergebung, die höchste Willfährigkeit finden. Befehlen Sie also Ihren Sklaven, unumschränkte Gebieter dieser Stätten; verlangen Sie es und wir werden vor Ihnen im Staube liegen, um Ihre Aufträge zu erwarten oder zu fliegen, um Ihren Wünschen zuvorzukommen. Vermehren Sie die Zahl[346] Ihrer Lüste, lassen Sie Ihren Trieben und Leidenschaften den freiesten Lauf; unser Können, unser Dasein, unser Hab und Gut, alles gehört Ihnen; Sie können über alles verfügen. Schwelgen Sie im Gedanken an die Ruhe, mit der Sie hier genießen werden. Kein Mensch auf Erden würde es wagen, Ihre Genüsse zu stören; Ihre ganze Umgebung wird sie nur noch lebhafter gestalten. Ueberschreiten Sie also alle Schranken; scheuen Sie vor nichts zurück. Die traurigen Vorurteile des Pöbels können und dürfen so mächtige Wesen nicht hindern; Ihre Gesetze sind die des Universums; Sie sind die einzigen Götter, die man anbeten darf. Mit einem einzigen Worte können Sie uns vernichten, mit einer Geste uns in Staub verwandeln; aber selbst wenn Sie dies täten, würden wir Sie noch mit unserem letzten Hauch erhöhen, lieben und ehren.«

Nach diesen Worten verbeugt sich Dorothea, saugt die vier Gliede und bittet um die Erlaubnis, ihren Arsch lecken zu dürfen; dann zieht sie sich schweigend zurück und wartet der Befehle.

»Mein Freund,« sagte Gernande zu seinem Bruder, »dieses Fest wird deinetwegen gefeiert, du hast alo hier zu befehlen; gewiß stimmt mein Neffe zu; unser Freund d'Esterval, dem wir ein anderesmal das Verfügungsrecht anvertrauen werden, wird es heute dir gerne überlassen.« Alle geben ihren Beifall zu erkennen. Verneuil, mit der höchsten Macht betraut, setzt sich also auf eine Art Thron, der auf einer mit einem purpurroten, goldgefransten, Sammetteppich bedeckten Estrade sich befindet. Sowie er sitzt, kommen die Frauen, die Mädchen, die Kinder, die Knaben und die Alten unterwürfig herbei und reichen ihm nach dreimaliger Kniebeuge ihre Hintern zum Küssen. Hierauf begeben sie sich nach einander zu den drei Freunden, die auf den den Thron umgebenden Fauteuils saßen und mit jeder Nahenden nach Belieben umgingen. »Wenn es Sie während dieser ersten Runde,« sagt Verneuil, »gelüsten sollte, an einigen der sich Ihnen darbietenden Gegenstände energischere Maßregeln vorzunehmen, so schließen Sie sich sofort in ein Kabinett ein, um nicht die Ordnung zu stören; ist dann Ihre Leidenschaft gekühlt, dann führen Sie die Person wieder in die Versammlung zurück.« Bressac macht als erster davon Gebrauch; er kann die reizenden Hinterbacken seines Vetters Viktor nicht nackt sehen, ohne weiter zu gehen; er zieht ihn in eines der Kabinette, indes d'Esterval, von Cécile begeistert, mit ihr seinen heißen Trieb befriedigt. Gernande tut desgleichen mit Laurette. Verneuil zieht[347] sich mit Marceline und den beiden Kleinen zurück, während Dorothea, der man alle Rechte der Männer eingeräumt hatte, sich mit Constant einschließt.

»Meine Freunde,« sagt Verneuil, nachdem er wieder seinen Platz eingenommen hatte, »da das offene Bekenntnis der Geilheiten, denen man sich hingegeben hat, das Feuer der Begierden nur noch mehr entfacht, so wünsche ich, daß ein jeder über alle wollüstigen Handlungen, die er soeben vorgenommen hat, mit lauter Stimme und möglichst detailliert Rechenschaft ablegt. Reden Sie, Gernande; Ihre Freunde werden Ihnen folgen. Vergessen Sie namentlich nicht, möglichst unverhüllte, klare Schilderungen zu geben und die technischen Ausdrücke zu verwenden; verdecken wir schamhaft die Tugend, das Verbrechen möge immer offen hervortreten.«

Gernande erhebt sich. »Ich habe mich,« sagt er, »mit Laurette eingeschlossen; ich habe ihr den Mund und das Arschloch geleckt; sie hat mein Glied gesaugt, während ich ihre Achselhöhlen leckte; ich habe ihre Arme, fest gesaugt und habe ihr sechs Schläge auf den Bauch versetzt, deren Spuren Sie noch jetzt sehen dürften; dann hat sie meine Hinterbacken geküßt, worauf ich sie gezwungen habe, meinen Arsch zu lecken.« – »Haben Sie erigiert?« – »Nein!« – »War der geile Kitzel lebhaft?« – »Mäßig.« – »Hat sich Ihre Phantasie für stärkere Dinge erhitzt?« – »Oh, ich wünschte entsetzliche Gräuel.« – »Warum haben Sie solche nicht ausgeführt?« – »Sie hätten den Gegenstand der Gesellschaft geraubt; ich wollte dieser ihren Genuß bewahren.« – »Werfen Sie sich zu Gernandes Füßen und danken Sie ihm für seine Güte, Laurette.« – Sie tut es, worauf Bressac an die Reihe kommt. Er sagt:

»Ich habe mich mit Viktor eingeschlossen, und ich habe in seinen Mund gefickt; im Moment, da mein Glied seine Lippen verließ, habe ich seine Zunge gesaugt; dann habe ich seinen Arsch geleckt und ihn sodomiert.« – »Haben Sie ihm ins Gewissen geredet?« – »Außerordentlich; alle Tugenden habe ich ihm ausgeredet, jedes Laster habe ich ihm als schätzenswert hingestellt.« – »Wie stark war Ihre Wollust?« – »Sehr heftig.« – »Haben Sie Samen ergossen?« – »Nein.« – »Hat es Sie nach Aergerem gelüstet?« – »Gewiß!« – »Haben Sie beim Ficken Gott gelästert?« – »Sehr!« – »Ist Ihr Glied rein oder unrein aus dem After des Jünglings herausgekommen?« – »Es war voll Koth.« – »Warum haben Sie es ihm nicht ablecken lassen?« – »Ich habe es getan.« – »Haben Sie dann seinen Mund gesaugt?«[348]

– »Ja.« – »In welchem Zustande ist Ihr Glied?« – »Wie Sie sehen, steif.« – »Lasset es von einem Lustknaben in diesem Zustande erhalten.«

»Nun ist die Reihe an Ihnen, d'Esterval.« – »Ich habe Céciles Scham geleckt, habe mein Glied eingeführt und habe das durch diesen Akt ergossene Sekret gesaugt; dann habe ich ihren Mund geleckt und ihre Hinterbacken geküßt, auf denen sie die Spuren von sechs wohlapplizierten Schlägen sehen.« – »Haben Sie sie von hinten bearbeitet?« – »Nein, ich habe sie verschont.« – »Hat es Sie nach dem Arsch gelüstet?« – »Ja.« – »Ist Ihr Sperma geflossen?« – »Nein.« – »Hat dieses Mädchen Sie stark erregt?« – »Außerordentlich.« – »Hat Sie Ihren Hintern geküßt?« – »Sie hat ihre Zunge hineingesteckt.« – »Haben Sie Ihr Glied in ihren Mund gesteckt?« – »Wiederholt.« – »In welchem Zustand ist Ihr Glied?« – »Steif.« – »Wählen Sie wen, um es so zu belassen.«

»Jetzt kommt Ihr dran, Dorothea!« – »Ich habe mich von Constant bearbeiten lassen.« – »In den Hintern?« – »Ja.« – »Hat er gut erigiert?« – »Famos.« – »Hat er sich darin entladen?« – »Nein.« – »Wohin hat er denn ergossen?« – »Ich habe sein Sperma verschluckt.« – »Haben Sie seinen Arsch geküßt?« – »Ja.« – »Hat er Ihren Kitzler gesaugt?« – »Ich habe ihn in seinen Hintern gesteckt.« – »Haben Sie Aergeres gewünscht?« – »O, hundertmal.«

»Jetzt ist die Reihe an mir, meine Freunde,« sagte Verneuil, sich erhebend. »Sie haben mich mit meiner Schwester Marceline und ihren zwei Enkeln, den Früchten meiner Blutschande mit der Tochter meiner Schwester, hinausgehen sehen. Nun, Marceline hat mich gepeitscht, ich habe den Arsch meiner Enkelkinder geküßt und mein Glied zwischen ihre Schenkel geschoben, dann habe ich meine Schwester sodomiert.« – »Haben Sie ergossen?« fragte Gernande. – »Nein.« – »Haben Sie Ihren Hintern küssen lassen?« – »Ja.« – »Hat man Ihr Glied gesaugt?« – »Ja.« – »Ist Ihr Sperma geflossen?« – »Nein.« – »Wonach gelüstete es Sie?« – »Nach Gräueln.« – »Versprechen Sie uns, solche zu vollführen?« – »Gewiß.«

»Nun wollen wir uns mit ernsteren Dingen befassen,« sagte Verneuil. »Ein jedes von uns (Dorothea, Sie sind immer inbegriffen, Sie sind würdig, unter die Männer zu zählen), ein jedes soll auf dieses Papier seinen Wunsch in Bezug auf Geilheiten schreiben und unterzeichnen. Die fünf Billette werden in einen Kelch geworfen, den eine[349] der Alten herumträgt. Zehn Personen, die ich bezeichnen werde, müssen, immer je zwei, ein Billett ziehen. Jedes Paar wird dem Unterzeichner des Billetts, das es gezogen hat, zufallen und den darauf geäußerten Wunsch befriedigen. Nur der Zufall soll über die Behandlung der Paare entscheiden, die immerhin arg genug sein muß, um dem Gegenstand Schreie zu entlocken.

Frau de Gernande und ihre getreue Justine werden das erste Billet ziehen.

Frau de Verneuil und Laurette das zweite; Marceline und Lili das dritte; Cécile und Rose das vierte; eine der Alten und der hübscheste Lustknabe das fünfte.

Sie sehen, daß ich bei Viktor eine Ausnahme mache: die Handlungen, die Sie ihn beständig werden vornehmen sehen, machen ihn eher würdig, unter den Handelnden, als den Leidenden zu figurieren.«

Die fünf Billette werden beschrieben; eine Alte wirft sie in eine Urne und stellt sich auf die Ottomane unter das Symbol des höchstens Wesens, worauf die einzelnen Paare nacheinander ziehen und mit lauter Stimme das ihnen zufallende Los verlesen müssen.

d'Esterval hat den Wunsch geäußert, die Hinterbacken fest zu zwicken und das Arschloch und den Kitzler zu beißen. Frau de Verneuil und Laurette fallen ihm zu.

Bressac erklärt, er wolle sodomieren, die Brüste kneifen und gewaltige Ohrfeigen geben; Frau de Gernande und Justine gehören ihm.

Dorothea will mit einer Nadel die empfindlichsten Körperstellen stechen und auf das Gesicht scheißen. Die Alte und der Lustknabe sind für sie bestimmt.

Gernande erklärt, er werde sechs leichte Einstiche mit seinen Lanzetten vornehmen und sich lecken lassen. Cécile und Rose sind sein Anteil.

Verneuille kündigt Geißelung bis aufs Blut an. Marceline und Lili fallen ihm zu.

Am Fuße des Sofas, neben dem göttlichen Symbol, hatte man sich beraten; ebendort erfüllte sich das Los der Opfer.

Bressac ist der einzige, der bei der Ausführung seinen Samen verliert, und zwar in den Hintern Justinens, wobei er die arme Gräfin derart ohrfeigt, daß ihr die Tränen aus den Augen fließen.

Diese verschiedenen Szenen haben, wie leicht denkbar, alle Kleidungen zum Verschwinden gebracht, so daß man nur mehr Nacktheiten gewahrte.[350]

»Jetzt,« schrie Verneuil, »müssen wir meine Frau quälen. John und Constant strecken diese Unglückliche auf der Erde aus; ein jeder soll sie nach den Eingebungen seiner ruchlosen Phantasie martern. Sie, Cécile, meine und ihre Tochter legen sich auf die heilige Ottomane (die obenerwähnte war damit gemeint); die Genüsse, die Ihre Reize bieten, werden die Folterknechte Ihrer Mutter belohnen. Ich werde den Preis je nach der Energie, mit der man meine Frau gequält hat, zuerkennen. Viktor, legen Sie sich neben Cécile, um denen, die Ihr Geschlecht vorziehen, süßere Freunden zu gewähren.« Er wies dann auf seine Frau auf der einen, auf seine beiden Kinder auf der anderen Seite und rief: »Mut, Freunde! hier ist das Opfer, hier der Lohn!« Marceline steht neben ihm und reibt ihn; zwei Lustknaben bieten ihm ihre Hintern. Dann geht es los.

Gernande ist der erste; seine ruchlose Lanzette macht fünfzehn Einschnitte leichter Art in das schöne Fleisch der Unglücklichen; dann wirft er sich auf Viktor und läßt sich von ihm lecken.

Dorothea folgt ihm und drückt so stark den Busen der Frau de Verneuil, daß sie schauerliche Zuckungen hervorruft; dann stürzt sie sich auf Cécile und ergießt auf deren Nase.

D'Esterval reißt dem Opfer Haare aus und sticht ihre Schamlippen blutig; er ergießt sich in Viktors After.

Bressac versetzt seiner Tante mächtige Faustschläge ins Gesicht; sie blutet; er sodomisiert sie, reißt ihre Ohren, daß sie fast auseinandergehen, und fickt in den Arsch des reizenden Viktors.

Jetzt naht Verneuil. Wie leicht denkbar, schont er seine Frau nicht; er schlägt, kneift und quält sie, worauf er in dem schönen Arsch Céciles seine Glut stillt.

»Nun, Viktor,« sagte er zu seinem Sohn, »sehen wir mal, wie du deine Mutter behandelst. Bewundere diesen Verwandten, der nicht so lange die seinige schonte; o Bressac! ermutigen Sie Ihren Neffen, Ihnen eines Tages nachzuahmen!« Der junge Viktor ist bereit. Der grausame, brutale Vater befiehlt ihm, die eigene Mutter zu insultieren; seine eigene Schwester soll ihm als Lohn winken. Ach! der junge Knabe überläßt sich nur allzu willig den Ruchlosigkeiten, die man von ihm zu fordern wagt; man braucht ihm nicht erst Vorschriften zu geben. »Schöne Mama,« sagt der kleine Lüstling, »ich weiß, was Sie in Verzweiflung versetzt; fügen Sie sich darein, daß ich es tue. Wenden Sie mir Ihren schönen Arsch zu, damit ich ihn auf jede Weise, die Ihnen nicht behagt, genieße.« Da war jeder Widerstand nutzlos.[351]

Die Alten umringten das Opfer und hätten es unbedingt sofort gepackt, wenn es sich den geringsten Widerstand erlaubt hätte. Viktor, mit einem Bündel Ruten versehen, wagte es, seine schändliche Hand gegen seine Mutter zu erheben. Von Gernande, Bressac, d'Esterval und Dorothea ermutigt, peitscht das Scheusal, ein würdiger Rivale Bressacs, seine Mutter aus Leibeskräften. Ist es glaublich? Verneuil reibt das Glied seines Sohnes, um ihn noch mehr anzuregen, indeß er sein Weib festhält. Der kleine Wüstling, höchsterregt und trotz der Greuel, die ihn schänden, schöner wie Amor, schreit: »Mein Vater! ja, ja, halte sie fest, während ich sie von hinten ficke.« Der gefällige Verneuil fixiert das Kreuz seiner Frau und steckt das Glied seines Sohnes sorgfältig in den Arsch seiner zarten Hälfte. So vollzieht sich die Blutschande, indeß der frevlerische Vater auf tausend Wegen die schamlosen Genüsse des ruchlosen Sohnes steigert. »Wie wirst du dir jetzt deinen Lohn holen?« fragte Verneuil Viktor; »wird deine Erschöpfung das erlauben?« – »Erschöpft? ich?« fragt der Spitzbube, indem er bewies, daß der Anlauf, den er genommen hatte, seine Waffe nur geschärft habe, »sehen Sie mal zum Teufel diesen Penis; sollte er nicht imstande sein, das gleiche der Schwester anzutun, wie der Mutter? Ich will den Kot, den ich im Hintern meiner Mutter aufgefischt habe, in den Arsch der Tochter verpflanzen; nichts Köstlicheres gibt's als das.« Damit stürzte er auf Cécile los und wendet sich ihrem Hintern zu. Der Schelm will schon an die Arbeit gehen, als Verneuil die Gier seines Sohnes zügelte; er bat ihn, einen Moment zu warten, damit mehr Ordnung in seine Genüsse komme. Cécile kniet auf dem heiligen Sopha und weist voll und ganz den doppelten Pfad der Freuden. Verneuil bahnt sie, dann führt er seinen Sohn ein. Laurette wird rittlings auf Céciles Kreuz gesetzt und bietet ihren niedlichen Arsch den Küssen des Jünglings dar. Rechts und links locken verführerisch zum Streicheln die Hintern der Frau de Gernande und der Frau de Verneuil. Verneuil sodomisiert seinen Sohn und läßt sich von ihm desgleichen tun. Bressac, d'Esterval, Gernande und Dorothea, trunken von diesem Schauspiel, umringen jene; der erste sodomisiert einen Lustknaben, der zweite wird von Marceline gerieben, deren Hinterbacken er kneift, der dritte läßt sich von Lili lecken, die vierte von Constant ficken. Nach kurzer Zeit erreichen alle ihr Ziel; Fluten von unreinen, sodomistischen, blutschänderischen Samen ergießen sich vor den Augen des Ewigen, den man deshalb aufgestellt hat, um ihn zu beschimpfen; infolge der Erschöpfung sehen sich die Wüstlinge genötigt, sich zu kräftigen.[352]

Man nähert sich dem Buffet. Die Pasteten, Schinken, Geflügel und Rebhühner werden zerschnitten, die Flaschen entkorkt, alles wird aufgezehrt; aber bald darauf ruft die anspruchsvolle Göttin von Cythera alle ihre Anhänger zu ihren verlassenen Altären zurück.

»Meine Freunde,« sagte Verneuil, seinen Platz wieder einnehmend, »wir haben soeben das Los wegen unserer Genüsse zu Rate gezogen; ich bin der Meinung, wir sollen jetzt das höchste Wesen über den gleichen Gegenstand befragen. Hier steht er, der die Zukunft kennt; ich befehle also einem jeden, das Glied in der Hand haltend sich vor ihm aufzupflanzen und ihn vermittelst der Formel, die am Fuße seines Trones geschrieben steht, zu befragen. Das höchste Wesen, dessen Stellvertreter ich hier bin und dessen Befehle ich heute morgens erhielt, wird Ihnen durch ein Billet antworten, dessen Inhalt Sie ausführen werden. Sie erinnern sich wohl, daß der Stil der Bestimmungen Gottes stets ein wenig unklar ist; Sie müssen also nachhelfen, die Absicht erraten und demgemäß handeln. Die Art, wie Sie sich eben aufgeführt haben, Viktor, beweist mehr denn je, daß Ihr Platz unter uns ist; Sie werden daher nicht mehr Opfer sein, außer wenn es Ihnen Vergnügen bereitet. Beginnen Sie, Gernande, befragen Sie Gott.« Gernande liest in der vorgeschriebenen Haltung folgende Worte mit lauter Stimme herunter:

»Verächtliches Abbild des lächerlichsten Phantoms, dem nur im Bordell eine Stätte gebührt, der du nur dazu gut bist, die Freuden des Arsches zu regeln, was muß ich tun, damit ich wieder in Erektion gerate? Lasse es mich wissen; ich werde deine Vorschriften ausführen; doch erkläre ich feierlich, daß ich nur darin dir gehorchen will; zu fest begründet sind meine Verachtung und mein Haß, zu gewiß sind sie, als daß ich mich dir je in anderen Dingen unterwerfen könnte.«

Kaum hatte Gernande diese Worte gesprochen, als eine Rolle weißer Seide aus dem Munde des Ewigen zu seinen Füßen geschleudert wurde. Er rollt sie auf und liest folgendes: »Nimm deine Schwägerin und deine Schwester Marceline; gehe mit ihnen in ein Boudoir; dort wirst du das Blut mischen und das Sekret trinken.«

Gernande schließt sich sogleich ein. Alle andern taten desgleichen, nachdem ihnen ihre Befehle zugekommen waren.

Bressac kommt als zweiter dran; er liest die gleiche Formel herunter, worauf die Rolle herabfällt. Darauf stand: »Nimm zwei Lustknaben und kennzeichne sie.«

Es folgt Dorothea; die Rolle besagt: »Die Gernande[353] und Constant sollen dir folgen; werde zugleich der Henker der einen, die Hure des andern.«

D'Esterval liest: »Nimm Cécile und Lili; schone die letztere, überhäufe dafür die erstere.«

Verneuil: »Justine und John gehören dir; setze dein Geheimnis mit der ersteren aufs Spiel, damit der zweite dich rächt, wenn man dich zurückweist.«

Viktor beschließt: »Nimm zwei Lustknaben und zeige dich würdig deines Vaters.«

Die Unmöglichkeit, jedem der Handelnden in sein Kabinet zu folgen, wird uns bei unseren Lesern entschuldigen, wenn wir uns nur auf die Vorgänge beschränken, an denen unsere Heldin beteiligt war.

»Justine,« sagte Verneuil, nachdem er sich mit ihr eingeschlossen hatte, »lassen wir einen Moment diesen Knaben in die Garderobe treten und höre mir aufmerksam zu. Die Stimme Gottes, des Herrn der Welt, hat mir zugerufen, ich könne dich in mein Geheimnis einweihen; ich will es tun; treibe damit keinen Mißbrauch, trachte, daß ich mein Vertrauen nicht bereuen muß.

Ich kann dir, meine Liebe, nicht verbergen, daß du etwas an dir hast, das mir außerordentlich gefällt. Mein Bruder findet bei dir Geist, aber zu viel Prüderie; lasse ab von ihr, da sie deinen Reizen Abbruch tut. Verzichte auf deine dumme Religion und Tugend, durcheile mit mir den dornigsten Pfad des Verbrechens. Gib deine Zustimmung, auf mein Gut zu kommen, dann ist dein Glück gemacht; aber wenn du es annimmst, bedarf es unendlichen Mutes, Hingabe, gänzlicher Resignation ...« – »Ach, Herr, um was handelt es sich denn?« – »Um ein Greuel. Zunächst, mein Kind, sei überzeugt, daß es keinen größeren Frevler auf Erden gibt als mich; keiner treibt es im Verbrechen und der Grausamkeit weiter als ich. Um meine perversen Gelüste ohne soviel Risiko wie die gewöhnlichen Uebeltäter zu befriedigen und um meine Opfer durch eine ungeheuerliche Ruchlosigkeit, die alle meine Sinne unsagbar erregt, zu vermehren, bediene ich mich eines Pulvers, das demjenigen sofort den Tod verursacht, der es einatmet oder verschluckt. Dieses Pulver rührt von der Addadwurzel her, die in Afrika28 wächst, aber auch bei uns gezüchtet werden kann. Das daraus gewonnene Gift ist so heftig, daß eine sehr kleine Dosis schon sehr rasch den schmerzhaftesten Tod herbeiführt. Du kannst dir, meine Liebe, gar nicht vorstellen, welche unglaubliche Zahl von Opfern auf diese tückische Weise zugrunde gegangen ist. Aber da der, welcher dem Verbrechen huldigt, nach immer höheren[354] Zielen strebt, beschäftige ich mich, wenig befriedigt von der Zahl der Individuen, die mir zum Opfer fallen, mit einem Mittel, das mein Feld erweitern soll. Doch um dabei Erfolg zu haben, bedarf ich einer Hilfe. Ich habe meine Blicke auf dich gerichtet; mit diesem Höllenpulver (dessen Namen habe ich ihm gegeben) müßtest du die Städte durcheilen und dieses Gift verteilen; ich würde das beispiellose Glück genießen, deine Frevel den meinen beizugesellen und sie als die meinigen zu betrachten, da sie ja mein Werk sind.« – »Wie! mein Herr, solche Greueltaten? ...« – »Bewirken meine süßesten Freuden. Wenn ich mich dieser Handlungsweise hingebe, werden zunächst meine Geister unglaublich angeregt, was daraus ersichtlich ist, daß sogleich mein Sperma abgeht, ohne daß ich sonstiger Hilfe bedarf.« – »Ach, Herr, wie beklage ich Ihre Umgebung!« – »Nein, meine Frau, meine Kinder, meine Dienerschaft laufen keine Gefahr, sie bieten mir andere Freuden, die ich ohne sie entbehren müßte. Aber im übrigen ... ehrgeiziger als Alexander, möchte ich die ganze Welt verwüsten und sie mit den von mir Ermordeten bedecken.« – »Sie sind ein Scheusal; Ihre Entartung wird sich durch diesen neuen Anreiz nur noch verdoppeln und die geheiligten Wesen, die Sie heute noch schonen wollen, werden bald auch geopfert werden.« – »Du glaubst, Justine?« fragte Verneuil, ihren Hintern tätschelnd und seinen durch ihre Prognose höchst erregten Penis in ihre Hand drückend. – »Ich bin davon überzeugt.« – »Und wenn dem so wäre, mein Engel, würde ich damit ein so großes Verbrechen begehen?« – »Ein schreckliches, ein entsetzliches; und werde ich nicht sobald auch Ihnen zum Opfer fallen?« – »Niemals, du wärest mir zu kostbar, zu nötig dazu.« – »Ach, ich würde nur umso früher geopfert werden, wenn ich Ihr Anerbieten annähme. Das Klügste, was ein Frevler tut, ist, seine Komplizen unschädlich zu machen; von allen seinen Freveln ist zweifellos dieser der annehmbarste.« – »Ich will deinen Einwurf rasch abfertigen. Du wärest im Besitze meines Pulvers, hättest also die gleichen Rechte auf mein Leben, wie ich auf das deinige.« – »Ach, Verneuil, nur die Waffen, die sich in den Händen des Lasters finden, sind gefährlich; wenn die Tugend sie einen Augenblick besitzt, bedient sie sich ihrer nur dazu, um sie denjenigen zu rauben, die damit Mißbrauch treiben.« – »Also du glaubst, mein Kind, es wäre ein großes Uebel, sich auf diese Weise zu befriedigen?« – »Es wäre der abscheulichste aller Frevel, denn diese Art des Mordes ist die tückischeste und die gefährlichste, da man sich gegen sie nicht wehren kann.« – »Da du von meinem Bruder belehrt worden bist,« erwiderte Verneuil, »werde ich dir nicht wiederholen,[355] was er und die anderen Philosophen, bei denen du dein Leben zugebracht hast, dir über die Nichtigkeit des angeblichen Verbrechens, nämlich des Mordes, gesagt haben; ich will mich nur darauf beschränken, dir verständlich zu machen, daß von allen Arten des Mordes die, welche nicht mit Blutvergießen verbunden ist, die sicherlich am wenigsten schreckliche ist. Tatsächlich mußt du mir zugeben, daß, wenn etwas bei der Verrichtung von seinesgleichen abstößt, die Gewaltsamkeit es ist, mit der man gegen ihn vorgeht, und das Blut, das man vergießt, kurz das Schauspiel seiner Wunden. Bei der Vergiftung geht alles glatt vor sich; keine Gewalttätigkeit; der Tod tritt vor Ihren Augen die verurteilte Person ganz leise an, fast ohne daß Sie es ahnen. O Justine! Das Gift ist ein köstliches Ding; wieviel Dienste hat es schon geleistet! wie viele Menschen schon bereichert! von wieviel unnützen Leuten die Welt gereinigt! wieviel Tyrannen hat es schon aus der Welt geschafft! Gesetzt den Fall, man möchte die Ketten des Despotismus, die Tyrannei eines Vaters, eines Gatten, eines ungerechten Herrn brechen, gelingt dies nicht am sichersten durch Gift? Wäre dieser kostbare Saft dem Menschen nicht nötig, hätte die Natur ihn uns geschenkt? Gibt es eine einzige Pflanze, die für uns unbrauchbar wäre, eine einzige, deren Gebrauch sie uns nicht unserem Wunsche gemäß gestattete? Verwenden wir sie also alle ohne Wahl für die Bedürfnisse, die dieselbe Natur uns einflößt; die einen mögen unsere Kräfte erhalten und vermehren, die anderen uns von den Säften befreien, deren Ueberfülle unserer Gesundheit abträglich ist, wieder andere mögen die Individuen beseitigen, die uns schaden oder zur Last fallen; all das ist in der richtigen Ordnung. Die Natur bietet und schreibt es zugleich uns vor; nur die Toren wollen es nicht verstehen und stoßen es zurück oder legen es falsch aus.«

»Aber, mein Herr,« sagte Justine, »nie sprach mir Ihr Bruder von dergleichen Greueln.« – »Er bat eben eine andere Art, Böses zu tun, und hält sich daran. Jeder verletzt die Gesetze, die Religion und die gesellschaftliche Sitte nach seinem Belieben; man soll jedem seinen Geschmack lassen.« – »Nun, Herr, ich beklage Sie wegen des Ihrigen und erkläre zugleich feierlich, daß ich ihn nie fördern werde.« – Das unglückliche Mädchen wußte nicht, wie sehr diese Weigerung den Erzlüstling reizte. Verneuil geht von der Geilheit rasch zur Wut über: »Wohlan,« sagte er, »da die Verführung nichts nützt, so soll mich wenigstens die Gewalt befriedigen; wende mir deinen Arsch zu, der mich reizt.« Das Scheusal packt, küßt und beißt ihn, und befiehlt Justinen zu scheißen ... Das zitternde Opfer gehorcht;[356] sie glaubt dadurch, daß sie seine lüsternen Wünsche befriedigt, ihren Quälgeist zu befriedigen. Verneuil unterzieht den Kot einer genauen Betrachtung, atmet seinen Geruch ein und schlingt ihn hinab ... »Reizendes Mädchen,« sagt er, sich erhebend, »Sie haben mir einen köstlichen Genuß verschafft, dem wenige gleichkommen, ich muß gestehe, daß ich den Kot über die Maßen liebe. Aber ich glaube, in Ihrer Schuld zu sein, wenn ich mich nicht revanchiere; haben Sie also die Güte, meinen Platz einzunehmen, ich werde dafür an Ihre Stelle treten; was Sie mir gaben, Justine, Sie werden es zurückbekommen; Sie werden meinen Kot essen, wie ich den Ihren.« – »Großer Gott! es wird mir übel!« – »Teufel, das ist mir gleichgiltig; füge dich sofort, du Hure, oder ich lasse dich von dem Mann halten, der auf meine Befehle wartet; und wenn du Dirne mich dazu nötigst, so kannst du dich auf das äußerste gefaßt machen.« – »Tun Sie, was Sie wollen; es ist mir unmöglich, mich zu einer solchen Infamie herzugeben.«

John erscheint alsobald: er war mit zwei Pistolen bewaffnet, deren eine er Verneuil übergibt; beide setzen die Mündung der Waffe auf Justinens Schläfen. Die Unglückliche, ganz erschrocken, nimmt die anbefohlene Stellung ein. »Halte sie fest,« sagte Verneuil zum Diener, indem er sich rittlings auf den Busen unserer Heldin setzte, »öffne ihr den Mund mit dem Lauf deiner Pistole, wenn sie es nicht gutwillig tut; kein Mitleid mit einem ungehorsamen Mädchen.« Ach! alles geht nur zu sehr nach Wunsch des Ruchlosen. Er tastet mit dem Arsch, ob er genau über Justinens Gesicht sitzt; nachdem er das konstattiert hat, gibt er seine Geschützsalve ab und füllt den Mund des armen Mädchens mit dem ekelhaften Stoffe. »Das ist nicht genug,« sagte er, sich erhebend, um sein ruchloses Werk zu betrachten, »sie müssen es verschlingen.« Justine wird von neuem bedroht. Was bewirkt nicht die Angst? Die Unglückliche gehorcht; aber ihr Inneres dreht sich um, man sieht, daß sie das Hinabgewürgte mit Zinsen herausgeben wird. Ist's glaublich? Kann man sich eine hinreichend richtige Vorstellung von der zügellosen Leidenschaft dieses Schamlosen machen, um die Scheußlichkeiten zu verstehen, denen er sich hingibt? Verneuil ließ sich während der obigen Szene beständig von John reiben und rieb ihn gleicherweise; jetzt legt er seinen Mund an den Justinens, um im Augenblick, da er sie sich erbrechen sieht, das abscheuliche Zeug aus den Eingeweiden seines Opfers in die seinigen überzuführen. »Dessen bedurfte ich, um zum Resultate zu kommen,« sagte er zu John. »Vorwärts, Hure, deinen Hinteren! du weißt, ich habe diesen[357] schönen Arsch noch nicht versucht; ich will ihn ficken.«

Von John unterstützt, gelingt ihm die Sache bei dem Zustand von Unwohlsein, in dem sich Justine befindet, leicht. So gewaltig Verneuils Glied auch ist, infolge der Heftigkeit, mit der er vorgeht, und Justinens Wehrlosigkeit verschwindet es bald. »Gut, ich habe sie,« sagte er; »bearbeite mich jetzt von hinten, lieber John, tue mir so, wie ich dieser Hure.« Es geht los; aber unsere unglückliche Heldin ist weit davon entfernt, vorauszusetzen, wohin die Grausamkeit des Scheusals steuert. Sie lag in ihrer ganzen Länge auf einem Kanapee. Verneuil setzt plötzlich eine Feder in Aktion; das Kanapee stürzt in die Tiefe, zwanzig Fuß hinab, und Justine fällt in ein großes Bassin mit Eiswasser, das für sie vorbereitet ist. In diesem Moment ejakuliert Verneuil; seine Hand bewirkt vollends den Erguß. »Teufel!« brüllt er, »sie entwischt mir.« Das Sperma, mit dem er sonst den Hintern des Opfers bespült hätte, fließt in dicken Strahlen auf das Wasser, mit dem die Unglückliche kämpft. »Lasse Sie herausfischen!« sagt Verneuil phlegmatisch zu John, der sich eben in seinen Hintern entladen hatte, »schnell, sonst könnte die Hure ertrinken, wir brauchen sie aber noch; sonst würde ich sie, meiner Treu, drin lassen.«

Nach dieser schönen Heldentat kehrt er in den Salon zurück. Gernande, Bressac, d'Esterval, Viktor und Dorothea traten daselbst fast gleichzeitig ein. Sie schilderten einander voll Interesse die Genüsse, die sie eben gekostet hatten. In jedem Kabinet waren ähnliche Schelmenstreiche ausgeführt worden; da alle Falltüren besaßen, hatten sich alle Frevler, die damit vertraut gemacht worden waren, ihrer bedient. Aber die Resultate waren verschiedener Art. Einer der Lustknaben Bressacs, den dieser bearbeitete, war in den Abort gefallen und man wußte nicht, wie ihn herausbefördern. Dorothea hatte die Gernande auf die Aeste von Brombeersträuchern fallen lassen. Die hübsche Cécile, die wegen ihrer Jugend mehr geschont wurde, war von d'Esterval auf Matratzen geworfen worden und kam mit der bloßen Angst davon. Viktor ließ einen der Lustknaben, die ihm anvertraut worden waren, in angezündeten Spiritus fallen, so daß der Unglückliche den Feuertod sterben zu müssen glaubte. Gernande, der die Verneuil von hinten gefickt hatte, ließ sie auf dreißig angezündete Kerzen fallen, die sie mit ihrem Leib verlöschte. Die Opfer erschienen gebadet und erfrischt bald wieder, worauf man einen allgemeinen Plan entwarf.

»Ich fühle mich besser im Zuge denn je,« sagte Verneuil, »je mehr ich auf der Bahn der Wollust fortschreite, desto größer wird meine Erregung. Der Samenverlust ermüdet[358] nur die gewöhnlichen Menschen; mich reizt er und treibt mich zu neuen Akten der Wollust; je mehr ich ergieße, desto stärker wird meine Wollust. Leget Euch auf dieses große Kanapee, die Knie an den Rand gestemmt, und enthüllet mir Eure Hinterbacken. Mädchen, Knaben, Frauen, alle, alle müssen in Teufels Namen heran, ausgenommen diese beiden Kleinen (er wies auf Rose und Lili); ich behalte sie mir für eine andere Gelegenheit vor.« Es wird so arrangiert, daß die Geschlechter abwechseln. Als erster zeigt Bressac seinen Hintern dem Onkel. Dann kam Marceline; sowie sie sein Opfer in Empfang genommen hat, ergreift sie ein Rutenbündel und folgt ihrem Bruder, indem sie ihn peitscht. Der höllische Verneuil übergeht keinen; er sodomisiert die Männer und die Alten mit dem gleichen Eifer wie die Mädchen und die Knaben. Er gelangt endlich zu Gernande, ohne ergossen zu haben, und bearbeitet ihn. »Alter Schuft,« sagte er zu ihm, »wenn ich ergießen wollte, geschähe es sicher in deinen wüsten Arsch hinein; denn schon lange macht er mich erigieren; aber neue Genüsse locken mich, daher muß ich mich zurückhalten.«

Nun sagt er zu seinem Sohn: »Schau mal, Viktor, deine Mutter und deine Schwestern; willst du sie nicht ein wenig quälen? Tue doch nach meinem Beispiel und sodomisiere sie alle drei.« Das sittenlose Kind, von seinem Vater angeleitet, befolgt den Rat, indeß Verneuil ihn ebenfalls bearbeitet. Der Wüstling läßt sich Ruten reichen, stürzt auf die drei Opfer los und stäupt sie bis aufs Blut. Dann überreicht er die Ruten seinem Schüler und sagt ihm: »Peitsche deine Mutter, haue deine Schwestern; schone sie nicht, namentlich fürchte nicht, die Natur zu verletzen. Die Lasterhaftigkeit hat das Vergnügen jenseits der bekannten Schranken gesetzt; man kann es nur dann genießen, wenn man die Grenzen, die die Natur nach der Ansicht der Dummköpfe uns angeblich gesetzt hat, überschreitet. Kein Vergnügen ohne Frevel. Ah! wie haben sie für unsere Genüsse gesorgt, diese törichten Gesetzgeber, die sich anmaßten, den Menschen Gesetze vorzuschreiben; sich um sie nicht scheren und alle zu übertreten, darin liegt einzig die Kunst, zu genießen. Lerne diese Kunst kennen und durchbreche alle Schranken.« – »Papa,« sagt der kleine Schuft und drischt seine Mutter aus Leibeskräften, »du weißt, ich bitte dich schon lange um die Erlaubnis, Mamas Busen peitschen zu dürfen; gewähre mir diese Gunst und du sollst sehen, wie mein Glied steif wird.« Alle geraten in feurige Begeisterung; tausend Küsse drückt Bressac dem Knaben auf, der ihm so ähnelt; Gernande wünscht, daß seine Frau sich zu Frau de Verneuil geselle.[359] »Als Tante,« sagt der Wüstling, »hat sie, wie mir scheint, Rechte auf die Wüstheit dieses teueren Neffen.« Die beiden Opfer müssen niederknien und den Rücken an den heiligen Divan lehnen; das barbarische Kind, von allen mit Vergnügen betrachtet, schlägt, ohne die verhängnisvollen Launen eines so gefährlichen Gelüstes zu erwägen, gleichgiltig auf beider Busen los. Dieses Schauspiel versetzt die Gesellschaft in Hitze. Bressac sodomisiert d'Esterval, dieser einen Lustknaben; Gernande saugt das Glied Johns und das Constants, während Marceline ihn peitscht; Dorothea ergreift Justine und bearbeitet deren Hintern mit ihrem Kitzler. Indessen fällt Frau de Verneuil, auf die der Frevler rasend losschlägt, in Ohnmacht; das Scheusal aber vergißt sich so weit, das heiligste Gesetz der Natur zu profanieren, und wagt es, den blutbedeckten Schoß, dem er das Leben verdankt, mit seinem Sperma zu besudeln.

Indessen war es bereits spät am Tage und die Kräfte begannen sich schon zu erschöpfen; man beschloß also, um sich wieder zu stärken, noch einige Pasteten zu verzehren und einige Flaschen Champagner zu trinken. Dann wollte man das Standbild Gottes befragen, um zu erfahren, auf welche Weise man die für die Beendigung nötige Kraft wieder erlangen könne.

Nachdem die Bäuche gefüllt und die Köpfe in Hitze geraten waren, ließ Verneuil seinen Hintern dreimal vom Ewigen küßen und fragte ihn dann, wodurch er glaube, daß man wieder neue Kräfte schöpfen könne. – »Durch besondere Martern,« erwidert das göttliche Standbild. »Jeder möge sich in sein Kabinet zurückziehen und sich der Instrumente bedienen, die er daselbst vorfindet. Sie, Gernande, bemächtigen sich der Frau de Verneuil, Sie, Verneuil, Ihrer Tochter Cécile, d'Esterval soll Frau de Gernande, Dorothea, Laurette und Marceline mit sich nehmen; Viktor soll sich, von Constant unterstützt, mit Justine einschließen.«

Da wir bloß unsere Heldin beobachten wollen, so ist es uns unbekannt, zu welchen Martern die übrigen verdammt wurden. Unsere unglückliche Justine fand in dem ihr bestimmten Kabinet ein Marterinstrument vor, wie es bei den italienischen Henkern gebräuchlich ist. Bloß mit dem Steiß befestigt, schwebte ihr übriger Leib ganz frei und lastete mit seinem ganzen Gewicht auf jenem kitzlichen, schwachen Körperteil; die Folge war ein so starker Schmerz, daß ein höchst merkwürdiges sardonisches Lachen auf ihrem Gesichte erschien. Das Vergnügen, das Viktor dabei empfand, war unbeschreiblich. Der kleine Frevler beließ sie fast eine halbe Stunde in dieser Lage, während er sich von Constant reiben ließ; dann lief er[360] seinen Vater zu holen: »Ich weiß nicht,« sagte er zu ihm, »zu welcher Marter du deine Tochter Cécile verdammst; aber ich schwöre dir, daß es keine köstlichere geben kann als die, welche ich an Justine anwendete; ich bitte dich inständigst, wende sie auch bei meiner Schwester an.« Verneuil, dem nichts genügte und der nicht genug Genuß fand an den schrecklichen Schmerzen, die er Cécile durch eine entsetzliche Folterbank, auf die er sie gesetzt hatte, verursachte, bindet sie los und führt sie zur italienischen Schraubenmaschine. »Wir müssen sie hier ficken,« sagte Verneuil zu seinem Sohne. Alle beide begehen diesen Frevel, der eine fickt in die Scham seiner Tochter, der andere in Justinens Arsch, und beide entladen sich zu gleicher Zeit, während sie die schon von dem Marterinstrument gebrochenen Opfer fortquälen.

Jetzt nahte der große Augenblick. Bis dahin hatten die beiden Kinder Verneuils und seiner Tochter Laurette sozusagen in Untätigkeit verharrt. Das große Ereignis des Tages sollte nun das Pflücken der Erstlinge der beiden schönen. Kinder sein. Alles erhöhte die Freude Verneuils an diesem köstlichen Vorgange; die Kleinen waren noch ganz jung, worauf das Hauptgwicht lag, sie waren zugleich seine Kinder und Enkelkinder. Welch köstlicher Genuß für einen Mann, dessen Hauptvergnügen die Blutschande war! Sie werden also nacheinander ihm vorgeführt; die Mutter, Laurette und Frau de Verneuil mußten die Opfer festhalten. Viktor wurde beauftragt, die Wege zu befeuchten und das Glied des Vaters in die Wollustpfade seines Bruders und seiner Schwester einzuführen.

Während dieser Vorbereitungen vergnügt sich Verneuil mit passiver Sodomie. John und Constant bearbeiten ihn nacheinander; Justine muß ihm indeß den Mund saugen und das Glied reiben. In wenigen Minuten belebt unsere Heldin den schlaffen Penis von neuem; die beiden kräftigsten Ohrfeigen, die sie je erhalten hat, werden der Preis ihrer Bemühungen. In höchster Erregung stürzt sich das Ungetüm auf das kleine siebenjährige Mädchen. Zunächst hat er es auf den Arsch abgesehen. Viktor führt mit unglaublicher Geschicklichkeit das erschreckende Glied seines Vaters in das kleine Loch ein; aber trotz aller Bemühungen, die sich beide geben, will die Sache nicht gelingen. Das festgehaltene Opfer kann indeß keinen Widerstand leisten, so daß seine Besiegung unvermeidlich wird; infolge von Pomade gelingt es dem Ungeheuer, einzudringen. Marceline ersetzt bald Laurette im Halten des Kindes. Um für den Vater den Genuß seiner Tochter noch köstlicher zu gestalten, läßt sie ihn die wundervollen Hinterbacken eines Kindes küßen, das ihm noch um einen[361] Grad näher steht als das sodomisierte. Viktor, der jetzt nicht mehr benötigt wird, bearbeitet seinen Vater von hinten und stelt auf diese Weise Verneuil zwischen die beiden Ergebnisse seines Hodens. Aber die Grausamkeit dieses blutschänderischen Menschen, die keinen Moment ohne Nahrung sein kann, verlangt, daß Gernande vor ihm Marceline, das heißt die Großmutter derer, die er sodomisiert, stäupe; Gernande, dessen blutige Gelüste wir kennen, wünscht, um das Blut früher fließen zu sehen, den dicken Arsch dieser Frau nur mit einer Klopfpeitsche mit Eisenstacheln zu dreschen. »Es wäre mir angenehm,« sagt Verneuil, beständig fickend, »wenn d'Esterval, um mich vollends zu erregen, den Hintern meiner Frau in der Stellung, in der sie sich jetzt befindet, gewaltig peitschte.« – »Könnte ich,« fragt Bressac, »nicht den gleichen Dienst Lauretten erweisen? Da sie eine ähnliche Haltung einnimmt, könnte ich sie ebenso packen.« – »Gewiß!« erwidert Verneuil, »aber Dorothea soll Viktor mit ihrem köstlichen Kitzler bearbeiten.« – »Gut,« sagt John, »ich will Dorothea sodomisieren.« – »Angesichts Ihrer aller will ich, wenn's erlaubt ist, Justine von hinten bearbeiten,« erklärt Constant. – »Unter der Bedingung,« entgegnet Verneuil, »daß du dich mit Lustknaben umgibst, die mir ihre Hinterbacken zum Küßen darbieten.« – »Nichts leichter als das,« sagte eine der Alten, indem sie alles anordnet; »wir aber,« erklärte sie, auf ihre drei Gefährtinnen weisend, »wir wollen umherlaufen und Sie mit Rutenhieben noch mehr anregen.« – »Nein, nein,« sagte Verneuil, »ich ziehe es vor, daß sie über mir stehend sich hoch schürzen; ich will, daß die Falten ihrer alten Aersche mit den Schönheiten, die ich vor mir habe, den für die richtige Wollust angenehmsten Kontrast bilden. Ihr werdet scheißen, Ihr Huren, versteht Ihr? Ihr müßt laute und leise Farze fahren lassen, während mein Sperma fließt.« Nach diesen Verfügungen pflückt das Scheusal, das wunderbar erigiert, beide Blumen nacheinander. Das grause Projekt des Ungeheuers geht bald in Erfüllung; die arme kleine Rose verbirgt ihre Schande weinend am Busen ihrer Mutter.

Lili tritt an ihre Stelle. Alle Stellungen werden geändert; aber die gleiche Geilheit kennzeichnet sie, die gleichen Ruchlosigkeiten finden dabei ihre Befriedigung. Die Krisis nähert sich ihrem Ende; unglaubliche Gotteslästerungen zeigen sie an. Verneuil entladet wie ein Stier und wünscht, nachdem er sein Glied aus dem Hintern seines Enkels herausgezogen hat, Justine möge es vom Kote reinlecken. »Tritt an meine Stelle,« sagte er zu Viktor, »ficke meine beiden Kinder, mein Sohn; ich fühle noch die[362] Kraft in mir, dich während dieser Zeit von hinten zu bearbeiten, vorausgesetzt, daß meine Frau mein Arschloch leckt, während ich das gleiche mit meiner Schwester tue.« Neue Gruppen bilden sich behufs dieser Ausschweifungen; nach einigen Minuten der Ruhe und Erholung schreitet man zum letzten Akte dieser köstlichen Orgien.

Gerechter Himmel! Mit was für Greueln werden sie endigen! Ein großer Fauteuil mit fünf Plätzen ist derart aufgerichtet, daß die, welche auf ihm sitzen, sich den Rücken zukehren; er steht in der Mitte des Salons. Bressac, Gernande, Verneuil, d'Esterval und Dorothea setzen sich darauf. Jeder nimmt einen Lustknaben zwischen seine Beine. John, Constant und Viktor laufen rings umher. Ein Kreis umgibt diesen großen Fauteuil, der nur eine Fußbreite von jenem entfernt ist; er wird gebildet von der Verneuil, der Gernande, Justine, Laurette, Marceline, Cécile, Lili, Rose und den vier Alten, die man sich entkleiden hatte lassen; alle diese Unglücksmenschen halten sich bei der Hand. In dieser Stellung sollen alle an beiden Armen auf Wunsch Gernandes zur Ader gelassen werden; das soll vierundzwanzig Springbrunnen ergeben, deren Fluten auf die im Fauteuil sitzenden Frevler sich ergießen werden. Die beiden traurigen Gattinnen wollen gegen diese grausame Ausschweifung Einwendungen erheben; sie werden ausgelacht und man geht ans Werk. Verneuil will den Genuß noch erhöhen. »Ich wünsche«, sagt er, »daß mein Sohn Viktor eigenhändig seine Mutter und seine Schwestern zur Ader läßt.« – »Er hat nie eine Lanzette in der Hand gehabt,« lamentiert Frau de Verneuil. – »Desto besser,« antwortet Gernande boshaft, »gerade das ist uns recht. Der junge Viktor, voll Eifers, auch bei diesem Frevel mitzutun, versichert, daß er es ebenso gut machen werde wie sein Onkel. Die Operation beginnt; Herr de Gernande erhebt sich und trifft die Anordnungen. Viktor arbeitet vor den Augen seines Lehrers, der boshaft sein Glied reibt, damit er infolge seiner wollüstigen Erregung ins Zittern gerate und eine Wunde setze. Gernande vollendet die Operation; die Blutstrahlen quellen fast gleichzeitig aus allen Armen hervor. Der Chirurg nimmt wieder seinen Platz ein; die fünf Lüstlinge ergötzen sich blutbespritzt an dem Schauspiel, indeß sie sich von ihren Lustknaben lecken lassen; Viktor läuft, Ruten in der Hand haltend, rings umher und verhindert durch seine Hiebe, daß die Opfer ihr Bewußtsein verlieren.«

Nichts gleicht der Frechheit, mit der dieser vom Teufel Besessene auf alle Aersche losschlägt; Bruder, Mutter, Schwester, keiner wird von seinem kräftigen Arme verschont. Indessen sind die im Innern des Kreises[363] sitzenden Wüstlinge sowie die Lustknaben, mit denen sie sich vergnügen, ganz von Blut bedeckt; desgleichen John und Constant, deren Glied sie reiben; es war noch nie in solcher Fülle geflossen. In diesem Moment wankt Cécile und fällt trotz aller Bemühungen derjenigen, die neben ihr stehen, sie zu halten. – »Ah!« sagte Verneuil, dessen Glied sich durch diesen Anblick gewaltig steifte, »Sapperlot! ich wette, daß meine Tochter verloren ist; das kleine Närrchen wird sie unrichtig geöffnet haben: so ist er ein Schwestermörder geworden; ein ganz hübsches Probestück.« – »Das ist ziemlich gewiß,« meinte Gernande. – »Ah! Sacrament!« sagte der Jüngling, indem er das Gesicht seiner sterbender Schwester mit seinem Sperma begoß, »Herrgott, nie habe ich solchen Genuß verspürt.« Jetzt wurden alle Arme eilig verbunden. Frau de Verneuil wirft sich vernichtet über den Körper ihrer Tochter und bedeckt ihn mit Tränen und Küßen. Man machte einige Belebungsversuche, doch bewiesen sie sich als vollständig unnütz, daher man sie auch bald aufgab. Verneuil, der über diesen Verlust ganz getröstet war, da niemand weniger als er sich um einen Gegenstand kümmerte, namentlich, wenn er davon schon übersättigt war, fragte seinen Sohn, ob er es absichtlich getan habe. – »O nein,« sagte der Erzschuft, »seien Sie, lieber Vater, überzeugt, hätte ich ein Opfer aussuchen können, so wäre es Ihre Frau Gattin gewesen ...« Alle brechen in ein Gelächter aus. So erzog man diesen jungen Missetäter; so machte man ihn unmerklich mit den scheußlichsten Freveln vertraut. – »Sacrament,« sagt d'Esterval, »ich bin trostlos, daß dieses hübsche Mädchen so früh hin wird; ich hatte die Absicht, sie von hinten zu ficken.« – »Ist denn keine Zeit mehr dazu?« fragt Bressac. – »Himmel, du hast recht,« sagt der Wirt; »man soll sie mir halten.« – »Lieber Freund,« sagte Verneuil, »ich werde Ihnen diesen Dienst erweisen, zum Dank für alle die, welche Ihre liebenswürdige Frau mir erwiesen hat.«

Zugleich ergreift er seine sterbende Tochter und hält sie d'Esterval hin, der sie sogleich sodomisiert. Ein jeder der Missetäter will sich nun auf Grund seines Geschmackes ähnliche Grausamkeiten erlauben; man kann sich gar nicht vorstellen, welche Scheußlichkeiten diese Ungeheuer bis zum letzten Moment an dem unglücklichen Mädchen vollführten. Das grausamste Volk, die wildesten Menschenfresser hätten nicht solche Schandtaten, solche Grausamkeiten ersinnen können. Endlich gibt sie ihren Geist auf; die Erdhügel an der Terrasse, die wir früher erwähnt haben, verhüllten für immer das grausige Verbrechen, das mit solcher Frechheit, solcher Raserei war verübt worden.[364]

Ach, welch eine Leidenschaft ist die Wollust! Wenn Sie die köstlichste ist von allen, die die Natur uns eingibt, so ist sie zugleich wohl auch die stärkste und geführlichste.

Von Mattigkeit erschöpft, begab man sich schließlich zu Bette. Aber Verneuil, der allsogleich aus einer neuen wollüstigen Vorstellung frische Kräfte schöpfte, wollte durchaus die Nacht bei seiner Tochter Laurette zubringen, die ihn von allen Anwesenden am meisten zu erregen vermochte. Jeder folgt seinem Beispiele; Justine genießt die Ehre, Dorotheas Bettgenossin sein zu dürfen, die nicht satt wird, ihre Gelüste an jener zu befriedigen.[365]

14

»Ueberall,« sagt Bridaine in seiner interessanten »Reise durch Sizilien«, »wo die Luft stark durchsetzt ist von heißen Ausdünstungen, sind die Einwohner außerordentlich boshaft und lasterhaft.«

15

Vgl. den II. Bd.

16

Es sind hier Grundsätze nur angedeutet, die später ausführlicher erörtert werden.

17

Solche Laster nehmen an Stärke mit den Jahren zu, altern aber niemals. Man verspürt weniger Energie, sie in Taten umzusetzen, oft auch weniger Möglichkeit; aber ihr unzerstörbarer Keim ist stets der gleiche. Er wächst sogar, anstatt sich abzuschwächen.

18

Rusma, ein Mineral, findet sich nur in den Bergwerken in Galatien. Der Großherr genießt davon ein Einkommen von dreißigtausend Dukaten jährlich. Es ist sehr selten in Frankreich und wird hier mit Gold aufgewogen. Es bleibt dort, wo es angewendet wurde, keine Spur von Haar zurück.

19

Unseren Lesern dürfte unsere Gewohnheit, unnütze Bemerkungen, gleich: ›das war der Name‹, ›so hieß‹ ... usw. zu unterdrücken, auffallen. Ist es nicht klar, daß ein neuer Name derjenigen Person angehört, von der die Rede ist? Diese Auslassung überflüssiger Redensarten ist uns eigentümlich und dürfte ein Charakteristikum sein, an dem man unseren Stil stets erkennen wird.

20

Ich werde dieses System bald erörtern; vorläufig will ich mich über die Nerven äußern. Der Nerv ähnelt einem weißen, manchmal runden, manchmal platten Strang. Er entspringt in der Regel aus dem Gehirn, von wo er in Bündeln symmetrisch ausgeht; kein Teil des menschlichen Körpers bietet mehr Interesse. »Er ist äußerst merkwürdig,« sagt La Martinière, »und um so wunderbarer, als er äußerlich zu keiner Tätigkeit befähigt erscheint.« Von den Nerven hängen Leben und die Zusammenarbeit der Organe ab; desgleichen die Sinne und die Begierden, das Bewußtsein und die Gedanken, kurz, das Nervensystem ist das Zentrum der ganzen Organisation; es ist der Sitz der Seele, das heißt des Lebensprinzips, das mit den Lebewesen zugleich verlöscht, mit ihnen wächst und schwindet, und ist daher durchaus materieller Natur. Man betrachtet die Nerven als Röhren, die dazu dienen, den Willen in die Organe, in denen sie sich verteilen, und die Eindrücke der Außenwelt zum Gehirn zu leiten. Eine starke Erregung erschüttert außerordentlich das Fluidum, das in dem Hohlraum der Nerven fließt, und ruft Lustgefühle hervor, wenn diese Erregung sich in den Fortpflanzungs- oder den benachbarten Organen abspielt; daher die durch Schlagen, Stechen, Kneifen oder Peitschen erzeugten Wollustgefühle. Mit dem starken Einfluß der Psyche auf den Körper wächst ebenso die schmerzliche oder angenehme Erschütterung dieses Fluidums; daraus folgt, daß man auf Grund der Philosophie – sobald man sich über alle Vorurteile hinweggesetzt hat, – wie schon früher erwähnt, die Empfindungssphäre außerordentlich weit auszudehnen vermag. (A.d.V.)

21

Das arme Mädchen wußte nicht, daß die Ungerechtigkeit den Menschen uns beherrscht, und daß man aus seinem Herzen macht, was man will.

22

Wir werden die Ursache dieser Erschöpfung bald erklären.

23

Die Sabina ist anerkannt eines der stärksten Abtreibungsmittel, die es gibt; sie ruft den Abgang des Foetus und der Nachgeburt hervor; einige Tage gebraucht, bewirkt sie unvermeidlich einen Abortus. Sie ist ein kleiner, immergrünender Strauch, der männliche und weibliche Blüten trägt. Sie gedeiht in allen Klimaten. Man gibt sie häufig in Blumensträuße, doch verbreitet sie einen unangenehmen Geruch. Man verwendet ihre Blätter in Dekokten oder in Pulverform. In beiden Formen bedingt sie Abortus. Es wird davon in der »Juliette« die Rede sein, wo wir auseinandersetzen werden, mit welchen anderen Pflanzenarten man sie vermengt, um promptere und sicherere Wirkung zu erzielen.

24

Der berühmte Wein, vom dem Horaz singt, aus der Umgebung von Neapel.

25

Vgl. das berühmte Gastmahl des Trimalchio.

26

Aber wenn darüber kein Zweifel besteht, daß der Schuldigere der Glücklichere ist, weil seine Genüsse durch keine Gewissensbisse getrübt werden, so geht daraus hervor, daß das Verbrechen mehr zum Glücke beiträgt als die Tugend. Welch unheilvolle Folgen ergeben sich daraus für die Moralisten!

27

Es liegt viel Kunst darin, die Szenen so zu verschleiern; aber wie viele Liebhaber der unersättlichen Szene wünschten, daß man ihnen alles sage. Ach guter Gott! Wenn man sie befriedigte, was bliebe dann ihrer Fantasie überlassen?

28

In Numidien.

Quelle:
Marquis de Sade: Die Geschichte der Justine. [o.O.] 1906, S. 201-367.
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