[462] Illo. Vorige.
ILLO.
Hat dir der Terzky –
TERZKY.
Er weiß alles.
ILLO.
Auch daß Maradas, Esterhazy, Götz,
Colalto, Kaunitz dich verlassen? –
TERZKY.
Teufel!
WALLENSTEIN winkt.
Still!
GRÄFIN hat sie von weitem ängstlich beobachtet, tritt hinzu.
Terzky! Gott! Was gibts? Was ist geschehen?
WALLENSTEIN im Begriff aufzubrechen.
Nichts! Laßt uns gehen.[462]
TERZKY will ihm folgen.
Es ist nichts, Therese.
GRÄFIN hält ihn.
Nichts? Seh ich nicht, daß alles Lebensblut
Aus euren geisterbleichen Wangen wich,
Daß selbst der Bruder Fassung nur erkünstelt?
PAGE kommt.
Ein Adjutant fragt nach dem Grafen Terzky.
Ab. Terzky folgt dem Pagen.
WALLENSTEIN.
Hör, was er bringt –
Zu Illo.
Das konnte nicht so heimlich
Geschehen ohne Meuterei – Wer hat
Die Wache an den Toren?
ILLO.
Tiefenbach.
WALLENSTEIN.
Laß Tiefenbach ablösen unverzüglich,
Und Terzkys Grenadiere aufziehn – Höre!
Hast du von Buttlern Kundschaft?
ILLO.
Buttlern traf ich.
Gleich ist er selber hier. Der hält dir fest.
Illo geht. Wallenstein will ihm folgen.
GRÄFIN.
Laß ihn nicht von dir, Schwester! Halt ihn auf –
Es ist ein Unglück –
HERZOGIN.
Großer Gott! Was ists?
Hängt sich an ihn.
WALLENSTEIN erwehrt sich ihrer.
Seid ruhig! Laßt mich! Schwester! liebes Weib,
Wir sind im Lager! Da ists nun nicht anders,
Da wechseln Sturm und Sonnenschein geschwind,
Schwer lenken sich die heftigen Gemüter,
Und Ruhe nie beglückt des Führers Haupt –
Wenn ich soll bleiben, geht! Denn übel stimmt
Der Weiber Klage zu dem Tun der Männer.
Er will gehn, Terzky kömmt zurück.
TERZKY.
Bleib hier. Von diesem Fenster muß mans sehn.
WALLENSTEIN zur Gräfin.
Geht, Schwester!
GRÄFIN.
Nimmermehr!
WALLENSTEIN.
Ich wills.[463]
TERZKY führt sie beiseite, mit einem bedeutenden Wink auf die Herzogin.
Therese!
HERZOGIN.
Komm, Schwester, weil er esbefiehlt.
Gehen ab.
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