Wiedersehn

[24] Der Frühlingssonne holdes Lächeln

Ist meiner Hoffnung Morgenroth;

Mir flüstert in des Westes Fächeln

Der Freude leises Aufgebot.

Ich komm, und über Thal und Hügel,

O süße Wonnegeberin,

Schwebt, auf des Liedes raschem Flügel,

Der Gruß der Liebe zu dir hin.


Der Gruß der Liebe von dem Treuen,

Der ohne Gegenliebe schwur,

Dir ewig Huldigung zu weihen

Wie der allwaltenden Natur;

Der stets, wie nach dem Angelsterne

Der Schiffer, einsam blickt und lauscht,

Ob nicht zu ihm in Nacht und Ferne

Des Sternes Klang hernieder rauscht.


Heil mir! ich athme kühnes Sehnen,

Und athm' es bald an deiner Brust,

Und saug' es ein mit deinen Tönen,

Im Pulsschlag namenloser Lust.[25]

Du lächelst, wenn mein Herz, umfangen

Von deiner Näh', dann wilder strebt,

Indes das selige Verlangen

Der Güt' um deine Lippe schwebt.


Du liebst mich, göttlich hohes Wesen!

Du liebst mich, sanftes, zartes Weib!

Es gnügt. Ich fühle mich genesen,

Und Lebensfüll' an Seel' und Leib.

Nein, noch mit dem Geschick zu hadern,

Das schnell mich wieder von dir reißt,

Verschmäht mein Blut, das durch die Adern

Mit stolzen leichten Wellen kreißt.

Quelle:
August Wilhelm von Schlegel: Sämtliche Werke Band 1, Leipzig 1846, S. 24-26.
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