2. Scene.

[35] Adolfo kommt von links und zieht Estrella gewaltsam mit sich.


ADOLFO.

Du sollst mir nicht entrinnen!

ESTRELLA.

Was willst Du mit mir beginnen?[35]

ADOLFO.

Willst Du noch nicht Dich ergeben?

ESTRELLA.

Nimm dies qualerfüllte Leben,

Nimm es, und befreie mich!

ADOLFO.

Sieh, noch einmal bitt' ich Dich:

O vertraue meinen Schwüren,

Stille meiner Liebe Gluth,

Du nur kannst mein Herz regieren,

Nur vor Dir beugt sich mein Muth.

ESTRELLA.

Wage nicht, mich zu berühren,

Deine Hand, sie raucht von Blut,

Spiele Frevler nicht mit Schwüren,

Hemme Deine blinde Wuth!

ADOLFO.

Sieh', Dein Vater ist geschlagen,

Mein ist seine Herrlichkeit;

Seine Krone sollst Du tragen,

Die der Sieger mild Dir beut.

ESTRELLA.

O, mein Vater! – Sieh' mich beben,

Ach, wo ist der Theure hin?

Wüth'rich, nimm dies arme Leben,

Nimm es und befreie ihn!

ADOLFO.

Laß das Weinen, laß das Klagen,

Deine Liebe schenke mir –[36]

ESTRELLA.

Wie, Verräther, kannst Du's wagen,

Haß und Fluch nur geb' ich Dir!

ADOLFO.

Meine Langmuth fährt von hinnen.

ESTRELLA.

Ach, was willst Du nun beginnen.

ADOLFO einen Dolch ziehend.

Wähle Liebe oder Tod!

ESTRELLA.

Himmel, blick' auf meine Roth,

Steh' mir Armen gnädig bei!

ADOLFO.

Niemand höret Dein Geschrei,

Weiche meinem wilden Grimme!

Adolfo zückt den Dolch gegen Estrella, auf ihr wiederholtes Hilfegeschrei stürzt Alfonso auf die Bühne.


Quelle:
Franz Schubert: Alfonso und Estrella. Wien 1881, S. 35-37.
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