313. Das fromme Knäblein zu Speyer.

[310] Vincent. Bellov. spec. hist. l. VII. c. 99 bei J.W.Wolf d.M.u. S. 209.


In Speyer sieht man ein wunderthätiges Marienbild, welches das Jesukindlein auf dem Arme trägt. Zu diesem trat einmal ein Knäbchen, welches ein Stück Brod in der Hand trug; davon brach das Kind ein Blöcklein und reichte es dem Jesuskind bittend hin, mit diesen Worten, deren sich die Kinder gewöhnlich zu bedienen pflegen: »Da Kindchen, da, beiß einmal.« Da neigte sich das Bild des Jesukindes und umfing das Knäbchen, indem es sprach: »Mußt nicht mehr weinen, Kindchen, über drei Tage sollst du mit mir zusammen essen.« Das hörte des Knäbchens Mutter, und sie zitterte und bebte, erzählte auch das Wunder einem alten Kanonikus, der gerade vorbeiging. Dieser erkannte den Sinn jener Worte und sprach: »Frau, habet Acht auf euer Kind, denn es wird kaum noch drei Tage leben.« So geschah es auch, das Knäbchen bekam ein Fieber und war am dritten Tage todt.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 310.
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