732. Die nächtliche Rathsversammlung.

[259] Mündlich.


Im großen Rathhaussaale zu Würzburg, wo jetzt die unterfränkischen Schwurgerichtsfälle verhandelt werden, sieht man öfters Nachts eine unheimliche Beleuchtung aus den Fenstern schimmern. Da halten Bürgermeister, Rath und Viertelmeister, die am 9. Mai 1525 sich durch einen feierlich publizirten Beschluß an die Aufständischen im Bauernkriege anschlossen und die Stadt Würzburg zur Hauptstadt des »armen Konrad,« des Bauernbundes erklärten, ihre nächtliche Geisterversammlung. Bischof Konrad, dem sie den Schwur der Treue gebrochen, und der damals sein Vaterland als Flüchtling verlassen mußte, hat seinen Fluch über die Würzburger Rathsherrn ausgesprochen. So lange dieser Fluch nicht zurückgenommen, so lange müssen die geisterhaften Rathsversammlungen fortbestehen.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 259.
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