Grabschrift

[9] Sanft legt sein Haupt hier in der Erde Schooß

Ein Jüngling, der nie Glück und Ruhm gekannt:

Die Muse lächelte zu seinem Loos,

Und Schwermuth hat zum Liebling ihn ernannt.


Groß war sein Herz, und seine Seele schlicht;

Deß lohnt' ihm auch des Himmels Güte sehr.

Mit Armen weint' er, und mehr konnt' er nicht;

Es ward ein Freund ihm, und er bath nicht mehr.


Sucht sein Verdienst nicht weiter darzuthun,

Gebt seine Schwachheit nicht dem Tadler bloß;

Laßt beyde sie in banger Hoffnung ruhn,

In seines Vaters, seines Gottes Schooß.

Quelle:
Johann Gottfried Seume: Gedichte. Wien und Prag 31810, S. 9-10.
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