[461] Das Schlachtfeld.
Getümmel. Angriffe. Ein französischer Soldat, Pistol und der Bursch kommen.
PISTOL. Ergib dich, Hund!
FRANZÖSISCHER SOLDAT. Je pense que vous êtes un gentilhomme de bonne qualité.
PISTOL. Qualität nennst du mich? Erläutre mir: bist du ein Edelmann? Was ist dein Nam'? Erkläre!
FRANZÖSISCHER SOLDAT. O seigneur Dieu!
PISTOL.
Oh, Signor Djö muß wohl von Adel sein.
Erwäg' mein Wort, o Signor Djö, und merk':
O Signor Djö, du mußt die Klinge springen,
Wofern du, o Signor, nicht große Lösung
Mir geben willst.
FRANZÖSISCHER SOLDAT. Miséricorde! Prenez pitié de moi! Ne me tuez point![461]
PISTOL.
Ein Pfund? Ich will der Pfunde vierzig haben.
Das Zwerchfell hol' ich dir zur Kehl' heraus
In Tropfen roten Bluts.
FRANZÖSISCHER SOLDAT. Est-il impossible d'échapper à la force de votre bras? Ah, dégagez-le de ma gorge! N'allez pas me la couper!
PISTOL.
Was? Kupfer, Hund?
Verdammte geile Gemse, bietest du
Mir Kupfer an?
FRANZÖSISCHER SOLDAT.
Point de pardon?
PISTOL.
Das lass' ich gelten: ein Paar Tonnen Pfunde.
Hieher komm, Bursch, befrag' den Sklaven da
Mir auf Französisch, wie sein Name heißt.
BURSCH. Écoutez: comment vous appelez-vous?
FRANZÖSISCHER SOLDAT. Monsieur le Fer.
BURSCH. Er sagt, sein Name sei Herr Fer.
PISTOL. Herr Fer! Ich will ihn beferren und pferchen und ferkeln: erklär' ihm selbiges auf Französisch.
BURSCH. Ich weiß das Französische nicht für beferren und pferchen und ferkeln.
PISTOL.
Heiß' ihn bereit sein, weil ich ihm die Kehle
Abschneiden will.
FRANZÖSISCHER SOLDAT. Que dit-il, Monsieur?
BURSCH. Il m'ordonne de vous dire que vous teniez prêt, car ce soldat ici est disposé tout à l'heure à vous couper la gorge.
PISTOL.
Oui, couper gorge, par ma foi, du Knecht:
Wo du nicht Kronen, brave Kronen gibst,
So soll mein Schwert dich in die Pfanne hau'n.
FRANZÖSISCHER SOLDAT. O, je vous supplie pour l'amour de dieu, pardonnez-moi! Je suis gentilhomme d'une bonne maison: épargnez ma vie, et je vous donnerai deux cents écus.
PISTOL. Was ist sein Wort?
BURSCH. Er bittet Euch, ihm das Leben zu schenken; er sei ein Edelmann von gutem Hause und wolle Euch als sein Lösegeld zweihundert Kronen geben.
PISTOL.
Sag ihm, daß nachläßt meine Wut und ich
Die Kronen nehmen will.
FRANZÖSISCHER SOLDAT. Petit monsieur, que dit-il?[462]
BURSCH. Quoique ce soit contre son serment de donner quartier à aucun prisonnier, néanmoins, pour les écus que vous lui avez promis, il est content de vous mettre en liberté.
FRANZÖSISCHER SOLDAT. Sur mes genoux je vous rends mille remercîments, et je m'estime heureux d'être tombé entre les mains d'un chevalier, qui est, je pense, le seigneur de l'Angleterre le plus distingué pour sa valeur.
PISTOL. Erklär' mir, Bursch.
BURSCH. Er dankt Euch tausendmal auf seinen Knieen und schätzt sich glücklich, in die Hände eines Kavaliers gefallen zu sein, der, wie er denkt, der ausgezeichnetste Herr in England von Seiten der Tapferkeit ist.
PISTOL.
Bei meinem Blut, ich will barmherzig sein.
Folg' mir, du Hund!
Ab.
BURSCH. Suivez le grand capitaine.
Französischer Soldat ab.
Noch nie habe ich gesehen, daß eine so volle Stimme aus einem so leeren Herzen gekommen wäre; aber der Spruch ist wahr: hohle Töpfe haben den lautesten Klang. Bardolph und Nym hatten zehnmal mehr Herz als dieser brüllende Teufel aus der alten Komödie, dem jedermann die Nägel mit einer hölzernen Pritsche verschneiden könnte, und doch sind sie beide aufgehängt: und das widerführe ihm auch, wenn er irgend was dreist zu stehlen wagte. Ich muß bei den Troßbuben, beim Gepäck unsers Lagers bleiben: der Franzose könnte eine gute Beute haben, wenn er es wüßte; es sind nichts wie Jungen da, um es zu bewachen. Ab.
Ausgewählte Ausgaben von
König Heinrich V.
|
Buchempfehlung
Als Hoffmanns Verleger Reimer ihn 1818 zu einem dritten Erzählzyklus - nach den Fantasie- und den Nachtstücken - animiert, entscheidet sich der Autor, die Sammlung in eine Rahmenhandlung zu kleiden, die seiner Lebenswelt entlehnt ist. In den Jahren von 1814 bis 1818 traf sich E.T.A. Hoffmann regelmäßig mit literarischen Freunden, zu denen u.a. Fouqué und Chamisso gehörten, zu sogenannten Seraphinen-Abenden. Daraus entwickelt er die Serapionsbrüder, die sich gegenseitig als vermeintliche Autoren ihre Erzählungen vortragen und dabei dem serapiontischen Prinzip folgen, jede Form von Nachahmungspoetik und jeden sogenannten Realismus zu unterlassen, sondern allein das im Inneren des Künstlers geschaute Bild durch die Kunst der Poesie der Außenwelt zu zeigen. Der Zyklus enthält unter anderen diese Erzählungen: Rat Krespel, Die Fermate, Der Dichter und der Komponist, Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde, Der Artushof, Die Bergwerke zu Falun, Nußknacker und Mausekönig, Der Kampf der Sänger, Die Automate, Doge und Dogaresse, Meister Martin der Küfner und seine Gesellen, Das fremde Kind, Der unheimliche Gast, Das Fräulein von Scuderi, Spieler-Glück, Der Baron von B., Signor Formica
746 Seiten, 24.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro