Dritte Szene

[649] London. Kardinal Beauforts Schlafzimmer.


König Heinrich, Salisbury, Warwick und andre. Der Kardinal im Bette, Bediente um ihn her.


KÖNIG HEINRICH.

Wie geht's dir, Beaufort? Sprich zu deinem Fürsten!

BEAUFORT.

Bist du der Tod, ich geb' dir Englands Schätze,

Genug, zu kaufen solch ein zweites Eiland,

So du mich leben läßt, und ohne Pein.

KÖNIG HEINRICH.

Ach, welch ein Zeichen ist's von üblem Leben,

Wenn man des Todes Näh' so schrecklich sieht!

WARWICK.

Beaufort, es ist dein Fürst, der mit dir spricht.

BEAUFORT.

Bringt zum Verhör mich, wann ihr immer wollt.

Er starb in seinem Bett: wo sollt' er sterben?

Kann ich zum Leben einen Menschen zwingen? –

Oh, foltert mich nicht mehr! Ich will bekennen. –

Nochmal lebendig? Zeigt mir, wo er ist,[649]

Ich gebe tausend Pfund, um ihn zu sehn. –

Er hat keine Augen, sie sind blind vom Staub. –

Kämmt nieder doch sein Haar: seht! seht! es starrt,

Leimruten gleich fängt's meiner Seele Flügel! –

Gebt mir zu trinken, heißt den Apotheker

Das starke Gift mir bringen, das ich kaufte.

KÖNIG HEINRICH.

O du, der Himmel ewiger Beweger,

Wirf einen Gnadenblick auf diesen Wurm!

Oh, scheuch' den dreist geschäft'gen Feind hinweg,

Der seine Seele stark belagert hält,

Und rein'ge seinen Busen von Verzweiflung!

WARWICK.

Seht, wie die Todesangst ihn grinsen macht.

SALISBURY.

Verstört ihn nicht, er fahre friedlich hin.

KÖNIG HEINRICH.

Wenn's Gott geliebt, mit seiner Seele Frieden! –

Lord Kardinal, denkst du an ew'ges Heil,

So heb' die Hand zum Zeichen deiner Hoffnung. –

Er stirbt und macht kein Zeichen: Gott, vergib ihm!

WARWICK.

Solch übler Tod verrät ein scheußlich Leben.

KÖNIG HEINRICH.

O richtet nicht, denn wir sind alle Sünder.

Drückt ihm die Augen zu, zieht vor den Vorhang,

Und laßt uns alle zur Betrachtung gehn.


Alle ab.[650]


Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 3, Berlin: Aufbau, 1975, S. 649-651.
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